Höfesterben und Agrarfreihandel: Landwirte verlieren, Lebensmittelindustrie profitiert (Teil 3)
Im ersten Teil des Artikels „Dramatisches Höfesterben in der deutschen Landwirtschaft – Ursachen und mögliche Auswege“ ging es um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU sowie der Abhängigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe von der Agrarförderung. Der zweite Teil widmete sich der Preisbildung auf den Agrarmärkten, der geringen Wertschöpfung der Landwirtschaft sowie dem inländischen Markt und der starken Marktmacht auf der Abnehmerseite. Diese Artikel können hier (Teil 1) und hier (Teil 2) nachgelesen werden.
V. Ausländische Agrarmärkte – Auswirkungen des Agrarfreihandels
1. Das Ricardo-Modell – Theorie der komparativen Kostenvorteile
Immer wieder wird betont, auch von der derzeitigen Bundesregierung, dass internationaler Freihandel dazu führe, dass Kosten sinken und Preise fallen. Dadurch würden sich Chancen für heimische Unternehmen, für Arbeitnehmer sowie Vorteile für Verbraucher ergeben [41]. Der wirtschaftstheoretische Grundstein für diese Annahme wurde von David Ricardo (1772 – 1823) in seinem Buch „Principles of Political Economy and Taxation“ (1817) gelegt, in welchem er der Frage nach den Vorteilen der Arbeitsteilung zwischen verschiedenen Staaten nachging [42].
Seine auch heute noch gültige Theorie der komparativen Vorteile besagt, dass sich Handel auch für die Länder lohne, die bei allen Gütern Preisvorteile aufweisen, weil sie diese billiger produzieren könnten als andere Länder. Umgekehrt lohne sich der Handel auch für Länder, die bei allen Gütern Kostennachteile gegenüber anderen Ländern hätten, [43].
Ricardo demonstrierte dies anhand des Handels zwischen England und Portugal mit Tuch und Wein. In diesem Beispiel besitzt Portugal einen absoluten Kostenvorteil bei der Produktion beider Güter, da für die Herstellung in Portugal weniger Arbeitsstunden benötigt werden.
In England werden für die Produktion einer Einheit Tuch 100 Arbeitsstunden und für die Produktion einer Einheit Wein 120 Arbeitsstunden benötigt. Portugal kommt dagegen mit 90 Arbeitsstunden für die Produktion einer Einheit Tuch und 80 Arbeitsstunden für die Produktion einer Einheit Wein aus. Trotzdem lohnt es sich wegen der Opportunitätskosten für Portugal auf die Tuchproduktion zu verzichten. England hat aufgrund geringerer Opportunitätskosten einen komparativen Vorteil bei der Tuchproduktion und Portugal bei der Weinproduktion.
Wenn sich also England auf die Produktion von Tuch und Portugal auf die Produktion von Wein spezialisiert, dann steigern beide Länder ihre Produktivität bei dem jeweiligen Gut und können die Überschüsse so zwischen sich aufteilen, dass beide davon profitieren. Obwohl die Theorie der komparativen Vorteile immer wieder weiterentwickelt und auch kritisiert wurde, dient sie bis heute dazu, den wirtschaftlichen Nutzen der Spezialisierung und des internationalen Freihandels gegenüber dem volkswirtschaftlichen Schaden von Schutzzöllen zu demonstrieren [44].
Das Problem an der Theorie der komparativen Vorteile ist, dass die Landwirtschaft in fast allen industrialisierten Ländern zu Verlierern des Freihandels wird. Da sich in allen anderen Branchen wesentlich mehr Wertschöpfung pro Arbeitskraft erzielen lässt, werden die Opportunitätskosten viel zu hoch und die landwirtschaftliche Produktion lohnt sich nicht mehr.
Im Gegensatz zur Industrie- und Dienstleistungsbranche, wo das Kapital die Produktionsmöglichkeiten wesentlich bestimmt, kann der wichtigste Produktionsfaktor der Landwirtschaft, der Boden, nicht vermehrt werden. Dadurch sind der Produktivitätssteigerung der Landwirtschaft enge Grenzen gesetzt, egal wie sehr sich die Landwirte bemühen ihre Produktion zu intensivieren.
