Peter Haisenko: „Der DAX kommt nicht voran“ – Wo soll er denn hin?
Täglich wird der deutsche Bürger mit Nachrichten über den DAX versorgt, teilweise im Viertelstundentakt, obwohl weniger als zehn Prozent Aktionäre sind. Oft fällt der Satz: “Der DAX kommt nicht voran!” Wem selbstständiges Denken noch erhalten ist, dem drängt sich die Frage auf, ob es eine Zielvorgabe beim DAX gibt.
Mir ist keine wissenschaftlich fundierte Studie bekannt, die einen optimalen Wert für den DAX gefunden hätte. Ebenso wenig wie für alle anderen Aktienindizes. Dennoch erleben wir, dass bei Sinken oder gar Fallen von Börsenwerten der nahende Weltuntergang unterstellt wird und das Steigen euphorische Kommentare auslösen kann.
Generell wird insinuiert, dass hohe Börsenstände eine gesunde Wirtschaft signalisieren. Kann es also sein, dass es der Menschheit immer besser geht, je höher die Börsennotierungen stehen? Gibt es eine Obergrenze für “gesunde” Börsenwerte? Von welcher Höhe an besteht eine akute Gefahr für das Platzen einer Blase?
Aktienindizes können nicht ins Unendliche steigen
Immer wieder ist zu beobachten, dass der Börsenwert eines Unternehmens steigt, wenn Mitarbeiter flächig entlassen werden; wenn Arbeitsplätze in Billiglohnländer verlagert werden. Das steigert wahrscheinlich die Renditeerwartung, ist aber eher kurzfristig gedacht und für die Arbeitnehmer höchst unerfreulich. Für Aktionäre selbst ist es auch nicht unproblematisch, wenn Aktien zu hoch bewertet sind. Das ist dann der Fall, wenn die Dividende nicht mehr zum Kurs passt.
Als Zielwert für Dividenden hat sich über lange Jahre ein Wert von etwa 8,5 Prozent als guter Anhaltspunkt etabliert. Daran konnte man sehen, ob eine Aktie richtig bewertet wird. Daraus folgt, dass sich die Rentabilität eines Unternehmens verdoppelt haben müsste, wenn der Kurs aufs Doppelte gestiegen ist. Hat das nicht stattgefunden, ist die Aktie überbewertet.
Das heißt aber, dass nach klassischen Regeln sehr wohl ein optimaler Börsenstand definiert werden könnte. Es sei denn, die Börse ist nur noch eine Zockerbude, getrieben vom billigen Geld der Nullzinspolitik. Daran können aber nur Banken und Großkonzerne teilnehmen, denn nur sie können das billige Geld aufnehmen und dafür Aktien oder auch überteuerte Immobilien kaufen.
Für Immobilien gilt so dasselbe wie für die Aktienkurse: Der zu hohe Preis gestattet nicht mehr, durch Vermietung zu tragbaren Mieten eine anständige Rendite zu erzielen.
Positiv gesehen kann also festgestellt werden, dass ein steigender Aktienkurs signalisiert, das Unternehmen arbeitet effizienter. Negativ gilt aber, das Unternehmen handelt skrupelloser im Umgang mit seinen Mitarbeitern. Wenn also der DAX “vorankommt”, können beide Varianten dafür zum Tragen kommen.
Dennoch bleibt die Frage offen, wo da Obergrenzen liegen könnten. Aktienindizes können nicht ins Unendliche steigen. Die Floskel “der DAX kommt nicht voran” ist folglich grober Unfug. Unbedacht und unreflektiert. Dieses Phänomen ist nicht nur beim DAX zu beobachten.
Der Umgang mit der Klimadiskussion ist ein ultrakonservativer
Betrachten wir dazu die Klimadiskussion. Unbeanstandet wird gesagt, das Weltklima dürfe sich nicht um mehr als zwei Grad erwärmen. Warum eigentlich, wird nicht gefragt. Es ist noch nie ermittelt worden, was denn die optimale Temperatur für unseren Planeten ist. Im Gegenteil ist das gar nicht möglich, denn die Implikationen sind mannigfaltig, die Zusammenhänge derart komplex, dass man erst im Nachhinein wirklich sehen kann, welche Erdtemperatur uns Menschen die besten Bedingungen zum Leben beschert hat.
