Vera Lengsfeld: Sächsische Studenten kämpfen für den Abbau von Freiheitsrechten | ET im Fokus

Dreißig Jahre nach dem Fall des kommunistischen DDR-Regimes ist bei allzu vielen Studenten und Künstlern nichts mehr vom Geist der Freiheit zu spüren. Im Gegenteil. Sie vertreten Positionen, die ein Rückfall in vordemokratische Zeiten sind.

Vor dreißig Jahren wurden chinesische Studenten, die auf dem Tiananmen-Platz für Demokratie und Rechtsstaat demonstrieren, von Armeepanzern zusammengeschossen. Sie starben für die Freiheit, ohne die sie nicht mehr leben wollten. Mit der mörderischen Grausamkeit des Regimes hatten sie nicht gerechnet. Heute darf in China nicht über das Massaker gesprochen werden. Chinesische Studenten wissen nichts von den Kämpfern für Freiheit und Demokratie, die damals erst die Welt beeindruckten und dann erschütterten.

Auch in Leipzig und Dresden ging es schon in den Mai- und Junitagen 1989 hoch her. Studenten, Künstler und Werktätige, wie sie in der DDR genannt wurden, waren aktiv gegen die Fälschung der Kommunalwahlen, gegen Verbote von Musikgruppen und Künstlern, die nicht den Vorstellungen des Politbüros entsprachen. Sie kämpften für Kunst- und Meinungsfreiheit.

Andersdenkende sollten nicht ausgegrenzt werden, sondern die Gelegenheit haben, ihre Stimme hörbar zu machen.

Die Aktionen wurden oft gewalttätig unterbunden. Deshalb gab es Anfang Juni 1989 eine landesweite Sammelaktion für die Opfer staatlicher Gewalt in Dresden und Leipzig. Gleichzeitig fand in Leipzig ein Straßenmusikfestival statt: „Freiheit mit Musik“. Natürlich konnte dieses Festival nicht angemeldet werden. Die Abteilung Inneres des Rates der Stadt Leipzig hatte die Annahme eines entsprechenden Antrages abgelehnt. Nach DDR-Unrechtslage war die Veranstaltung illegal. Es gab wieder Massenverhaftungen. Die Sicherheitskräfte nahmen über 80 Musiker und Festteilnehmer fest.
Dabei kam es zu spontanen Solidaritätsbekundungen von Passanten. Nicht nur aus sicherer Entfernung, sondern unmittelbar neben den verhaftenden Stasileuten kommt es zu Rufen: „Stasi raus! Stasi raus!“ Das ist eines der Zeichen, dass die „normalen“ Bürger nicht mehr passiv blieben.

Wegen ihrer herausragenden Rolle im Kampf für Freiheit und Demokratie schlug der Schriftsteller Christoph Hein vor, Leipzig zur Heldenstadt auszurufen.

Dreißig Jahre danach ist bei allzu vielen Studenten und Künstlern nichts mehr vom Geist der Freiheit zu spüren. Im Gegenteil. Sie vertreten Positionen, die ein Rückfall in vordemokratische Zeiten sind. Auch wenn es nur eine Minderheit sein sollte, die aktiv gegen Meinungs- und Kunstfreiheit kämpft. Die Mehrheit schweigt (noch) und stimmt damit zu.

In Leipzig soll die Kunstfreiheit abgeschafft werden, jedenfalls für Künstler, die eine vom politisch-korrekten Mainstream abweichende Haltung vertreten.

Der Maler Axel Krause sollte zwei Bilder auf der Jahresausstellung zeigen dürfen. Das war das Ergebnis eines demokratischen Auswahlprozesses des Veranstalters.
Gegen diese Entscheidung lief eine Handvoll Maler Sturm, mit der Begründung, Krause hätte sich auf Facebook gegen die illegale Masseneinwanderung ausgesprochen und gehöre zudem zum Kuratorium der Desiderus-Erasmus-Stifung, die der AfD nahe steht.

Wäre der Protest noch halbwegs nachvollziehbar gewesen, wenn Krause AfD-Wahlplakate hätte ausstellen wollen, ist er völlig absurd bei den nominierten unpolitischen Bildern, die eine eigenartige Faszination ausstrahlen sollen, wie ich im MDR Kultur von einem Rezensenten gehört habe.

Anfangs leistete der Verein noch Widerstand. Vereinschef Rainer Schade:

„Die Ausstellung ist heterogen in künstlerischen Positionen, es geht um Künstler und nur ganz hinten dran, das kann man nie ausblenden, um Personen, aber es geht um Kunst. Die Bilder von Krause sind unverfänglich, haben nichts mit Politik zu tun, aber ich glaube das interessiert nicht.“dann knickte er ein. Die Ausstellung findet nun ohne Axel Krause statt – ein Ergebnis erfolgreicher Zensur von selbsternannten Zensoren, die ein äußerst dogmatisches Kunstverständnis vertreten.

Felix Leffrank: „Dann fällt immer schnell der Begriff von Qualität der Kunst, dass die entscheidend wäre. Das finde ich den schwierigsten Begriff in der Debatte. Das geht zurück auf das autonome Kunstwerk, das unabhängig vom Autor an sich Qualität beanspruchen kann. Das funktioniert einfach nicht.“
Für Leffrank&Co „funktioniert“ Kunst nur noch, wenn sie links-agitatorisch ist. Im Sozialismus verlangte man vom Künstler Klassenbewusstsein, heute soll er „Haltung“ zeigen.