Dadurch hat sich in fast allen industrialisierten Ländern ein komparativer Nachteil in der Landwirtschaft herausgebildet. Folgt man der allgemeingültigen Theorie der komparativen Vorteile, dann müsste die Landwirtschaft normalerweise in weniger entwickelte Länder, die in der landwirtschaftlichen Produktion einen komparativen Vorteil haben, verlagert werden und wir sollten die landwirtschaftlichen Produkte aus diesen Ländern billig importieren.
2. Deutsche Agrarexporte und -importe
Deutschlands Selbstversorgungsgrad bei Nahrungsmitteln liegt nur bei 88 Prozent. Nur bei Schweinefleisch (119%), Weizen (107%), Weiß- und Rotkohl (105%), Konsummilch (111%), Zucker (161%) und Kartoffeln (138%) erzeugt die deutsche Landwirtschaft mehr als wir verbrauchen. Dazu kommen noch die verarbeiteten Frischmilcherzeugnisse (117%) und Käse (126%).
Bei allen anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen liegt der Selbstversorgungsgrad weit unter 100 Prozent. Somit ist Deutschland ein Nettoimporteur von Gütern der Agrar- und Ernährungswirtschaft [45].
Im Jahr 2017 betrugen die deutschen Agrarexporte 73,3 Milliarden Euro und es wurden Agrargüter im Wert von 85,6 Milliarden Euro importiert. Insgesamt wird rund ein Drittel der landwirtschaftlichen Gesamtproduktion in Deutschland exportiert.
Seit dem Jahr 2000 sind die deutschen Agrarexporte um über 160 Prozent gestiegen und stellen damit einen wichtigen Wirtschaftsfaktor dar. Die deutschen Agrarexporte machen 5,7 Prozent des deutschen Gesamtexports aus. Durch diese Wertschöpfung werden zahlreiche Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen und der Wohlstand gefördert. Zwar gibt es keine direkte Exportsubvention mehr, jedoch fließen in geringem Maße trotzdem Mittel in staatliche Exportförderprogramme, wie beispielsweise das Auslandsmesseprogramm des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).
Von der Wertschöpfung des Agrarexports profitiert überwiegend die deutsche Ernährungswirtschaft. Der überwiegende Anteil der Exporte besteht aus verarbeiteten oder veredelten landwirtschaftlichen Produkten, insbesondere Fleisch und Fleischerzeugnisse (9,8 Milliarden Euro), Milch und Milcherzeugnisse (9,8 Milliarden Euro), Getreideerzeugnisse und Backwaren (9,1 Milliarden Euro), Kakao und Kakaoerzeugnisse (5,5 Milliarden Euro) sowie Bier und Wein (etwa 1 Milliarde Euro) [46].
Das liegt vor allem daran, weil beim Export von reinen Agrarrohstoffen nur geringe Preise erzielt werden können. Auch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) betont, dass es für Deutschland „wirtschaftlich am sinnvollsten“ sei, wenn Güter mit möglichst hoher Wertschöpfung exportiert werden.
Deshalb haben unverarbeitete Agrarerzeugnisse, wie beispielsweise Getreide, Kartoffeln sowie frisches Obst und Gemüse, auch nur einen Anteil von etwa 10 Prozent an den Agrarexporten.
Gemäß der Theorie der komparativen Vorteile sind die deutschen Landwirte nicht in der Lage, wettbewerbsfähig für den Weltmarkt zu produzieren. Deshalb wäre es aus rein ökonomischer Perspektive deutlich sinnvoller, wenn Agrarrohstoffe für die Lebensmittelindustrie künftig nur noch billig importiert werden würden und anschließend mit den produzierten hochverarbeiteten Lebensmitteln gehandelt werden würden.
Das hätte jedoch die Abwicklung der heimischen Landwirtschaft zur Folge. Derzeit wird der Agrarexport durch die aus dem Kostendruck und den Fehlanreizen resultierende landwirtschaftliche Überproduktion und den damit verbundenen Preisverfall ermöglicht.
Die Direktzahlungen erlauben es, dass die Landwirte ihre Agrargüter zu Preisen unterhalb der Erzeugungskosten verkaufen können. Dadurch subventionieren die Landwirte indirekt und zu Lasten ihres eigenen Einkommens die Lebensmittelindustrie, die dann wiederum mit ihren verarbeiteten Produkten die eigentliche Wertschöpfung erzielen.
Außerdem gibt es beim Import und Export von reinen Agrarrohstoffen ebenfalls eine starke Marktmacht auf der Nachfrageseite. Der Markt wird von den vier Unternehmen Archer Daniels Midland (ADM), Bunge, Cargill und die Louis Dreyfus Company dominiert, die zusammen einen Marktanteil von rund 70 Prozent haben.
