Nach SCOTUS-Beschluss: Hat Trump noch weitere Trumpfkarten?

Welche Optionen gibt es noch für Trumps Team? Drei Möglichkeiten.

Die Wahlleute in den 50 US-Bundesstaaten und dem Hauptstadtbezirk Washington kamen am 14.12. zusammen und stimmten über den neuen US-Präsidenten ab.

Die Abstimmung der Wahlleute ist eine Art Formalie geworden, weil das Wahlergebnis in der Regel noch in der Wahlnacht erkennbar ist. Durch die groß angelegte Briefwahl bei der diesjährigen US-Präsidentschaftswahl ist in diesem Jahr doch vieles ganz anders als normal gelaufen. Die Abstimmung der Wahlleute könnte vermutlich wieder einige Überraschungen mit sich bringen.

In manchen US-Bundesstaaten begann die Abstimmung morgens, in manchen erst am Nachmittag. Durch die Zeitverschiebung zwischen den USA und Europa werden wir das Ergebnis der Abstimmung in allen US-Bundesstaaten wohl erst morgen erfahren.

Am vergangenen Wochenende haben sich wahrscheinlich viele mit der Nachricht beschäftigt, dass der US-Supreme Court die Klage von Texas gegen Pennsylvania und drei andere Bundesstaaten abgelehnt hat.

Mit welcher Begründung wurde die Klage abgewiesen? Und welche Optionen gibt es noch für Trumps Team?

Die Begründung des Obersten Gerichtshofs zu der Ablehnung der Texas-Klage

Vor einer Woche hat der Generalstaatsanwalt des Bundesstaates Texas eine Klage gegen Pennsylvania, Georgia, Michigan und Wisconsin beim US-Supreme Court eingereicht. Die beklagten Bundesstaaten wurden der Verfassungswidrigkeit beschuldigt. Sie hätten unmittelbar vor der Wahl am 3. November Maßnahmen, Regeln und Verfahren erlassen und umgesetzt, die gegen die Verfassung der Vereinigten Staaten verstoßen. Unterstützt wurde diese Klage von weiteren 19 Bundesstaaten. Nun wurde diese Klage jedoch letzten Freitag, den 11. Dezember, vom US-Supreme Court abgewiesen.

Die Begründung des Supreme Court war kurz und knackig:

In einer Stellungnahme heißt es:

Der Antrag des Staates Texas auf Annahme einer Klage wird mangels Klagebefugnis gemäß Artikel III der Verfassung abgelehnt. Texas konnte kein rechtlich anerkanntes Interesse an der Art und Weise, wie andere Staaten ihre Wahlen durchführen, nachweisen.“

Juristische Sprache. Mit anderen Worten heißt dies: Die Klage von Texas ist deshalb abgelehnt, weil Texas nicht nachweisen kann, inwieweit die Art und Weise, wie ein anderer Staat seine Wahlen durchführt, seine eigenen rechtlich geschützten Interessen berührt. Aus diesem Grund sei Texas nicht klagebefugt.

Daran ist zu erkennen, dass die Klage von Texas nicht aus inhaltlichen, sondern aus formalen Gründen zurückgewiesen wurde.

Die Ablehnung bedeutet nicht, dass der Supreme Court der Meinung ist, die Durchführung der Wahlen in den beklagten Bundesstaaten sei verfassungskonform oder dass Wahlfälschungen nicht existent sind.

Einige weitere Klagen auf Wahlbetrug in Michigan, Georgia und Wisconsin sind inzwischen beim Supreme Court gelandet und warten auf ihre Überprüfung. Wie sich der Supreme Court entscheidet, bleibt abzuwarten.

In den letzten Wochen wiesen Gerichte auf der  Bundesstaatsebene eine Reihe von Klagen der Mitglieder der Republikanischen Partei sowie die der Trump-Anwälte ab.

No Standing – Nicht Klagebefugt – Oder doch?

Ein Zuschauer schrieb mir: „Die Betrugsvorwürfe wurden doch so gründlich überprüft, dass bisher kein einziges Bundesgericht und selbst der Supreme Court mit konservativer Mehrheit einer Klage zugestimmt hat.“

Sind die Betrugsvorwürfe wirklich gründlich überprüft worden? Leider nicht. Kaum ein Gericht hat sich bis jetzt richtig mit den vielen Zeugenaussagen und den Videoaufnahmen vom vermeintlichen Wahlbetrug beschäftigt.

Wenn wir uns die Begründung der verschiedenen Gerichte anschauen, warum sie die Klagen der Trump-Anwälte abweisen, stoßen wir oft auf den Begriff  „No standing“, also „Nicht klagebefugt“.

Klagebefugnis bedeutet, dass ein Kläger erst dann klagebefugt ist, wenn er geltend macht, in eigenen subjektiven Rechten verletzt zu sein.

In Georgia begründete der Richter seine Ablehnung der Klage von Sidney Powell zum Beispiel damit, dass die Klage nicht beim Bundesgericht eingereicht werden soll, außerdem sei es zu spät, weil die Wahlergebnisse in Georgia bereits bestätigt wurden.

Die Ablehnung der Klage von Texas hat der Supreme Court auch mit dem Mangel an Klagebefugnis begründet.

Wie die Bürger in Pennsylvania ihren Gouverneur wählen sollen, hat selbstverständlich nichts mit Texas zu tun. Wenn es aber um die Wahl des nächsten US-Präsidenten geht, dann hat es sehr wohl etwas mit Texas zu tun.

Nehmen wir mal das Beispiel, als das chinesische Konsulat in der Hauptstadt des Bundesstaats Texas, Houston, im Juli dieses Jahres schließen musste.

Dieses Konsulat gilt als ein massives Spionagezentrum. Dass die chinesischen Diplomaten dort ihre Spionagearbeit in den USA koordinieren, ist für die Amerikaner eigentlich keine Neuheit. Zu den Opfern ihrer industriellen Spionagetätigkeit gehören die Betriebe und Forschungsinstitute von Texas. Um es zu schließen, ist jedoch die Zustimmung des Weißen Hauses erforderlich. Ohne einen Präsidenten zu haben, der einen harten Kurs gegen das kommunistische China fährt und dessen Team seine Politik verfolgt, wäre es undenkbar, dieses Spionagezentrum zu schließen.

Drei Gründe für die Ablehnung der Klage

Warum hat der Supreme Court dennoch die Klage von Texas abgewiesen?

Es gibt drei mögliche Gründe:

Bei der Klage von Texas gegen Pennsylvania geht es um Verfassungswidrigkeiten der beklagten Staaten. Entscheidend ist, wie die Richter die Verfassung auslegen.

Deshalb liegt der erste mögliche Grund für die Ablehnung darin, dass die Richter ihre Entscheidung ganz nach ihren fachlichen Verständnissen über die Verfassung getroffen haben.

Wobei anzumerken ist, dass Richter Alito und Richter Thomas die Meinung vertreten, dass der Supreme Court die Klage von Texas hätte annehmen sollen. In einer schriftlichen Mitteilung schrieb Richter Alito:

Meiner Ansicht nach haben wir nicht die Befugnis, eine Klage in diesem Fall abzuweisen, der in unsere originäre Zuständigkeit fällt.“

Ganz einig waren sich also die neun Richter am Supreme Court nicht.

Der zweite mögliche Grund für die Ablehnung könnte darin liegen, dass die Entscheidung über diese Klage für den Supreme Court viel zu heikel ist. Ein Urteil über diesen Fall könnte einen gravierenden Einfluss auf den Ausgang der Präsidentschaftswahl und die zukünftige Entwicklung des Landes ausüben. Ganz gleich, welches Urteil fallen wird, wird die Hälfte der Amerikaner nicht damit einverstanden sein. Man möchte quasi diese heiße Kartoffel erst gar nicht in die Hand nehmen.

