Ampeldeutschland – der gefährliche Absturz von Marktwirtschaft, Demokratie und Rechtsstaat
Es genügt, den Scheinwerfer auf einige wenige Ereignisse zu richten, um zu erkennen, dass die immer offensichtlicher werdenden Fehlentwicklungen in Deutschland in ihrem Ausmaß und ihrer Geschwindigkeit besorgniserregend sind.
Schlaglichter auf die Erosion der Marktwirtschaft
In einer konsequent entwickelten Marktwirtschaft bilden sich Preise durch Angebot und Nachfrage und die Marktteilnehmer einigen sich freiwillig auf die Vertragsbedingungen – in allen Bereichen. Auch Arbeits- oder Mietverträge würden ohne Einmischung von außen geschlossen. Höchst- und Mindestpreise gäbe es ebenso wenig wie Vorgaben, wer, was, wie produzieren oder nachfragen soll.
Es gäbe in einer solchen konsequent entwickelten Marktwirtschaft auch keine Subventionen und zahlreiche weitere politische Interventionen. Es wird deutlich, dass der Ist-Zustand in Deutschland nicht als Marktwirtschaft bezeichnet werden kann – zumindest nicht, ohne den Begriff mit Absicht oder aus Unkenntnis heraus sich selbst widersprechend umzudeuten.
Die vom Wirtschaftsminister vorgestellte neue Industriestrategie mit dem Titel „Industriepolitik in der Zeitenwende: Industriestandort sichern, Wohlstand erneuern, Wirtschaftssicherheit stärken“ zeigt deutlich, dass aktuell eine neue Stufe der Abkehr von der Marktwirtschaft vollzogen wird.
Dieses Strategiepapier ist geprägt von den Vorstellungen von Mariana Mazzucato, die sich an den Ideen von Karl Polanyi anlehnt. Polanyi vertrat die Position, dass ein Ende der Marktwirtschaft der Anfang einer neuen Freiheit sein würde – wenn die Wirtschaft der Politik unterworfen wird.
Er hatte allerdings ein bemerkenswertes Freiheitsverständnis. Es lässt sich in der Aussage komprimieren, dass Freiheit gegeben ist, wenn die Menschen das tun, was der Plan der Mächtigen vorsieht – denn der sorgt für Gerechtigkeit.
Mit diesem Denken soll nun die neue Industriestrategie für Klimaneutralität sorgen. Anbieter und Nachfrager haben also nichts zu befürchten – wenn sie tun, was verlangt wird, geht Deutschland einer strahlenden Zukunft entgegen und alle sind glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende.
Die unverkennbare Ironie der letzten Zeile ist dem Umstand geschuldet, dass es sich hier ganz klar um Planwirtschaft handelt. Trotz der negativen geschichtlichen Erfahrungen und den bekannten Ursachen für das regelmäßige Misslingen wird hier erneut eine Idee umgesetzt, die immer wieder gescheitert ist.
Schlaglichter auf die Erosion der Demokratie
Platon hielt die Demokratie zu seiner Zeit nicht für eine gute, die Freiheit sicherstellende Regierungsform. Plakativ ausgedrückt, sah er einerseits Machtfokussierung und ungebildete Herrscher sowie andererseits faule Verschwender und Profiteure des Systems.
Doch wenn hier von Erosion der Demokratie die Rede ist, soll es nicht um solch philosophische Betrachtungen gehen, sondern um die heutige Ausprägung der Demokratie in Deutschland, so wie die grundgesetzliche Basis sie beschreibt.
Wie sich zeigt, kann mit dem Grundgesetz nicht verhindert werden, dass eine Aushöhlung von innen heraus erfolgt. Einzelne bereits zurückliegende und noch bevorstehende Maßnahmen unterminieren die Demokratie – auch wenn sie formal (vielleicht) legal sein sollten, sind sie nicht legitim.
