Papst Franziskus I. in Lampedusa

Titelbild
Als Mensch unter Menschen: Papst Franziskus mit Migranten in LampedusaFoto: Tullio M. Puglia/Getty Images
Epoch Times8. Juli 2013

Bei seinem ersten pastoralen Besuch außerhalb Roms wandte sich Papst Franziskus heute den afrikanischen Flüchtlingen auf Lampedusa zu, der kleinen italienischen Insel, die näher an Afrika als an Italien liegt. Mit Booten versuchen Verzweifelte aus Afrika über das Mittelmeer die Insel zu erreichen.

Papst Franziskus, dessen Vorfahren aus Italien nach Argentinien ausgewandert waren, hat einen besonderen Platz in seinem Herzen für Flüchtlinge: Als Erzbischof von Buenos Aires prangerte er auch schon die Ausbeutung von Migranten als „Sklaverei“ an und sagte, dass diejenigen, die nichts getan haben um zu helfen, durch ihr Schweigen mitschuldig seien.

In einer bewegenden Predigt nahm er sich selbst nicht aus als einen, der desorientiert sei und … nicht mehr fähig, auf den Anderen Acht zu geben.

„Heute Morgen möchte ich ein Wort im Licht des Wortes Gottes, das wir gehört haben, an euch richten, damit die Gewissen aller geweckt, zur Reflexion angeregt und zu konkreten Änderungen vom Verhalten angehalten werden.

„Adam, wo bist du?“: Das ist die erste Frage, die Gott an den Menschen nach dem Sündenfall richtet. „Wo bist du?“ Es ist ein orientierungsloser Mensch, der seinen Platz in der Schöpfung verloren hat weil er glaubte, mächtig werden zu können, alles bestimmen zu können, Gott werden zu können. Die Harmonie war zerrissen, der Mensch hat geirrt und das hat sich dann auch in den Beziehungen mit dem Nächsten wiederholt, der nicht mehr der geliebte Bruder ist, sondern jemand, der mein Leben stört, mein Wohlergehen.

Und Gott stellt die zweite Frage: „Kain, wo ist dein Bruder?“ Der Traum vom Mächtig-Sein, vom Groß-Sein wie Gott, sogar wie Gott selbst zu sein, beginnt eine Kette von Fehlern, die eine Kette des Todes ist, sie führt dazu, dass das Blut des Bruders vergossen wird!

Diese zwei Fragen Gottes klingen auch heute nach, mit ihrer ganzen Kraft! Viele von uns, und ich schließe mich selbst da ein, sind desorientiert, wir sind nicht aufmerksam der Welt gegenüber, in der wir leben, wir sorgen uns nicht, wir kümmern uns nicht um das, was Gott für alle geschaffen hat und sind nicht mehr fähig, auf den Anderen Acht zu geben. Und wenn diese Desorientierung globale Dimensionen annimmt, dann kommt es zu solchen Tragödien, wie der, derer wir heute Zeuge sind.

„Wo ist dein Bruder?, die Stimme des vergossenen Blutes schreit auf zu mir“, sagt Gott. Das ist keine Frage, die sich an andere stellt, das ist eine Frage, die an mich gerichtet ist, an dich, an jeden von uns. Diese unsere Brüder und Schwestern wollten aus schwierigen Situationen heraus und ein wenig Ruhe und Frieden finden; sie haben einen besseren Ort für sich und ihre Familien gesucht, aber sie haben den Tod gefunden. Und wie häufig finden sie kein Verständnis, keine Aufnahme, keine Solidarität! Und auch ihre Stimmen steigen zu Gott auf! Und nochmals zu euch, liebe Einwohner von Lampedusa, danke für die Solidarität! Ich habe vor Kurzem einen dieser Brüder gehört. Bevor sie hierher kamen, waren sie in den Händen von Schleppern, jene die die Armut anderer ausnützen; es sind Personen, die die Armut anderer zu ihren Gunsten ausnützen. Wie stark haben sie gelitten! Einige von ihnen haben es nicht geschafft, hierher zu kommen!

[…] Auch heute stellt sich mit aller Stärke diese Frage: Wer ist verantwortlich für das Blut dieser Brüder und Schwestern? Niemand! Wir alle antworten so: Nicht ich, ich habe damit nichts zu tun, das sind andere, aber nicht ich. Aber Gott fragt uns alle: „Wo ist das Blut des Bruders, das bis zu mir schreit?“ Heute fühlt sich auf der Welt keiner verantwortlich dafür; wir haben den Sinn für die geschwisterliche Verantwortung verloren; wir sind in das heuchlerische Verhalten des Priesters und Altardieners verfallen, von denen Jesus im Gleichnis vom barmherzigen Samariter spricht: Wir sehen den halbtoten Bruder am Straßenrand und denken vielleicht „der Arme!“, und gehen weiter unseres Weges, weil es nicht unsere Aufgabe ist; und wir glauben, dass alles in Ordnung sei. Wir fühlen uns zufrieden, als ob alles in Ordnung sei!

Die Kultur des Wohlergehens, die uns an uns selber denken lässt, macht uns unsensibel für die Schreie der anderen, sie lässt uns in Seifenblasen leben, die zwar schön sind, aber nichtig, die eine Illusion des Unbedeutenden sind, des Provisorischen, die zur Gleichgültigkeit dem Nächsten gegenüber führt und darüber hinaus zur einer weltweiten Gleichgültigkeit! Von dieser globalisierten Welt sind wir in die globalisierte Gleichgültigkeit gefallen! Wir haben uns an das Leiden des Nächsten gewöhnt, es geht uns nichts an, es interessiert uns nicht, es ist nicht unsere Angelegenheit!

Es ist wie bei der Figur des „Ungenannten“ des Schriftstellers Manzoni: Die Globalisierung der Gleichgültigkeit hat uns alle „namenlos“ gemacht, verantwortlich aber ohne Gesicht und ohne Narben.“

Diese Textauszüge stammen von der Webseite http://de.radiovaticana.va/news

Die Bewohner von Lampedusa bereiteten ihm einen warmherzigen Empfang, riefen  “Viva il Papa” als er in einem offenen Fiat über die Insel fuhr, nicht in dem früher üblichen kugelfesten Papamobil. (rls)

Papst Franziskus inmitten der Immigranten und Bewohner von LampedusaPapst Franziskus inmitten der Immigranten und Bewohner von LampedusaFoto: MARCELLO PATERNOSTRO/AFP/Getty Images

 

 

 

 

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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