Vor dem Ende des Papiergeldes: Die Inflation, die EZB und die Zwickmühle

Viel Geld, immer mehr Geld, trifft auf immer weniger Güter. Diese Inflation ist eigentlich eine Stagflation – eine „besonders gemeine Kombination von Inflation und Wirtschaftsschrumpfung“, die mit Geld nicht bekämpft werden kann. Was nun?
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Ist jede Krise größer als ihre Vorgängerin?Foto: iStock
Von 3. Juli 2022

Der große libertäre Autor Roland Baader kommentierte einmal sehr treffend, dass der mittelalterliche Aberglaube, aus Blei Gold machen zu können, der Ausdruck rationaler Vernunft sei im Vergleich zu unserer modernen Idee, aus Papier Geld machen zu können. 

Bereits 2004 prophezeite er, dass die von der (damals noch nicht eingetretenen, aber von ihm prognostizierten) US-Amerikanischen Immobilien- und Hypothekenkrise ausgehenden Erschütterungen und Folgeschäden eine Kettenreaktion von Rettung, Geldmengenausdehnung und Inflation auslösen würden, die schließlich das Ende unserer Währung einläuten. 

Viele Jahre wurden warnende Stimmen in den Wind geschlagen. Was man aufseiten der Verteidiger dieses Scheingeldes an Zuwenig hatte hinsichtlich Substanz der eigenen geldtheoretischen und wissenschaftlichen Grundlagen, hatte man an Zuviel hinsichtlich Arroganz und vermeintlicher „Feuerkraft der Druckerpresse“. 

Wenn jedoch nicht alles täuscht, wird die Zeit der Herrschaft der Arroganz in Bälde vorüber sein. Die EZB hat sich und uns in eine Falle manövriert, aus der es kein Entkommen mehr geben wird. Wie hat sie das gemacht, woran erkennen wir die Natur dieser Falle und wie geht es in den nächsten Monaten und Quartalen weiter? 

Wie ist aktuell die Lage?

Beginnen wir mit der Lagebeschreibung. Seit 1999, dem Gründungsjahr der EZB, hat sich die Zentralbankgeldmenge, ausgedrückt in der Bilanzsumme der EZB, von knapp 690 Milliarden Euro auf 8.820 Milliarden Euro aufgebläht. Sie hat sich mithin fast verdreizehnfacht. Wir können dabei feststellen, dass die jeweils nächste Billion (entspricht 1.000 Milliarden Euro) immer weniger Zeit gebraucht hat. Das Wachstum der Zentralbankgeldmenge verläuft exponentiell. 

Es dauerte bis November 2008, also 9 Jahre, bis sie um eine Billion auf 1,7 Billionen Euro angewachsen war. Die nächste frische Billion (auf 2,7 Bio.) erreichte man im Januar 2012, also 3 Jahre und 3 Monate später. Für die dritte Billion hat man sich dann erstaunlich viel Zeit genommen. Im Januar 2017 war sie mit einer Bilanzsumme von 3,7 Billionen Euro erreicht, mithin immerhin 5 Jahre. Im Januar 2019, also 2 weitere Jahre später, war Billion Nummer vier geknackt. Nummer fünf brauchte dann 18 Monate bis Juni 2020. Nummer sechs nur noch drei Monate (Oktober 2020), 7,7 Billionen erreichten wir im Juni 2021 und im März dieses Jahres, also 9 Monate später, die nächste Billion. 

So wird es munter weitergehen – in kürzer werdenden Abständen. Aber nicht mehr lange. Denn wie schon Ayn Rand bemerkte: „Man kann jeden Weg blind hinabstolpern, den man möchte, aber man kann nicht den Abgrund vermeiden, den zu sehen man sich weigert.“

Auch die Gesamtgeldmenge, also die Summe aus Zentralbankgeld und Giralgeld, wurde in dieser Zeit vervielfacht, jedoch nicht ganz so schnell wie die Bilanzsumme der EZB. Das hat auch Gründe: Die Zentralbank ist im Rettungsgeschäft. 

Seit 1929 haben die Zentralbanken Angst vor einem Börsencrash, was an ihrer falschen Analyse der Bedeutung des großen Crashs vom Oktober dieses Jahres liegt: Sie halten den Absturz der Aktienkurse für ursächlich für die große Depression, den 1931 folgenden Bankenkrach und die Millionen Arbeitslosen, die die westlichen Volkswirtschaften bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges kennzeichneten. Das ist eine gänzlich falsche Perspektive.

Der Aktiencrash war nicht Ursache, sondern Symptom einer Krise, die sich in den Jahren zuvor durch eine lockere Geldpolitik aufgestaut hatte. Diese Geldflut hatte zu einer Blasenbildung an den Aktien- und Immobilienmärkten geführt, deren Bereinigung unvermeidlich war.

Als sie dann eintrat, schalteten Geld- und Wirtschaftspolitik in den USA in einen linken Panikmodus, getrieben vor allem durch den sozialistischen Planungswahn der Truman-Administration, verkleidet als fürsorglicher „New Deal“. Dieser war nichts anderes als eine Steuererhöhungsorgie und Interventionsspirale, verbunden mit Regulierung und Protektionismus, der zwingend zu einem Abwürgen der Weltwirtschaft führen musste. 

Jede Krise ist größer als ihre Vorgängerin

Heute stehen wir vor einer ähnlichen Situation. Nur dass die geldpolitisch verschuldeten Ungleichgewichte heute um ein Vielfaches größer und gefährlicher sind als 1929. Den Startschuss dafür lieferte 9/11, der Terroranschlag auf New York und Washington im Jahre 2001 in fast zeitgleicher Koinzidenz mit dem Platzen der „Dotcom-Blase“. Präsident Bush verkündete wörtlich: „gehen sie einkaufen!“ 

Die Geldschleusen wurden geöffnet, der Zins gesenkt, das billige Geld befeuerte den Immobilienboom, der im Crash von 2007 sein Ende fand und in dessen Folge die Pleite der Lehman-Bank, die bis dahin größte Rettungsorgie der Wirtschaftsgeschichte in Gang setzte. Denn merke: Jede Rettung muss größer sein als die vorhergehende, denn die Blase, vor deren Kollaps wir gerettet werden müssen, ist größer als die letzte, denn sie wurde auch mit mehr Papiergeld aufgepumpt als die letzte. Daraus folgt: Jede Krise ist größer als ihre Vorgängerin, die nächste Rettung gewaltiger als die letzte und das Wachstum der Geldmenge damit zwingend exponentiell im Verlauf. 

Der Immobilienkrise von 2007 folgte die Eurokrise, dieser wiederum der epochale Kampf des Herrn Draghi gegen die Deflation, zuletzt die als Rettung vor einem in Wahrheit eher harmlosen Virus getarnte Rettung der von der Geldpolitik und der Überregulierung ausgehöhlten Banken. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben, denn die EZB sitzt – wie von mir prognostiziert noch vor der Fed – in der Falle: 

Der durch den wirtschaftspolitischen Amoklauf der letzten 20 Jahre und die Zerstörung des internationalen Handels und der Lieferketten durch die Wiederbelebung des Protektionismus unter dem Mantel der Bekämpfung der „Bandemmie“ (Lauterbach) ausgehöhlte Wirtschaft produziert nicht mehr genug.

Das viele Geld trifft auf immer weniger Güter und da die Politik die Gesetze des Marktes ebenso wenig außer Kraft setzen kann wie die Gesetze der Physik führt das zu Preissteigerungen. Der Geldmengenüberhang hat sein bisheriges Ventil verlassen. Das waren die Aktien und Immobilienpreise.

Das war auch schon Inflation, aber wir haben es nicht so genannt und die explodierenden Preise für Wohnraum einfach ignoriert und im Inflationsindex unterrepräsentiert. Jetzt frisst sich das Geld seinen Weg von den Sachwerten in die Rohstoffe, die Energie, die Halbfertigprodukte, dann die dauerhaften Konsumgüter wie Autos, Haushaltselektrik und Elektronik und schließlich in die Lebensmittel.  

Die EZB navigiert zwischen den Seemonstern

Und es ist keiner da in der EZB, der das aufhalten könnte. Denn diese Inflation, die eigentlich eine Stagflation ist, eine seltene und besonders gemeine Kombination von Inflation und Wirtschaftsschrumpfung, lässt sich nicht mit Herrn Draghis an Frau Lagarde weitergereichter „Bazooka“ bekämpfen. Sie ist buchstäblich das Monster, dass sich von dieser Art Waffe sogar noch ernährt und wächst. Und da die Bazooka des Gelddruckens das Einzige ist, was die EZB in 23 Jahren ihrer Existenz draufhatte, steht der Kaiser jetzt nackt da. 

Zinserhöhungen und Schrumpfung der Geldmenge wären angesagt, um die Inflation zu stoppen, die das Einkommen und die Altersvorsorge der Bürger mit immer schnellerem Tempo auffrisst. Aber das geht nicht, denn wenn man darüber auch nur nachdenkt, springen die Anleihezinsen der von Korruption, Stimmenkauf und politischer Verschwendungssucht regierten Euroländer auf Höhen, die ihre Refinanzierung unmöglich machen. Die EZB navigiert zwischen den Seemonstern Skylla und Charybdis, den mythischen Seemonstern, denen Odysseus nur unter Aufopferung von sechs Gefährten entkommen konnte. Welche sechs verschwinden diesmal im Maul des Monsters? Italien? Frankreich? Spanien? Griechenland? Portugal? Zypern? Hat jemand mitgezählt? 

Der Euro und seine Institutionen sind geliefert. Sie werden entweder vom Monster Inflation gefressen oder vom Monster Staatspleite und Depression zermalmt. Aus, Ende, Finito.

