Eine Welt am Zerbrechen

Die Folgen von Zwangsschließungen und Lockdowns sind allgegenwärtig. Wohin führt uns die Zukunft?
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Eine Frau mit einer Maske geht an einem geschlossenen Geschäft vorbei.Foto: ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images
Von 20. Juni 2022

Die großen Einschnitte im Leben der Einzelnen durch Lockdowns und Quarantänen betrafen Millionen Menschen und haben sie ihrer moralischen Mitte und ihrer Klarheit über den Sinn des Lebens beraubt. Mit den Worten Freuds ausgedrückt, haben die vergangenen zwei Jahre dem Es (dem primitiven Instinkt) alle Möglichkeiten geboten, das Ich, das aus sozialen Normen, gesellschaftlichen Realitäten, Etikette und Regeln besteht, zu verdrängen.

Bei einer derartigen Verdrängung kann nichts anderes übrig bleiben als ein Instinkt, der von Verbitterung und Hass genährt wird. Damit einher geht die Suche nach einem „Schuldigen“, dem man die Verantwortung für alle Probleme in die Schuhe schiebt. Egal, ob es sich dabei um eine Rasse, um politische Abweichler, um Corona-Leugner, um Ungeimpfte oder um irgendeine andere Gruppe handelt, es ist immer die gleiche Dynamik am Werk: der Versuch, zu stigmatisieren, auszugrenzen, zu entmenschlichen und schließlich zu eliminieren.

Die Jugendlichen haben nicht nur zwei Jahre an Bildung verloren, sondern auch an Sozialisationsmöglichkeiten. Die Netzwerke sind zusammengebrochen. Die Vorstellung, dass das Leben stabil und gut sein kann und immer sein wird, ist für viele einer ganzen Generation zerstört.

Isolation. Verzweiflung. Entbehrung.

Welche Faktoren setzt dieses Freudsche Es frei, das immer knapp unter der Oberfläche liegt? Was durchbricht diese durch Sublimierung geschaffene Barriere? Isolation. Verzweiflung. Entbehrung. Dies ist mit einer Zerrüttung der sozialen Bindungen (durch „soziale Distanzierung“) und auch mit materiellem Verlust verbunden. Dies lässt die Hoffnung schwinden. Eine glückliche Zukunft scheint unerreichbar zu sein, sodass der Wunsch, auf dieses Ziel hinzuarbeiten, verloren geht. Stattdessen setzt die Psychologie der Reversion ein: ein primitives, anomisches und gewalttätiges Verhalten.

Freud ist ein guter Wegweiser für diesen tragischen Prozess. Um jedoch das andere Ende des moralischen Spektrums zu erblicken, sollten wir uns Adam Smiths Meisterwerk „The Theory of Moral Sentiments“ zuwenden. Darin wird ausführlich analysiert, was es bedeutet, Empathie zu empfinden. Und zwar nicht nur zu empfinden, sondern sich so sehr darauf zu verlassen, dass unser eigenes Wohlbefinden mit der Annahme verbunden wird, dass auch andere so etwas wie ein gutes Leben führen können.

Wodurch wird dieses höhere Gefühl in uns geweckt? Es ist die praktische Erfahrung, von anderen abhängig zu sein und den Wert ihrer Arbeit, ihrer Produktivität und ihres Beitrags zum Gemeinschaftsleben zu schätzen. Zu erkennen, dass unser eigenes Wohlergehen mit dem Schicksal anderer verbunden ist. Es ist Interdependenz – eine gegenseitige Abhängigkeit. Das ist es, was der Markt und die Gesellschaft fördern: Die allmähliche Erkenntnis, dass andere, und zwar alle Menschen, es wert sind, mit Würde und Respekt behandelt zu werden.

Die Verwirklichung dieses Bewusstseins ist nie ganz, nie vollständig. Jedoch kommen wir mit zunehmender Entwicklung der Zivilisation und des Wohlstands diesem Ziel immer näher. Das ist es, was uns ein immer besseres Leben ermöglicht. Ohne diesen Sinn können wir sehr schnell in die Barbarei abrutschen, wie es in „Der Herr der Fliegen“ beschrieben wird. Dies gilt insbesondere für die unbeständigen Jahre der Jugend und der Pubertät, in denen die Suche nach Sinn aktiv wird und der Verstand sowohl auf gute als auch auf gefährliche Weise formbar ist.

Nimmt man die Gemeinschaft weg, so nimmt man auch das weg, was den Smith’schen Sinn für Empathie vermittelt – der sich aus einem durch Sozialisation geschulten Gewissen ergibt. All dies ist abhängig von einer funktionierenden Markt- und Sozialordnung. Ohne diese kann ein Rückgang der geistigen Gesundheit zu Gewaltausbrüchen und sogar zu Völkermord führen.

Ich setzte meinen naiven Weg fort

Wie Sie wollte ich nie in einer Gesellschaft leben, die sich immer mehr in den moralischen Verfall hinein entwickelt. Damit einher geht unweigerlich ein Rückgang des allgemeinen Wohlstands.

Vor Jahren aß ich mit einem großen Wirtschaftsexperten, der sein Leben der Untersuchung der wirtschaftlichen Freiheit in der ganzen Welt gewidmet hat, zu Mittag. Er entwickelte Maßstäbe, um diese Fortschritte zu quantifizieren, und erstellte eine Rangliste der Länder. Ich stellte ihm die große Frage, ob es jemals die Möglichkeit gäbe, dass wir im Westen das verlieren könnten, was wir für selbstverständlich hielten. Und ob wir zu immer primitiveren Methoden zurückfallen und schließlich sowohl Freiheit als auch Wohlstand verlieren könnten.

Seine Antwort kam schnell: Die Wahrscheinlichkeit dafür ist gleich null. Zu komplex sind die Märkte, das geltende Rechtssystem ist meist gut und die Menschheit hat den richtigen Weg gelernt. Die Grundlagen der Zivilisation sind so stark, dass es einer gewaltigen Anstrengung bedürfte, sie zu brechen. Die Menschen würden das niemals zulassen. Ich war erleichtert, als ich das hörte, und setzte meinen naiven Weg fort.

Vor zwei Jahren, im Frühjahr, wurde dieses Vertrauen in die Zukunft erschüttert. Ein Freund beschrieb es mir als einen Albtraum, der sich in Echtzeit abspielt. Die herrschenden Eliten spielen unkontrolliert mit den heiligen Rechten und Freiheiten und zerschlagen dabei so viel von dem, was in hunderten Jahren aufgebaut wurde.

Die Folgen von Zwangsschließungen und Lockdowns sind allgegenwärtig. Es geht nicht nur um Bildungsverluste, sinkenden Optimismus, abnehmende Gesundheit, Inflation, geschwächte Finanzen, leere Regale und ein verkürztes Leben. Es geht vor allem auch um den Niedergang des gesellschaftlichen Moralempfindens.

Wir haben erlebt, wie Regierende das Undenkbare taten – Menschen in ihren Häusern einsperrten, Schulen und Kirchen schlossen, Vergnügungs- und Therapiestätten schlossen, Menschen aufgrund ihres Impfstatus von öffentlichen Einrichtungen ausschlossen.

Wir haben mehr als zwei Jahre der Isolierung, Abschottung, Spaltung, Ausgrenzung und Entmenschlichung hinter uns. Die Botschaft: Es gibt keine Regeln mehr, die auf Gleichheit und Rechten beruhen. Nichts, was wir für wichtig hielten, ist wirklich wichtig. Der Ersatz ist nicht Rationalität, sondern Primitivität und destruktives Denken.

Eine gefährliche Mischung

Viele fragen sich jetzt das Undenkbare: Wie schlimm kann es denn noch werden?

Umfragen zufolge ist die größte Sorge der Amerikaner heute die Inflation – ein direktes Ergebnis der schrecklichen Pandemiepolitik. Es gibt Beispiele aus der Geschichte, die zeigen, wie Faktoren wie die Inflation zu einem raschen Zerfall führen können. Venezuela ist ein gutes Beispiel: Ein wohlhabendes und zivilisiertes Land, das in den Abgrund stürzt, wenn das Geld ausfällt, woraufhin auch die Zivilgesellschaft zusammenbricht. Auch Deutschland und Russland kommen mir in den Sinn. Ein oder zwei Dinge, die schiefgehen, können einen Riss im bürgerlichen Leben verursachen, der ganze Gesellschaftsordnungen dem Unvorstellbaren aussetzt.

Es ist erstaunlich und zugleich erschreckend zu sehen, wie viele Dinge auf einmal schiefgelaufen sind. Die Qualität des Geldes hat einen gewaltigen Schlag erlitten und das wird wahrscheinlich noch viele Jahre so weitergehen. Wir haben eine Gesundheitskrise, einen psychologischen Niedergang, einen massiven Lernverlust, eine Abhängigkeit von staatlichen Zuwendungen und einen Verlust der Arbeitsmoral. Dazu erleben wir einen ideologischen Putsch gegen die Grundprinzipien des traditionellen Liberalismus, eine Revolte gegen die Religion und eine Verleugnung grundlegender biologischer und wissenschaftlicher Erkenntnisse. Wir sehen einen umfassenden Vertrauensverlust in die Eliten, eine Aufwertung des Krieges, selbst dann, wenn der Verwaltungsstaat zusammen mit den intellektuellen Eliten den Machtapparat auf allen Ebenen fest im Griff behält.

All dies ist eine äußerst gefährliche Mischung, für die es kaum historische Beispiele gibt. Unser moralisches Empfinden wird von Tag zu Tag schwächer. Wir gewöhnen uns an steigende Kriminalität, sinkende Kaufkraft, den Verlust von Chancen, schwindende Hoffnungen für die Zukunft, zunehmendes soziales Chaos und die Normalisierung von Hass. Das alles kann allmählich und dann ganz plötzlich schiefgehen.

Der fortwährende Niedergang ist jedoch nicht unaufhaltbar. Er lässt sich beheben, aber alle mächtigen Kräfte da draußen, insbesondere die Mainstream-Medien, scheinen sich dagegen zu wehren. Alles ist darauf ausgerichtet, uns zu demoralisieren und uns zum Aufgeben zu bewegen. Wir dürfen uns mit diesem Schicksal nicht abfinden. Es ist noch Zeit, vorausgesetzt, wir verstehen, was geschieht und welch schwerwiegenden Folgen es hat, wenn wir all das kampflos hinnehmen.

Jeffrey Tucker ist Gründer und Präsident des Brownstone Institute. Er ist der Autor von fünf Büchern, darunter „Right-Wing Collectivism: Die andere Bedrohung der Freiheit“.

Dieser Artikel erschien zuerst in The Epoch Times USA: Lockdowns, Closures, and the Loss of Moral Clarity
Deutsche Bearbeitung von rm

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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