Die Pressesprecherin des Weißen Hauses Kayleigh McEnany sagte zu Fox-News (0:10-0:19):

Ja, man kann es nicht anders sagen, als dass sie ausgewichen sind. Sie sind ausgewichen. Sie versteckten sich hinter dem Verfahren und sie weigerten sich, ihre Autorität auszunutzen, um die Verfassung durchzusetzen.“

Der dritte mögliche Grund könnte darin liegen, dass die Richter, vor allem die konservativen Richter und ihre Familien bedroht wurden. Diese Möglichkeit ist nicht auszuschließen, wenn wir sehen wie die Leiterin der Verwaltungsbehörde GSA (General Services Administration) sowie ihre Mitarbeiter bedroht wurden, bevor sie den Übergangsprozess für Joe Biden eingeleitet hat. Darüber hatte ich ein Video gemacht.

Viele Zeugen haben auch ausgesagt, dass sie immer wieder bedroht wurden.

Es ist kein seltener Fall, dass Richter am Supreme Court bedroht werden.

Bei einer Rede auf der Federalist Society National Convention im November erzählte Richter Alito eine Geschichte (44:38- 45:04 ).

Ein Supreme-Court-Richter eines solchen Ortes erzählte, was geschah, als sein Gericht einen Fall behandelte, der für die Machthaber sehr wichtig war. Er schaute aus dem Fenster und sah, wie ein Panzer heranfuhr und sein Geschütz auf das Gericht richtete. Die Botschaft war klar: Fälle die richtige Entscheidung. Sonst müsste das Gericht, sagen wir mal so, umgebaut werden? Das war eine plumpe Drohung.“

Aus welchem Grund auch immer der Supreme Court die Klage von Texas abgelehnt hat, hat die Entscheidung Präsident Trump und seine Unterstützer enttäuscht.

Präsident Trump schrieb auf Twitter:

Der Supreme Court hat uns wirklich im Stich gelassen. Keine Weisheit, kein Mut!“

Wie wir geahnt haben, hat der Beschluss des Supreme Court tatsächlich die Sezessions-Debatte wieder entfacht. Allen West, Chef der Republikaner in Texas, veröffentlichte am 12. Dezember eine Stellungnahme, in der er schrieb:

Diese Entscheidung schafft einen Präzedenzfall, wonach Bundesstaaten die US-Verfassung verletzen und dafür nicht zur Rechenschaft gezogen werden können. Diese Entscheidung wird weitreichende Auswirkungen auf die Zukunft unserer konstitutionellen Republik haben. Vielleicht sollten die gesetzestreuen Staaten sich zusammenschließen und eine Union von Staaten bilden, die sich an die Verfassung halten.“

Der Beschluss des Supreme Court hat offensichtlich auch eine Auswirkung auf die Entscheidung der lokalen Gerichte. Die Richter könnten denken: Wenn sich der Supreme Court schon nicht einmischt, warum sollen wir uns in diese heikle Sache einmischen?

Die amerikanische Gesellschaft ist zutiefst gespalten. Wie sie wieder vereint werden soll, ist eine schwierige Frage. Vielleicht hilft nur noch die Wahrheit. Erst wenn die Wahrheit ans Licht kommt, gibt es Versöhnung.

Die drei möglichen Optionen für Präsident Trump

Nun aber welche Optionen hat Präsident Trump, um den Wahlbetrug aufzudecken?

Ich denke, es gibt drei mögliche Wege.

  1. Juristische Anfechtung. Rudy Guiliani, Präsident Trumps privater Rechtsanwalt, kündigte an, den Plan B umgehend in Kraft zu setzen. Laut Plan B wird Trumps Team in jedem einzelnen umstrittenen Bundesstaat Klagen einreichen. Präsident Trump setzt auf „Law and Order“ – Recht und Ordnung. So wie es jetzt aussieht, möchte er alle juristischen Möglichkeiten ausschöpfen und den juristischen Kampf weiterführen. Selbst wenn es kein Gericht gäbe, das bereit ist, die Klagen anzunehmen und sich mit den Beweisen zu beschäftigen und er zum Schluss ganz scheitern würde, hätte diese Vorgehensweise immer noch den Beitrag dazu geleistet, dass die Bürger erkennen, ob das jetzige juristische System die Grundrechte der Wähler noch verteidigen kann oder nicht.
  2. Die zweite Option von Präsident Trump ist das Parlament. Am 6. Januar werden die Stimmen der Wahlleute ausgezählt. Wenn mindestens ein Mitglied vom Senat und ein Abgeordneter vom Repräsentantenhaus sich schriftlich gegen das Wahlergebnis von einem bestimmten Bundesstaat äußern, dann muss im Senat und Repräsentantenhaus darüber debattiert und neu abgestimmt werden. Angenommen, die Wahlergebnisse von allen vier von Texas beklagten Bundesstaaten würden für ungültig erklärt werden, dann wird die gesamte Anzahl der gewonnenen Wahlmännerstimmen von Joe Biden unter der Grenze von 270 liegen. In diesem Fall wird der Präsident durch das Repräsentantenhaus und der Vizepräsident durch den Senat in einer Wahl ermittelt. Bei der Abstimmung im Repräsentantenhaus hat jeder Bundesstaat eine einzige Stimme. 26 von den 50 Bundesstaaten sind dominiert von der republikanischen Partei. Theoretisch könnte Donald Trump sich den Sieg sichern. Wenn es aber Republikaner gibt, die dann Joe Biden unterstützen, wird das Ergebnis wiederum anders aussehen.
  1. Die dritte und wahrscheinlich auch die wirksamste Option, die Donald Trump hat, sind die Befugnisse des Präsidenten der Vereinigten Staaten. Dies ist die sogenannte Exekutivanordnung.

In den USA hat der Präsident weitreichende Befugnisse, nationale Angelegenheiten und die Arbeit der Bundesregierung zu überwachen. Er kann dazu Regeln, Verordnungen und als Executive Order bekannte Erlasse verkünden, ohne die Zustimmung des Kongresses. Diese sind rechtsbindend für alle Behörden und Amtsträger.

2018 hatte Präsident Trump eine entsprechende Verfügung erlassen, die ihm sämtliche Befugnisse einräumt für den Fall einer ausländischen Einmischung in die Wahlen.

Ob eine solche Einmischung vorliegt, muss der Direktor der Nationalen Nachrichtendienste, John Ratcliffe, bestätigen und hat dazu maximal 45 Tage bis nach Abschluss der Wahl Zeit. Die Leiter der anderen Sicherheitsbehörden sprechen sich dazu mit ihm ab und arbeiten ihm zu. Wenn diese Notfall-Befugnisse dann greifen, gelten vergleichbare Bedingungen, wie bei der Verhängung des Kriegsrechtes in Zeiten von besonderen innenpolitischen Turbulenzen.

Eine ähnliche Option wurde bereits vorgebracht. Am 1. Dezember schaltete eine konservative Organisation aus Ohio namens „We the People’s Convention“, oder deutsch: „Wir, der Volkskongress“, eine ganzseitige Anzeige in der „Washington Times“, um an Präsident Trump zu appellieren.

In der Erklärung wird gefordert, dass der Präsident ein begrenztes Kriegsrecht erlassen und eine Neuwahl durchführen solle. Damit würde die Rechtmäßigkeit der Wahlen gesichert werden, vor allem dann, wenn die US-Gesetzgebung, die Gerichte und sogar der Kongress sich nicht an die Verfassung halten würden, so die Forderung.

Bevor wir zum Ende kommen, möchte ich euch noch ein paar wichtige Termine nennen.

Am 16. Dezember findet eine Anhörung zum Thema Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen im Ausschuss für Innere Sicherheit des US-Senats statt.

Am 18. Dezember müsste der Chef der US-Nachrichtendienste, John Ratcliffe, voraussichtlich einen Bericht über die ausländische Wahlbeeinflussung veröffentlichen. Ob Präsident Trump dann entsprechende Notfall-Befugnisse einräumt und wie diese genutzt werden würden – das bleibt abzuwarten.

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