Marc Friedrich: Bankenbeben – Die Feuerwehr löscht ihren Brand

„Die Rente ist sicher“, dieses mittlerweile gepflogene Bonmot des ehemaligen Ministers Norbert Blüm lag mir irgendwie auf den Lippen, als ich Joe Biden zur aktuellen Bankenkrise sagen hörte: „The banking system remains safe.“
Titelbild
Ein Wachmann der Silicon Valley Bank und Medienvertreter sind am 13. März 2023 vor dem Bankbüro in Santa Clara, Kalifornien.Foto: Justin Sullivan/Getty Images
Von 15. März 2023

Wenn jemand die Sicherheit von etwas explizit betonen muss, dann deutet das doch eben genau auf das Gegenteil hin. Dass Geld bei Banken eigentlich nicht sicher ist und von staatlichen Interventionen abhängig ist, haben die Vorfälle vom vergangenen Wochenende gezeigt.

Zwischen Freitag und Montag hielt die Welt kurz den Atem an. Da war bereits klar, dass die Silicon Valley Bank (SVB), einer der wichtigsten Kapitalgeber für zahlreiche Start-ups und woke wie hippe Unternehmen in der angesagtesten Region der Welt, in Zahlungsschwierigkeiten steckt. Was war passiert?

Während der Niedrigzinsorgie der Zentralbanken hatte die Silicon Valley günstige Kredite vergeben. Ihre Einlagen investierte sie in langfristige, festverzinsliche Anleihen. Dass ein Großteil davon in sogenannten „Mortgage Backed Securities“ (MBS), also in ebenjenen Papieren steckte, die vor knapp 15 Jahren die letzte große Finanzkrise ausgelöst hatten, ist schon eine Ironie der Geschichte. Dass Chief Administrative Officer der SVB Joseph Gentile früher mal CFO bei den Lehman Brothers war, ein geradezu grotesker „Zufall“.

Zinserhöhung wurde Silicon Valley Bank zum Verhängnis

Dass die Niedrigzinsphase irgendwann einmal zu Ende gehen müsste, war allen klar. Nur das Tempo, in dem die amerikanische Zentralbank FED die Zinsen erhöhte, überraschte dann doch die meisten Marktteilnehmer. Und genau das wurde auch der Silicon Valley Bank zum Verhängnis.

Denn mit steigenden Zinsen sank der Wert der langlaufenden Anleihen. Kein Problem, wenn man die Produkte bis zum Ende der Laufzeit hält. Um kurzfristige Verbindlichkeiten zu bedienen, musste die Bank aber plötzlich an Liquidität kommen – und die MBS mit Verlust abstoßen.

Das sprach sich herum und es kam zu einem klassischen „Bank Run“. Risikomanagement, also Absicherung gegen Zinsrisiken? Diversifikation? Fehlanzeige – das schien in der so aufgeklärten woken und sonst so diversen Start-up-Zirkeln Nordkaliforniens niemand für nötig gehalten zu haben.

Dies erinnert an die Gründungszeiten der amerikanischen Zentralbank, die 1913 genau für solche Fälle geschaffen worden war: Um als „Lender of Last Resort“ dann einzuspringen, wenn plötzlich das Vertrauen in das Bankensystem einbricht und jeder an sein Geld will. Genau das geschah am Wochenende auch: Die Regierung garantierte nicht nur die 250.000 US-Dollar an Spareinlagen, sondern darüber hinaus auch die Einlagen von größeren Kunden und Unternehmen.

Da war er wieder – der Bailout, auch wenn man ihn nicht so nennen darf und Finanzministerin Yellen diesen zuvor ausschloss, um dann wenige Stunden später ihn doch zu garantieren. Das unterstreicht, wie viel Stress im System ist.

OK, nehmen wir es mit Humor: Der Staat bzw. die Zentralbank ist also eingesprungen, um eine Krise zu beseitigen, die man selbst mit Niedrigzinsen und Quantitative Easing geschaffen hatte. Das ist in etwa so, wie wenn man die Feuerwehr bejubelt, die einen Brand gelöscht hat, den sie zuvor selbst gelegt hat. Applaus, Applaus.

Gut, natürlich war es auch ein massiver Managementfehler, denn das Management hat ziemlich dämlich und einseitig agiert und zum Höhepunkt Anleihen gekauft und die Absicherung „vergessen“ (Video).

Wie aber geht es jetzt weiter?

Zunächst mal ist bisher nicht klar, ob der Flächenbrand im amerikanischen Bankensystem wirklich verhindert worden ist.

Danach stürzten die Aktien vieler Regionalbanken weiter ab. Vieles deutet darauf hin, dass vor allem kleinere Banken unter den stark steigenden Zinsen leiden.

Die drohende Pleite der Silicon Valley Bank ist also wahrscheinlich eher ein Warnschuss in Richtung Zentralbanken: Passt auf, das passiert, wenn ihr weiter so rasant die Zinsen anhebt. Genau dies ließ die Märkte, allen voran Gold und Bitcoin, Anfang der Woche so stark steigen: Die Aussicht darauf, dass die FED ihre Zinspolitik ändern muss.

Die US-amerikanische Notenbank hat sich nun tatsächlich in eine Sackgasse manövriert, vor der viele Kritiker seit Langem gewarnt haben: Durch die rasanten Zinserhöhungen hat man einen Punkt erreicht, an dem etwas bricht. „The FED will raise rate, until something breaks“, heißt es, und genau das ist am Wochenende geschehen. Die Inflation ist aber noch lange nicht unter Kontrolle. Und jetzt fehlt die Munition, um weitere Preiserhöhungen einzufangen.

„The banking system remains safe“, sagte Joe Biden am Montag. In den USA betrifft das Spareinlagen bis zu einer Höhe von 250.000 US-Dollar, in der Eurozone liegt dieser Betrag bei nur 100.000 Euro. Allerdings hat man durch das neue Rettungsprogramm „BTFP“ (Banking Term Funding Progam) die Einlagensicherung jetzt auf unendlich geupgraded.

Globales Finanzsystem ist mit blauem Auge davongekommen

Hinzu kommt: Anders als in Europa hat man tatsächlich aus der 2008-Pleite etwas gelernt, nämlich die Eigenkapitalquote der Banken zu erhöhen (keine Sorge, dafür ist man neue Risiken eingegangen). Eigentlich sollte es um den europäischen Bankensektor besser stehen, der aktuelle Kursverlauf der Banken, vor allem bei der Credit Suisse, lässt Böses ahnen.

Das globale Finanzsystem ist am Wochenende nochmals mit einem blauen Auge davongekommen. Aber es hat gewaltig geächzt im Gebälk. Ob es beim nächsten Mal wieder mit einem Veilchen davonkommt, darf bezweifelt werden. Was das bedeutet: Eine Flucht in harte Assets, in Gold, Bitcoin und Rohstoffe wird beginnen.

Fazit: Erstmal möchte ich Entwarnung geben, da mich viele besorgte Anfragen erreicht haben: Eine Gefahr für deutsche Banken und Ihr Geld auf dem Konto sehe ich (noch) nicht. Trotzdem sollte man stets wissen: Geld auf dem Konto gehört nicht Ihnen, werter Leser, sondern der Bank und man sollte bei hoher Inflation die Kontostände eher ab- statt aufbauen.

Das Bankenbeben in den USA betrifft eine Nischenbranche und kleinere Banken, auch wenn mit der SVB 200 Milliarden Dollar im Feuer standen und davon lediglich 4 Prozent durch die Einlagensicherung beglichen waren. Da wir aber im Geldsozialismus leben, wurde die Einlagensicherung ausgehebelt und jeder bekommt all sein Geld zurück.

Notenbankpolitik hat System anfällig gemacht

Fakt ist: Die expansive Notenbankpolitik hat das System anfällig gemacht, zu Spekulationsblasen und Inflation geführt. In der Vergangenheit ist bei Zinserhöhungen immer etwas kaputtgegangen. Dieses Mal die Banken?

Die SVB war jetzt zwar nicht der befürchtete „Lehman-Moment“, sondern eher der „Bear-Stearns-Moment“. Bear Stearns ging fast auf den Tag genau vor 15 Jahren, ein halbes Jahr vor Lehman, am 16. März 2008 über die Wupper beziehungsweise wurde gerettet durch eine Übernahme. Es war damals ein erster Warnschuss, dass im Bankensystem was im Argen liegt.

Marc Friedrich ist sechsfacher Bestsellerautor, Finanzexperte, gefragter Redner, Vordenker, Freigeist und Gründer der Honorarberatung Friedrich Vermögenssicherung GmbH. Sein neuer Bestseller war das erfolgreichste Wirtschaftsbuch 2021: „Die größte Chance aller Zeiten – Was wir jetzt aus der Krise lernen müssen und wie Sie vom größten Vermögenstransfer der Menschheit profitieren!“ Mehr Informationen unter friedrich-partner.de.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion