Ist die NATO bald am Ende? Elon Musk fordert „AmerExit“

Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte bereits am 7. November 2019 die NATO als „hirntot“ bezeichnet und betont, dass seiner Meinung nach das Engagement des Hauptgaranten, die USA, für das transatlantische Bündnis deutlich nachlässt. Da war Donald Trump zum ersten Mal ins Weiße Haus gewählt worden. Nun belebt der amerikanische Präsident in seiner zweiten Amtszeit seine Absicht für das NATO-Bündnis.
Trump: „Was, wenn die USA Freunde brauchen?“
Wie die amerikanische Rundfunkgesellschaft „National Broadcasting Company“ (NBC) am 6. März aus dem Weißen Haus berichtete, sagte Trump vor der Presse: „Ich denke, das ist gesunder Menschenverstand: Wenn sie nicht zahlen, werde ich sie nicht verteidigen.“ Mit „sie“ meinte er andere NATO-Mitglieder. „Ich bin da in einen ziemlichen Sturm hineingeraten, als ich das gesagt habe. Und sie sagten: ‚Oh, er bricht NATO-Recht.‘“
Doch Trump gab zu bedenken: „Was, wenn die USA in Schwierigkeiten geraten würden? Und wir rufen sie zusammen und sagen: ‚Freunde, wir haben ein Problem.‘ Denken Sie, dass die dann kommen würden, um uns zu schützen?“, fragte Trump die Journalisten skeptisch. „Das sollten sie zwar, aber ich bin mir nicht so sicher.“ Grundsätzlich betrachte er das Verteidigungsbündnis als „potenziell gut“, aber es gebe auch „sehr unfaire“ Punkte, gab der Präsident zu bedenken.
NBC erklärte zudem, dass einige europäische NATO-Partner prüften, ob sie weiterhin Geheimdienstinformationen mit den USA teilen wollen. Grund: der Schwenk Trumps „hin zu Russland“. Außerdem gehe im Bündnis offenbar die Sorge um, dass Trump nicht mehr zwischen der Ukraine und den West-Europäern unterscheiden werde. Nachdem die USA die Weitergabe von Geheimdienstinformationen an die Ukraine vorerst gestoppt haben, stelle sich für die übrigen NATO-Mitglieder die Frage, ob das Bündnis bald ebenfalls ohne das Wissen der amerikanischen Geheimdienste auskommen müsse.
Nur noch eingeschränkte Manöver
Der amerikanische Präsident erwägt nach amerikanischen Medienberichten einen Politikwechsel auch bei den teuren militärischen NATO-Übungen. Auf diesem Gebiet bestehe die Absicht, nur noch mit jenen NATO-Partnern gemeinsam zu üben, die einen Beitragssatz für ihre Mitgliedschaft ausgeben, den Trump für angemessen hält. Dies betreffe sogar die Stationierung von US-Truppen in Europa. Geplant sei, die militärische Präsenz insgesamt zu reduzieren und Truppen nur noch dort zu unterhalten, wo die EU-Staaten ihre Verteidigungsausgaben an „einen spezifischen Prozentsatz ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) angepasst“ haben, so die Aussage von Regierungsbeamten, die nicht namentlich genannten werden.
Größte Militärbasen in Deutschland
Rund 66.000 amerikanische Soldaten sind in Europa stationiert, davon etwa die Hälfte in Deutschland. Hier unterhalten die USA auch ihre größten und wichtigsten Auslandsstützpunkte: Der Truppenübungsplatz Grafenwöhr in Bayern mit einer Fläche von rund 390 Quadratkilometern ist der weltweit größte US-Militärstützpunkt.
Vom Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz aus werden Luftwaffeneinsätze im Nahen Osten und in Afrika gelenkt. Ramstein ist für das amerikanische Militär dessen größter „Flugzeugträger“. Außerdem befindet sich dort das bedeutendste Militärkrankenhaus der amerikanischen Streitkräfte.
