„Raja Fashions“ schneidert Maßanzüge – nicht nur für Millionäre
Was machen sie beruflich? Warum möchten Sie den Anzug tragen, wo und wie oft? Brauchen Sie ihn für die Arbeit oder zu einem festlichen Anlass? Für welche Jahreszeit? Und bevorzugen Sie trendbewusstes oder konservatives Design…?“ Das sind die Fragen mit denen man als Kunde bei Raja Fashions begrüßt wird. „Ohne diese Informationen“, meint der stattliche Herr mit dem Maßband über der Schulter, „kann ich Ihnen nichts verkaufen: Beratung ist für mich ein Muss!“
Raja Daswani, der König der Hongkonger Maßschneider, bringt auf den Punkt, was für ihn „Bespoke Tailoring“ bedeutet: Ein Anzug, der „besprochen“ wurde, und über den man spricht. „Wir möchten, dass der Träger Komplimente bekommt wie: Umwerfend siehst du aus – gleich zehn Jahre jünger!“
Nicht nur Anzüge, Hemden und Mäntel für den Herren kann man bei „Raja Fashions“ bestellen, auch Damenkleider, Kostüme und sogar Lederjacken werden von seinem Team maßgefertigt.
Dass ausgerechnet Hongkong eine Hochburg der Maßschneiderei wurde, liegt in der Geschichte begründet: Zu Kolonialzeiten versuchten vor allem indische und pakistanische Einwanderer als Handwerker Fuß zu fassen, und die englische Maßschneiderei war ein wichtiger Geschäftszweig. Heute findet man in Hongkong noch Massen von Schneidereien, die für ihre günstigen Preise berüchtigt sind, aber nur wenige Häuser erarbeiteten sich durch handwerkliche Meisterschaft und kompromisslose Qualitätsansprüche internationale Berühmtheit. Raja Daswani ist einer dieser vielgefragten Herren mit Kunden in Großbritannien, den USA, Frankreich und Japan.
Seit 1957 besteht der Familienbetrieb, den Daswanis Großvater gegründet hatte, nachdem er von Nordindien nach Hongkong ausgewandert war. Enkel Raja übernahm das Geschäft aus Tradition und Berufung: „Ich bin in dieses Handwerk hinein geboren worden, Mode ist meine Leidenschaft.“
Mit dieser Mischung aus Leidenschaft und Ehrgeiz machte er den Betrieb mit einem Team von rund 500 Mitarbeitern und 1.000 Anzügen wöchentlich zur größten Maßschneiderei Hongkongs. Als im Jahr 1997 die britische Kronkolonie an China zurückgegeben wurde, verließen auch die Stammkunden der Zunft die Stadt. Daswani nahm diese Fügung als Herausforderung an und begann, regelmäßig nach London zu reisen, um seine Kunden weiter zu betreuen. Was als Notwendigkeit begonnen hatte, entpuppte sich als Sprungbrett zum internationalem Erfolg. Da er sich nicht erst etablieren musste, sondern ihm sein Ruf voraus eilte, gelang es ihm schnell, neue Kunden zu gewinnen. Nicht zu vernachlässigen war hierbei, dass er die englischen Maßschneider beim Preis weit unterbieten konnte, da er seine Anzüge in Hongkong und China fertigen lässt. Bei ca. 170 Pfund beginnt der günstigste Anzug, aber die Skala ist nach oben offen: Bei einer Auswahl von 20.000 Stoffen kann der Kunde je nach seinen Ansprüchen auch edelste Tuche finden. Mitglieder des House of Lords kaufen bei ihm genauso wie Geschäftsleute und Medien-Prominenz. „Raja“ liebt den persönlichen Umgang mit seinen Kunden und schätzt die Begegnung mit jedem einzelnen:„Je mehr Menschen man kennen lernt, umso mehr lernt man über das Leben – ich habe zum Beispiel auch mit religiösen Führern, Wirtschaftsleuten und Kungfu-Meistern zu tun.“ Auf Erinnerungsfotos in seinem Büro sind einige seiner illustren Kunden dokumentiert – aber diskret und geschäftstüchtig wie er ist, würde er nie verraten, ob es wahr ist, dass auch Tony Blair zu seinen Kunden zählt. Überhaupt hält er wenig von den künstlich inszenierten Images und Marketingkampagnen der Modeindustrie. Stattdessen verkauft er sein Können mit sympathisch bodenständigem Handwerker-Stolz, weshalb sein Showroom für die hochglanzverwöhnten Augen von heute herrlich unprätentiös und altmodisch anmutet.
Die Farbe, den Stoff, das Design – das alles kann der Kunde bei einem Maßanzug selbst wählen. Nicht nur durch perfekte Passform sticht „Bespoke“ die Konkurrenz von der Stange aus, man kann seine ganz individuellen Akzente setzen. „Zum Beispiel tragen Rechtsanwälte immer Grau und Schwarz!“ Mr. Daswani hält das für „nicht zwingend nötig. Es liegt einfach am Stil und an der Beratung. Man kann auch ein fantastisches Rot oder Lila als Futter einarbeiten, es müssen doch nicht alle so uniformiert aussehen.“ Es ist wahr, findet Mr. Daswani, dass nicht jeder alles tragen kann, aber manche De-signs können durch kluge Schnittführung speziell für den Kunden angepasst werden. Seine Methode: Die Aufmerksamkeit auf die Stärken der Statur lenken und deren Schwächen kaschieren. So findet er heraus, was zur jeweiligen Persönlichkeit passt und was der Kunde für einen starken Auftritt braucht.