Daraus resultiert, dass es beim Export von Agrarrohstoffen eine ähnliche Situation wie im Inland gibt und die genannten Unternehmen mit ihrer starken Marktposition großen Einfluss auf die Preisverhandlungen sowie die Anbaubedingungen nehmen können [47].
3. Auswirkungen des Freihandels auf Entwicklungsländer
Aktuell leiden etwa 821 Millionen Menschen auf der Welt unter Hunger und chronischer Unterernährung. Etwa 5,6 Millionen Kinder sterben jährlich an Hunger. Betroffen sind vor allem die Ärmsten. Um die Armut zu bekämpfen und mehr Verteilungsgerechtigkeit zu erreichen, sollen nach Ansicht der Bundesregierung und vieler weiterer Akteure die betroffenen Entwicklungs- und Schwellenländer am Agrarfreihandel teilnehmen, um dadurch genügend Einkommen sicherzustellen und wohlfahrtssteigernde Effekte zu generieren [48].
Für die Entwicklungsländer (Least Developed Countries (LDC)) erweist sich der Agrarfreihandel in den meisten Fällen jedoch als Bumerang.
Exportiert werden vor allem landwirtschaftliche Rohstoffe, wie beispielsweise Kaffee, Tee, Zucker, Baumwolle, Fisch oder Bananen, deren Anbau meist nur mit wenig Wertschöpfung verbunden ist. Die Umstellung auf einige wenige landwirtschaftliche Rohstoffe, die für den Export geeignet sind, kommt jedoch nicht dadurch zustande, dass die Kleinbauern in diesen Ländern einfach ihre Produktion umstellen.
Weil sich der Anbau erst ab einer gewissen Größe lohnt, ist die Umstellung der landwirtschaftlichen Produktion also immer auch gleichbedeutend mit einer Konzentration in der Landwirtschaft auf wenige kapitalintensive Großbetriebe mit Plantagenwirtschaft. Dadurch verlieren viele Kleinbauern ihre Existenzgrundlage.
Diese Großbetriebe erfordern nicht nur hohe Investitionen, sondern sie sind auch abhängig von Importen von Landmaschinen, Saatgut, Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln. Eine Umkehr dieser Umstellung auf eine exportorientierte Landwirtschaft zurück zur traditionellen, auf Selbstversorgung ausgerichteten Landwirtschaft ist anschließend nicht mehr möglich.
Wie bereits erläutert, verringert der Produktivitätsanstieg in der Landwirtschaft bei unelastischer Nachfrage den Wohlstand eines Landes erheblich. Im Unterschied zu den Industrieländern, wo der Anteil der Landwirte an der Bevölkerung nur wenige Prozent beträgt, kommt es dadurch in den Entwicklungs- und Schwellenländern, wo die Landwirte die Mehrheit der Bevölkerung sind, auch zu einer Verarmung der Mehrheit der Bevölkerung.
Und dort, wo es tatsächlich gelingt mehr Einnahmen durch Exporte zu generieren, profitieren lediglich die wenigen landwirtschaftlichen Großbetriebe mit Plantagenwirtschaft sowie die im Agribusiness und in der Lebensmittelverarbeitung tätigen internationalen Großkonzerne [49].
VI. Zusammenfassung und Handlungsempfehlungen für die Politik
Wie dargelegt gibt es drei maßgebliche Gründe für die wirtschaftlich schwierige Lage vieler landwirtschaftlicher Betriebe.
Die zunehmende Liberalisierung der Agrarmärkte und die Agrarförderung mittels an die Fläche gebundenen Direktzahlungen liefert der Landwirtschaft verfehlte Anreize. Landwirtschaft wird nicht mehr ausschließlich zur Erzeugung marktfähiger Güter betrieben, sondern dient in erster Linie der Erlangung der Fördermittel. Das regt die Überproduktion an und ermöglicht es, dass Landwirte ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse zu Weltmarktpreisen, die i.d.R. niedriger als die Produktionskosten sind, verkaufen können beziehungsweise müssen.
So kommt es, dass das Einkommen vieler Landwirte zu einem erheblichen Teil von den Agrarfördermitteln abhängig ist. Einen erheblichen Teil dieser Fördermittel reichen die Landwirte meist an die vor- und nachgelagerten Branchen weiter, beispielsweise für den Kauf von Landmaschinen, die Pacht, Futtermittel, Saatgut, Düngemittel oder Pflanzenschutzmittel, um dadurch die Produktivität weiter steigern zu können.
