Indien wählt

Der amtierende Premier Mahonman Singh im Exklusiv­interview mit der Epoch Times
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(Kirsty Wigglesworth - WPA Pool/Getty Images)
Epoch Times8. April 2009

US-Präsident Barack Obama nannte ihn nach seinem Gespräch mit ihm einen „sehr weisen, dezenten Menschen“. Der indische Premierminister Manmohan Singh hat seinem Land in den  fünf Jahren seiner Amtszeit ein Wirtschaftswachstum von durchschnittlich knapp neun Prozent beschert und tritt mit guten Chancen auf eine weitere Amtszeit diesen April zu Neuwahlen an. Diese beginnen am 16. April und enden erst am 13. Mai. Der promovierte Volkswirt Singh sprach mit uns beim G-20-Treffen über seine Agenda für den Umgang mit Pakistan, Steueroasen und die Herausforderungen seiner bisherigen Amtszeit.

Haq: Wie waren ihre Erfahrungen während des G20-Gipfels in London? Könnten Sie uns einige Details mitteilen?

Manmohan Singh: Es war ein sehr ereignisreiches Treffen, es wurden etliche schwierige Themenpunkte diskutiert. Die Weltwirtschaft betreffend: Die Führer der G20 sind sich dessen bewusst, dass die Welt der schwerwiegendsten Krise der letzten 60 Jahre gegenüber steht. Wir haben eine globale Krise, und eine globale Krise erfordert eine globale Antwort, die sich eben in jener Runde widerspiegelt – eine Antwort, nach der wir alle suchen sollten.

Wir sind uns dessen einig, dass die Erklärungen, die hier getroffen wurden,  ihre Rolle erfüllen müssen, die Leute aktiv durch reale und finanzielle Verfahrensweisen zu stimulieren. Jede nationale Regierung hat bereits umfangreiche Maßnahmen für die Umsetzung dieser Verfahrensweisen eingeleitet. Es ist unsere Ansicht, dass für das Jahr 2010 stärkere Bemühungen erforderlich sind als bisher eingeleitet wurde. Wir haben uns darauf geeinigt, einen umfangreicheren Transfer an Ressourcen in die Entwicklungsländer zu begünstigen, da diese Länder vielmehr eines der Hauptopfer der Krise sind, als ihr Auslöser. Der Kapitalfluss in die Entwicklungsländer ist um nahezu 700 Milliarden Dollar zurückgegangen. Der Export und die Geldüberweisungen haben unter der Krise gelitten. Auch der Kapitalfluss aus dem Bankensystem der Entwicklungsländer ist in dieser Situation, in der das private Kapital abnimmt, erheblich gesunken.

Haq: Was ist Ihrer Meinung nach zu tun?

Singh: Es ist erforderlich, diesen Fluss im höchstmöglichen Maß aus multilateralen Kapitalflüssen internationaler Finanzinstitutionen zu ersetzen. Das Gipfeltreffen hat sich daher einverstanden erklärt, die Ressourcen des Internationalen Wirtschaftsfonds (IWF) um 500 Milliarden Dollar aufzustocken.

Das Gipfeltreffen hat auch für spezielle Rechte ihre Zustimmung gegeben, die eine Art von neutraler Versicherung aus dem Pool von 215 Milliarden Dollar darstellen,  die eigentlich eine Herzenssache des IWF sein sollte. Es wurde zudem bereits beschlossen, einen bestimmten Anteil an Gold aus dem IWF für die Hilfe an die ärmsten Entwicklungsländer bei der Subvention  von Kreditverbesserungen zu reservieren.

Die Weltbank hat auch eine Einigung erzielt, dass die besprochene Menge an Geld  verfügbar gemacht werden soll, um das Wachstum zu fördern und die asiatische Entwicklungsbank zu fördern. Das Kapital wird um 200 Prozent erhöht werden, sodass die Ressourcentransfers sich auf insgesamt 1,1 Billionen Dollar belaufen werden.

Haq:
Wie sehen Sie die Entwicklung hinsichtlich von Steueroasen?

Singh: Wir schaffen es auch, Steueroasen unter Kontrolle zu bringen, solange es ein wechselseitiges Arrangement des Informationsaustausches zwischen den Ländern gibt über die Angelegenheiten unter den Steuerdeckmänteln. Zum ersten Mal sind so viele starke Nationen zusammengekommen mit den verschiedensten Interessen bezüglich einer Plattform. Diese Plattform, die durch das Gipfeltreffen etabliert werden wird, wird für einen entscheidenden Unterschied im Ausgang der wirtschaftlichen Entwicklung der nächsten zwei oder drei Jahre spielen.

Haq: Was haben Sie während des Treffens mit Präsident Obama besprochen?

Singh:
Wir haben die Entwicklung unserer gegenseitigen Beziehungen von beiden Seiten her diskutiert und wie sich regionale Probleme unserer Regionen durch wechselseitige Handelsverbote zwischen den zwei Ländern lösen lassen. Wie können globale Angelegenheiten wie zum Beispiel die nationale Sicherheit zwischen Indien und Amerika  zusammenarbeiten? Wir haben auch über den Terrorismus diskutiert und wie die Beziehungen über Indien und Pakistan verbessert werden könnten.

Haq: Haben Sie mit Obama auch über die Frage um Afghanistan und Pakistan diskutiert? Haben Sie Hinweise von den Vereinigten Staaten bekommen, ob sie gewillt sind, Pakistan unter Druck zu setzen, den Terrorismus intensiver zu bekämpfen? Haben Sie auch über die Streitfrage um Mumbai geredet?

