Für den Netzbau: Strompreis von 77 Cent pro kWh absehbar
Es war einmal eine Bundesregierung, die die stinkenden Fabrikschlote abschaffen wollte. Dafür beschlossen sie, überall Windmühlen aufzustellen, die zuverlässig die Stinker ersetzen und die Menschen weiter mit preiswerter Energie versorgen sollten.
Leider hatte die Wetterfee Frau Holle etwas dagegen und sagte dem Wind: Stopp! Das pfeift zu sehr, blase nur, wenn ich es Dir erlaube. So kam es, dass der Wind im Jahre 2022 an Land nur auf 72 und auf See auf 127 Volllasttage kam und somit wohl niemals eine dauerhafte Leistung bringen kann. Weil beispielsweise nachts keine Sonne scheint und der Wind nicht immer weht, müssen wir bei Dunkelflaute Strom importieren oder speichern. Das verdeutlichen die weißen Bereiche unter der schwarzen Lastlinie in der folgenden Grafik.
Massiver Ausbau des Stromnetzes
Da der Wind aber auf See stärker weht als an Land, kam die besagte Bundesregierung auf die Idee, das Stromnetz so auszubauen, dass jeder kleine Windstoß auf See auch in Berchtesgaden ankommen soll. Deshalb baut man das Stromnetz für inzwischen 410 Milliarden Euro weiter aus. So sollen die Netzbetreiber geringe Strommengen, genannt Ausfallarbeit, die temporär nicht ins Netz eingespeist werden können, doch noch weiterleiten können.
2019 betrug die maximale Ausfallarbeit des Windes in ganz Deutschland laut „Statista“ 6.272,5 Gigawattstunden (GWh). Das entspricht etwa der halben Jahreserzeugung (11.500 GWh) eines drei Milliarden Euro teuren 1.650-MW-Kohlekraftwerkes wie Moorburg (Hamburg).
Und wie sieht es 2022 und 2030 mit der Jahreserzeugung in Terawattstunden (TWh) und der installierten Leistung bei Wind und Solar aus?
Wir hatten 2022 laut Energy-Charts einen Strombedarf von 517,2 TWh. Die Jahreserzeugung (JE) lag sogar bei 545,3 TWh. Das heißt, wir haben noch 28,1 TWh exportiert – dank des Energiemixes mit thermischen Kraftwerken. Entfernt man gedanklich die Kernenergie und Kohle aus dem Kraftwerkspark 2022, hätten wir nur noch 345,3 TWh erzeugt und hätten 171,9 TWh importieren müssen. Die abzuschaltenden Kraftwerke lieferten also fast ein Drittel (33,24 Prozent) des Gesamtbedarfes.
Sofern es mit den Ausbauplänen bis 2030 klappt, wächst die installierte Wind- und Solarleistung (Pi) auf insgesamt 355.000 MW (2022: 133.606 MW). Mit einer Steigerung um Faktor 3,7 legt dabei die Windkraft auf See am stärksten zu, gefolgt von Solaranlagen und Windkraft an Land. Weil der Wind aber eben nicht immer weht und die Sonne nicht immer scheint, ist dennoch nur von einer Jahreserzeugung von 484,2 TWh auszugehen. Einen Teil müssten wir zwischenspeichern, um ihn bei Dunkelflaute nutzen zu können. Doch selbst dann bleibt es rein rechnerisch 24 Tage im Jahr dunkel.
E-Autos: Reservespeicher für das Stromnetz?
Beim Speichern sieht es mau aus, da laut Fraunhofer im Jahre 2030 erst 297,63 GWh oder 0,29763 TWh an Speicherkapazität zur Verfügung stehen. Das sind 0,06 Prozent der erzeugbaren Leistung – und das schon unter Einbeziehung der E-Autos als Netzreservebatterien. Das bedeutet, man kann entweder fahren oder das Netz puffern.
Und es wird noch schlimmer: Wir haben keine Überschüsse, mit denen wir per Elektrolyse Wasserstoff erzeugen könnten. Wir benötigen über 500 TWh als Jahreserzeugung, könnten aber ohne thermische Anlagen nur 484 TWh erzeugen.
Hinzu kommt, dass wir bisher nur den Stromverbrauch betrachtet haben, insgesamt aber den Endenergieverbrauch der Wärmeerzeugung, der Industrie und des Verkehrs betrachten müssen, der beispielsweise 2019 laut Umweltbundesamt und Arbeitsgemeinschaft Energie insgesamt 2.514 TWh betrug.
54 Prozent höherer Strompreis durch Netzausbau
Wir werden nicht in der Lage sein, mit Wind und Solar ausreichend Stromüberschüsse zu erzeugen, um Speicher zu füllen oder Wasserstoff herzustellen. Wir brauchen weiter thermische Energie.
Aber trotzdem bauen wir das Netz für 410 Milliarden Euro aus, was die Netzentgelte und somit den Strompreis weiter erhöht, der jetzt schon (Stand: 1. Mai 2023) bei den Stadtwerken Karlsruhe bei 50 €-cent pro kWh liegt. 2021 betrug der höchste Strompreis in Europa (Deutschland) noch 30,3 Cent pro kWh, das entsprechende Netzentgelt 11 Cent pro kWh. Für Anfang April 2022 beziffert das Statistische Bundesamt den deutschen Strompreis auf durchschnittlich 36 Cent.
Vorausgesetzt, Windkraft- und Netzausbau verlaufen bis 2030 planmäßig und linear, steht eine Windstromerzeugung von insgesamt 1.730,7 TWh Kosten für Netzausbau (inklusive 3,85 Prozent Bauzinsen) von 465,25 Milliarden Euro gegenüber. Das entspricht 0,27 Euro pro kWh, zusätzlich. Das würde den derzeitigen Strompreis in Karlsruhe von 50 Cent pro kWh auf 77 Cent pro kWh anheben – jedoch ohne Versorgungsgarantie bei fehlendem Wind beziehungsweise Dunkelheit.
Der Solaranteil wurde bei dieser Betrachtung nicht einbezogen, weil Solarstrom meist ortsnah verwendet wird und die Sonne nachts nie scheint. Würde man ihn aber einbeziehen, käme man auf eine Gesamterzeugung von 2.675,6 TWh und ein Netzentgelt von (nur) 0,17 Euro pro kWh. Das wären immer noch um 34 Prozent höhere Stromkosten.
Zudem reichen die deutschen Speicher im Jahr 2030 mit einer Speicherkapazität (E-Autos inklusive) von 297,63 GWh und einem Stundenbedarf von 70 GW gerade 4,25 Stunden und bei 40 GW reinem Nachtstrombedarf 7,44 Stunden. Das ist sogar zu wenig, um nur die Nacht zu überbrücken.
Bleibt zu hoffen, dass die Bundesregierung bei Frau Holle hohes Ansehen genießt. Andernfalls dürfte unser aller Lohn das Pech sein.
Über den Autor:
Dipl.-Ing. Klaus Hellmuth Richardt (geb. 1951 in Offenbach) war 38 Jahre tätig in Entwicklung, Konzeption, Vertrieb, Realisierung, Inbetriebnahme, Betrieb und Modernisierung von Wasserkraft- und thermischen Kraftwerken (Nuklear-, Kohle-, Öl-, Müllheiz-, Gas-, Kombi- und Solarkraftwerke) auf der ganzen Welt. Er ist Autor der Bücher „Damit die Lichter weiter brennen“ und „Grüne Volkswirtschaft“.
(Redaktionelle Bearbeitung mf/ts)
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