Deutschland beteiligt sich an den Stationierungskosten der amerikanischen Truppe mit einer Milliarde Euro pro Jahr. Dies wird in den USA nahezu nie erwähnt. Wie die Regionalzeitung „Trierer Volksfreund“ am 5. März berichtete, werde der Eifeler Fliegerhorst Büchel, wo amerikanische Atomraketen lagern, „derzeit mit viel Geld auf Vordermann gebracht“.
Dennoch stellt das Regionalblatt die Frage: „Hat Trumps Kurs Auswirkungen auf den Stützpunkt?“ Die eigentliche Frage aber müsste lauten, für wen am Ende die vielen und teilweise über Jahrzehnte gewachsenen gigantischen Militärbasen wichtiger sind: für Deutschland oder für das militärische Agieren der USA in der euro-afrikanischen Region?
Schon Obama sagte: „Europa ist träge“
Donald Trump ist bei weitem nicht der erste amerikanische Präsident, der eine Neuaufstellung der amerikanischen Truppen in Europa erwogen hat. Die Mahnungen aus Washington an „Old Europe“ erfolgen parteiübergreifend seit Jahrzehnten: 2016 etwa bemerkte der damalige Präsident Barack Obama (Demokrat) laut „France 24“, dass „Europa manchmal träge gewesen ist, was seine eigene Verteidigung angeht.“
In ähnlicher Weise forderte bereits Präsident George W. Bush (Republikaner) 2008 die Europäer auf, „ihre Verteidigungsinvestitionen zu erhöhen, um sowohl NATO- als auch EU-Operationen zu unterstützen“, wie CNN berichtete.
Merkel auf Macron nicht gehört
Diese amerikanischen Aufforderungen verhallten in erster Linie in Berlin. Denn auch als der französische Präsident Emmanuel Macron 2019 in einem Interview mit der britischen Wochenzeitschrift „The Economist“ öffentlich kritisierte, es gebe bei strategischen Entscheidungen keine Koordinierung mehr zwischen den USA und den NATO-Staaten, fuhr die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dazwischen und erklärte, sie teile die „drastischen Worte“ Macrons nicht.
„Ich glaube, ein solcher Rundumschlag ist nicht nötig, auch wenn wir Probleme haben“, wiegelte Merkel im „Spiegel“ ab und fügte hinzu: „Die transatlantische Partnerschaft ist unabdingbar für uns.“ Sie sagte aber nicht, welchen Beitrag Deutschland leisten müsse, damit die „unabdingbare Partnerschaft“ bestehen bleiben kann.
Doch Macron ging in seiner Einschätzung noch weiter und stellte vor sechs Jahren genau jene generelle Frage, die derzeit nun auch von Trump aufgeworfen wird: Ob die NATO wirklich noch immer der kollektiven Verteidigung verpflichtet sei. Macron kam damals zu dem Schluss, dass die NATO am Ende sei. Mit dieser Einschätzung stand der französische Staatspräsident lange allein da.
Aufrüstung in ganz Europa
Erst unter dem Eindruck des russischen Angriffs auf die Ukraine reifte allmählich unter den Europäern die Einsicht, mehr für die Verteidigung auszugeben. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) entschloss sich im Juni 2022, dem Bundestag die Ausgabe eines Sondervermögens von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr zur Entscheidung vorzulegen.
Auch die Erhöhung des NATO-Beitrags auf etwa 2 Prozent des BIP wurde rasch umgesetzt, als klar war, dass Donald Trump ins Weiße Haus zurückkehren werde. In anderen europäischen Staaten war die von Obama festgestellte „Trägheit“ nicht viel anders. Großbritannien etwa brauchte bis April 2024, bis der damalige Premierminister Rishi Sunak (Konservative) höhere Verteidigungsausgaben ankündigte.
