Wird Chinas Wirtschaft den Nearshoring-Trend überstehen?
Die negativen Nachrichten über die chinesische Wirtschaft scheinen dieser Tage kein Ende zu nehmen. Als ob die anhaltende Zahlungsunfähigkeit von Evergrande und die sich abzeichnende Schattenschulden-Krise der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) nicht schon genug Sorgen bereiten würden, befindet sich die Welt nun auch noch in der schlimmsten Lieferkettenkrise der neueren Geschichte.
Chinas Blütezeit ist vorbei
Dass das chinesische Regime die Krise verursacht hat, ist der Welt nicht entgangen. Ebenso wenig wie Pekings skrupellose Rolle bei der Pandemie und seine Apathie gegenüber Staaten, die von dem KPC-Virus, stark betroffen sind.
Diese und andere Probleme sind der Grund dafür, warum ausländische Hersteller China weit weniger attraktiv finden als früher. Dadurch ist nun „Nearshoring“ weltweit im Kommen – und Chinas Wirtschaft wird unter diesem Trend zu leiden haben. Nearshoring bedeutet, dass Firmen ihre Produktion in Länder verlagern, die viel näher an ihren Hauptmärkten liegen.
Der Grund dafür ist nicht verwunderlich. China ist nicht mehr das Land, das es einmal war. Das kann man heute zwar von vielen Ländern sagen, doch aus Herstellerperspektive verschlechtert sich das Klima in China rapide – sowohl wirtschaftlich als auch politisch. Hauptelemente des Handels, wie beispielsweise Produktionslieferketten, die ihren Ursprung in China haben, sind unter anderem durch den pandemiebedingten Arbeitskräfte- und Ressourcenmangel weiterhin gestört.
In einer vielsagenden Reaktion auf die sich verschlechternden Bedingungen hat die Provinz Guangdong, die größte Produktionsregion des Landes, die Hürden für ausländische Investitionen gesenkt, um mehr multinationale Konzerne für die Produktion zu gewinnen. Inwieweit diese Maßnahmen den Nearshoring-Trend eindämmen werden, ist unklar, aber sie zeigen, dass Peking weiß, woher der Wind weht.
Steigende Kosten und sinkende Margen
Vorbei sind die Zeiten, in denen eine Firma aus Europa oder Amerika seine Gewinnspannen drastisch erhöhen konnte, indem es seine Produktion nach China und nicht in andere Länder verlagerte. Als die KPC zigtausenden ausländischen Firmen ermöglichte, von den Sklavenlöhnen zu profitieren, waren riesige Gewinne möglich.
Doch heute sind die Arbeitskosten in China unter den höchsten – wenn sie nicht sogar die höchsten in der Region. Vietnam ist in Bezug auf die Arbeitskosten wettbewerbsfähiger als China und versucht, seine Produktionskapazitäten zu erweitern. Die Arbeitskosten in Mexiko sind ebenfalls niedriger. Außerdem vermeiden die US-Hersteller die Kosten und das Risiko des Überseetransports.
Das ist eine große Sache, denn die Transportkosten steigen gerade ins Unermessliche. Vor einem Jahr kostete die Verschiffung eines Containers mit Waren aus China in die USA etwa 2.000 Dollar. Heute liegt sie bei mindestens 12.000 Dollar, wenn nicht sogar noch höher. Außerdem haben sich vor Kurzem die Kosten für den Versand aus China verzehnfacht. Die steigenden Treibstoffkosten und Produktknappheit werden diesen Trend wahrscheinlich noch verstärken.
Einige Ökonomen gehen davon aus, dass die Lieferketten-Probleme nur relativ kurz andauern werden, vielleicht ein oder zwei Jahre. Das mag wohl stimmen, fraglich ist jedoch, ob sich die Lieferkette in ähnlicher Weise erholen wird wie vor der Pandemie.
Langfristige Schäden für die chinesische Wirtschaft
All diese Faktoren führen dazu, dass die chinesische Wirtschaft trotz der aufgeblähten Meldungen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) in die roten Zahlen gerät. So haben chinesische Verbraucher eine niedrige Kaufneigung – die Sparquote unter ihnen liegt bei 34 Prozent. In diesem Jahr sparen sie sogar mehr an als 2020: Die Bruttosparquote liegt bei über 45 Prozent.
