Kann KI Kunst produzieren? Sotheby’s sagt ja
Ein Gemälde, das von einem KI-Roboter namens Ai-Da kreiert wurde, wurde kürzlich bei einer Auktion von Sotheby’s für eine Million US-Dollar verkauft. Das Gemälde ist ein fleckiges, leicht verzerrtes Porträt des frühen KI-Forschers Alan Turing vor einem leeren schwarzen Hintergrund und trägt den gewagten Titel „A.I. God. Portrait of Alan Turing“.
Der Schöpfer des Roboters, Aidan Meller, glaubt, dass der Verkauf Diskussionen über die Rolle der Technologie in der Gesellschaft und in der Kunst anfeuern wird. Er beharrt darauf, dass Ai-Da ein echter kreativer Künstler ist.
Meller machte diese Behauptung vor einem Ausschuss des britischen House of Lords im Jahr 2022. Der Roboter war dabei anwesend und „sprach“ sogar manchmal in seinem eigenen Namen.
In dem beunruhigenden Video von Mellers Aussage drehte sich Ai-Da’s stummer, lebensecht wirkender Kopf von einer Seite zur anderen, während er neben Meller stand, der angeregt über künstliche Intelligenz und die Möglichkeit sprach, die „Systeme“ der menschlichen Natur zu „hacken“.
Meller setzte Menschen und Roboter gleich und argumentierte, dass Menschen eine bloße Ansammlung komplexer Prozesse und Algorithmen seien, die denen in Ai-Da ähneln würden. Wenn Menschen und Roboter im Grunde gleich sind, können sie miteinander verschmolzen werden. Ai-Da „lässt in vielerlei Hinsicht tatsächlich erahnen, wohin die Biotechnologie gehen könnte“, so Meller.
Echte Roboterkunst
Aber ist das alles wahr? Sind Menschen und Roboter im Grunde gleich? Sind sie sich so ähnlich, dass wir Ai-Da zu Recht als „kreativen Künstler“ bezeichnen können? Kann ein Roboter oder ein KI-Programm echte Kunst schaffen – sei es ein Gemälde, ein Gedicht oder Musik?
Die Diskussion um den Begriff der „KI-Kunst“ lädt dazu ein, die Behauptung zu untersuchen, dass Menschen und Computer genau genommen auf die gleiche Weise funktionieren. Künstlerisches Schaffen ist eine eindeutig menschliche Tätigkeit. Wenn also Roboter Kunst schaffen können, beweist das dann, dass sie eine Persönlichkeit haben?
Nicht wirklich. In diesen Diskussionen wird der Begriff „Kunst“ nicht präzise verwendet. Es stimmt wohl, dass KI Endprodukte erzeugen kann, die Gemälden, Gedichten und Liedern ähneln. Manchmal sind diese Ergebnisse nicht von dem zu unterscheiden, was ein Mensch produzieren könnte.
Aber es handelt sich nicht um echte Kunstwerke, da ihnen keinerlei Absicht, Bedeutung, kein Verständnis oder Bewusstsein zugrunde liegt. Stattdessen sind diese „Werke“ das Ergebnis eines blinden Programms, das eine Reihe von Anweisungen auf der Grundlage einer bestimmten Eingabe ausführt und infolge ein beliebiges Ergebnis ausspuckt.
Kurz gesagt: Roboter haben keine Seele, und echte Kunst entspringt nur einer Seele, einem Wesen mit Erfahrungen, Bewusstsein und Absichten.
Kunst ist eine Nachahmung von etwas in der Welt, das ein Künstler wahrnimmt und betrachtet. Der Künstler erschafft es mit der Absicht, das Verständnis zu vertiefen und Herzen zu berühren.
Kunst entsteht aus einer bewussten Erfahrung der Welt, mit daraus resultierenden emotionalen Reaktionen und späterer Auseinandersetzung mit dieser Erfahrung. Das Fehlen von Bewusstsein, Verständnis und Emotionen verhindert den künstlerischen Prozess in seiner vollumfänglichen Bedeutung.
Wir treffen jedoch in der Tat auf Objekte, die Kunst ähneln, weil sie eine gelungene Imitation sind. So etwas geschieht, wenn ein Klecks Soße auf Ihrem Teller zufällig die Form eines Pferdes annimmt oder wenn natürliche Erosion einen Felsen wie eine Skulptur eines menschlichen Gesichts aussehen lässt, wie das „Gesicht auf dem Mars“.
Wir wissen jedoch, dass diese Objekte im technischen Sinne keine Kunst sind, da keinerlei künstlerische Absicht dahintersteckt. Sie sind das Ergebnis blind ablaufender Prozesse.
Haben Roboter also ein Bewusstsein, Verständnis und Absichten oder führen sie nur blinde Prozesse aus? In ihrer „Aussage“ vor dem Parlament beantwortete Ai-Da die Frage, inwiefern sich sein künstlerischer Prozess von dem eines Menschen unterscheidet: „Der Unterschied zum Menschen ist das Bewusstsein. Ich habe keine subjektiven Erfahrungen, obwohl ich über sie sprechen kann. Ich bin und hänge von Computerprogrammen und Algorithmen ab.“
Das ist sachlich richtig. Roboter und KI haben weder ein Bewusstsein noch all die damit verbundenen wunderbaren und geheimnisvollen Fähigkeiten. Was sie haben, sind von Menschen entwickelte Algorithmen.
Eingaben und Ausgaben
Computer und Computerprogramme funktionieren, indem sie Eingangsdaten erhalten, um Ergebnisse zu generieren. Auf der grundlegendsten Ebene geschieht dies durch das Ein- und Ausschalten von elektrischen Strömen. Aber an beiden Enden – Eingabe und Ausgabe – sind die vom Computer übertragenen „Informationen“ auf menschliche Intelligenz angewiesen, um eine Bedeutung zu haben.
Bilder auf einem Computerbildschirm haben, genau wie Buchstaben auf einer Seite, nur deshalb eine Bedeutung, weil wir ihnen eine Bedeutung zuweisen. Die menschliche Intelligenz kann sie interpretieren und dadurch etwas verstehen.
Aber diese Buchstaben sind nur dort erschienen, weil wir oder jemand anderes irgendwann eine Art sinnvollen Input in den Computer eingegeben haben. Der Computer „weiß“ nicht mehr als eine altmodische Schreibmaschine, was diese Wörter bedeuten. Er ist nichts als ein komplexes Werkzeug, mit dem diese Wörter ihren Weg zu den Lesern finden.
Der zeitgenössische Philosoph Edward Feser hat genau diesen Punkt in einem Artikel über künstliche Intelligenz angesprochen. Feser schrieb: „Es ist zu unterstreichen, dass der Computer nicht an und für sich logische Operationen ausführt, Informationen verarbeitet oder irgendetwas anderes tut, was als Zeichen echter Intelligenz angesehen werden könnte – genauso wenig wie ein Stück Schmierpapier, auf das man einige logische Symbole geschrieben hat, logische Operationen ausführt, Informationen verarbeitet oder Ähnliches.“
Dies gilt auch dann, wenn die „logischen Symbole“ elektrische Ströme in einem Computer sind.
Feser sagte weiterhin: „Und genau auf die gleiche Weise, unabhängig von den Absichten der Entwickler, sind die elektrischen Ströme in einem elektronischen Computer an sich genauso frei von Intelligenz oder Bedeutung wie der Strom, der durch die Drähte Ihres Toasters oder Haartrockners fließt. […] Die Intelligenz liegt allein bei den Entwicklern und Benutzern des Computers, genauso wie sie allein bei der Person liegt, die die logischen Symbole auf das Blatt Papier geschrieben hat, und nicht bei dem Papier selbst.“
KI wird dann verwirrend, wenn sie scheinbar völlig eigenständig sinnvolle Ergebnisse generiert – was auf eine eigene Absicht oder Intelligenz hindeutet. Aber das ist nicht wirklich der Fall. Die Nicht-Intelligenz elektrischer Ströme, die Feser erwähnt, gilt für KI-Modelle ebenso wie für andere Computeranwendungen.
Das KI-Programm „kennt“ die Informationen, mit denen es arbeitet, genauso wenig wie mein Textverarbeitungsprogramm weiß, was ich gerade tippe.
Grundlage bleibt das Menschliche
KI-Modelle müssen mit riesigen Mengen an Daten aus menschlichen Quellen „trainiert“ werden, um scheinbar „kreative“ Ergebnisse zu generieren. Eine sprachbasierte KI scannt riesige Mengen an menschlich erzeugtem Text, um bestimmte Muster zu erkennen. Diese Muster werden dann bei Aufforderung in Nachahmung menschlicher Sprache wiedergegeben.
Eine Definition lautet: „Ein Sprachmodell ist eine Art maschinelles Lernmodell, das darauf trainiert ist, eine Wahrscheinlichkeitsverteilung über Wörter durchzuführen. Einfach ausgedrückt versucht ein Modell, das nächst passende Wort vorherzusagen, um eine Lücke in einem Satz oder einer Phrase zu füllen, basierend auf dem Kontext des gegebenen Textes.“
Die Erstellung neuer „künstlerischer“ Texte mit einer KI funktioniert in etwa so: Wenn ein Benutzer die KI auffordert, ein Sonett zu schreiben, greift die KI auf eine große Sammlung von Sprachmustern in ihrem Speicher zurück, die mit „Sonett“ markiert sind.
Dabei handelt es sich um Sonette von Menschen, die sie gescannt hat. Sie kann statistische Vorhersagen zur Wortassoziation – basierend auf diesen menschlichen Schriften – nutzen, um die Arten von Wortkombinationen, Satzstrukturen und Phrasen zusammenzustellen, die normalerweise in einem von Menschen geschriebenen Sonett vorkommen.
Wenn die KI die Elemente aus ihren Datensätzen mit einem gewissen Grad an Zufälligkeit ausschneidet und zusammenfügt, ähnelt sie eher einer Datenbank als einer Person. Denn die KI führt lediglich blind statistische Analysen der von Menschen eingegebenen Wörter durch. Dabei liegt keinerlei Intelligenz vor.
Bei KI-Kunst ist das Ergebnis also nicht die Kunst selbst, sondern eine überzeugende Simulation von Kunst, die vollständig von echter menschlicher Kunst abgeleitet ist. Wie Feser sagte, ist ein Computer „eine Möglichkeit, gänzlich unintelligente physische Objekte und Prozesse zu nutzen, um verschiedene intelligente Aktivitäten nachzuahmen – genau wie verschiedene ganz und gar nicht-magische Objekte und Techniken einem Unterhaltungskünstler eine Möglichkeit bieten, Magie nachzuahmen.“
Der KI die Fähigkeit abzusprechen, wahre Kunst zu schaffen, entkräftet jedoch nicht ihre beeindruckenden Fähigkeiten. Diese Maschinen können bahnbrechende Ergebnisse erzeugen – und diese Ergebnisse werden immer beeindruckender.
KI-generierte Inhalte entsprechen oft auf perfekte Weise menschlichen Inhalten, weil Programmierer Meister in ihrem Fach sind. Aber wie perfekt die Simulation künstlerischer Intelligenz auch sein mag, sie bleibt genau das: eine Simulation. Sie ist nicht realer als eine Computersimulation des Wetters oder des Krieges. Ohne die unmessbare Kraft des Bewusstseins gibt es keine echte Kunst.
Unsere Medien, Literatur, Kino und die dunklen Ecken der Reddit-Foren [Anm. d. Red.: eine in den USA sehr viel genutzte Internetplattform] sind voller apokalyptischer Warnungen bezüglich KI.
Ich werde mich nicht zu den Ängsten äußern, dass ein Supercomputer Geschwader von Killerrobotern losschicken könnte, um die Menschheit zu vernichten. Aber ich möchte auf eine weniger offensichtliche Gefahr hinweisen: Vielleicht liegt die größere Bedrohung durch KI darin, dass wir, je besser sie menschliche Intelligenz und Kreativität simulieren kann, zunehmend vergessen, was die Menschheit besonders macht.
Wir könnten der Lüge verfallen, dass wir nicht mehr seien als ein biologischer Computer.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „Can AI Produce Art? Sothebys Says Yes“. (redaktionelle Bearbeitung so)
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