Insgesamt konnte der Schwenk von der protektionistischen Markt- und Preisstützung hin zur Förderung über flächenbezogene Direktzahlungen weder die Ausgaben für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) senken, noch den Strukturwandel in der Landwirtschaft aufhalten. Dafür profitiert die Lebensmittelindustrie von der aktuellen Gemeinsamen Agrarpolitik, da ihre weltweite Wettbewerbsfähigkeit durch die billigen Agrarrohstoffpreise gesichert ist, sowie die Verbraucher aufgrund der niedrigen Lebensmittelpreise.
Im Inland haben die Landwirte kaum eine Chance ihre Erzeugerkosten über den Handel an den Verbraucher weiterzugeben. Der hochkonzentrierte Lebensmittelhandel fungiert als „Gatekeeper“ und spielt eine wichtige Rolle für die gesamte Preisbildung im Inland. Weil die Unternehmen der Lebensmittelindustrie jedoch den Export als alternativen Absatzkanal nutzen können, sollte der Einfluss des Lebensmittelhandels auf die Preisbildung nicht zu hoch eingeschätzt werden.
Sicherlich haben die starke Marktposition und die hohen Beschaffungsmengen einen Einfluss, aber die niedrigen Erzeugerpreise resultieren vor allem daraus, dass die Unternehmen der Lebensmittelindustrie, die sich ebenfalls in einem Verdrängungswettbewerb befinden, sich bei den Ausschreibungen des Lebensmittelhandels gegenseitig unterbieten. Leidtragende sind dann die Landwirte, deren Erzeugerpreise immer weiter sinken. Die Zahl der Landwirte, die direkte Lieferbeziehungen zum Lebensmittelhandel unterhalten, ist gering und es gibt für sie kaum Möglichkeiten ihre Wertschöpfung über Produktdifferenzierung oder besondere Absatzkanäle zu erhöhen.
Vom Agrarfreihandel können nur einige wenige Großbauern profitieren, die sich auf den Anbau von sogenannten „Cash Crops“ [50] spezialisieren und aus der Kombination von Subventionen und Freihandel etwas Profit ziehen können. Gemäß der Theorie der komparativen Vorteile sind die deutschen Landwirte jedoch grundsätzlich nicht in der Lage wettbewerbsfähig für den Weltmarkt zu produzieren, weil der wichtigste landwirtschaftliche Produktionsfaktor, der Boden, der Produktivitätssteigerung natürliche Grenzen setzt.
Eine Ausweitung des Agrarfreihandels setzt die heimische Landwirtschaft deshalb einem gewaltigen Kostendruck aus, dem diese nicht standhalten können wird. Erneut ist es nur die Lebensmittelindustrie, die vom Agrarfreihandel und den dadurch zur Verfügung stehenden billigen Agrarrohstoffen profitiert. Zu den Verlierern des Agrarfreihandels gehören außerdem auch die Entwicklungs- und Schwellenländer, deren Wohlstand in Folge sinkt und dessen Bevölkerung weiter verarmt.
Der Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft ist erstrebenswert. Durch die eigene landwirtschaftliche Produktion kann die Versorgungssicherheit erhalten werden und eine gewisse Unabhängigkeit von Lebensmittelimporten sowie Preisschwankungen auf dem Weltmarkt bewahrt werden. Außerdem kann nur so die Ernährungssouveränität, d.h. die Selbstbestimmung über die Kriterien, unter denen Nahrungsmittel angebaut werden, sichergestellt werden.
Neben der Produktion von hochwertigen Nahrungsmitteln leistet die heimische Landwirtschaft einen wesentlichen Beitrag zum Umwelt-, Natur-, Boden- und Gewässerschutz, dient der Pflege und dem Erhalt der Kulturlandschaften, schützt die biologischen Vielfalt und schafft Arbeitsplätze und Wertschöpfung in den ländlichen Räumen. Bei einer Verlagerung der Landwirtschaft ins Ausland müsste der Staat all diese Leistungen erbringen, was zweifellos deutlich teurer werden würde. Der langfristige und anhaltende Trend des „Höfesterbens“ sollte deshalb aufgehalten werden.
Deshalb sollte politisch konkret bei den folgenden Handlungsfeldern angesetzt werden.
Fehlanreize der gegenwärtigen Agrarförderung beseitigen
Es erscheint zum jetzigen Zeitpunkt unrealistisch, zum Agrarprotektionismus mit seinen „Butterbergen“ und „Milchseen“ zurückzukehren. Dennoch müssen die Fehlanreize der gegenwärtigen Agrarförderung beseitigt werden. Solange Bauern gezwungen sind, in erster Linie homogene Rohstoffe an einen marktmächtigen Handel zu verkaufen, ist eine Verbesserung der Einkommenssituation illusorisch.
Der Empfehlung des Wissenschaftlichen Beirats „Agrarpolitik, nachhaltige Landbewirtschaftung und Entwicklung ländlicher Räume“ von 2005 folgend, sind die Direktzahlungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) für eine langfristig tragfähige Einkommenspolitik untauglich und lassen sich auch durch graduelle Veränderungen nicht nachhaltig beheben.
Einkommenspolitisch begründete Maßnahmen sollten entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip besser in der nationalen Steuer- und Sozialpolitik angesiedelt werden. Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) könnte dann rein auf umwelt- und tierschutzpolitische Anreizsysteme (2. Säule) ausgerichtet werden [51]. Zusätzlich könnten die Unsicherheiten auf den Märkten, wie beispielsweise starke Preisschwankungen, gesenkt werden, indem das Risikomanagement der Landwirte durch die kostenlose Bereitstellung von Marktinformationen gestärkt wird.
Regionale Qualitätsprodukte
Eine Möglichkeit für Landwirte, um eine höhere Wertschöpfung zu erzielen, könnte die Verarbeitung und Vermarktung von regionalen Qualitätsprodukten sein. Jedoch ist davon auszugehen, dass die durch den fortgeschrittenen Strukturwandel in Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie weggebrochenen regionalen Verarbeitungsstrukturen so gut wie unumkehrbar sind. Um regionale Lieferketten zu entwickeln und zu stärken, müssten deshalb diesbezügliche Fördermöglichkeiten ausgelotet werden. Außerdem könnte die Direktvermarktung unterstützt werden.
Um die Marktschwäche der Landwirte auszugleichen, könnten Erzeugerzusammenschlüsse bzw. -organisationen gefördert und gestärkt werden, damit diese gemeinsame Preisverhandlungen mit ihren Abnehmern führen können. So könnte eine „Gegenmacht“ zur starken Marktmacht der Nachfrager aufgebaut werden.
Zum Autor: Niklas Frohn studierte Agrarwissenschaften, Agrarökonomie und Agribusiness in Wien und an der TU MÜnchen. Er betreibt die Webseite Agropolit-x, wo auch dieser Artikel zuerst erschien. Seine Familie musste ihren Winzerbetrieb aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben.
Quellen
[41] https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/freihandel/freihandel-318088
[42] http://www.wirtschaftslexikon24.com/d/komparative-kostenvorteile/komparative-kostenvorteile.htm
[44] Binswanger, M., 2020, Mehr Wohlstand durch weniger Agrar-Freihandel – Landwirtschaft und Globalisierung. Wien: Picus Verlag, S. 13f.
[46] Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), 2018, Agrarexporte verstehen Fakten und Hintergründe. Zuletzt abgerufen am 20.07.2020, https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/Agrarexporte-verstehen.pdf?__blob=publicationFile&v=4, S. 9
[47] https://www.boell.de/de/2017/01/10/fuenf-agrarkonzerne-beherrschen-den-weltmarkt
[48] Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), 2018, Agrarexporte verstehen Fakten und Hintergründe. Zuletzt abgerufen am 20.07.2020, https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/Agrarexporte-verstehen.pdf?__blob=publicationFile&v=4, S. 7
[49] Binswanger, M., 2020, Mehr Wohlstand durch weniger Agrarfreihandel. Wien: Picus Verlag, S. 65ff.
[50] = für den Export produzierte Agrargüter
[51] Wissenschaftlicher Beirat „Agrarpolitik, nachhaltige Landbewirtschaftung und Entwicklung ländlicher Räume“ beim BMELV, 2005, Stellungnahme zu aktuellen Fragen der EU-Finanzen und des EU-Agrarhaushalts. Zuletzt abgerufen am 29.07.2020, https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ministerium/Beiraete/agrarpolitik/StellungnahmeEU-Finanzen.pdf?__blob=publicationFile&v=3
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