Der aktuelle Umgang mit der Klimadiskussion ist ein ultrakonservativer, im negativst möglichen Sinn. Man nimmt einfach den Durchschnittswert einer bekannten Epoche und legt diesen als optimalen Zielwert fest. Dass es sich bei dieser Methode um reine Ideologie handelt, wird daran erkennbar, dass es sich bei dem ausgewählten Zeitraum um das Ende einer Kaltzeit handelt, deren Hungersnöte Menschen massenweise zur Auswanderung auf andere Kontinente gezwungen hat.
Warum wird als Optimum nicht die Zeit vor tausend Jahren genommen, als die Durchschnittstemperaturen etwa drei Grad höher lag als heute und Mitteleuropa eine frühe Hochzeit geschenkt hat? Das folgende “finstere Mittelalter” war unter anderem finster, weil Jahrhunderte der Kaltzeit folgten, mit ihren Hungersnöten und Kriegen.
Es ist wie mit dem DAX. Es gibt keine wissenschaftlich fundierte Festlegung, was denn die optimale Temperatur für unseren Planeten wäre und die ist kaum ermittelbar.
Beim Klima und beim DAX wird dieselbe Methode angewandt, grundlegende Diskussionen zu verhindern. Es werden Sekundärdiskussionen eröffnet, die verhindern, dass die möglicherweise falschen Grundannahmen überhaupt noch diskutiert werden. Es wird diskutiert, warum der DAX fällt oder steigt, aber nicht, ob es dafür einen optimalen Wert überhaupt gibt.
Beim Klima wird darüber diskutiert, wie eine weitere Erwärmung zu verhindern wäre unter der Grundannahme, dass die aktuelle Temperatur ideal ist. Mit dergestalt axiomatischen Festlegungen wird jegliche ergebnisoffene Diskussion verhindert, die hinterfragt, warum denn ausgerechnet dieser Wert der optimale sein muss.
Wir leben in einer Zeit der Entmündigung
Es ist wie mit dem Cholesterin, dessen Grenzwerte in den 1970-er Jahren auf einer Konferenz der Pharmaindustrie einfach halbiert worden sind. Weder die alten noch die neuen Grenzwerte sind ernsthaft wissenschaftlich belegt, aber mit den neuen verdient sich die Pharmaindustrie eine goldene Nase.
Auch hier wird nach derselben Methode vorgegangen wie beim Klima. Wer zweifelt, wird abgekanzelt und verdammt, mundtot gemacht. Ja noch schlimmer, müssen Ärzte auch gegen ihre Überzeugung Medikamente gegen “zu hohe” Cholesterin-Werte (Statine) verschreiben, wenn sie sich nicht der Gefahr von Regressforderungen oder gar des Verlustes der Approbation aussetzen wollen.
Wir leben in einer Zeit der Entmündigung. Politik und die von ihr usurpierten Massenmedien setzen Standards, denen nicht widersprochen werden darf, obwohl keineswegs geklärt ist, ob diese Standards eine beweisbare Gültigkeit haben; ob sie wirklich dem Wohl der Menschen dienen. So wird auch keine Diskussion darüber zugelassen, inwieweit das Finanzsystem in seiner heutigen Form überhaupt noch tauglich ist.
Ja, diskutiert wird darüber, wo man an der einen oder anderen Stellschraube drehen müsste und mit dieser Sekundärdiskussion wird verhindert, über Grundlegendes zu diskutieren.
Mit der heutigen Form der Demokratie wird ähnlich verfahren. Eine Diskussion darüber, ob nicht Grundlegendes verändert werden müsste, darf nicht stattfinden, obwohl schon Helmut Schmidt unsere Demokratie als “alles andere als optimal” bezeichnet hat. Auch das kann nur als ultrakonservativ bezeichnet werden, im negativst möglichen Sinn.
