Thüringen: Wahl Ramelows am Mittwoch bleibt ungewiss – Höcke könnte Etablierte erneut vorführen

Ob morgen die geplante Wahl Bodo Ramelows zum Ministerpräsidenten von Thüringen im Landtag stattfinden kann, ist angesichts des Corona-Verdachts bei der CDU ungewiss. AfD-Fraktionschef Björn Höcke könnte die Etablierten erneut mit taktischen Manövern überraschen.
Titelbild
Die Thüringer AfD schickt ihren Landespartei- und Fraktionschef Björn Höcke in die Ministerpräsidentenwahl am 4. März in Erfurt.Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa/dpa
Von 3. März 2020

Im Zusammenhang mit der für den morgigen Mittwoch (4.3.) im Landtag geplanten Wahl Bodo Ramelows zum Ministerpräsidenten des Freistaats Thüringen nach dem Rücktritt von Thomas Kemmerich hat JU-Chef Tilman Kuban den Abgeordneten der CDU empfohlen, den Sitzungssaal freiwillig zu verlassen. Möglicherweise werden sie morgen aber sogar – unfreiwillig – der gesamten Sitzung fernbleiben müssen: Einer ihrer Abgeordneten steht derzeit aufgrund eines Verdachts, mit dem Coronavirus infiziert zu sein, unter Quarantäne.

Er hatte am Montag noch an einer Fraktionssitzung teilgenommen. Im schlimmsten Fall könnte es geschehen, dass sich noch weitere Abgeordnete der Union testen lassen müssen. Ob die Sitzung und die damit verbundene Wahl dann noch vonstattengehen können, ist offen.

Geheime Wahl: Bürgerliche Stimmen für Höcke?

Sollte beides morgen wie geplant stattfinden, droht der Union jedoch weiteres Ungemach: Erst hatte die Anordnung der Bundeskanzlerin Angela Merkel, die „unverzeihliche“ Wahl Kemmerichs mit Stimmen von AfD, CDU und FDP „rückgängig“ zu machen, den einst so dominanten Thüringer Landesverband in die Defensive gedrängt. Nun wacht die Bundespartei darüber, dass zumindest der Schein des Kooperationsverbotes auch in die andere Richtung gewahrt wird.

AfD-Landeschef Björn Höcke, vor einem Monat Mastermind hinter dem Kemmerich-Coup, hat unterdessen einen neuen Anlauf vorbereitet, um CDU und FDP vor sich herzutreiben. Er wird ebenfalls für das Amt des Ministerpräsidenten kandidieren. Und wieder kann er, wenn sich die Fraktion wieder so geschlossen zeigt wie am 5. Februar, nur gewinnen: Erhält er mehr als die 22 Stimmen seiner Fraktion, wird die Frage, wer aus den Reihen der bürgerlichen Parteien in geheimer Wahl für ihn gestimmt habe, Union und FDP weiter auf Trab halten.

Im schlimmsten Fall könnte Rot-Rot-Grün sogar den „historischen Kompromiss“ platzen lassen, in dem man mit der CDU „projektorientierte Zusammenarbeit“, „konstruktive Opposition“ und einen „Stabilitätsmechanismus“ unter den „demokratischen Parteien“ vereinbart hatte. Immerhin würden sich nach linker Lesart dann immer noch Abgeordnete dort befinden, die „Nazis“ ihre Stimme gäben.

Möglicher Super-GAU: CDU und FDP verlassen Saal, vier AfD-Abgeordnete wählen Ramelow

Erhält Bodo Ramelow, der zum zweiten Mal zum Ministerpräsidenten gewählt werden will, mehr als die 42 Stimmen von Linkspartei, SPD und Grünen, kann Höcke die Bürgerlichen als Kapitulanten vorführen – die selbst in geheimer Wahl ohne Not vor dem linken Mob in die Knie gehen, der vor einem Monat durch Beschimpfungen, Gewalt gegen FDP-Büros und Drohungen selbst gegen Kemmerichs Familie dessen Rücktritt erzwungen hatte.

Wohl auch um beide Szenarien zu verhindern, denkt man nicht nur in der Union, sondern auch in der FDP daran, den Plenarsaal zu verlassen. Höcke bliebe dann die Option, vier seiner eigenen Abgeordneten abzustellen, um für Ramelow zu stimmen und ihm damit die nötigen Stimmen zur Wahl zu sichern – mit der Folge, dass dieser selbst seinen Posten der AfD verdankt.

Immerhin würde ein Verlassen des Plenarsaals durch Union und FDP jenes Szenario verhindern, das Kuban gegenüber n-tv skizziert hatte: Beteiligten sich die CDU-Abgeordneten an der Wahl, so erklärte er, „könnte die AfD sie erneut austricksen, wenn deren Abgeordnete in geheimer Wahl vier Stimmen für Ramelow abgeben und anschließend mit dem Finger auf die Union zeigen“.

Verfehlt Ramelow Mehrheit, könnte Vereinbarung hinfällig werden

Thüringens neuer CDU-Fraktionschef Mario Voigt wies Kubans Ansinnen zurück. „Abgeordnete sind nicht dafür gewählt, sich aus der Verantwortung zu stehlen“, erklärte er gegenüber dem MDR. Das gelte „auch beim Wahlakt und für jede andere sachliche Entscheidung danach auch“.

Sollte es Ramelow nicht gelingen, die nötige Mehrheit auf sich zu vereinen, oder er nur mit AfD-Stimmen gewählt werden, wäre wieder völlig offen, ob die Vereinbarung mit der Union hält, die dieser durch einen vorgezogene Neuwahltermin am 25. April 2021 die Chance geben sollte, sich nach den Wirren des Februars wieder zu erholen.

Fänden die Neuwahlen früher statt, hätte die Union ein Debakel zu befürchten. Die FDP müsste damit rechnen, nicht mehr in den Landtag zu kommen.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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