Wo bleibt also das reale Wachstum der Wirtschaft? Es ist viel niedriger als von der KPC angegeben. Mehr noch, der Zusammenbruch von Chinas schuldenbeladenem Immobiliensektor ist kein Zeichen für eine gesunde Wirtschaft, sondern eher für eine schwächelnde.
Da Nearshoring ein langfristiger Trend ist, wird das der chinesischen Wirtschaft wahrscheinlich noch stärker schaden und sie noch mehr beeinflussen. Unternehmen verlassen einen Produktionsstandort wie China nicht aus einer Laune heraus oder aufgrund von kurzfristigem Gegenwind.
Die Verlagerung von Produktionsstätten von einem Land in ein anderes ist teuer und erfordert jahrelange Planung. Sie machen das nur, wenn sie sicher sind, dass sich die dortigen Bedingungen grundlegend verschlechtern werden. Und sich das wiederum langfristig negativ auf die künftigen Erträge und sogar die Lebensfähigkeit ihrer Betriebe auswirken wird.
Chinas Verlust kommt anderen zugute
Auf der positiven Seite des Nearshoring-Trends stehen Länder wie Vietnam, Polen, die Türkei und Mexiko, die von Chinas Verlust profitieren. Die Vorteile reichen von niedrigeren Arbeitskosten und rascheren Markteinführungen bis hin zu minimalen Transportrisiken und -kosten.
Vietnam gewinnt an Bedeutung als Produktionsstandort für den asiatisch-pazifischen Markt, während die Türkei zum Produktionsstandort der Wahl für den Markt im Nahen Osten und Nordafrika wird. Polen hingegen wird zum neuen Produktionsstandort für in Europa ansässige Unternehmen, die den europäischen Markt bedienen. Mexiko erweist sich als willkommener Produktionsstandort für US-amerikanische und andere Hersteller.
Es wird immer deutlicher, dass das Nearshoring der aus Europa, Asien und Amerika stammenden Firmen sich sowohl kurzfristig als auch mittel- und längerfristig auf China auswirken wird. Somit stehen der KPC ein fast unmittelbarer Rückgang des BIP sowie eine hohe Arbeitslosigkeit bevor: Schließlich verschwinden Arbeitsplätze und Geld im Produktionssektor, wenn die Hersteller ein Land verlassen.
Nearshoring: Der Anfang vom Ende der KPC?
Die Verlagerung von Unternehmen aus China in nahegelegene Länder und die daraus resultierende Arbeitslosigkeit könnten das ohnehin schon wachsende Problem der zivilen Unruhen infolge des Evergrande-Debakels und anderer Pleiten noch verschärfen. Zusammen mit den anderen oben genannten Problemen könnte der Anlageverlust eine tiefe Rezession oder sogar Depression in China auslösen.
Die Krisen in beiden Bereichen verheißen nichts Gutes für die Entwicklung der chinesischen Wirtschaft und der KPC. Denn man darf nicht vergessen, dass Wirtschaftswachstum und Vollbeschäftigung die beiden Säulen sind, die die Herrschaft der KPC rechtfertigen – das versprach sie den 1,4 Milliarden Bürgern nach dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens im Jahr 1989.
Wenn die wirtschaftliche Stagnation und die hohe Arbeitslosigkeit anhalten, könnte dann nicht ein großer Teil des chinesischen Volkes die Legitimität der KPC als rechtmäßige Herrscherin Chinas infrage stellen?
Vielleicht. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie schnell ein solches Umdenken in der Bevölkerung zustande kommt, wenn es denn überhaupt zustande kommt.
Sicher ist jedoch, dass der Trend zum Nearshoring bereits im Gange ist. Er nimmt an Geschwindigkeit und Umfang zu. Die Hersteller weltweit fliegen bereits aus China und nehmen Arbeitsplätze und Geld mit. Wenn der Trend so weitergeht, könnte die KPC künftig bald vor viel größeren Problemen stehen als heute.
James R. Gorrie ist der Autor von „The China Crisis“ (2013). Er lebt in Südkalifornien und betreibt den Blog TheBananaRepublican.com.
Dieser Artikel erschien im Original auf The Epoch Times USA unter dem Titel: Can China’s Economy Survive the Nearshoring Trend? (deutsche Bearbeitung von as)
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