Am von ihnen entfachten Presserummel stört die Protestierer dann, dass so viel von Axel Krause die Rede ist. Da blitzt der Neid auf die künstlerische Qualität und die Prominenz von krause auf. auch das war im Sozialismus schon so. Die minder Begabten und wenig Erfolgreichen neigten eher zur Denunziation ihrer Kollegen, als umgekehrt.

Krause bringt es in seinem Kommentar auf den Punkt:
„Die Ausstellung findet statt, das ist gut! Ich werde ausgeschlossen, das ist äußerst unklug! Natürlich ist es etwas schade, wenn ich nun nicht mitmachen darf, doch so schwerwiegend ist der Umstand zwei Bilder nicht zu zeigen keineswegs! Zumal die Bilder in so vielen Medien präsent sind, dass sie jeder Interessent schon gesehen hat, noch bevor die Ausstellung eröffnet ist! Es ist unklug, weil damit das Signal ausgesendet wird, wir wollen nicht dem demokratischen Auswahlverfahren folgen sondern beugen uns dem politischen Druck von links! Wir wollen kein respektvolles Miteinander, wo jeder die politische Meinung des anderen achtet, sondern wir wollen unsere Ruhe haben und im Zweifel eben durch Ausgrenzung! Was in seiner Konsequenz vielleicht der AfD einen halben Prozentpunkt bei den Landtagswahlen bringen wird? Da war mein Ausschluss dann doch nicht umsonst! Wir werden sehen…“

Als wäre die peinliche Show in Leipzig nicht schon genug, betreiben Studenten der Dresdener Kunstakademie ebenfalls den Abbau von Freiheitsrechten. Hier hat es die Bibliotheksleiterin gewagt, von ihrem Recht auf Kandidatur für eine demokratische Partei Gebrauch zu machen, die trotz politischen Drucks nicht vom Verfassungsschutz beobachtet wird und laut Gerichtsbeschluss auch nicht „Prüffall“genannt werden darf.

Praktisch fordern die Studenten mit ihrer Besetzung der Bibliothek Berufsverbot für die Bibliothekarin. Weil der Frau offenbar nichts vorzuwerfen ist, werden „Sorgen“geäußert.

Die Studentenvertreterin Madlyn Sauer behauptet:
„In ihrer Position kann sie auf sensible Daten der Studierenden und auch der Mitarbeiterinnen zugreifen, das heißt auf Adressen, E-Mail-Adressen, Handynummern. Und dadurch, dass es einige politisch aktive Studierende gibt, aber auch Studierende, die aus einem anderen kulturellen Background kommen und damit auch wieder in das Feindbild der AfD passen, sind wir natürlich wahnsinnig besorgt, ob sie damit wirklich vertrauensvoll umgeht.“

Diese dreiste Unterstellung ist an Perfidität und Rufschädigung kaum zu übertreffen.

Hier wird ein Exempel statuiert, das möglichst viele Bürger davon abhalten soll, sich für die AfD zu engagieren. Tun sie es, droht Rufmord. Um nicht auf verbotene Beispiele aus der dunkelsten Zeit Deutschlands zurückzugreifen, erinnere ich an das maoistische Motto: „Bestrafe einen, erziehe hunderte“. In der Kulturrevolution wurden dann nicht einer, nicht hunderte, sondern tausende bestraft. Millionen mussten ihr Leben lassen. Die Studenten in Dresden zeigen: „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“.

Eine Ausrede der Protestierenden ist, dass die AfD die Kunstfreiheit abschaffen wolle. Dabei soll im Wahlprogramm der sächsischen AfD nur stehen, dass man die Einseitigkeit in der Kunstförderung abschaffen wolle. In einem Entwurf steht „Kultur darf kein Tummelplatz für soziokulturelle Klientelpolitik sein“. Und weiter: „Wir wenden uns gegen ein einseitig politisch orientiertes, erzieherisches Musik- und Sprechtheater, wie es derzeit auf sächsischen Bühnen praktiziert wird.“

Die Aussicht, dass man nicht mehr alleinigen Zugriff auf die Fördertöpfe haben soll und auch, wie es in einer Demokratie üblich ist, unterschiedliche Stimmen zur Geltung kommen sollen, löst offenbar Panikattacken bei der staatsabhängigen Kulturklientel aus. Die Panik ist so groß, dass groß, dass Widersprüche, in die man sich verstrickt nicht einmal mehr bemerkt werden.
Dem kulturpolitischen Sprecher der AfD – Bundestagsfraktion Marc Jongen wird vorgeworfen, dass seine Forderung nach mehr Pluralität in der Kulturpolitik Ausgrenzung bedeutet.

Pluralität als Gefahr? Das zeigt, wie absurd die Debatte ist. Aber sie ist eben nicht nur absurd, sondern demokratiefeindlich.
Was die Künstler und Studenten vor dreißig Jahren erkämpft haben, darf nicht wieder abgebaut werden.

Zuerst erschienen bei vera-lengsfeld.de

Vera Lengsfeld ist ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin und heute freischaffende Autorin in Berlin. Ihr Blog: http://vera-lengsfeld.de

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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