Musk für NATO-Ausstieg der USA: „AmerExit“
Der politisch Trump nahestehende amerikanische Fernsehsender „Fox News“ diskutierte am 3. März ein „Was-wäre-wenn-Szenario“. Denn unter einigen Republikanern und dem Trump-Vertrauten Elon Musk wachse die Neigung, aus der NATO auszutreten.
In einem Fox-Onlinebeitrag wird der republikanische Senator Mike Lee aus Utah zitiert, es sei „Zeit, das Bündnis zu verlassen“, zumal die Staatschefs wichtiger NATO-Staaten am 2. März in London ohne die USA zu einem Dringlichkeitstreffen über die Ukraine zusammengekommen seien.
Auch der republikanische Kongressabgeordnete Thomas Massie aus Kentucky äußerte laut „Fox News“ am 2. März: „Die NATO ist ein Relikt des Kalten Krieges“. Tags zuvor hatte Elon Musk bereits seine Unterstützung für den Austritt aus der NATO zum Ausdruck gebracht.
Ein Austritt der USA aus der NATO würde die Zustimmung des Kongresses erfordern. Da die Idee für diesen Schritt auch unter Präsident Joe Biden (Demokrat) in den politischen Kreisen geäußert worden war, wurde dazu im vergangenen Jahr parteiübergreifend im „Genehmigungsgesetz zur nationalen Verteidigung“ (National Defense Authorization Act, NDAA) bestimmt, dass für den NATO-Austritt die Unterstützung von 60 Senatoren oder die Verabschiedung eines Gesetzes im Kongress benötigt werde.
Europa macht sich jetzt Gedanken
Wenn man sich die Entwicklung um die Diskussion über die NATO in den vergangenen zwanzig Jahren ansieht, kann man zu dem Schluss kommen: Alles längst bekannt. Aber erst jetzt, da Trump das Gleiche sagt, werden die amerikanischen Klagen in Europa gehört.
Mit anderen Worten: Die europäischen Regierungs- und Staatschefs haben die Vorgänger Trumps nicht ernst genommen oder sie haben diese überzeugt, die Sicherheit Europas könne ohne die USA nicht gewährleistet werden. Nun, da ein amerikanischer Präsident deutliche Töne anschlägt und vor allem mit drastischen Konsequenzen droht – wie Truppenabzug und Aufhebung der Kollektivverteidigung gemäß NATO-Artikel 5 machen sich die europäischen Regierungen tatsächlich ernsthaft Gedanken über eigene Lösungen.
Nach genau 80 Jahren Präsenz amerikanischer Truppen in Europa scheint es an der Zeit zu sein, dass sich beide Seiten entweder voneinander abnabeln oder zu einer neuen Form eines Verteidigungsbündnisses gelangen. Die NATO von 1949, dem Jahr ihrer Gründung, scheint sich dem Ende zuzuneigen.
Amerikaner werden bleiben
Unabhängig vom Ausgang der Diskussion über die NATO ist es jedoch realistisch, anzunehmen, dass amerikanische Truppen im großen Stil in Deutschland bleiben werden. Die hiesigen zwanzig amerikanischen Militärbasen, darunter die größten weltweit, sind zu teuer, zu gut und zu nah für die Interessen der USA in Europa, im Nahen Osten und Nordafrika, um sie einfach aufzugeben.
Für Deutschland wiederum stellt eine amerikanische Truppenpräsenz tatsächlich weiterhin eine zusätzliche Sicherheitsgarantie dar. Je mehr die Bundeswehr modernisiert und hochgerüstet wird, umso eher sind die USA bereit, die deutsche Armee auf Augenhöhe anzuerkennen und langfristig weiterhin zu bleiben. Daraus könnte sich eine völlig neue und solidere Sicherheitspartnerschaft entwickeln, die weit über die Amtszeiten von Trump und dem Kanzlernachfolger von Olaf Scholz hinausreicht.
Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion