Auf ein Wort: Es ist Zeit zu leben

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Sanduhr. Symbolbild.Foto: iStock
Von 9. Mai 2023

Liebe Leserinnen und Leser,

kürzlich durchstöberte ich den Wohnungsmarkt. Meine Priorität Nummer eins: der Zeitsparfaktor. Eine gute Anbindung zu den öffentlichen Verkehrsmitteln wäre daher wichtig, ebenso wie Einkaufsmöglichkeiten in Gehweite, eine Auswahl an Restaurants in der Nähe und ein schöner Park am liebsten vor der Haustür, da ich gerne in der Natur meditiere. Die Suche gestaltete sich wie erwartet kompliziert – zumindest für mein begrenztes Budget.

Diese Woche stieß ich dann auf einen Artikel über eine 15-Minuten-Stadt. Die Idee dahinter ist, dass alle wichtigen Orte des alltäglichen Lebens wie Geschäfte, Büro, Parks oder Schule innerhalb von 15 Minuten zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar sind. Der Autoverkehr soll damit stark eingeschränkt werden.

Inzwischen gibt es weltweit Dutzende Regionen, die eine solche Städtestrategie umsetzen. Jetzt, wo ich das Konzept so vor mir liegen sah, fragte ich mich, ob ich in solch einer Stadt – oder besser gesagt Zone – leben wollte. In den sozialen Netzwerken kursieren Behauptungen, die 15-Minuten-Stadt sei ein weiterer Schritt, die Bevölkerung zu kontrollieren. Große Medien lehnen diese Gerüchte als Verschwörungstheorie ab.

Mir war mulmig zumute. Aber wollte ich nicht den Zeitfaktor an die erste Stelle stellen? Ich grübelte nach.

Hat die technische Entwicklung uns nicht auch Zeitersparnisse versprochen? Ohne Zweifel können wir heute mithilfe moderner Technik viele Dinge sehr schnell erledigen. Wir sollten uns doch eigentlich entspannt zurücklehnen können und der Waschmaschine zuschauen, wie sie die Arbeit für uns erledigt. Aber warum scheint es ein modernes Phänomen zu sein, keine Zeit zu haben?

Die Technologie beschleunigt nicht nur viele Arbeitsprozesse, sondern offenbar auch unser Lebenstempo. Statt eines Briefes sind es nun zehn E-Mails, die wir in der gleichen Zeit zu beantworten haben. Die Technik ermöglicht auch, dass wir viele Dinge gleichzeitig machen können. Ein Meeting abhalten, während man im Zug sitzt. Telefonieren, E-Mails abrufen und gleichzeitig kochen sind beliebte Kombinationen. Technische Innovationen erfordern allerdings auch, dass wir uns ständig auf dem Laufenden halten müssen, um nicht „abgehängt“ zu werden oder etwas zu verpassen.

Eine gesellschaftliche Entwicklung steht nie für sich allein. Sie ist wie ein Geflecht aus Zahnrädern. Dreht sich ein Rad, drehen sich alle anderen Räder mit. Nicht immer können wir voraussagen, in welche Richtung es geht.

Das Konzept der 15-Minuten-Stadt klingt auf der Oberfläche verlockend. Wo der Trend die Menschen, die Gesellschaft und das Zusammenleben hinführt, wird sich wohl noch zeigen.

Eines habe ich für mich inzwischen erkannt: Bin ich ständig damit beschäftigt, Zeit zu sparen, verpasse ich am Ende die Zeit zu leben.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine schöne und erholsame Zeit.

Ihre Diep Le

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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