Nach Dauerstress: Auftanken in der ursprünglichen Natur eines Nationalparks

Was es heißt, Gast zu sein in einer weitestgehend sich selbst überlassenen Natur, erfuhr unsere Autorin Emma Tekstra. Als sie ihren Sohn und seine Freunde zu einer mehrtägigen Wanderung im Sequoia-Nationalpark brachte, kam sie in den Genuss einer zweitägigen Tour und erlebte, wie erholsam dies sein kann. Eine unerwartete Begegnung vertiefte diese Erfahrung.
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Aufbruch ins Unbekannte: Eine Reise zu den stillen Wundern der Natur.Foto: Emma Tekstra
Von 14. August 2024

Nur wenige Tage, nachdem im Juli ein globaler IT-Ausfall beinahe die gesamte Welt lahmgelegt hatte, fand sich für mich die Gelegenheit, in den Sequoia-Nationalpark zu reisen. Dort sollte ich meinen Sohn und drei seiner Freunde absetzen, die sich auf eine anspruchsvolle achttägige Rucksacktour, den High Sierras Trail (HST), begaben.

Diese 113 Kilometer lange Wanderung führt quer durch den Park und endet am Mount Whitney. Mit seinen 4.419 Metern ist er der höchste Berg der USA außerhalb Alaskas.

Die Anreise von unserem Zuhause nach Crescent Meadow, dem Startpunkt der Tour, führte tief in den Park hinein und dauerte rund sechs Stunden. Geplant war, die ersten Kilometer gemeinsam mit den jungen Abenteurern zu wandern, die erste Nacht im Freien zu verbringen und am nächsten Morgen allein zurückzukehren, während die Gruppe ihre Tour fortsetzte.

Die Reise bot mir eine willkommene Abwechslung von den beruflichen Herausforderungen der vergangenen Wochen und Monate und ich freute mich sehr darauf.

Doch die Entscheidung, mitten in der Woche zwei Tage frei zu nehmen, hatte auch ihre Schattenseiten. Durch regelmäßige Wochenendarbeit und das Fehlen einer Sommerpause war meine mentale Verfassung bereits angeschlagen.

Die Vielzahl konkurrierender Verpflichtungen im Rahmen meiner selbstständigen Tätigkeit ließen kaum Raum für Erholung, sodass sich mein Gefühl der Überforderung zunehmend verstärkte.

Die Kraft der Natur

Es ist weithin bekannt, dass unsere mentale Gesundheit einen großen Einfluss auf das körperliche Wohlbefinden hat. So war es wenig überraschend, dass ich am Tag vor der Reise mit Halsschmerzen und einer spürbaren Erschöpfung aufwachte – typische Anzeichen dafür, dass sich eine Erkältung anbahnt.

Dennoch wollte ich die Pläne meines Sohnes nicht über den Haufen werfen. Nach ein paar unvermeidlichen Besprechungen schaltete ich meinen Computer aus und verbrachte den Nachmittag auf der Couch, begleitet von einer großzügigen Dosis Vitamin C und D, Zink, Quercetin und einer heißen Hühnerbrühe.

Mein Wandergepäck hatte ich bereits vorbereitet, sodass alles am Abend griffbereit an der Haustür stand. Frühzeitig ging ich zu Bett, um für den kommenden Tag gerüstet zu sein.

Der Tag begann frühmorgens um 4:45 Uhr. Die drei Freunde meines Sohnes trafen pünktlich bei uns ein und kurz nach 5 Uhr brachen wir auf. Noch etwas benommen, konzentrierte ich mich voll auf das Fahren, während mein Sohn navigierte und die anderen Jungs noch ein wenig Schlaf nachholten.

Nachdem wir am Lodgepole Campground unsere Wandererlaubnis abgeholt hatten, machten wir einen kurzen Abstecher zu den imposanten Mammutbäumen, bevor wir uns zum Ausgangspunkt des High Sierra Trail (HST) begaben.

Da ich zu Beginn nicht gerade voller Energie war, spürte ich deutlich, wie erfrischend und belebend die Natur wirkt. Schon nach wenigen Minuten des Weges eröffnete sich uns eine atemberaubende Landschaft. Man wird sich augenblicklich bewusst, wie klein und unbedeutend wir Menschen im Vergleich zur überwältigenden Kraft und Schönheit der Natur sind.

