Historiker schreibt Offenen Brief an Chefredakteur der „Rheinpfalz“: „Warum manipulieren Sie Ihre Leser?“
An den Chefredakteur der „Rheinpfalz“, Herrn Michael Garthe, Ludwigshafen:
Sehr geehrter Herr Garthe,
auch in diesem Jahr fühlten Sie sich veranlasst, in der „Rheinpfalz“ den Leserinnen und Lesern einen Leitartikel zu Heilig Abend zum Lesen zu geben. Leider ist dieser, wie so oft in den letzten Jahren, aber auch was Ihre anderen Grundsatz-Texte in den letzten Wochen betrifft, dermaßen verunglückt und sachlich falsch, dass eine Korrektur verpflichtend ist.
1. Sie schreiben: „Der Umgangston zwischen den Regierungen ihrer Mitgliedstaaten erinnert an den Nationalismus des 19. Jahrhunderts.“
Ich bitte Sie, weisen Sie mir einen solchen Umgangston zwischen den Staaten des 19. Jahrhunderts nach.
– Nennen Sie mir bitte eine Quelle, in der ich Ihre Behauptung nachlesen kann.
– Auf welche Sekundärliteratur stützen Sie Ihre Erkenntnis?
Das Zeitalter des Nationalismus, 19. Jahrhundert, war eines der friedlichsten Epochen in der Menschheitsgeschichte – zumindest was die deutschen Staaten betrifft.
Von 1800 – 1815 hat Frankreich einen imperialistischen, keinen nationalen, Krieg gegen Europa, besonders gegen das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, dann nach 1806 gegen so ziemlich alle Staaten auf deutschem Boden, gegen das Habsburger Reich und das Russische Reich geführt. Die vielen kleineren Kriege in Norditalien und in der Schweiz will ich jetzt nicht erwähnen.
Von 1856-1859 hat Frankreich einen imperialistischen, keinen nationalistischen, Krieg gegen Russland vom Zaun gebrochen. Frankreich schlug anschließend in blutigen Schlachten das Habsburger Reich. Schließlich hat Frankreich gemeint, 1870 Krieg gegen deutsche Staaten und Preußen auslösen zu müssen.
1914-1918 führte Frankreich die Allianz mit Großbritannien und Russland an, um einen imperialistischen Weltkrieg zu beginnen. Innerhalb von 100 Jahren hat Frankreich fünf imperialistische Kriege gegen europäische Staaten geführt. Um diese Ziele zu erreichen, führte Frankreich 1881 lange vor den Nationalen Sozialisten batalliones scolaires ein, die den Schülern eine vormilitärische Ausbildung vermittelten. Der protestantisch-preußisch-slawischen Arroganz „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen“ entsprach Frankreichs Hybris, es sei die Führerin der Menschheit. Lesen Sie mal Paul Déroulède, Ferdinand Buisson oder Maurice Barrès usw..
Wenn Sie schon das „Nationale“ kritisieren, dann sollten Sie bei Ihrem so geliebten imperialistischen Frankreich seit 1640 anfangen. Hatte der amerikanische Präsident Trump nicht recht mit seiner an Macron gerichteten Bemerkung über die Anstrengungen der Pariser, Deutsch zu lernen…?
England verstand sich zu dieser Zeit als die großartigste regierende Rasse, die die Welt je gesehen hatte. Weltmachtstreben ist in den deutschen Staaten – dem Dritten Deutschland – nicht zu verspüren. Unter preußischer Gewalt brach in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis 1945 die deutsche Nationalbewegung zusammen.
Wie viele Kriege verzeichneten die deutschen Nationen in diesem Zeitraum? Was ist so schlimm am „Nationalismus? Seit Beginn seiner Entstehung hat der Nationalismus z.B. in den deutschen Landen zu Frieden und wirtschaftlichem Fortschritt und Wohlergehen auf allen Feldern der Politik und Gesellschaft, der Kultur und Wissenschaft geführt.
Wann haben die deutschen Staaten nach dem Zerfall des Heiligen Römischen Reiches bzw. nach der Auflösung des Deutschen Bundes „nationale“ Kriege geführt? Der deutsche Nationalismus schenkte der Bevölkerung Ruhe und Frieden, da er ihr die bestmögliche persönliche Entwicklung gewährt hatte. Der Ruf nach nationalstaatlichen Grenzen, der Ruf nach nationalstaatlicher Politik und Freiheit nach 1815 ist ein Ruf nach Freiheit für den Menschen, nach dem Scheitern der größenwahnsinnigen Versuche, die Menschen in ein französisches, napoleonisches Zwangssystem zu sperren. Staatsrechtlich ausgedrückt: Die Subsidiarität ermöglicht erst das Leben von Freiheit und Entfaltung.
