Warum es 1938 nicht zu einer Revolution gegen Hitler kam

Erstaunliche, unerwartete und erhellende Antworten gibt Reinhard Leube in seinem neuesten Buch „Septemberrevolution – London und Deutschland 1938“.
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London war 1938 nicht nur über die Pläne der Generäle für einen Umsturz informiert, sondern hat diese sogar torpediert. Wohin das führte, zeigt das Bild vom Brandenburger Tor 1945Foto: Keystone/Getty Images
Von 19. November 2019

In seiner Hitlerbiographie hat Joachim Fest die Behauptung aufgestellt, dass der Diktator wohl als größter Staatsmann aller Zeiten in die Geschichte eingegangen wäre, wenn seine Herrschaft 1938 ein Ende gefunden hätte. Wer weiß denn heute, dass genau das von höchster Wehrmachtsstelle geplant war? Und zwar im September 1938.

Warum wurde diese „Septemberrevolution“ nicht durchgeführt? – Erstaunliche, unerwartete und erhellende Antworten gibt Reinhard Leube in seinem neuesten Buch „Septemberrevolution – London und Deutschland 1938“.

In unserem Geschichtsbewusstsein beginnen die Aufstände gegen Hitler erst mit dem Attentatsversuch von Georg Elser am 8. November 1939 im Bürgerbräukeller in München und enden dann mit der „Weißen Rose“ und Stauffenberg. Dass es bereits 1938 eine weit fortgeschrittene Planung für eine Amtsenthebung gab, ist in der offiziellen Geschichtsschreibung in Deutschland nur schwerlich aufzufinden.

An dieser Planung waren hochrangige Militärs ebenso beteiligt, wie nicht weniger prominente Zivilbeamte. Die Planung war radikal und schloss die Exekution Hitlers nicht aus.

Der Anlass für den geplanten Aufstand der Militärs war der von Hitler vorangetriebene Einmarsch in Böhmen. Die Wehrmacht sah sich zu dieser Zeit nicht in der Lage Krieg zu führen. Manche Generäle fürchteten den endgültigen Untergang des Deutschen Reichs, wenn die Siegermächte mit Waffengewalt gegen Hitlers Expansionspläne reagierten.

So wollten sie die Nachkriegsordnung nicht infrage stellen, um Krieg zu vermeiden. Sie gingen so weit, im Geheimen Emissäre nach London zu entsenden, die dort um klare Worte baten, für den Fall, dass Hitler die ehemaligen deutschen Ostgebiete zurückerobern wollte. Hätte der Reichskanzler dann doch seine Pläne verwirklichen wollen, wäre das zum Anlass genommen worden, im September 1938 einen Staatsstreich durchzuführen. Eben die „Septemberrevolution“.

Völlig unerwartete Reaktionen in London

Die Enttäuschung war unendlich für die Generäle, als London ganz anders reagierte als erwartet. Von der Insel kamen keine ultimativen Warnungen an Hitler. Im Gegenteil wurde Berlin ermuntert, mit seiner Planung fortzufahren. Geradezu unterwürfig verhielt sich der britische Premier Chamberlin gegenüber Hitler, als er sich beinahe gedemütigt auf den Obersalzberg zitieren ließ.

Das Resultat war dann das „Münchner Abkommen“ vom 30. September 1938, in dem Hitler von den Briten alles zugestanden wurde, was er sich ertrotzt hatte. Damit war dem Aufstand in Deutschland der Boden unter den Füßen entzogen. Die Septemberrevolution musste abgeblasen werden, weil die Briten Hitlers Pläne unterstützten.

Ebenso wenig wie über diese Septemberrevolution bekannt ist, erzählen unsere Geschichtsbücher über die Rolle Polens bei diesem Vorgang. Auch in Warschau war man mit Hitler durchaus einig, was die Aufteilung tschechischer Gebiete betrifft. Zeitgleich mit der Übernahme Böhmens riss Polen große Teile der nordöstlichen Tschechoslowakei an sich.

Auch dagegen gab es aus London kein Veto und der Vorgang war so perfide, dass während der vorangegangenen Verhandlungen die Regierung in Prag von London nicht einmal angehört worden ist. Umso unverständlicher muss es da erscheinen, dass nach dem Ende der Tschechoslowakei die Exilregierung ihren Sitz in London nahm, ebenso wie später die polnische.

Die Archive, die all das belegen, sind geöffnet worden. Leider macht sich kaum ein arrivierter Historiker die Mühe, seine bisherigen Einlassungen zu diesem Teil der Geschichte anhand dieser Dokumente zu überprüfen. Sie müssten sich alle korrigieren.

Wie Reinhard Leube bereits in den ersten beiden Bänden „Londoner Außenpolitik und Adolf Hitler“ und „Atemberaubend“ anhand von insgesamt 1.000 Quellen belegt hat, ist Hitlers Aufstieg mit angelsächsischem Kapital finanziert worden.

Im dritten Band – der vierte folgt demnächst – belegt er mit weiteren 600 Quellen, wie London nicht nur über die Pläne der Generäle für einen Umsturz informiert war, sondern diese sogar torpediert hat. Aus ebendiesen Quellen wird auch ersichtlich, warum das so war und warum London Hitlers Pläne sehr zupass kamen.

Vermittlung von Geschichte – unterhaltsam und spannend

Der dritte Band von Reinhard Leubes Geschichtswerk behandelt nur das Jahr 1938. Daran wird ersichtlich, wie vielschichtig die Entwicklungen und Ereignisse dieses Schicksalsjahres für Deutschland und Europa waren. Die wenigen Skizzen, die ich hier vorgestellt habe, sollten den interessierten Leser animieren, das Buch in die Hand zu nehmen und sich dieses Werk in Gänze zu Gemüte zu führen.

Eines kann ich versprechen: langweilig wird das nicht. Man fällt beim Lesen von einem „Aha“ ins nächste „das wusste ich nicht“ und stellt fest, wie wenig gerade über diese Zeit wirklich bekannt ist, die ja letztlich zum Zweiten Weltkrieg führte. Am Ende ist man schlauer und hat zumindest eine erste Idee, warum die Regierung in London nicht wollte, dass Hitler im September 1938 weggeputscht wird.

Wie für Reinhard Leube üblich, schreibt er wie ein neutraler Beobachter. Mit Witz und Wissen. Wie bereits in den ersten zwei Bänden erlebt der Leser diese Zeit beinahe so, als wäre er mitten drin. Man fiebert geradezu mit mit den Generälen, die natürlich alle ihr Leben dabei in größte Gefahr brachten, um dann kläglich zu scheitern.

Mit jedem Band von Leubes Geschichtswerk wird immer deutlicher, dass eben nicht alle Deutschen überzeugte Nazis waren, sondern bedachte Köpfe von Anfang an dem Wahnsinn Einhalt gebieten wollten. Erwähnen will ich noch, dass Leubes Beschreibung über den zeitlichen Ablauf der Judenpogrome ein anderes Bild als das bekannte aufzeigt, was natürlich mit zahlreichen Quellen belegt ist. Der Autor versteht es, Geschichte unterhaltsam zu vermitteln und spannend sind seine Werke allemal, weil sie Dinge aufdecken, die man so nicht wusste.

„Septemberrevolution“ – London und Deutschland 1938

Der Geschichte dritter Teil“ ist ein Werk, an dem man nicht vorbeikommt, wenn man mehr darüber wissen will, was uns in offiziellen deutschen Geschichtsbüchern verschwiegen wird. Es ist erhältlich im Buchhandel oder direkt zu bestellen beim Verlag hier.

Autor: Reinhard Leube
​Septemberrevolution

London und Deutschland 1938​

ISBN 978-3-940321-23-7, 25,00  € *

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuerst erschienen auf www.anderweltonline.com

Peter Haisenko, Verkehrspilot, war nach seiner Ausbildung bei der Lufthansa 30 Jahre im weltweiten Einsatz als Copilot und Kapitän.  Seit 2004 ist er tätig als Autor und Journalist. Er gründete den Anderwelt Verlag. www.anderweltonline.com/

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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