In Gedenken an Albert Schweitzer

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(Wikimedia Commons)
Von 24. Oktober 2009

Die anhaltenden Konflikte in vielen Ländern rund um den Erdball erinnern mich an meinen Aufenthalt in Lambaréné in Gabun vor ein paar Jahren. Dort hatte der berühmte Dr. Albert Schweitzer seine humanitäre Arbeit geleistet, wo er mit seiner vollständigen Hingabe für die Gesundheit und das Wohlbefinden seiner Patienten das Leben von Tausenden gerettet hatte. Seine Lehre sollten wir gerade heute beachten.

Ich war bei der Cité Soleil (Sonnensiedlung), in der eine Gemeinschaft von Leprakranken lebt. Sie ist ein spezieller Bereich neben dem Krankenhaus. Während meines Besuchs dort saßen drei Männer auf einer Bank. Einer von ihnen versuchte, mit seinen durch die Krankheit verunstalteten Händen eine Geige zu reparieren. Als ich  meine Kamera nahm und ihn fotografieren wollte, sagte er: „Kein Foto machen!“

Erschreckt über seine Reaktion fragte ich ihn, warum er das nicht wollte. Er arbeitete an seiner Geige weiter und sprach: „Sie halten sich noch nicht einmal damit auf, uns hallo zu sagen und wollen dann ohne um Erlaubnis zu fragen einfach fotografieren?“ Ich entschuldigte mich, grüßte ihn und fragte ihn, ob ich ein Foto machen dürfe. Er lächelte mich an und stimmte zu.

Dieser Mann gab mir eine bedeutsame Lehre. Obwohl es ganz und gar nicht in meiner Absicht war, ihn zu verachten, hatte ich genau das getan. Ich hatte gedacht, dass ich das Recht hätte, ihn zu fotografieren, weil ich dachte, dass es ein interessantes Motiv war. Dabei hatte ich sein Recht, nein zu sagen, nicht respektiert. Dass er ein Leprakranker war, dem wahrscheinlich schon viel Verachtung begegnet war, machte meinen Mangel an Einfühlungsvermögen noch schlimmer.

Die Bestimmtheit des Mannes, wie er sich für seine Rechte einsetzte und die Atmosphäre des ruhigen Stolzes in der Cité Soleil waren kein Zufall. Das hatte ich begriffen. Dr. Schweitzer war wegen seiner Hingabe für die Belange jener weniger Glücklichen so bemerkenswert gewesen. Er kehrte einer hervorragenden Berufskarriere als Musiker und Theologe den Rücken, um Arzt zu werden. Er ging  mit seiner Frau nach Afrika, baute in Lambarene aus einem Hühnerstall ein Krankenhaus und widmete sein Leben aus dem unbeirrbaren Gefühl einer persönlichen Verpflichtung heraus der Behandlung von Tausenden von Patienten.

Dr. Schweitzer schaute auf eine Herde von Flusspferden im Ogowe Fluss, der in der Nähe des Krankenhauses vorbei floss und bekräftigte sein Engagement für eine allgemein anerkannte Ehrfurcht vor dem Leben mit den Worten: „Das größte Übel ist Leben zerstören, Leben verletzen, Leben unterdrücken, das entwicklungsfähig ist.“

Ich konnte nicht anders, ich musste die Herangehensweise von Dr. Schweitzer an das Leben mit dem vergleichen, was in unserer heutigen Welt geschieht. Es scheint ein Dauerzustand von Krieg zu sein, und wo die Gründe zum Krieg führen immer irrelevanter werden. Um alles noch schlimmer zu machen, wird oft Religion wie in den dunkelsten Zeiten der päpstlich abgesegneten Inquisition als Vorwand genommen, um Leben zu zerstören, und eben nicht, es zu verbessern.

Leute sprechen heute von einem Konflikt der Zivilisationen, aber der eigentliche Konflikt ist der Mangel an Rücksicht auf andere, der Mangel an Dialog, das fehlende Bemühen, einander zu verstehen. So wie es der amerikanische Philosoph Sam Keen in seinem Gedicht schreibt, wie man sich einen Feind schafft: „Zeichne auf das Gesicht des Feindes die Habgier, den Hass, und die Achtlosigkeit, die du dich nicht traust, als deine eigene anzuerkennen.“

Heute brauchen wir mehr denn je Leute von der Größe eines Dr. Schweitzer. Wir müssten seiner Philosophie folgen, die auf einer grundsätzlichen Ehrfurcht vor dem Leben fußt. Er betonte fortwährend, dass der Fortschritt der Zivilisation eng mit der Auffassung von der großartigen Bedeutung des Lebens verbunden ist. Nur diejenigen, die ja zum Leben sagen und zu der Welt, in der wir leben, können in ihrer Zivilisation zu Fortschritten kommen.

Der medizinische Dienst im Krankenhaus geht nach seinem Tod weiter, doch seine Friedensbotschaft ist in unserer heutigen Welt, die durch unheilvolle Kriege und den sinnlosen Verlust von Leben verwüstet ist, verloren gegangen. Ich stand in seinem Zimmer und spürte die Kraft seiner Persönlichkeit. Dabei dachte ich, dass spätere Generationen sein Vermächtnis des Friedens verraten haben.

Wenn wir mit Entsetzen auf die Zerstörung eines Landes durch einen Krieg schauen, der sich auch noch auf falsche Prämissen gründet wie bei dem Jahrzehnte dauernden Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis, oder den Kriegen in Afghanistan und Pakistan, sollten wir uns an die Worte von Dr. Schweitzer erinnern, mit denen er sich 1963 in einem Brief an den Präsidenten John F. Kennedy wandte: „Unser Ziel, auf das wir uns von jetzt an bis in die fernste Zukunft ausrichten sollten, ist die Abkehr davon, die Probleme, die Nationen trennen, durch Kriege lösen zu lassen. Wir sollten immer versuchen, eine friedliche Lösung zu finden.“

Wir werden Verständnis nur durch den Dialog mit denjenigen erreichen, die anders als wir denken, wenn wir lernen, ihren Sorgen und Ängsten zuzuhören. Vielleicht  wird dann der Leitsatz von Dr. Schweitzer Wirklichkeit: „Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will.

Über den Autor:

Dr. César Chelala schreibt über Menschenrechte. Er erhielt als Mitgewinner eine Auszeichnung des Übersee-Presseklub Amerikas für einen Artikel über die Menschenrechte.

Original Artikel auf englisch: http://www.theepochtimes.com/n2/content/view/23628/

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Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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