Da dies ein Prinzip der katholischen Soziallehre ist, war es für den mächtigsten Staat in Deutschland selbstverständlich, dass es das auf diesem Prinzip aufgebaute katholische Österreich mit Hilfe eines Krieges aus dem Deutschen Bund verdrängen musste. Ab 1866 konnte das protestantische, imperialistische Preußentum in Deutschland allein herrschen – bis 1945.
Zentralismus führt über kurz oder lang immer zur Diktatur
Warum hat denn die D“D“R die nach dem Subsidiaritätsprinzip aufgebauten Länder abgeschafft? Warum kennt Frankreich keine Bundesländer und ist zentralistisch aufgebaut? Zentralismus führt über kurz oder lang immer zur Diktatur – was wir z.Zt. bei Macron erleben. Warum soll die EU zentralistisch, also freiheitsfeindlich und menschenverachtend, aufgebaut werden? Die Gründer der Europäischen Gemeinschaft gingen von dem Europa der Vaterländer aus, von dem Europa freiheitlicher Nationen!!
Von 1815-1870 führte keine deutsche Nation Krieg. Es herrschte Frieden zwischen den deutschen Nationalstaaten. Es war der machtpolitische imperialistische Größenwahn des protestantischen Preußenkönigs Wilhelm I, dessen preußisch-slawisches Königtum eher undeutsch gewesen ist, und seines Ministerpräsidenten und späteren Kanzlers Bismarck, die 1864 das Königreich Dänemark, dann 1866 das Kaiserreich Habsburg und die süddeutschen Königreiche überfielen.
Dass Bayern, Baden Württemberg usw. sich 1870 des aggressiven Nachbarn im Westen wehren mussten, war wohl selbstverständlich.
Bismarck zerschlug die friedliche, freiheitliche Nationalbewegung und schuf mit dem preußischen Kaiserreich ein imperialistisches Großpreußen, das bis 1945 Deutschland in den Untergang geführt hat.
Ich frage Sie: Welcher deutsche Nationalstaat hat im 19. Jahrhundert Krieg geführt?
In welchem „Umgangston“ verkehrten diese Nationalstaaten untereinander? Wirklich so schlimm, wie Sie behaupten? Lesen Sie dazu die Standardwerke von Palmer und Kissinger. Sie werden Ihre Behauptung nirgends finden.
Wenn Sie dafür keine Belege entdecken können, dann stellt sich die Frage, was Sie mit dieser falschen Behauptung bezwecken wollen? Sie geben einige Zeilen später selbst die Antwort : „Die Manipulierer gewinnen immer mehr Macht, weil so viele Menschen sich manipulieren lassen.“
Warum informieren Sie erneut die Leserinnen und Leser so falsch, warum manipulieren Sie diese?
Warum lassen sich so viele Menschen manipulieren? Wer kennt schon auf Anhieb die komplizierten politischen Zusammenhänge des 19. Jahrhunderts, wenn schon Ihnen als Studiertem solch gravierende Fehler unterlaufen? In den Schulen besteht der Geschichtsunterricht meist nur im Auswendiglernen der Namen von KZs – die der Ausländer werden der Vollständigkeit halber verschwiegen?
Um wie viel mehr müsste dann ein Chefredakteur sehr sorgfältig mit Behauptungen zur deutschen und europäischen Geschichte umgehen, besonders dann, wenn er diese in einem Leitartikel veröffentlicht?
Warum nehmen Sie nicht Ernest Renan, den großen französischen Religionswissenschaftler zum Vorbild – eine Ausnahmeerscheinung! –, der eine Definition für die Nation gedacht hat, die auch heute das menschenverachtende und freiheitsfeindliche Monstrum Europäische Union mit einer großen Anstrengung beseitigen könnte – hätten die Politiker der europäischen Staaten den Mut, sich der kommunistischen Allmacht, die die europäischen Politiker nach 1990 erfasst hat, zu erwehren.
„Gemeinschaft ist die Quelle der Freiheit“?
2. Weiter schreiben Sie: „Gemeinschaft ist die Quelle der Freiheit.“ Sind Sie wirklich schon so sehr kommunistisch indoktriniert, dass Sie die Causalität nicht mehr wahrnehmen wollen oder können oder dürfen? Sprechen Sie mal einen Insasse einer JVA-Gemeinschaft über sein Gefühl der Freiheit an! Wenn Ihr Satz stimmte, dann hätten die Insassen von Vernichtungslager-Gemeinschaften die größte Freiheit Ihres Lebens erfahren. Können Sie sich das große Geschrei unserer Gazetten und gleichgerichteten Rundfunk- und Fernsehanstalten vorstellen, wenn ein Mitglied der AfD einen solchen Satz gesagt hätte? Wäre er nicht als alter unverbesserlicher Anhänger der Nationalen Sozialisten geziehen worden? Was ist der Grund für diese Ihre unsinnige und philosophisch grundfalsche Aussage?
3. Es tut mir leid, aber ihren folgende Satz verstehe ich nicht. Auch dieser zeigt schlimmsten SED-Jargon! „Nur in einer gemeinschaftlichen Nation kann der Staat die Freiheitsrechte des Einzelnen gewähren“.
Mit Verlaub: Was ist eine gemeinschaftliche Nation?? Bitte erklären Sie mir diesen Begriff!
Seit wann gewährt der Staat Freiheitsrechte? Sie stellen mit dieser Aussage die Rechtsentwicklung seit der Aufklärung auf den Kopf. Ihr Denken befindet sich außerhalb der Ideen der Verfassungsversammlung der Paulskirche 1848/49, der Verfassung des Deutsches Kaiserreiches von 1871, der Ideen der Weimarer Verfassung von 1919 und des Grundgesetzes von 1949.
Allerdings sind Sie sehr nahe an Carl Schmitt, dem rechtsphilosophischen Ideengeber der Nationalen Sozialisten oder gar der Aussagen eines Josef Goebbels oder Adolf Hitlers oder der Kommunisten in der ehemaligen D“D“R. Oder soll damit wie in vielen anderen Zeugnissen so klammheimlich die Einführung einer D“D“R-2 erfolgen?
Die Franzosen nennen das penetration pacifique: Es braucht heute für eine Systemveränderung keine Revolution mehr, denn die allumfassenden Medien können die Bevölkerung so manipulieren, dass sie, abgelenkt durch ihren hirnlosen Hokuspokus der Medien, nicht merkt, wohin eine präfaschistische Regierung die Reise lenkt.
Und so jemand ist Chefredakteur einer Tageszeitung 2018, die sich rühmt täglich 600.000 Leserinnen und Leser zu haben (man muss anfügen: und diese mit falschen Behauptungen zu informieren) ! Es ist nicht zu fassen, wie Sie die pfälzische Bevölkerung falsch informieren. Ein Vergleich mit einer Schrift von Karl Jaspers, ‚Die geistige Situation der Zeit‘ (1931), zeigt mir, dass heute eine präfaschistische Zeit, vor der auch damals gewarnt wurde, schon weiter fortgeschritten ist, als manche bei uns denken. Lesen Sie bitte bei Hannah Arendt nach.
Des Chefredakteurs Rechtsauffassung entspricht der eines Diktators, eines Despoten, eines Staates, wie wir ihn in der Zeit des Nationalen Sozialismus und in der Zeit des sozialdemokratisch-kommunistischen Sozialismus erfahren haben.
Ich empfehle Friedrich Schillers Wilhelm Tell, 2. Akt, Rede Stauffachers:
Wenn der Gedrückte nirgends Recht kann finden, wenn unerträglich wird die Last, greift er hinauf getrosten Mutes in den Himmel und holt herunter seine ew’gen Rechte, die droben hangen unveräußerlich und unzerbrechlich wie die Sterne selbst.
Es ist nicht zu fassen. Am Beginn der Zeit der Entstehung Menschenrechte (empfehle Lessing!) weiß Stauffacher, was nach 200 Jahren heftigster Diskussion um diese Rechte einem Chefredakteur unbekannt ist. Freiheitsrechte kann ein Staat bzw. muss ein Staat garantieren, kann sie aber nicht gewähren! Wenn das Ihnen zu literarisch ist, dann gebe ich Ihnen einen Hinweis auf den Staatsrechtslehrer Ernst R. Böckenförde: „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht geben, höchstens garantieren kann“. Eine der Voraussetzungen ist die Freiheit!!
„Wo Misstrauen unter den Bürgern wächst, da nimmt auch das Misstrauen des Staates gegenüber den Bürgern zu“
4. Es tut mir leid, aber Ihr nächster Satz ist eine Verzerrung der gesellschaftlichen und politischen Wirklichkeit: „Wo Misstrauen unter den Bürgern wächst, da nimmt auch das Misstrauen des Staates gegenüber den Bürgern zu. Dann reagiert er mit immer mehr Kontrolle, Gesetzen, Rechtseinschränkungen und Bürokratie.“
Auch hier verwechseln Sie wieder die Kausalität. Warum? Es sind also die „bösen“ Bürger, die den Überwachungsstaat gebären? Was verstehen Sie unter Misstrauen unter den Bürgern? Dass diese nachts nicht ihre Wohnungstür offen stehen lassen, weil möglicherweise Messermänner die Tochter oder Frau abstechen? Müssen diese Bürger nicht misstrauisch werden? Ist es nicht immer Aufgabe und Kennzeichen des totalitären Staates, Angst und Misstrauen zu schüren?
Müssen die Bürgerinnen und Bürger nicht misstrauisch sein, wenn sie von den Vertretern der Regierung offen belogen werden – UN-Migrationspakt z.B. -, wenn sie sich als friedliche Bürger zum Protest gegen unmenschliche und unfreiheitliche Zustände versammeln und sich als Mob und Pack beschimpfen lassen müssen?
Wenn ihnen der Außenminister den „Stinkefinger“ zeigt, wenn eine sozialistische Parteivorsitzende die ordinäre Sprache übt: „Dann hauen wir ihnen in die Fresse!“. Ist da nur Misstrauen oder eher Angst angebracht?
Seit einigen Jahren ist die Verrohung der Sprache ein besonderes Privileg unserer Politiker. Warum dürfen sich die Bürgerinnen und Bürger nicht dagegen wehren?
Der Staat hat keine Veranlassung gegenüber den Bürgerinnen und Bürger misstrauisch zu sein.
Das ist es, was die Bürgerinnen und Bürger unzufrieden macht
Schürt der Chefredakteur mit seiner Aussage nicht einen schlimmen Generalverdacht gegen die vielen freiheitlich gesonnenen Bürgerinnen und Bürger, die fleißig, redlich und brav ihr Tagwerk angehen, tagaus, jahrein und Mord Mord nennen, egal wer ihn begangen hat? Wer vor den Messermännern warnt, der wird wegen Generalverdachts geschmäht, isoliert und übelst einer „rechten“ Gesinnung beschimpft. Das ist es, was die Bürgerinnen und Bürger unzufrieden macht.
Mediengewaltige und Politiker in Deutschland haben ihr Ohr nicht mehr am Volk, sondern bestimmen sehr autoritär, wer was zu tun und zu lassen und zu denken hat. Diesem deutschen Volk bleibt seit Jahren nur der Weg in die von Ihnen so gescholtenen „Sozialen Medien“, in blogs und zu facebook. Freuen wir uns, dass vor diesen Volks-Instrumenten, die Allmächtigen Angst bekommen, damit sie hoffentlich in Zukunft nicht mehr willkürlich über Volk und Bürgerinnen und Bürger bestimmen können.
Frau Lengsfeld schrieb dieser Tage: „Wir sind in einer Transformationsphase hin zur bewussten politischen, kulturellen und ökonomischen Destabilisierung der einst wohlhabendsten und freiheitlichsten Teile dieser Erde. Jeder könnte das erkennen. Aber der zu erwartende Schmerz der Erkenntnis verhindert bei vielen wohl den Erkenntnisprozess.“ Warum erkennen Sie dies nicht?
Erneut ist Ihr Ausflug in Politik und Geschichte gründlichst schief gegangen. Warum? Haben Sie auch noch nicht gemerkt, dass sie fälschlicherweise die Europäische Union mit Europa gleichsetzen?
Mit freundlichem Gruß
Hans-Jürgen Wünschel
Zur Person: Der 1947 in Bad Dürkheim geborene Dr. Hans-Jürgen Wünschel ist seit mehr als 20 Jahren akademischer Direktor des historischen Seminars der Universität Landau. Seit 2002 ist der Historiker außerdem Honorarprofessor der polnischen Universität Tschenstochau.
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