Die Vielfalt des Waldbodens, die massiven Felsen, die majestätischen Bäume und die fernen Berge – all das erinnerte mich an eine Zeit, in der das Leben noch schlichter und beschaulicher war. Eine Zeit, in der wir Menschen unseren Platz in der Natur noch instinktiv verstanden haben.

Heute hingegen wirkt es, als habe unsere Abhängigkeit von Technologie überhandgenommen. Das rasante Tempo unseres Alltags scheint nicht der Geschwindigkeit zu entsprechen, die für uns Menschen gedacht ist.

In meinem Beruf betone ich oft, wie bedeutsam echte, persönliche Kontakte sind – abseits von Bildschirmen. Doch in diesem Fall möchte ich die enorme Kraft hervorheben, die darin liegt, sich vor anderen Menschen zurückzuziehen und die Natur in ihrer vollen Tiefe zu erleben.

Die sogenannte Naturtherapie, auch bekannt als Shinrin yoku oder Waldbaden, hat nachweislich positive Effekte auf unsere mentale Gesundheit. Allerdings geht es mir hier weniger um wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern vielmehr darum, Ihnen ein paar einfache Anregungen zu geben, die Sie selbst ausprobieren können, um ihre beruhigende Wirkung zu erleben.

Eine unerwartete Begegnung

Die Wanderung an diesem Tag stellte eine besondere Herausforderung für mich dar. Wir begannen auf Meereshöhe, fuhren auf 1.800 Meter hinauf und setzten unsere Wanderung bis auf etwa 2.400 Meter fort – mit einem 10 Kilogramm schweren Rucksack auf dem Rücken. Im Vergleich zu den 25 Kilogramm, die die jungen Männer trugen, um sich für acht Tage zu versorgen, war dies allerdings noch leicht.

Es war eine anstrengende Tour, die meine volle Konzentration auf jeden einzelnen Schritt erforderte, sodass ich keine Gelegenheit hatte, meine Gedanken zu den unerledigten Aufgaben auf meinem Schreibtisch schweifen zu lassen.

Unser Ziel für die Nacht war Buck Creek, ein Ort, der uns mit einem atemberaubenden Blick auf die Sierra Nevada und reichlich fließendem Wasser empfing, umgeben von Manzanitas und Wildblumen in allen erdenklichen Formen, Größen und Farben.

Wir genossen unser einfaches Wanderermahl unter freiem Himmel, entzündeten ein kleines Lagerfeuer in einer von den Rangern vorbereiteten Feuerstelle und zogen uns in unsere Zelte zurück, noch bevor die Dunkelheit hereinbrach.

Am nächsten Morgen beobachteten wir den Sonnenaufgang über den Bergen, während wir frühstückten, unsere Ausrüstung zusammenpackten und unsere Wasserflaschen auffüllten. Ich verabschiedete mich von meinem Sohn, als er mit seinen Freunden weiterzog, und sah ihnen nach, bis sie in der Ferne verschwanden, bevor ich mich auf den Rückweg zum Ausgangspunkt machte.

Diese fünf Meilen des allein Wanderns durch eine der schönsten Landschaften der Welt trugen mehr zu meiner seelischen Gesundheit bei als viele Therapiesitzungen. Doch das Schicksal hatte noch eine Überraschung für mich parat.

Als ich um eine Kurve des schmalen, in den Berg gehauenen Pfades bog, erblickte ich eine Bärenmutter mit ihrem Jungen, die mir entgegenkamen. Schnell wich ich ein paar Schritte zurück und kletterte ein Stück den Hang hinauf, um ihnen Platz zu machen. Ich hielt den Atem an und versuchte, mich an die Ratschläge der Ranger zu erinnern.

Die Bärenmutter sah mich direkt an, blickte dann den Hang hinunter und wandte sich schließlich ihrem Jungen zu. Sie war offenbar genauso überrascht von meiner Anwesenheit wie ich von der ihren. Doch sie verhielt sich ruhig – vielleicht erkannte sie in mir eine andere Mutter, die ihr eigenes „Junges“ nur wenige Kilometer zuvor zurückgelassen hatte.

