Frank Hennig: Greenpeace und die Verantwortungslosigkeit als Geschäftsmodell
Es ist selten, dass Greenpeace Fehler eingesteht. Ende Dezember 2018 war eine Pressemitteilung fällig über einen Vorgang, der nicht mehr zu verheimlichen war. Die legendäre „Rainbow Warrior II“ wird in Bangladesch abgewrackt und verschrottet. Die ökologisch korrekten Maßstäbe, die Greenpeace an die Tätigkeiten anderer anlegt, lässt man in diesem Fall, wo es eigenes Geld kosten würde, beiseite.
Nun sollte man den Bengalen nicht die Fähigkeiten zur Schiffsverschrottung absprechen, aber dass das Niveau an Arbeitssicherheit, Arbeitsbedingungen und Umweltverträglichkeit dem entspricht, was man sich in der Hamburger Nobelzentrale in ökologisch reiner Weltsicht so vorstellt, ist nicht zu vermuten. Zähneknirschend räumt man in einer englischsprachigen Pressemitteilung ein, einen diesbezüglichen Passus im Vertragswerk mit dem letzten Schiffsnutzer nicht beachtet zu haben. Auf der deutschen Website erschien die Pressemitteilung nicht, wohl um die großen Zuwendungen aus dem deutschen Sprachraum nicht zu gefährden.
Schein und Sein
Nicht nur in diesem Fall klaffen Anspruch und Wirklichkeit der stinkreichen Organisation weit auseinander. Wird hier noch eilig das Büsserhemd übergestreift, gibt man sich in einem anderen Fall aggressiv. Die ausgemachte Umweltsauerei an der Siegessäule in Berlin im Juli 2018, vorgeblich aus Protest gegen die Kohlepolitik der Regierung, wird offensiv verteidigt. Etwa 3.500 Liter Farbe wurden großflächig verteilt und gefährdeten Verkehr und Umwelt, Radfahrer stürzten und die Berliner Stadtreinigung brauchte viele Arbeitsstunden, vier Spülwagen und acht Kehrmaschinen, um den ökopolitisch verursachten Dreck zu entfernen. Greenpeace versuchte mit dem Hinweis zu beschwichtigen, die Farbe sei wasserlöslich. Das war korrekt, auf dem Datenblatt des Produkts stand aber auch, dass sie nicht in Boden und Wasser gelangen sollte.
15.000 Euro Schaden wurden ermittelt – kein Problem für abgehobene Weltretter. GP-Sprecher von Lieven verteidigte die hirnrissige Aktion: „Wir haben keinen Schaden angerichtet.“
Immer spektakulärere Aktionen sollen mehr Quote bringen. In ihrem selbstherrlichen Moralanspruch schreckt man auch vor der Gefährdung von Menschen und Umweltverschmutzung nicht zurück.
Die Strafgebühr kann Greenpeace mit links bezahlen. Eine Fördermitgliedschaft gehört im Kreis der Bionade-Bourgeoisie zum guten Ton und das Ablassgeld ist gut fürs Gewissen und die Diskussionen in eigenen Kreisen. Die Vorgänge zeigen eine Entwicklung der Organisation hin zu einer Verfassung, die sich von ihren Ursprüngen entfernt und sich weitgehend überlebt hat.
Einen Blick in die Geschichte gab das Gründungsmitglied und der ehemalige Präsident der Greenpeace Foundation, Patrick Moore, im Juli 2018 bei einem Besuch im Stadthaus von Cottbus. Er ist heute für Greenpeace deren schwarzes Schaf, Abtrünniger und nach Schwefel riechender Verräter.
Als einziges Führungsmitglied mit naturwissenschaftlicher Bildung stieg er 1986 aus, nachdem die Organisation einem Vorschlag der Brundtland-Kommission für einen Runden Tisch zur Lösung der ökologischen Probleme nicht nachkam. Nach Erfolgen durch Proteste wie die Einstellung von Atombombenversuchen in Alaska und gegen den Walfang hätte sich die Möglichkeit geboten, Konsens mit Unternehmen und Politik herzustellen und darüber erfolgreich zu sein. Doch Greenpeace war damals schon so weit ideologisiert, dass Protest und Kampagnen zum Geschäftszweck geworden waren. Die Ansicht hatte sich durchgesetzt, dass der Mensch der Feind der Erde sei. Protest und das Schüren von Ängsten wurden zum Prinzip, man erhob sich selbst zur moralischen Instanz. Angst als Geschäftsmodell unter Ausblendung der mit Abstand größten Verursacher von Umweltproblemen: Krieg und Armut.
Das Standardargument von Greenpeace gegen Moore ist – natürlich – der Vorwurf, dieser sei von Konzernen gekauft. Eine Auseinandersetzung mit seinen Thesen findet nicht statt. Der vermeintlich menschengemachte Klimawandel ist heute ohnehin nicht mehr im wissenschaftlichen, sondern im politisch-religiösen Raum zu verorten.
Patrick Moore schilderte seine Sicht auf Klima, Energie, Kohle und das Wirken von Greenpeace. Seine Thesen sind im Wesentlichen bekannt (hier eine Zusammenfassung). Der Vortrag ist eine Freude für jeden „Klimaleugner“ und sonstige nicht dem Mainstream folgenden Schurken. Der CO2-Gehalt der Luft steigt gegenwärtig aus einem historischen Minimum langsam an und sollte dies auch weiter tun, denn das Gas habe als Lebensbaustein und Pflanzennahrung enorme Bedeutung für die Zukunft der Erde und seiner wachsenden Bevölkerung. Wir gäben der Erde das Kohlendioxid zurück, das über Jahrmillionen durch Lebewesen dem Kreislauf entzogen und in fossilen Rohstoffen gespeichert oder mineralisiert worden ist. Einen proportionalen Zusammenhang zwischen CO2-Gehalt der Luft und ihrer Temperatur gäbe es nicht. Fazit: Wir sollten CO2 feiern und es nicht verteufeln.
Er hält die deutsche Energiepolitik für einen Irrweg und „Erneuerbare“ wie Wind und Sonne nicht für nachhaltig, denn sie seien nicht sicher verfügbar. Nicht jeder im Saal teilte seine Thesen, aber sie lieferten einen wichtigen Beitrag zur Meinungsbildung und beleben den Diskurs, der von NGO`s und vielen Politikern für beendet erklärt wurde. Traue denen, die die Wahrheit suchen, misstraue jenen, die sie gefunden haben, sagte einst ein Weiser.
Auf die Frage, was Greenpeace antreibe, Geld oder Macht, ist seine Antwort kurz: Beides. Greenpeace habe sich von Logik und Wissenschaft verabschiedet.
Bekannt ist, dass sich die Aktivisten als Helden sehen im Dienst der Natur, es geht um Gut gegen Böse, Moral gegen Macht und Groß gegen Klein. Allerdings ist Greenpeace inzwischen so groß und mächtig, dass kleine und mittlere Firmen über Kampagnen problemlos platt gemacht werden können. Die Deutschlandzentrale liegt im besten und teuersten Gebiet, dem Hamburger Hafenviertel. Drei Millionen Fördermitglieder, davon 600.000 aus Deutschland, lassen das Geld ordentlich fließen. Um die 80 Millionen Euro nimmt Greenpeace jährlich ein. Quellen sind auch Stiftungen, Erbschaften und Geldanlagen. Bürgerkontakte sind unwichtig, das Geld dient nicht sinnvollen Projekten, sondern vor allem der Finanzierung von „Aktionen“, die mit wenig Personal medienwirksam inszeniert werden. Die Pressemitteilungen und Bilder werden den Medien mundgerecht serviert und meist unkritisch in den Redaktionen rüberkopiert. Emotionale Bilder sind das bevorzugte Instrument. “Ist ein Thema nicht visualisierbar, ist die Kampagne gestorben“, so ein Insider. Journalisten müssen nicht mehr vor Ort sein.
Die Aktionen finden kaum in Schwellen- und Entwicklungsländern statt, wo es angesichts der Umweltsituation vielleicht sinnvoll wäre, sondern weiterhin in den hochentwickelten Ländern. Dort sitzen die Spender.
Pech und Pannen
Etliche Niederlagen säumen die Historie der Organisation. Am bekanntesten sicher der Flop um die Ölplattform Brent Spar. Die Ölplattform wurde nach Druck und Tankstellenboykott an Land entsorgt statt versenkt. Im Rückblick war das der ökologisch ungünstigere und teurere Weg. Greenpeace hatte mit falschen Zahlen gearbeitet.
Auch der Tropenholzboykott ging nach hinten los. Als der Export nicht mehr lief, wurde Regenwald abgebrannt, um Soja und andere Produkte für Europa anzubauen.
Vor dem Klimagipfel in Kopenhagen besetzten bezahlte alpine Aktivisten im Jahr 2009 einen Kühlturm eines Lausitzer Kraftwerks, um ein Riesentransparent mit dem Konterfei der Kanzlerin samt entsprechender Forderung für die Beratungen anzuhängen. Letztlich hatten sie sich mit Größe und Gewicht des Propagandaelements übernommen und mussten nach mehr als 12 Stunden wieder absteigen und sich in die Hände der höflich wartenden Polizei begeben. Natürlich hatten sie live von der Kühlturmkrone via Greenpeace-Homepage berichtetet, was für Heiterkeit sorgte. Sie führten hochsensible CO2-Messgeräte mit und folgerten aus dem Anstieg der Konzentration, dass der Kraftwerksblock wohl jetzt hochgefahren sei. Dumm nur, dass in selbigen Kühlturm kein Rauchgas eingeleitet wurde. Das Fehlen der etwa sechs Meter dicken Rohre am Schaft hatten sie nicht bemerkt. Wer hochmoderne Messgeräte nicht bedienen kann und offensichtliche technische Zusammenhänge nicht versteht, sollte sich mit Erklärungen der Welt zurückhalten.
Wenn Greenpeace sein Robin-Hood-Image pflegt, kann das auch in die Hose gehen.
Als man 2013 in Form eines infantilen Geländespiels versuchte, eine russische Ölplattform zu besetzen, gab es Schusswaffeneinsatz und Inhaftierung. Das hat die Aktivisten, bar jeder Kenntnis russischer Geschichte und der nach Juni 1941 ausgeprägt hohen Verteidigungsbereitschaft, komplett überrascht. Waren sie doch aus Westeuropa eher Eskorte und Freisprüche gewöhnt. Nach monatelangem Gezeter konnte man froh sein, dass die Rabauken wieder frei kamen. Als jüngst das schwimmende Kernkraftwerk „Akademik Lomonossow“ durch die Ostsee gezogen wurde, gab es den Greenpeace-Protest aus sicherer Entfernung. Atomgetriebene Flugzeugträger, U-Boote und Atomwaffen auf deutschem Boden sind ohnehin kein Thema.
Auch den Franzosen wurde es voriges Jahr zu bunt, beziehungsweise grün. Sie verknackten acht Regenbogenkrieger wegen Eindringens in das Kernkraftwerk Cattenom zu milden Bewährungs- und Haftstrafen, was in der Greenpeace-Zentrale große Empörung auslöste. Bisher wurden sie in Westeuropa nur wie ungezogene Kinder behandelt.
Ökologisch korrekte Sinnkrise
Der alte Glanz der Berufswiderständler ist verblasst. Beim Thema Klima haben sie den Anschluss verpasst. Sie sind nicht die Organisation, die Bürgern beim Begriff „Klimawandel“ zuerst einfällt, wie Umfragen zeigen. Bedeutungsverlust nagt am Selbstgefühl, es gibt abnehmende öffentliche Wirkung, wenn Greenpeace Rabatz macht. Die Gegner haben dazugelernt, bleiben ruhig oder lassen die Aktivisten durch Ignoranz auch mal ins Leere laufen. Das zehrt am Ego, will man doch für die verhassten Konzerne der Angstgegner sein. Auch einige Regierungen gehen inzwischen gegen ihre Aktivitäten vor. Kanada entzog Greenpeace schon 1989 den Status der Gemeinnützigkeit, Indonesien versuchte, sie aus dem Land zu treiben. Deutschland bleibt untätig und subventionierte die Castor-Blockaden noch indirekt durch die Steuerfreiheit von Greenpeace, ließ den Weg wiederum durch steuerfinanzierte Polizei frei räumen. Ähnlich läuft es im Hambacher Forst.
Wie bei anderen NGO`s gibt es keine demokratischen Strukturen. Mitglieder und Förderer haben keine Mitbestimmungsrechte. 40 stimmberechtigte Mitglieder wählen einen siebenköpfigen Aufsichtsrat, der die beiden Geschäftsführer bestimmt. Der zunehmende Bedeutungsverlust soll durch zunehmend aggressive Methoden wettgemacht werden. Nachdem in Deutschland keine Castoren mehr rollen, wird der Krieg gegen die Kohle intensiviert. Dabei scheut man sich nicht, Menschen an den öffentlichen Pranger zu stellen. Im „Schwarzbuch Kohlepolitik“ von 2013 erfolgt eine Diffamierung von Bundes-, Landes- und Kommunalpolitikern durch eine Kategorisierung in „Überzeugungstäter, Doppelspieler, Scharfmacher, Mitläufer und Lautsprecher“. Die perfekte Grundlage für die Zielansprache der Öko-Antifa zum Losschlagen. Damit habe sich Greenpeace aus dem Kreis der politischen Kräfte verabschiedet, mit denen eine Diskussion über verantwortliches Handeln in der Energiewende möglich sei, so IG-BCE-Chef Vassiliades.
Deutlichster Ausdruck des Charakters von Greenpeace ist die Auseinandersetzung um den „Goldenen Reis“. Wer Menschen als Feinde der Erde sieht und jeden Fortschritt in der Gentechnik ablehnt, hat natürlich wenig Interesse an Menschen in den ärmsten Ländern, die auch nur selten als Fördermitglieder in Erscheinung treten. 1999 wurde gentechnisch ein Provitamin-A-haltiger Reis entwickelt, der nach Angaben der WHO helfen könnte, eine dreiviertelmillion Kinder in der dritten Welt vor Erblindung, vermehrten Masern-Infektionen und Entwicklungsstörungen zu bewahren. Schon 40 bis 60 Gramm des Goldenen Reises pro Kind würden dies verhindern können.
Greenpeace und anderen NGO`s gelang es mit viel Geld, eine weitgehende politische Blockade für den neuen Reis zu etablieren. Allerdings bröckelt auch hier der „Erfolg“: Die Philippinen haben den Goldenen Reis inzwischen zugelassen. 107 Nobelpreisträger stellten sich in einem offenen Brief frontal gegen Greenpeace. Man solle die Erkenntnisse zuverlässiger wissenschaftlicher Einrichtungen anerkennen und Kampagnen gegen gentechnisch veränderte Organismen einstellen. Das änderte am Fundamentalwiderstand nichts. Wenn man gegen Konzerne kämpft und deren mögliche Profite, sind Kollateralschäden an Menschenleben teils unvermeidlich.
Natürlich sind die Auswirkungen des Goldenen Reises noch nicht umfänglich bekannt. Welche Wechselwirkungen bei einer höheren Vitamin-A-Zufuhr entstehen betreffend der Viren und Krankheitserreger, ist noch unerforscht. Klar ist allerdings: Die Fundamentalbekämpfung löst die Probleme nicht. Aber das ist ohnehin nicht das Ziel von Greenpeace.
Schwindeln für die Weltrettung
Dass die Wahrheit in der Organisation eine untergeordnete Rolle spielt, hat man inzwischen höchst offiziell zugegeben. Nach jahrelangem Kampf gegen einen großen kanadischen Papierproduzenten stand Greenpeace vor Gericht wegen der falschen Beschuldigung illegalen Holzeinschlags. Boykottaufrufe und übliche mediale Zersetzungspropaganda schadeten dem Konzern. Nun beklagte sich Greenpeace darüber, vor Gericht gezerrt worden zu sein, obwohl man selbst gern und viel klagt, wo möglich. NGO`s sind mächtig aber niemandem verantwortlich. Greenpeace verteidigte sich vor Gericht in der Art, dass seine Aussagen nicht strikt buchstabengetreu oder wissenschaftlich präzise zu verstehen seien. Sie seien eher im übertragenen Sinne gemeint, seien übertrieben und teils „nicht verifizierbare Behauptungen subjektiver Meinungsäußerungen“. Nicht jede Lüge sei auch Betrug.
Umweltschutz wird heute in allen Entscheidungen mitgedacht und abgewogen. Greenpeace hat sich überlebt. Je mehr der Verein umweltschädlichen Klimaschutz forciert, kappt er seine Wurzeln. Nicht Patrick Moore ist der Verräter. Die Regenbogenkrieger von heute sind es.
Über den Autor: Frank Hennig, Diplomingenieur für Kraftwerksanlagen und Energieumwandlung, verbrachte sein Arbeitsleben in den Kraftwerken eines großen Stromunternehmens und seiner Rechtsnachfolger. Er war viele Jahre Betriebsrat und hier für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig, was ihn zum Studium der PR an der Deutschen Presseakademie führte. Heute ist er in der technischen Fortbildung und bei einer Gewerkschaft als Referent tätig. Frank Hennig ist geborener Görlitzer, verheiratet, erfreut sich an Kindern und Enkeln und lebt heute in der Niederlausitz. Im Buchhandel von ihm erschienen: Dunkelflaute: oder Warum Energie sich nicht wenden lässt
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