Willy Wimmer: „Freunde gestern, Freunde heute, Freunde für immer…“ (Royal Navy 1914)

Diesen Funkspruch der Royal Navy sollte man sich in Erinnerung rufen, wenn sich an diesem Wochenende Politiker aller Herren Länder bei der "Münchner Sicherheitskonferenz" treffen. Trump schickt seinen Vize und seine Tochter Ivanka. Im Gegensatz zu anderen Kräften in den USA will er keinen neuen Weltkrieg.
Titelbild
(Symbolfoto) Was bleibt, sind Gräber. Soldatenfriedhof aus dem 2. Weltkrieg. Foto:Foto: JOE KLAMAR/AFP/Getty Image
Von 15. Februar 2019

Das britische Geschwader ließ es sich kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges nicht nehmen, sich mit dem berüchtigt gewordenen Funkspruch von den kaiserlich deutschen Gastgebern anlässlich der Kieler Woche im Jahr 1914 – noch vor Kriegsbeginn –zu verabschieden: „Freunde gestern, Freunde heute, Freunde für immer…“

Wenige Wochen später schnappte die Hungerblockade gegen Österreich-Ungarn und das kaiserliche Deutschland, die Großbritannien neben der Kriegserklärung an Deutschland und seine Verbündeten verhängt hatte, gegen die sogenannten „Mittelmächte“ zu.

Bis weit nach Kriegsende verursachte diese völker- und kriegsrechtswidrige Hungerblockade, die bereits Mitte des ersten Jahrzehntes in London ausgetüftelt worden war, Millionen Opfer auf deutscher und verbündeter Seite. Christopher Clark hat anlässlich des Gedenkens an den Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 davon geschrieben, dass alle europäischen Mächte geradezu in den Ersten Weltkrieg getaumelt seien.

Im Erstaunen über diese Feststellung, die absolut dem widersprach, was in Deutschland durch das sehr spezielle Gedankengut eines Herrn Fritz Fischer zum historischen Mantra gehörte, blieb fast unentdeckt, was Christopher Clark seinerzeit mit dem Mantel des historischen Vergessens verdeckte: die britisch-französische Verantwortung für den Ausbruch des Ersten Weltkrieges.

Trumps Besuch des Grabes von Marschall Foch war ein wichtiges Zeichen

Es blieb dem amerikanischen Präsidenten Trump überlassen, bei seinem ersten Besuch in Paris im Juli 2017 daran zu erinnern, als er zusammen mit dem französischen Präsidenten Macron das Grab des französischen Weltkriegs-Architekten, Marschall Foch, demonstrativ aufsuchte.

Aber alleine schon die Feststellung von Christopher Clark müsste Anlass genug sein, den Festlegungen von Versailles 1919 über die deutsche Alleinschuld am Ausbruch des Ersten Weltkrieges jeden Boden zu entziehen.

München im Frühjahr 2019 tut jedenfalls gut daran, sich nicht nur mit der französisch-britischen Verantwortung für den Ausbruch des Ersten Weltkrieges zu beschäftigen und historisch gebotene Konsequenzen zu ziehen. Not tut es in München auch, die Rolle der Vereinigten Staaten nicht nur seit dem Kriegseintritt gegen Österreich-Ungarn und dem kaiserlichen Deutschland im Jahre 1917 zu betrachten.

Heute hat man den Eindruck, dass es die gewaltige Kriegslist der sogenannten „14 Punkte“ des amerikanischen Präsidenten Wilson gewesen ist, die die Mittelmächte zu einem Waffenstillstand im November 1918 veranlassten. Um die historischen Konsequenzen einordnen zu können, hat man als Betrachter fast ein „déjà-vu“-Erlebnis in Zusammenhang mit dem Ende des ersten Kalten Krieges 1990.

Wie die Mittelmächte 1918 auf einen gerechten Frieden nach den 14 Punkten Wilsons vertrauten und die Waffen streckten, glaubte die sowjetische Führung 1990, auf die Festlegungen in den 2 plus 4 Verträgen zur Wiedervereinigung Deutschlands vertrauen zu können, nach denen die NATO keinesfalls über die Oder als polnisch-deutsche Grenze nach Osten hinaus ausgedehnt werden solle.

„Charta von Paris“ sollte 1990 Krieg aus Europa verbannen – und dann kam Jugoslawien

Die Zusagen im Rahmen der deutschen Wiedervereinigung wurden noch zusätzlich untermauert. Im November 1990 versprachen sich die Staats-und Regierungschefs fast der gesamten nördlichen Hemisphäre anlässlich der „Charta von Paris“ geradezu in die Hand und feierlich, Krieg aus Europa auf ewig zu verbannen. Das geschah nur, um im März 1999 gegen jede Konsequenz aus den Regeln des Völkerrechts durch die NATO mitten im Frieden im „Gleiwitz-Stil“ Jugoslawien zu überfallen.

Dabei waren es gerade die Vereinigten Staaten, die im Sommer 1988 geradezu eine neue und verbindliche Richtlinie zum Umgang mit der Sowjetunion in Europa dekretierten. Man sagte den Deutschen im Westen, dass sie alles vergessen sollten, was man ihnen gegen jede eigene historische Erkenntnis über Jahrzehnte in der NATO mit auf den Weg gegeben hatte, um die notwendige Haltung des Bündnisses gegenüber der Sowjetunion aufbauen zu können.

Das neue Motto lautete sehr einsichtig, dass die Sowjetunion in Mitteleuropa rein defensiv unterwegs sei, keinesfalls aggressiv. Alles, was sie mache, sei der Konsequenz aus Napoleon und Hitler geschuldet: dem Schutz von Mütterchen Russland.

Dabei hat man es tunlichst in Washington unterschlagen, an den Befehlshaber und britischen General Ironside für die alliierte Invasion Russlands in Zusammenhang mit der russischen Revolution zu erinnern. Diese Erkenntnis wurde mit der Stationierung von NATO-Truppen an der heutigen russischen Westgrenze geradezu in den Wind geschrieben. Wenn die Festlegung aus dem Sommer 1988 zwingend gewesen ist, dann ist die vom Westen gegenüber Russland heute geschaffene Lage in Europa eine „Zerstörung des europäischen Friedens“

Da hilft es auch nicht, wenn geradezu in der Dimension einer „Horde von Hunnen“ eine kriegsstarke Gruppe amerikanischer Abgeordneter zur Konferenz an diesem Wochenende in München einfällt. Sie werfen bestenfalls die Frage danach auf, wer in München für die Vereinigten Staaten spricht?

Die Antwort auf diese Frage ist für uns alle wichtig. Alleine schon deshalb, weil die Vereinigten Staaten ausweislich ihrer Geschichte nicht ohne Krieg sein können. Dazu erlebt die gesamte Welt derzeit den Machtkampf zwischen dem amerikanischen Präsidenten Trump und der von beiden Parteien in Washington gestellten Kriegskoalition.

Trump ist schon mit dem Willen zum Frieden zur Wahl angetreten und seine Wähler machen deutlich und klar, dass sie die Zinksärge mit ihren Kindern satt haben. Dafür wird der gewählte Präsident mit Unrat jeder Art drangsaliert, weil er den Weg der Welt zum nächsten Krieg nicht will.

Willy Wimmer (CDU) war Bundestagsabgeordneter und verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU sowie Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung. Von 1994 bis 2000 war Wimmer Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa). Willy Wimmer hatte sich 1999 öffentlich gegen den Kosovokrieg ausgesprochen und 2007 zusammen mit Peter Gauweiler (CSU) gegen den Einsatz deutscher Tornado-Kampfjets in Afghanistan geklagt.

 

 

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