Singh: Wir haben auch über die Entwicklung von Afghanistan und Pakistan geredet. Wir beide sind uns einig, dass unsere Länder dabei zusammenarbeiten müssen, um den Kräften des Terrors entgegenzutreten.

Haq: Sind sie mit den Untersuchungen, die in Pakistan wegen den Terrorangriffen in Mumbai eingeleitet wurden, zufrieden?

Singh: Nun, eins vorweg gesagt: Wir erwarten von Pakistan, alles Notwendige zu unternehmen, um die Täter des Terrorangriffs von Mumbai vor Gericht zu bringen. Wir erwarten von Pakistan Antworten auf die gesamte Situation, jetzt liegt der Ball bei  Pakistan. Pakistan muss uns überzeugen, dass es sich in der Hinsicht absolut vertrauenswürdig zeigt, die Schuldigen des Attentates auf Bombay  zu finden.

Haq: Beabsichtigen Sie, einen Dialog mit Pakistan über Kashmir aufzunehmen?

Singh:
Wir sind gewillt, auch alle anstehenden Problempunkte von beiden Seiten her zu diskutieren, die für die Beziehung beider Länder von Nachteil sein könnten. Aber lassen Sie mich sagen, dass diese Diskussionen in dieser Beziehung keine Fortschritte machen können, solange Hunderte von Leuten in Bombay getötet werden und Pakistan nicht die Gelegenheit wahrnimmt, zu zeigen, dass es seine Versprechen ernsthaft umsetzt, Pakistan nicht zu einem Boden werden zu lassen, der gegen Indien gerichteten Terrorismus akzeptiert. Dies ist die Minimalanforderung für jegliche Diskussionen zwischen Indien und Pakistan.

Haq: Indien und Mexiko haben letzte Woche angekündigt, dass sie Interesse hätten, einen neuen Kreditrahmen für den IWF einzurichten. Inwiefern wird Indien mit Mexiko kooperieren?

Singh:
Nun, was den Beitrag Indiens betrifft – wenn die Frage auftaucht, sollen wir weiterhin in Betracht ziehen, unseren Beitrag für unseren Anteil im IWF zu leisten: Was bei Mexiko als eigenartig erscheint, ist allerdings – eigentlich sind wir alle glücklich, dass es die Umstände erlauben, einen ersten Beitrag von 47 Milliarden Dollar an Mexiko auszugeben. Es hat sich bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass die Anspruchnahme der Kredite des IWF zu einem der Faktoren für eine bessere Entwicklung in den Ländern wurden. Seitdem hat das IWF realisiert, dass wir etwas unternehmen müssen, um hinsichtlich der Bedingungen und Umstände etwas zu entbehren. Hier ist es ein zu begrüßender Fall von Dringlichkeit, dass Mexiko das erste Land gewesen ist, dass diesen Kredit wahrgenommen hat.

Haq: Wie sieht es mit Indien aus?

Singh:
Was Indien betrifft, so wird  Indien wahrscheinlich auch zukünftig nicht darauf angewiesen sein, die Reserven des IWF von 215 Milliarden Dollar in Anspruch zu nehmen.

Haq: Welchen Sinn sehen Sie darin, in der reichen Beziehung Indien-USA den USA so weitgehend entgegenzukommen?

Singh: Wir haben eine globale strategische Partnerschaft mit den USA, und was ich und Präsident Obama besprochen haben, ist, dass wir beide einverstanden waren, dass es normale Gelegenheiten geben wird für den zukünftigen Ausbau unserer Beziehungen und um unsere Partnerschaft in diesen Zeiten produktiver und ausdauernder zu machen.

Haq: Ihre erste Amtszeit als Premierminister von Indien geht langsam ihrem Ende zu und die neuen Wahlen stehen zuvor. Was haben Sie in den letzten fünf Jahren erreicht, und welche Projekte waren für Sie  Herausforderungen?

Singh: Unser größter Erfolg war es, die Wirtschaft in einer Rate von 9 bis 10% jährlich voranzubringen. Ich nehme dabei in Anspruch, einen Teil dazu beigetragen zu haben, dass die durchschnittliche Wachstumsrate der Wirtschaft über die vergangenen fünf Jahre bei 8,6 Prozent lag. Aus Sicht der Regierung gesehen wurde eine Verbesserung in der Landwirtschaft erreicht, die Arbeiter und die Angestellten sowie die Investoren profitierten. Die Sozialarbeit und die früheren Beziehungen haben sich auch verbessert. Während unserer  Amtszeit arbeitete die Regierung auch an Langzeitprojekten, sodass ich nicht sage, dass alles bereits getan werden konnte. Aber wir haben unser bestes gegeben.

Haq:
Wie sehen Sie die Chancen Ihrer Partei bei den nächsten Wahlen? Werden die Wahlen zu 100 Prozent gerecht verlaufen?

Singh: Ich sehe gute Chancen für die Wiederwahl unserer Partei; wir haben während der vergangenen fünf Jahre eine gute Leistung gezeigt. Ich garantiere, dass die Wahlen zu 100 Prozent gerecht ablaufen werden.

Das Interview führte Shams Ul Haq.

Shams Ul Haq ist ein internationaler Journalist. Er schreibt für Zeitun­gen aus Asien sowie in Europa für deutschsprachige Zeitungen. Der Asien-, Terrorismus- und Migrations-Experte lebt derzeit abwechselnd in Europa und Asien.

(Kirsty Wigglesworth - WPA Pool/Getty Images)
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Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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