Forschungsergebnisse: Religiöser Glaube fördert Selbstkontrolle am stärksten
Gott. Geist. Göttlich. Könnte es sein, dass diese drei Wörter (und andere wie sie) eine einzigartige Kraft haben, um unsere Selbstkontrolle zu stärken? Sogar bei Ungläubigen? Und das mit einer nachgewiesenen Wirkung von bis zu 91 Prozent?
Das klingt zu schön, um wahr zu sein. Doch genau zu diesem Ergebnis kam einer Reihe äußerst gut konzipierter Studien – komplett mit Kontrollgruppen und einer sehr ausgefeilten wissenschaftlichen Methodik –, die von einem Team aus vier akademischen Forschern durchgeführt und in der Fachliteratur veröffentlicht wurden. (Die Originalstudie kann kostenlos online nachgelesen werden und ist einen Blick wert, auch wenn ihr konzeptioneller Rahmen – im Sinne der Evolutionspsychologie – vielleicht nicht mit den eigenen Überzeugungen übereinstimmt.)
Ideen und Überzeugungen, die Jahrtausende überdauerten
Es sind Studien wie diese, nach denen ich als Pädagoge und Ausbilder von Lehrern immer Ausschau halte. Alle Ratschläge und Erkenntnisse, die dazu beitragen könnten, das Beste aus den Schülern herauszuholen – sowohl im Unterricht als auch, was noch besser ist, in ihrem gesamten Leben –, sind Juwelen, die ich mit Begeisterung aufspüre und nicht mehr aus der Hand lasse.
Die Schwierigkeiten der Schüler bei der Ausübung dessen, was in der Fachsprache als „Selbstregulation“ bezeichnet wird – wie beispielsweise die Zügelung eines Impulses oder ein Belohnungsaufschub – bereiten Lehrern und Politikern gleichermaßen zunehmend Sorgen, ganz zu schweigen von den Eltern.
Alles, was Kinder zu besserer Selbstbeherrschung und klügerem Verhalten anspornt, ist willkommen. Das einzige Problem ist, dass dieser Bedarf zu einer scheinbar endlosen Flut neuartiger Methoden führt, deren größter Vorzug darin besteht, dass es sich um etwas handelt, das noch nicht ausprobiert wurde. Das ist kaum ein Grund für Optimismus.
Es überrascht nicht, dass die meisten von ihnen nach ein paar Jahren in Vergessenheit geraten, da sie nicht das halten, was sie versprechen. Ob im Bildungswesen oder anderswo – Neues verkauft sich gut.
Hier kommt die Studie über Religion und Selbstkontrolle ins Spiel; sie ist von enormer Bedeutung. Sie geht nicht auf die neueste Mode ein, sondern auf die Grundlagen der Zivilisation, auf Ideen und Überzeugungen, die die Zeit überdauerten (wir sprechen hier von Jahrtausenden). Es ist nur angemessen, dass sie in der wissenschaftlichen Literatur ihren Platz finden. Es ist ein seltener, aber aufregender Moment, wenn diese beiden Aspekte zusammentreffen.
„Religiöse Überzeugungen füllen die Speicher der Selbstkontrolle auf“
Die Arbeit, auf die ich mich beziehe, wurde von einem Team aus vier Forschern der Queen’s University in Ontario, Kanada, durchgeführt. Ihre Ergebnisse, die vor genau 10 Jahren veröffentlicht wurden, sind von enormer Bedeutung für die Gegenwart, auch wenn es scheint, dass sie in den vergangenen zehn Jahren weitgehend übersehen oder vergessen wurden. So viel ich weiß, haben sie jedenfalls keinen Eingang in die Lehrerausbildung gefunden.
Um die vernünftigen Worte der Studienautoren zu zitieren, bieten ihre Ergebnisse „starke und direkte Beweise für die aufbauende Wirkung religiöser Vorstellungen auf die Selbstkontrolle“.
„Religiöse Überzeugungen füllen die Speicher der Selbstkontrolle auf“, schreiben die Autoren weiter, „und können wichtige psychologische ‚Nährstoffe‘ liefern, die für eine Vielzahl von sozial nützlichen Verhaltensweisen notwendig sind.“
Was hat das Team ermutigt, solch grandiose Behauptungen aufzustellen? Vor allem, wenn die Gruppe selbst auffallend wenig religiös zu sein scheint? (Ironischerweise ordnet ihre Forschung all dies in einen evolutionspsychologischen Rahmen ein.)
Erstens wurden die vier durchgeführten Experimente in einer anspruchsvollen Weise konzipiert, um die Ursache und Wirkung zu bestimmen und festzustellen, ob es einen kausalen Zusammenhang zwischen religiösen Vorstellungen und der Gestaltung des Verhaltens gibt. Frühere Forschungen waren weitgehend theoretisch und beinhalteten allenfalls „Korrelationsdesigns“, was weit davon entfernt ist, Ursache und Wirkung zu bestimmen.
Die vorliegende Studie konnte andere mögliche Erklärungen empirisch ausschließen, wie zum Beispiel den Zufall, persönliche Überzeugungen, Moral (im Allgemeinen) und sogar die Angst vor dem Tod (die einige mit der Religion in Verbindung bringen könnten). Es waren allein die religiösen Begriffe, die den Ausschlag gaben.
Zweitens waren die Ergebnisse der Studien bemerkenswert. So zeigten religiöse Konzepte nicht nur eine vielleicht schwache oder geringe Wirkung. Die Wirkung war beträchtlich – sogar gewaltig.
Im ersten Experiment, bei dem es um die Fähigkeit der Versuchspersonen ging, Willenskraft auszuüben (in diesem Fall durch das „Aushalten von Unbehagen“ in Form des Trinkens eines absichtlich abstoßenden, von den Forschern selbst hergestellten Essig-Orangen-Saft-Gemischs!), schnitten diejenigen, die mit religiösen Konzepten „geprimt“ wurden, um 91 Prozent besser ab als die Kontrollgruppe.
Das ist fast eine Verdoppelung der Willenskraft, wenn man sich nur einen Moment lang mit einem geistlichen Begriff oder Konzept auseinandersetzt. (Zur Verdeutlichung: „Priming“ bedeutet, dass man vorher unwissend bestimmten Wörtern, Vorstellungen und so weiter ausgesetzt wurde wie „Gott“ oder „das Göttliche“).
Die nachfolgenden Experimente bestätigten ebenfalls die positive Wirkung religiöser Begriffe, beispielsweise bei der Messung der Fähigkeit der Versuchspersonen, die Belohnung hinauszuzögern (eine weitere Form der Selbstkontrolle) und an einem unlösbaren Rätsel zu arbeiten, nachdem sie zuvor absichtlich geistig „erschöpft“ wurden.
In diesen beiden Experimenten schnitten diejenigen, die religiösen Begriffen ausgesetzt waren, um 76 Prozent beziehungsweise 70 Prozent besser ab.
Drittens, und das ist vielleicht das Unglaublichste, vertraten die Teilnehmer ein breites Spektrum an Glaubensrichtungen und religiösen Hintergründen – von Katholiken und Protestanten über Buddhisten, Muslime und Atheisten bis hin zu Agnostikern. Die beiden letztgenannten Gruppen machten in jedem der Experimente 34 Prozent der Teilnehmer aus. (Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass es sich um eine sehr sorgfältig konzipierte Studie handelte).
Mit anderen Worten: Die beobachteten Effekte waren nicht nur ein Spiegelbild der festen religiösen Überzeugungen oder Bekenntnisse der Teilnehmer. Ganz im Gegenteil: „Die Religionszugehörigkeit beeinflusste in keiner Studie das Ergebnismuster“, so die Forscher. Sie fügten hinzu, dass zudem das Ergebnismuster für religiöse und nicht-religiöse Teilnehmer gleich war.
Anders ausgedrückt: Sogar ein bekennender Atheist würde eine annähernde Verdoppelung seiner Standhaftigkeit oder Selbstkontrolle erfahren, wenn er unwissentlich einem Begriff wie „Geist“ oder „Gott“ ausgesetzt wäre.
Mehr „Göttliches“ im Klassenzimmer
In einer Zeit, in der Pädagogen dazu angehalten werden, sich zu verbiegen, um Menschen mit anderen Überzeugungen oder Weltanschauungen nicht zu provozieren, ist dies eine ziemliche Ironie.
Und wie tragisch ist es, dass Pädagogen an so vielen Institutionen – wie etwa an öffentlichen Schulen – um solche Begriffe und Überzeugungen einen großen Bogen machen müssen, selbst wenn sowohl sie als auch viele ihrer Schüler und Studenten sie teilen.
Sie werden sozusagen dessen beraubt, was man heute als realen, messbaren und unmittelbaren Nutzen für ihr psychisches Wohlbefinden und ihre Persönlichkeit bezeichnen kann. Wenn es etwas mehr „Göttliches“ im Klassenzimmer gäbe, müsste man vielleicht weniger oft wegen mangelnder Selbstbeherrschung zum Rektor gehen.
Insgesamt scheint die Studie eine verblüffende Bestätigung dessen zu sein, was viele Eltern und gläubige Menschen schon immer wussten (und in unserer zunehmend säkularen Welt lange bestätigt sehen wollten): dass die Religion bei all dem eine Rolle spielt, und zwar eine ausgesprochen positive.
Dazu sage ich: Amen. Hoffen wir nur, dass ich dafür nicht gefeuert werde.
Matthew John ist ein Lehrer mit jahrzehntelanger Erfahrung und Schriftsteller, der sich für Geschichte, Kultur und gute Literatur begeistert. Er lebt in New York.
Dieser Artikel erschien im Original auf The Epoch Times USA unter dem Titel: For Boosting Self-Control, the Research Is Clear: Nothing Beats Religious Belief (deutsche Bearbeitung von as)
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