Werden Trans-Agenda und Social Engineering die westliche Zivilisation ruinieren?
Der Westen dränge dem Rest der Welt „grob und schamlos seine Moral auf, seine Ansichten zu Kultur und seine Vorstellungen zur Geschichte“, sagte Russlands Präsident Wladimir Putin am 17. Juni in einer mit Spannung erwarteten Rede auf dem 25. Sankt Petersburger Wirtschaftsforum. Dieses Vorgehen, so Putin, „stellt manchmal die Souveränität und Integrität von Staaten in Frage und bedroht sie in ihrer Existenz“.
Beobachter haben Putins Äußerungen zum Vorgehen des Westens in Moralfragen größtenteils ignoriert und sich stattdessen darauf fokussiert, was der Präsident über die Wirtschaftssanktionen gegen Russland zu sagen hatte und wie er die „militärische Sonderaktion“ in der Ukraine rechtfertigt.
Man sollte Putins Äußerungen sorgfältig studieren, denn sie sprechen dafür, dass sich Russland in seiner Existenz bedroht fühlt, weil der Westen dem Land angeblich „seine Moral“ und „seine Ansichten zu Kultur und Ideen“ aufzwingen will.
In westlichen Ländern wie den Vereinigten Staaten, Kanada und Australien steht Social Engineering weit oben auf der Tagesordnung: Es geht um Dinge wie Abtreibung auf Nachfrage (in den USA ist der Umgang mit dem Thema gerade wieder den Parlamenten der einzelnen Bundesstaaten übertragen worden), gleichgeschlechtliche Ehe, Euthanasie, Schlechtmachen der westlichen Zivilisation, Herabspielen der gesellschaftlichen Rolle von Religion, Critical Race Theory als Pflichtfach oder Transgenderismus.
Die Transgender-Agenda
Politik und Aktivisten haben sich in letzter Zeit viel mit den Rechten von Transgender-Menschen befasst. Befürworter des Transgenderismus sagen, jeder Mensch habe das Recht, sein biologisches Geschlecht zu wechseln, und die Meinung, Menschen würden entweder als männlich oder weiblich geboren, sei ein eklatantes Beispiel für Diskriminierung und Homophobie. Diese Behauptung wird von der Politik im Westen ernst genommen, neuerdings auch in Deutschland.
Hier stößt jetzt ein neues Eckpunktepapier der Ampel-Regierung auf Kritik. Die Koalition will Bürgern ab 14 Jahren künftig ermöglichen, einmal jährlich Geschlecht und Vornamen ändern zu lassen. Eine einfache Erklärung auf dem Standesamt soll dafür ausreichen. Eine Hormonbehandlung oder operative Geschlechtsangleichung sind dafür nicht notwendig. Bislang waren die Hürden dazu hoch. Die Betroffenen mussten zwei psychiatrische Gutachten einholen und einen teuren Gerichtsprozess in Kauf nehmen.
Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) unterbreiteten Ende Juni ihre Pläne in „Eckpunkte zum Selbstbestimmungsgesetz“.
Bei Kindern bis 14 Jahren müssen die Eltern die Erklärung beim Standesamt abgeben. Falls die Eltern dagegen sind, soll ein Familiengericht die Erklärung der Eltern ersetzen können. Kinder ab 14 Jahren können die Änderung selbst durchführen.
Offenbarungsverbot
Zudem ist im Gesetzesentwurf ein Offenbarungsverbot vorgeschrieben. Das heißt, dass ein Bußgeld verhängt werden kann, wenn jemand die Änderungen des Personenstands einer Person (trans, nicht binär oder intersexuell) gegen deren Willen offenbart oder ausforscht.
„Intersexuelle“ Menschen [die biologisch Merkmale beider Geschlechter aufweisen] können bereits jetzt, Geschlechtseintrag und Vornamen mit einer einfachen Erklärung beim Standesamt ändern. Dazu reicht ein ärztliches Attest oder eine eidesstattliche Erklärung. Pro Jahr ist nur eine Umbenennung möglich.
Sämtliche Kosten von geschlechtsangleichenden Behandlungen sollen künftig vollständig von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden. Gleichzeitig sollen Aufklärungs- und Beratungsangebote gestärkt werden.
Konversionstherapie verhindern
Der Berufsverband amerikanischer Psychiater APA spricht davon, dass die Unterstützung von Menschen mit Geschlechtsdysphorie eine „nicht befristete Erkundung ihrer Gefühle und Erfahrungen mit Geschlechtszugehörigkeit und dem Ausdruck der Geschlechtlichkeit“ umfassen kann. Als ethisch nicht vertretbar würden dabei psychologische Bemühungen gelten, „eine Transgender-Person zu zwingen, cisgender zu sein (was gelegentlich als Konversionstherapie bezeichnet wird)“. „Cisgender“, kurz cis, bezeichnet Personen, deren Geschlechtsidentität mit ihrem im Geburtenregister eingetragenen Geschlecht übereinstimmt, das meist anhand der sichtbaren körperlichen Geschlechtsmerkmale des Neugeborenen beurteilt wird.
Methoden der Konversionstherapie zur Behandlung von Geschlechtsdysphorie zu unterbinden, stellen Vorkämpfer insofern als nächste große Aufgabe im Bereich der Menschenrechte hin. Äußerungen, die nicht der offiziellen Sprachregelung entsprechen, werden nicht selten als „homophob“ angeprangert. Es gibt zahlreiche Beispiele für Menschen, die ihren Arbeitsplatz verloren haben, weil sie die Auffassung vertraten, dass Menschen biologisch entweder als Mann oder als Frau zur Welt kommen.
Was ist eine „Frau“?
Einige Gesellschaftskommentatoren argumentieren dagegen, Gesetze zu verabschieden, die Transgenderismus erlauben oder auch nur dazu ermutigen. Ein Beispiel dafür ist J.K. Rowling. Die angesehene Autorin macht sich für das Recht auf Abtreibung stark und hat die britische Labour Party großzügig finanziell unterstützt. Sie geriet kürzlich ins Visier der Zensur, als sie erklärte, dass der „wissenschaftlich beobachtbare biologische Unterschied zwischen Mann und Frau gleichermaßen real und eine wertvolle Unterscheidung ist“.
Die Brigade der Transgender-Aktivisten wurde sofort aktiv und machte sich daran, Rowlings Ansichten herunterzuputzen und ihren Ruf zu zerstören. Das Naheliegende begriffen sie dabei allerdings nicht: Das Konzept „Frau“ wird bedeutungslos, wenn man es so sehr ausweitet, dass es einen biologischen Mann beinhaltet, der eine Transition durchläuft.
Ein gutes Beispiel dafür ist Ketanji Brown Jackson, die erste Kandidatin, die US-Präsident Joe Biden erfolgreich in das Oberste Gericht des Landes bringen konnte. Bei den Anhörungen im US-Senat erklärte Brown Jackson unzusammenhängend, sie kenne die Definition von „Frau“ nicht.
Aber es gibt eine Gegenbewegung. Im März 2020 unterzeichnete Brad Little, der Gouverneur des US-Bundesstaats Idaho, ein Gesetz, das es Transgender-Sportlern untersagt, gegen Athleten des anderen biologischen Geschlechts anzutreten.
Und der Weltschwimmverband FINA beschloss vor Kurzem, Transgender-Sportlerinnen von den Elite-Wettbewerben der Frauen auszuschließen. FINA kündigte an, einen eigenen Wettbewerb für Transgender-Menschen ins Leben rufen zu wollen. Das dürfte den Schmerz derjenigen, die an Geschlechtsdysphorie leiden, allerdings nicht lindern. Geschlechtsdysphorie hat das Leben zahlreicher Menschen zerstört.
Das gilt auch für die Menschen in Russland, denn wie aus einem Bericht über die dortige Situation von Transgender-Menschen hervorgeht, werden diese Menschen von der Gesellschaft diskriminiert.
Werden wir unsere Zivilisation schützen?
Putin argumentiert, dass der Westen scheinbar seinen moralischen Kompass verloren hat und die Zivilisation eine existenzielle Krise durchläuft. Man tut gut daran, dieses Argument ernst zu nehmen. Aber selbst wenn er damit recht haben sollte, täuscht das nicht darüber hinweg, dass die geopolitischen Ambitionen des russischen Regimes verwerflich sind und den Weltfrieden gefährden. Russland das Wertesystem des Westens aufzuzwingen, ist aber auch nicht die Antwort auf den aggressiven Krieg in der Ukraine.
In den vergangenen 50 Jahren sind Gesetze zum Social Engineering wie Pilze aus dem Boden geschossen. In den 1960er- und 1970er-Jahren konzentrierten sich die Menschenrechtsgesetze vorwiegend auf das Feld der Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen.
Andrew Cusack argumentiert in der Juni-Ausgabe von Quadrant, dass heutzutage alles, was Sozialkonservative zur Korrektheit von Entwicklungen im Bereich des Social Engineering an möglicherweise kritischen Kommentaren und Meinungen äußern, als nicht von Belang abgetan wird.
Warum tun Sozialkonservative dann, was sie tun? Weil mehr unternommen werden muss, um den unerbittlichen Vormarsch derer zu stoppen, die die reiche Zivilisation untergraben wollen, deren Nutznießer und Bewahrer der Westen ist. Offen ist allerdings, ob Menschen wirklich bereit sein würden, ihren Hals zu riskieren und ihr bequemes Leben zu gefährden, indem sie über die Zügellosigkeit des Westens schreiben.
Vielleicht lässt die Zahl und Qualität der Kommentare zu diesem Meinungsartikel ja einen Rückschluss darauf zu, wie es um die Bereitschaft des Westens bestellt ist, wenn es darum geht, unsere Zivilisation zu bewahren?
In seiner Rede auf dem Forum deutete Putin an, dass die Wirtschaftssanktionen des Westens keine Auswirkungen auf Russland hätten und dass das Land die Feindseligkeit der Nato und des Westens überstehen werde.
Weiter deutete er an, dass die Verkommenheit des Westens langsam zu einer Verknöcherung der Zivilisation führe, was dafür sorgen werde, dass Russland letztlich überlebt und womöglich sogar gewinnen wird. Insofern werden Putins Ansichten darüber, dass der Westen Russland seine Moralvorstellungen überzustülpen versucht, vermutlich als das Gequatsche eines alten, kranken Mannes abgetan werden, dessen geistige Kapazitäten rasch schwinden.
Das ändert nichts an der Frage, wer diesen Kampf der Kulturen gewinnen wird.
Über den Autor:
Gabriël A. Moens AM ist emeritierter Professor für Rechtswissenschaften an der University of Queensland, Australien und war stellvertretender Rektor und Dekan der Murdoch University.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „Will the Trans Agenda and Social Engineering Ruin Western Civilisation?“ (deutsche Bearbeitung ms)
Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 53, vom 16. Juli 2022.
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