Das Bärenjunge kletterte vor meinen Augen auf einen Baum und blieb etwa sechs Meter über dem Boden sitzen, während es lautstark nach seiner Mutter rief. Diese setzte ihren Weg schließlich unbeirrt fort. Erst als ich meinen Weg wieder aufnahm, kletterte das Jungtier vom Baum herunter und beobachtete mich noch eine Weile, bevor es seiner Mutter hinterherlief.

Mein Herz pochte noch immer schneller, aber ich hatte das Gefühl, dass mir das Schicksal eine Lektion in den wirklich wichtigen Dingen des Lebens erteilen wollte. Auch jetzt, mehr als einen Tag später, hat mich dieses Gefühl nicht losgelassen.

Meine To-do-Liste ist zwar nicht kürzer geworden, doch fühle ich mich so ruhig und ausgeglichen wie schon lange nicht mehr. Und was die Erkältungssymptome angeht, die mich zuvor geplagt hatten – sie sind vollkommen verschwunden. Trotz der körperlichen Anstrengung dieser zwei Tage haben mich die frische Luft und die Schönheit der Natur geheilt.

Foto: Emma Tekstra

Ich verstehe, dass nicht jeder die Chance oder die körperliche Verfassung hat, in einem Nationalpark zu wandern. Aber der Kontakt zur Natur ist für uns alle ein grundlegendes Bedürfnis – sowohl für unseren Körper als auch für unseren Geist. Experten wie Richard Louv, der das Buch „Das letzte Kind im Wald: Geben wir unseren Kindern die Natur zurück!“ geschrieben hat, sind überzeugt, dass unser zunehmender Abstand zur Natur einen wesentlichen Einfluss auf unsere Gesundheit hat – besonders auf die unserer Kinder.

Kleine Schritte, große Wirkung

Hier sind einige Anregungen, wie Sie Ihre psychische Gesundheit durch die „Heilkraft der Natur“ fördern können:

  • Es ist nie zu spät, um anzufangen: Wandern ist nicht ausschließlich eine Aktivität für junge Menschen. Auf unserem Campingplatz begegneten wir dem 80-jährigen Mark, der jedes Jahr eine mehrtägige Solowanderung unternimmt.
  • Bereiten Sie sich gut vor: Nutzen Sie Ressourcen wie die App AllTrails, um Wanderwege in Ihrer Nähe oder in einer bestimmten Region zu finden. Lesen Sie die Bewertungen, informieren Sie sich über die aktuellen Bedingungen und Schwierigkeitsgrade, um sicherzustellen, dass Sie den Anforderungen gewachsen sind.
  • Fangen Sie klein an: Ein Spaziergang in einem nahegelegenen Park kann allmählich zu einer zwei Kilometer langen Wanderung in einem Naturschutzgebiet werden, gefolgt von einer halbtägigen Tour und schließlich einem Ganztagesausflug, bei dem mehrere Mahlzeiten eingeplant werden müssen.
  • Ausrüstung: Zu Beginn benötigen Sie lediglich ein solides Paar Wanderschuhe. Sie können ein gebrauchtes Paar kostengünstig erwerben, um herauszufinden, ob Ihnen die Aktivität zusagt. Eine Wasserflasche ist ebenfalls unerlässlich.
  • Schmutz und Insekten gehören dazu: Wenn Sie das abschreckt, empfehle ich eine Desensibilisierung – gehen Sie einfach hinaus. Es könnte gut sein, dass die positiven Erinnerungen und der mentale Gesundheitsschub jedes vorübergehende Unbehagen bei Weitem überwiegen.
  • Achten Sie auf das Wetter und kleiden Sie sich entsprechend: Nach dem Sprichwort – es gibt kein schlechtes Wetter, nur unpassende Kleidung!
  • Informieren Sie sich über barrierefreie Optionen für Menschen, die nicht gut zu Fuß sind oder Unterstützung benötigen. Viele nationale und lokale Parks haben viel unternommen, um die Natur und beeindruckende Aussichten für alle zugänglich zu machen.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „The Nature Cure for Mental Health“. (deutsche Bearbeitung kr)

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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