Was für ihn einen wirklich guten Anzug ausmacht? Ein Zusammenspiel von vielen Faktoren und vor allem Teamwork. Hochwertiges Material und Futterstoff sind Voraussetzung, dann Schneider und Experten für die Schnitterstellung nach Maß und die individuellen Anproben, die Fittings genannt werden.
In der Praxis trifft Herr Daswani auf seinen Reisen bis zu 70 Kunden täglich, die von ihm und seinem Team vermessen werden, ihre Maße und stilistischen Wünsche werden zusammen mit digitalen Fotos der Kunden per Email nach Hongkong geschickt. Ca. sechs Wochen später kommt der Anzug per Post.
„Labels sind nicht alles, sie sind vor allem Marketing“
Daswanis Botschaft ist eindeutig: Die Vorzüge eines Maßanzuges gegenüber der Luxus-Konfektionsware sind so groß, dass es einfach praktischer ist, in Maßbekleidung zu investieren. „Die Leute denken, sie bräuchten diese tollen Labels mit den großen Namen, aber es kann sein, dass es nicht passt, die Rocklänge zu lang oder kurz ausfällt oder das Jackett in der Taille schlackert.“ Und dann, findet er, sieht auch das beste Design traurig aus.
Unbestritten, Kleider machen Leute, und ein perfektes Kleidungsstück gibt einem ein großartiges Gefühl. „Warum sollte man die zweitbeste Möglichkeit wählen, wenn es etwas noch Besseres gibt? Ich bringe den Leuten bei, dass Maßschneiderei nicht teuer ist – weil sie keine Werbekampagnen braucht, bezahlt man nur Material- und Fertigungskosten.“ Die Qualität ist ihren Preis wert: Diejenigen, die einmal einen Maßanzug von „Raja Fashions“ getragen haben, kehren immer wieder zurück und empfehlen ihre Entdeckung an Familie, Freunde und Kollegen weiter. Und auch die großen Zeitungen wie „New York Times“ und „The Guardian“ sind voller Lob für „Raja“, wie sie ihn schlicht und ergreifend nennen.
Daswani weiß, dass Trends nicht nur das Design, sondern auch die Funktionalität betreffen, und er ist stolz, einige praktische Neuerungen mitbegründet zu haben: „Heutzutage gibt es viele amerikanische Geschäftsfrauen, die wie ihre männlichen Kollegen Kostüm-Jacken mit Innentaschen tragen. Frauen haben ja immer viel dabei und dafür eigentlich eine Handtasche, aber aus Sicherheitsgründen tragen sie ihre Handys und Kreditkarten lieber direkt bei sich. Dank leichter Materialien und gekonnter Verarbeitung heute kein Problem mehr, die Jacke fällt perfekt, und von außen ist nichts zu sehen.“ Er hat auch eine kleine Revolution des englischen Maßanzuges bewirkt: Früher waren die Materialien sehr schwer und Jacketts mit Einlagen geradezu gepanzert, dank Daswanis Einfluss geht der Trend zu leichteren, komfortableren Materialien, die vom italienischen Stil beeinflusst sind. Sein Beispiel hat Schule gemacht: „Warum nicht Material verwenden, das günstiger, geeigneter und angenehmer zu tragen ist?“
Offen für alles ist „Raja“ auch bei der Auswahl seiner Materialien. Er arbeitet mit Zulieferern aus aller Welt zusammen und kauft guten Stoff, wo immer er ihn finden kann. Seine Philosophie, ständig dazu zu lernen, setzt er täglich in die Tat um: Von seinen vielen Reisen bringt er Ideen und neueste Trends mit. Auch auf den wichtigen Modenschauen in Amerika, Europa und Asien lässt er sich inspirieren. Seine Ware verlässt erst nach sorgfältiger Prüfung das Haus, höchste Qualität ist garantiert; „Raja“ möchte dass seine Kunden glücklich sind, deshalb bekommt man so viele Fittings wie nötig, und die Versandkosten übernimmt selbstverständlich er. „Zufriedenheit ist garantiert,“ verspricht er, „man muss den Menschen dienen, und das mit einem Lächeln.“ Und das Geschäft boomt. In ganz Hongkong stieg laut Daswani im Jahr 2007 die Anzahl der verkauften Maßanzüge gegenüber dem Vorjahr um bis zu 30 Prozent. Die Betriebe seiner Freunde konkurrieren um die Arbeitskräfte. Die internationale Begeisterung für Hongkonger Maßanzüge springt jetzt auch auf Geschäftsleute vor Ort über, wie zum Beispiel auf die Versicherungsbranche: „Da kamen zuerst ein, zwei Leute, die wir eingekleidet haben, und jetzt ziehen ihre Kollegen nach…“ Im Januar wird Daswanis Team zum ersten Mal nach Deutschland kommen: „Wir bekommen schon jetzt Bestellungen von Leuten, die uns in London kennen gelernt und bemerkt haben, dass wir der größte Lieferant für Maßanzüge in Spitzen-Qualität sind.“
Er glaubt, dass Service und Qualität das Entscheidende sind: „Wenn Qualität und Service stimmen, spricht das Produkt für sich selbst.“ Und was macht er, wenn er mal einen schwierigen Kunden hat? „Dann begleiten wir ihn ganz besonders aufmerksam! Ich sage meinem Team immer: Wenn ihr nie schwierige Kunden hattet, könnt ihr die Pflegeleichten gar nicht genießen.“Daswani betrachtet es als Glücksfall , dass auch sein Sohn ins Geschäft mit eingestiegen ist. Zu diesem harten Job, der kaum Zeit fürs Privatleben lässt, hätte er ihn nicht überredet. „Er war einige Tage mit mir in New York unterwegs und mochte es…“
Text erschienen in Printausgabe Epoch Times Nr. 18
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion