Javier Milei in Davos: „Der Westen muss sich von den Ketten des Wokismus befreien“

Argentiniens Präsident Javier Milei nutzte das Weltwirtschaftsforum in Davos für eine leidenschaftliche Rede über die Rückbesinnung auf die Ideale der Freiheit. Mit scharfer Kritik am Wokismus und kollektivistischen Denkansätzen forderte er eine Zeitenwende hin zu einem neuen Goldenen Zeitalter, das sich auf die Werte des Liberalismus stützt.
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Argentiniens Präsident Javier Milei.Foto: FILIPPO MONTEFORTE/AFP via Getty Images
Von 25. Januar 2025

Am Donnerstag, 23.1., wandte sich Argentiniens Präsident Javier Milei an das Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos, Bereits im Vorjahr war dieser im Rahmen dieses Forums gesprochen.

Milei ist seit Dezember 2023 Präsident des südamerikanischen Landes. Er hat es in seiner bisherigen Amtszeit geschafft, eine zuvor dynamisch steigende Inflation in den Griff zu bekommen. Auch der Anteil der in Armut lebenden Menschen ist jüngsten Zahlen zufolge auf dem Rückzug. Von 52,9 Prozent zu Beginn des Jahres 2024 ist sie auf 36,8 Prozent gesunken. Allerdings warnen Beobachter vor weiterhin prekären Lebensverhältnissen in niedrigen Einkommensschichten.

Milei: „Kampf erst vorbei, wenn Mehrheit der westlichen Staaten wieder bei Sinnen“

Während er im Vorjahr allein auf weiter Flur gewesen sei, stehe er heute nicht mehr allein, erklärte Milei:

„In diesem Jahr habe ich auch Mitstreiter aus aller Welt im Kampf um die Freiheit gewonnen – von Elon Musk über Giorgia Meloni, Viktor Orban und Nayib Bukele oder Benjamin Netanjahu bis hin zu Donald Trump.“

Die absolute Dominanz der woken Linken sei vorbei, in aller Welt gewinne die Idee der Freiheit an Anhängern. Auch im WEF beginne sich der Wind zu drehen. Der Kampf könne aber nicht vorbei sein, ehe die Idee der Freiheit in einer Mehrheit der westlichen Staaten wieder Common Sense sei – und auch in internationalen Organisationen. Milei äußerte dabei auch mit Blick auf seine Gastgeber:

„Auch dieses Forum war lange Zeit ein Hort des Wokismus, der so viel Schaden in der westlichen Welt anrichtet.“

Wokismus als „größte Geisteskrankheit unserer Länder“

Der Wind drehe sich, und langsam wagten sich auch die bis dahin Verzagten, hervorzutreten. Es zeichne sich ab, dass über Jahrzehnte hinweg nicht hinterfragte Herangehensweisen nicht mehr funktionierten. Dennoch hielten einige aus Bequemlichkeit nach wie vor an den Rezepten des Scheiterns fest.

Das Woke-Virus sei nach wie vor die größte Geisteskrankheit in den betroffenen Ländern, und diese müsse man behandeln. Diese habe Institutionen aller Art befallen und über Jahrzehnte hinweg den Ton bestimmt auch auf internationaler Ebene. Milei betont:

„Ehe wir diese abstoßende Ideologie nicht aus unserer Kultur, unseren Institutionen und unseren Gesetzen entfernt haben, werden weder die westliche Zivilisation noch die Menschheit insgesamt auf den Weg des Fortschritts im Geist der Pioniere zurückkehren.“

Um in ein neues Goldenes Zeitalter eintreten zu können, sei es erforderlich, „diese ideologischen Ketten zu brechen“.

Erfolg des Westens beruhte auf Wertesystem des Liberalismus

Wofür Milei und seine Mitstreiter kämpften, sei jene Idee des Westens als einer Brutstätte menschlicher Errungenschaften, die man der griechisch-römischen und judeo-christlichen Aussaat verdanke. Auf diese Weise habe man gelernt, die Freiheit des Einzelnen höher zu schätzen als den Willen von Tyrannen.

Der Liberalismus habe den Absolutismus überwunden. Am Ende habe der Westen die besten Möglichkeiten geboten, die menschlichen Potenziale zu entfalten. Bis etwa ins Jahr 1800 sei das globale BIP weitgehend konstant geblieben. Anschließend habe die industrielle Revolution dafür gesorgt, dass sich das BIP pro Kopf verzwanzigfacht habe, während die Weltbevölkerung um das Achtfache gestiegen sei. 90 Prozent der Menschen konnten seit dieser Zeit extremer Armut entfliehen.

Ohne ein Wertesystem, das vom Respekt vor Leben, Freiheit und Eigentum gekennzeichnet gewesen sei, wäre dies nicht möglich gewesen. Freier Handel, freie Rede, freie Religionsausübung seien die Grundlagen des westlichen Erfolgs gewesen – verbunden mit einem Unternehmergeist, der Grenzen sprengen wollte. Ein heutiges Beispiel für diesen Pioniergeist sei Elon Musk.

Wokismus als Ausdruck des Allmachtswahns von Bürokraten

Leider habe der Westen irgendwann im 20. Jahrhundert einen Irrweg beschritten und habe die Ideale des Liberalismus verraten. Es habe sich eine neue politische Klasse gebildet, die sich Ideen den Kollektivismus verschrieben habe und versuchte, aus politischen Krisen Vorteile zu ziehen.

Die Macht sei für sie zur Verlockung geworden, und alles, was der Kapitalismus geschaffen hatte, sollte auf dem Wege zentralisierter Planung eine Umverteilung erfahren. Unter den desaströsen Folgen leide man noch heute. Die Grundidee aller sozialistischen Vorstellungen sei, dass Gleichheit vor dem Gesetz nicht ausreiche, sondern der Staat vermeintliche systemische Ungerechtigkeiten durch Zwangsgewalt „berichtigen“ müsse.

Diese Ideen seien eine Goldgrube für Bürokraten, die einem Allmachtswahn verfallen seien. Genau das sei es aber auch, was den Wokismus ausmache. An die Stelle von Freiheitsrechten gegen den Staat habe man ein Paket aus beliebig erweiterbaren Ansprüchen an den Staat gesetzt:

„Erst ging es um Bildung, dann um Wohnen, und am Schluss standen Absurditäten wie ein Recht auf Internet, Fußball im Fernsehen, Theaterbesuche, kosmetische Behandlungen. Es handelte sich um Wünsche, die man zu Menschenrechten erklärte. Natürlich musste dafür jemand bezahlen und garantieren ließen sie sich nur durch eine endlose Ausweitung eines fürchterlichen Staates.“

Feminismus, Klimakult, Gender als Vorwand für Forderung nach Privilegien

Aus der Freiheit des Einzelnen vor der Willkür des Tyrannen sei die „Befreiung durch staatliche Intervention“ geworden. Wokismus als eine Form des monolithischen Denkens, das durch unterschiedliche Institutionen aufrechterhalten werde, beruhe exakt auf diesen Vorstellungen. Das Ziel des Wokismus sei es jedoch, Dissens zu bestrafen.

So sei Feminismus eine ideologische Verdrehung des Konzepts der Gleichberechtigung. In seiner wohlmeinenden Form sei dieser überflüssig, weil es im Westen die Gleichheit vor dem Gesetz bereits gebe. In seinen übrigen Formen fordert er Privilegien – und darauf laufe es in der feministischen Realität auch hinaus.

Eine weitere Erscheinungsform des Wokismus sei eine ideologische Umweltagenda unter dem Banner des Klimakults. Den Planeten für künftige Generationen zu erhalten, sei eine Sache des Common Sense, betonte Milei. Der Wokismus habe jedoch diese Idee einmal mehr pervertiert. Aus dem Bewahren der Umwelt zum Wohle der Menschen sei ein Kult der Umwelt auf Kosten des Menschen geworden – der aus dieser Sicht als „Schädling“ betrachtet und ausgerottet werden solle. Entsprechend begreife diese Ideologie wirtschaftlichen Wohlstand als „Verbrechen gegen die Natur“.

Opfermentalität soll helfen, Kritiker zum Schweigen zu bringen

Milei sieht auch diese extreme Umweltideologie hinter der Pro-Abtreibungsagenda, weil diese auch im malthusianischen Mythos von einer angeblichen „Überbevölkerung“ gründe. Der Gedanke, dass die Menschheit deshalb einer Bevölkerungskontrolle unterworfen werden müsse, zeige sich heute in einem dramatischen Absturz der Geburtenraten.

Der argentinische Präsident machte in diesem Zusammenhang auch dem WEF den Vorwurf, dieses habe die LGBTQ*- und Gender-Agenda gepusht, die es erlaube, sich jederzeit kraft Selbstidentifikation einem Geschlecht zuzurechnen. Diese Ideologie umfasse auch Kindesmissbrauch. Dieser zeige sich auch daran, dass sie es erlaube, gesunde Kinder durch Geschlechtsumwandlungen zu verstümmeln – und dies notfalls gegen Wissen und Willen der Eltern.

Um sich gegen Kritik abzuschirmen, pflege der Wokismus eine Opfermentalität. Diese erlaube es, sich als vermeintliches Opfer von Homo- oder Transphobie zu präsentieren – mit dem Ziel, Gegenstimmen zum Schweigen zu bringen. Außerdem versuche man auch, durch Quotenforderungen das Exzellenzprinzip in Institutionen auszuhebeln.

NGOs beklagen „institutionelle Verschlechterung“ in Argentinien

Demgegenüber beklagt die NGO „Human Rights Watch“, dass in der Regierungszeit Mileis eine „institutionelle Verschlechterung“ stattgefunden habe. Amerika-Direktorin Juanita Goebertus Estrada äußerte gegenüber „La Nacion“, Argentinien trage mit seiner Entwicklung zum weltweiten Rückgang der Demokratie bei.

Es sei zwar die Inflation und offenbar auch die Zunahme der Armut eingedämmt worden. Allerdings habe es die Regierung Milei ermöglicht, Proteste bei Bedarf gewaltsam zu stoppen. Außerdem sei ein Richter, der in Korruptionsfälle verwickelt gewesen sei, für den Obersten Gerichtshof nominiert worden.

HRW und weitere NGOs kritisieren zudem ein Zusammenstreichen von Sozialprogrammen. Dies betreffe unter anderem auch Präventionsprogramme gegen Gewalt gegen Frauen. Die deutliche Rhetorik Mileis gegen Feminismus begünstige demnach ein gesellschaftliches Klima, in dem diese als akzeptabel wahrgenommen werde.

Milei nennt EU als abschreckendes Beispiel

Der Wokismus sei eine Gefahr für die Zukunft der westlichen Zivilisation, äußert hingegen Milei. Indem diese Ideologie die Institutionen erobert habe, unter anderem die Universitäten, drohten künftige Generationen Schaden zu nehmen. Ihnen würde es unmöglich gemacht, über das zu lernen, was vergangene Generationen und die westliche Kultur zum Erfolg geführt habe.

Diese Entwicklung beschädige das gesamte soziale Geflecht der westlichen Zivilisation. Nachdem freien westlichen Nationen 1989 der Feind abhandengekommen sei, hätten sie begonnen, sich selbst zu zerstören. Der Frieden habe dazu geführt, dass die westlichen Nationen in Bequemlichkeit versunken seien. Dies habe sie für den Wokismus anfällig gemacht.

Internationale Einrichtungen hätten das zerstörerische Mindset verinnerlicht, einige Regierungen, vor allem in der EU, hätten sich zu dessen bewaffnetem Arm gemacht. Was geschehe, wenn die woke Ideologie die Institutionen präge, sehe man jetzt schon in Europa. Dort habe etwa der Oberste Gerichtshof in Rumänien Wahlen annulliert, nachdem der politischen Klasse das Ergebnis nicht gefallen habe.

Besinnung auf klassischen Liberalismus als Ausstieg aus jahrzehntelanger Fehlentwicklung

Es gebe kein Marktversagen, betonte Milei, da der Markt nur ein Instrument der sozialen Kooperation sei. Dort würden Eigentumsrechte auf freiwilliger Basis ausgetauscht. Interventionen erreichten deshalb lediglich Verzerrungen des Preisbildungssystems. Deren Folge sei Armut oder ein Teufelskreis der Überregulierung, wie man ihn aus Europa kenne. Diese vernichte das Wirtschaftswachstum. Milei riet dem Auditorium:

„Wenn du glaubst, es gibt ein Marktversagen, sieh erst mal nach, ob der Staat involviert ist. Wenn du ihn nicht findest, prüf nochmal, denn dann hast du ihn übersehen.“

Erfreulicherweise zeichne sich nach Jahrzehnten dominanter falscher Vorstellungen mittlerweile ein Wechsel des Paradigmas ab, betonte Milei. Um einen positiven Beitrag leisten zu können, müsse auch das WEF selbstkritisch seine Rolle hinterfragen. Vor allem aber sollten die Politiker in aller Welt den Zusammenbruch des Zeitgeists der vergangenen Jahrzehnte nutzen, um neue Wege zu gehen:

„Wenn alle Narrative dasselbe sagen, und das falsch ist, heißt tapfer zu sein, sich außerhalb der Zeit aufzustellen.“

Mehr Applaus – aber auch Kehrtwenden

Das bedeute, die monolithischen Vorstellungen der vergangenen Jahrzehnte aufzugeben, und sich stattdessen auf das zu besinnen, was frühere Generationen erfolgreich gemacht habe. Um als Zivilisation voranzukommen, müsse man den Knoten der Gegenwart mit den vergessenen Wahrheiten der Vergangenheit zerschlagen. Und die zentrale Wahrheit der Vergangenheit sei die Idee der Freiheit.

Der Applaus für Milei im Auditorium fiel in diesem Jahr stärker aus als im Vorjahr. Allerdings hatte er auf dem Podium auch einige Kursänderungen gegenüber seinen Anfängen angekündigt. So will er demnächst China besuchen und über Handelsbeziehungen sprechen, während er zuvor stets erklärt hatte, er wolle „mit Kommunisten nicht verhandeln“. Allerdings würde er „Argentiniern wehtun“, würde er nicht „permanent dazulernen“, erwiderte er auf diesbezügliche Vorhalte.

 

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.



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