Artikel 20 des Grundgesetzes zeigt die wichtige Bedeutung von Wahlen für die deutsche Demokratie. Gibt es unrechtmäßige Geschehnisse im Zusammenhang mit Wahlen, sollte dies daher eine zeitnahe und deutliche Reaktion bewirken.
Nach der Wahl des Ministerpräsidenten in Thüringen im Jahr 2020 nannte die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel das Wahlergebnis „unverzeihlich“ und forderte, es rückgängig zu machen – was dann auch tatsächlich geschah. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte in einem Urteil, dass dies grundgesetzwidrig war – aber erst zwei Jahre später (nachdem Merkel nicht mehr im Amt war).
Das Geschehen rund um die Wahl in Berlin 2021 liefert ein weiteres Beispiel dafür, dass selbst schwerwiegende Mängel im Wahlprozess, trotz dessen fundamentaler Bedeutung für die Demokratie, gelassen hingenommen werden. Inzwischen ist über die Hälfte der Wahlperiode vergangen und obwohl der Verfassungsgerichtshof des Landes die Wahl für ungültig erklärte, werden die bundespolitischen Konsequenzen nicht aufgearbeitet.
Ein weiteres Beispiel, das belegt, welche Erosion der Demokratie bereits stattfindet, liefert das Abstimmverhalten der Abgeordneten und die Wahlrechtsreform der Ampel. Begründet wird diese damit, dass der Bundestag verkleinert werden soll. Es stellt sich jedoch die Frage, warum es künftig 630 Abgeordnete sein sollen, obwohl zuvor nach dem Wahlgesetz (ohne Überhang- und Ausgleichsmandate) 598 Abgeordnete vorgesehen waren.
Theoretisch (nach Artikel 38 GG) sind die Abgeordneten nur ihrem Gewissen unterworfen – und den Parteien fällt die unbedeutende Rolle zu, an der politischen Willensbildung mitzuwirken (Artikel 21 GG). Praktisch geht die Macht der Parteien deutlich über die ihnen grundgesetzlich zugedachte Rolle hinaus. Das zeigt sich unter anderem daran, dass nur ausgesprochen selten ein Abgeordneter anders abstimmt, als es der jeweiligen Parteilinie entspricht.
Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass zahlreiche Abgeordnete über die Liste ins Parlament kommen. Die neue Wahlrechtsreform führt dazu, dass direkt gewählte Abgeordnete „rausfliegen“ können, weil die „Abgeordnetenstimme“ keine entscheidende Rolle mehr spielen wird. Das Gewicht der „Parteistimme“ – und damit der Einfluss der Parteien – wird noch über das bestehende (die grundgesetzlich angedachte Rolle bereits überschreitende) Maß hinaus aufgewertet.
Schlaglichter auf die Erosion des Rechtsstaats
Einige Hinweise auf die Erosion des Rechtsstaats waren bereits bei den zuvor genannten Beispielen für die Schwächung der Demokratie zu erkennen. Weitere Exempel sind personelle Verflechtungen zwischen Politik und (obersten) Gerichten. Dass der Präsident des Bundesverfassungsgerichts zuvor Mitglied des Deutschen Bundestages und stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion war, kann durchaus kritisch gesehen werden.
Auch die Klimaschutzentscheidung des ersten Senats deutet auf eine Veränderung hin, die zur Unterminierung des Rechtsstaats beiträgt. Es stellt eine neue „Qualität“ dar, dass die Einschränkung von Rechten heute lebender Bürger mit einer (von vielen möglichen) Zukunftsvision – in diesem Fall Annahmen zu den Ursachen und Folgen des Klimawandels – begründet wurde.
Dabei wurde ignoriert, dass es neben der verwendeten Annahme zahlreiche weitere und widersprüchliche „Zukünfte“, auch wissenschaftliche Annahmen über Ursachen und Folgen des Klimawandels, gibt. Möglicherweise verläuft die (Klima-) Entwicklung gänzlich anders als in jenem Szenario, das der Entscheidung zugrunde gelegt wurde.
Die große Gefahr dieses Vorgehens besteht darin, dass sich für jedes gewünschte Regierungshandeln ein passendes „Zukunftsbild“, also Annahmen über das, was später einmal sein wird, finden lässt. Der Staat kann somit immer Einschränkungen der Rechte heute Lebender mit der passenden „Fiktion“ und deren möglichen Auswirkungen auf künftige Generationen begründen. Der Schutzcharakter des Grundgesetzes (welches die Bürger vor Übergriffen des Staates schützen soll) geht damit verloren.
Auch die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaften in Deutschland – anders als beispielsweise in Polen – nicht politisch unabhängig sind, unterminiert den Rechtsstaat. Ein auffälliges Beispiel war die Verhaftung und neunmonatige Untersuchungshaft des „Querdenkers“ Michael Ballweg. Man kann den Eindruck gewinnen, dass es darum ging, den Corona-Widerstand zu brechen.
Das Vorgehen war so unbegründet, dass das Landgericht Stuttgart wegen fehlendem hinreichendem Tatverdacht kein Hauptverfahren eröffnete. Zudem missachtete es den Umstand, dass der grundrechtliche Schutz der Meinungsfreiheit gerade aus dem besonderen Schutzbedürfnis der Machtkritik erwächst.
Auch der Fall Björn Lars Oberndorf wirft Fragen auf. Der GSG9-Einsatz erweckt den Eindruck, es ginge hierbei eher um den Zugriff auf Informationen zum Verein „Polizisten für Aufklärung“ als um eine Zeugenbefragung. Auch der „Fall Faeser-Schönbohm“ wirft Fragen auf und gibt Anlass zur Sorge um die Rechtsstaatlichkeit.
Richter sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen (Art. 97 GG), aber mehrere Urteile oberster Gerichte machen deutlich, dass deren Entscheidungen nicht losgelöst vom allgemeinen Rechtsempfinden sein dürfen.
Es gibt daher auch Anlass zur Sorge, dass die Medien vermehrt über Gerichtsurteile (und auch Gesetzesvorhaben) berichten, die mit dem „allgemeinen Rechtsempfinden“ kollidieren. Beispielsweise führen unterbleibende oder Minimalstrafen für Wiederholungstäter oder Gewalttaten bei zahlreichen Menschen zu Kopfschütteln.
Ausblick
Die Konsequenzen der – durch die Ampel forcierten – Erosion von Marktwirtschaft, Demokratie und Rechtsstaat in Deutschland, sind Wohlstandsverluste und Freiheitsschwund. Es geht nicht um abstrakte Entwicklungen, die uns egal sein können. Ein Rückzug ins Private bietet keinen Ausweg, wenn die Politik die eingeschlagene Richtung beibehält oder gar noch intensiviert.
Die heutigen Ampelfarben stärker leuchten zu lassen, besser zu erklären oder andere Farben für die Ampel zu wählen, wird nicht dazu beitragen, der Freiheit wieder eine Chance zu geben. Wir brauchen auch keine neuen Ampelmänner und -frauen.
Notwendig ist die Abkehr von der Ampel-Politik und der Übergang zu einem Kreisel, bei dem die Verantwortung bei den einzelnen Verkehrsteilnehmern liegt. Ein Kreisel funktioniert, weil er eine Kombination aus Freiheit und Verantwortung darstellt. Genau jene Kombination, die auch in der weiteren Entwicklung dringend vonnöten ist.
Zum Autor
Rainer Fassnacht ist ausgebildeter Kaufmann und studierter Diplom-Ökonom. Er lebt in Berlin und ist Autor des Buches „Unglaubliche Welt: Etatismus und individuelle Freiheit im Dialog“. Auch in seinen sonstigen, unter anderem vom Austrian Economics Center in Wien veröffentlichten Texten setzt er sich für die Bewahrung der individuellen Freiheit ein.
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