Denn eines muss man sich klar machen, wenn man die Wirkung des Zinses auf ein Land wie Italien verstehen will: Erhöht man die Zinsen genug, um die Inflation zu stoppen, benötigt man dafür einen positiven Realzins. Das heißt: Der Nominalzins muss höher sein als die Inflation. Die beträgt aber in Wahrheit schon 10 Prozent. Seien wir mal gnädig und setzen auch dort den Nominalzins an.

Dann muss Italien bei einer durchschnittlichen Laufzeit seiner Anleihen von 4 bis 5 Jahren jedes Jahr 2 bis 3 Prozent seines Bruttosozialproduktes an Staatsausgaben einsparen und in die Zinszahlungen lenken, von der Tilgung ganz zu schweigen und das zu einem Zeitpunkt, wo die Wirtschaft schrumpft, der Ruf nach mehr Staatsausgaben, mehr Sozialhilfe, mehr Arbeitslosengeld, mehr Subventionen und mehr Wahlgeschenken immer lauter werden wird in einem Land das seinen Haushalt nicht mal sanieren konnte, als man ihm alle Zinsen durch die EZB-Politik erlassen hat.

Die Risikoaufschläge, die der Kapitalmarkt dann verlangen wird, sprengen jeden Staatshaushalt in die Luft, denn sie richten sich nach der Wahrscheinlichkeit der Staatspleite, die im Falle Italiens bei Rückkehr der Marktzinsen 99 Prozent sein dürfte. 

Da kann man nur sagen: Träumt weiter!

Die Zeit der Arroganz der Druckerpresse ist vorbei. Die Frage ist: Wie entfaltet sich das jetzt? 

Was passiert nun?

Was wohl nicht passieren wird, ist, dass der Inflationsdruck auf wundersame Weise nachlässt. Die Rohstoffpreise explodieren, Kriegsbegeisterung wird für weitere Steigerungen der Energiepreise bei gleichzeitiger Verknappung und damit schrumpfender industrieller Produktion sorgen. Die globalen Lieferketten dürften durch die politische Eskalation, die sich in Zentralasien und um Taiwan ankündigt, schlimmer werden und nicht besser. Die Erzeugerpreise steigen in Deutschland bereits heute um 40 Prozent oder mehr. Diese Erzeugerpreisinflation kennt nur zwei Ventile: kollabierende Unternehmensgewinne oder Preisüberwälzung oder beides. 

Da die Umsatzrendite von Unternehmen in der Regel nur um die 5 Prozent beträgt, ist das auch der Teil, der dauerhaft maximal von den Gewinnen absorbiert werden kann, da sonst die Unternehmen in die Verlustzone rutschen und irgendwann bankrott gehen, was die Gütermenge senkt und die Inflation weiter anheizt. Es kann auch zumindest vorübergehend passieren, dass die Unternehmen mehr als die Kostensteigerungen überwälzen und die Inflation als Profitchance nutzen. Das bedeutet in Summe: die 40 Prozent Erzeugerpreisinflation finden ihren Weg in die Konsumgüterinflation. Das tun sie aller historischen Erfahrung nach mit einer Zeitverzögerung von 3 bis 9 Monaten je nach Sektor und Laufzeit von Lieferverträgen. 

Der Staat tut nichts dagegen, um das aufzuhalten. Das kann er auch gar nicht. Er treibt die Inflation im Gegenteil noch an, indem er auf die höheren Preise höhere Verbrauchssteuern erhebt, mehr Umsatzsteuer, mehr Mineralölsteuer, mehr CO2-Abgabe, mehr Alkoholsteuer, mehr Tabaksteuer, mehr, mehr, mehr. Was wir im Moment noch nicht (aber bald) haben, ist eine Lohn-Preis-Spirale. Dafür haben wir eine Abgaben-Preis-Spirale, die diesem Land die höchsten Strompreise auf der Welt und mit die höchsten Spritpreise auf dem Globus beschert haben. Danke, liebe Bundesregierung, dass du dich so vollsaugst wie ein Schwamm auf Kosten des kleinen Mannes. 

Wenn dieser Fall eintritt, und das wird er in Kürze, dann wird sich die Altersvorsorge der Deutschen, die nur aus Nominalvermögen, also Anleihen und Ähnlichem besteht, in kürzester Zeit in Luft auflösen und ihr Einkommen wird zur Monatsmitte mit der Realität der Lebenshaltungskosten kollidieren: Am Ende des Geldes ist dann noch der halbe Monat übrig. 

Dann passiert, was Roland Baader prophezeit hat: Was jahrzehntelang vorausgefressen wurde, wird nun nachgehungert. Machen wir also einen Währungsreset und schicken den Euro oder besser das ganze Konzept des Papiergelds in die Wüste und fangen neu an. 

Mit Gold als Geld. Dann wird es auch was werden. 

Dr. Markus Krall ist promovierter Diplom-Volkswirt und arbeitete 30 Jahre in 40 Ländern in leitenden Funktionen für einige der Top-20-Finanzinstitutionen der Welt. Seit September 2019 ist Krall CEO der Degussa Goldhandel GmbH.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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