Es ist eine Form der Religion, die keinen Widerspruch duldet. Es ist auf demselben Niveau wie die katholische Kirche, die Menschen auf den Scheiterhaufen geschickt hat, weil sie frech behaupteten, die Erde sei rund und keine Scheibe.
An die Stelle der Marktwirtschaft ist das Diktat von Käuferkartellen getreten
Mit dem gleichen Recht wie beim DAX könnte man folglich sagen, die Klimaerwärmung kommt nicht voran. In beiden Fällen gibt es keinen wissenschaftlich fundierten Zielwert. Beim DAX ist das logisch, denn keine einzige der Regeln und “Gesetze” für den Umgang mit Geld hat eine Basis in einem Naturgesetz.
Die Natur kennt kein Geld. Man kann folglich alle Regeln für den Umgang mit Geld beliebig verändern und wird niemals gegen ein Naturgesetz verstoßen können. Genau das findet statt, denn wie oft und wie sehr sind diese Regeln in den letzten 30 Jahren verändert worden. Natürlich immer zugunsten derjenigen, die über das Geld herrschen und das meiste haben.
Nebenbei bemerkt, ist freier Wettbewerb das grundlegende Prinzip der Natur, aber genau der ist weitgehend abgeschafft. Nein, wir haben keine funktionsfähige Marktwirtschaft mehr, wir haben das Diktat von Käuferkartellen, die genügend Kapital investieren können, um eine marktbeherrschende Position einzunehmen und damit den DAX “voranzutreiben”.
Betrachtet man den DAX unvoreingenommen kritisch, ist es letztlich gleichgültig, wo er steht. Selbst wenn er von 12.000 auf 1.000 fiele, würde deswegen kein einziger realer Gegenstand von der Erde verschwinden. Selbst wenn das gesamte Finanzsystem zusammenbräche, wäre nur das Geld weg, sonst nichts. Davon gibt es aber sowieso zu viel – hundertmal zu viel.
Dann bricht die Wirtschaft zusammen, höre ich schon die Aufschreie. Muss sie aber gar nicht, sage ich, denn, wie dargelegt, könnte man zeitgleich einfach neue Regeln etablieren, wie zum Beispiel nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Damals mussten alle Exporte direkt mit Importen ausgeglichen werden. Hat funktioniert und sogar der DAX hat es überlebt.
Wer sich also so dumm unbedachter Floskeln bedient, dass etwas nicht voran kommt, der sollte sich vorher überlegen, ob es überhaupt eine sattelfeste Zieldefinition gibt. Denken wir dabei an den alten Witz: Gestern standen wir vor dem Abgrund. Heute sind wir einen Schritt weiter.
Der Beitrag erschien zuerst aufAnderweltonline.com
Die Autoren Peter Haisenko und Hubert von Brunn haben ihre Gedanken zum Geld- und Wirtschaftssystem zusammengefasst:
Die Regeln und “Gesetze” für den Umgang mit Geld sind beliebig, denn sie haben keine Grundlage in Naturgesetzen. Man kann sie jederzeit verändern oder gar komplett neu aufstellen. Das haben wir getan, mit der Zielsetzung ein System zu schaffen, das dem Wohl möglichst aller Menschen dient und nicht mehr nur einer “Elite” der Besitzenden. Lesen und staunen Sie, wie einfach und allumfassend es möglich wäre, mit der “Humanen Marktwirtschaft” nach Haisenko/von Brunn eine Welt zu gestalten, in der Demokratie wieder Demokratie sein kann, weil dem Kapital die Macht genommen wird; in der Marktwirtschaft wieder funktionsfähig wird, weil die übermächtigen Kapitalanhäufungen nicht mehr möglich sind, mit denen aus dem Nichts Monopol-Kartelle gebildet werden. “Die Humane Marktwirtschaft” ist erhältlich im Buchhandel oder direkt zu bestellen beim Verlag hier.
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