Unruhestifter im Friedensprojekt: Was uns der Brexit über die Europäische Union verrät

Mehr noch als an dem aus Londoner Sicht unbefriedigenden Verhandlungsergebnis über den Brexit von Ex-Premierministerin May, scheitert die Lösung an einer zerstrittenen Regierungspartei und einer unentschlossenen Opposition.
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"Gerne wird behauptet, man könne gegen die weltbeherrschenden Wirtschaftsmächte nur durch Größe bestehen. Das scheint jedoch weder für Länder noch für Unternehmen zu gelten." (Ramin Peymani)Foto: iStock
Von 9. September 2019

Nichts hat die Diskussion über die Europäische Union so sehr in unsere Wohnzimmer getragen, wie die unendliche Geschichte vom Austritt Großbritanniens. Noch immer ringt das Vereinigte Königreich um den richtigen Weg.

Begleitet von wütenden Tiraden, vernichtenden Untergangsszenarien und jeder Menge wilder Drohungen seitens der kontinentalpolitischen Kaste, hat die britische Regierung einen atemberaubenden Schlingerkurs hingelegt, dem eine Regierungschefin und unzählige Minister zum Opfer gefallen sind.

Nun scheint der abschließende Show-Down nah, und es ist nicht mehr auszuschließen, dass das Mehrheitsvotum der Briten Makulatur sein könnte, mit dem sie im Sommer 2016 den Auftrag zum Verlassen der Europäischen Union erteilt haben. Dass man nun schon so lange in einer politischen Sackgasse feststeckt, liegt allerdings nicht nur daran, dass die Befreiung aus der Brüsseler Umklammerung ausgesprochen kompliziert und insbesondere mit der Klärung der künftigen Rolle Nordirlands verbunden ist. Mehr noch als an dem aus Londoner Sicht unbefriedigenden Verhandlungsergebnis von Ex-Premierministerin May, scheitert die Lösung an einer zerstrittenen Regierungspartei und einer unentschlossenen Opposition.

Dass die Konservativen bis heute – wenngleich nun ohne Parlamentsmehrheit – regieren, ist allein der Tatsache geschuldet, dass die Labour Party zu schwach ist, um einen Regierungswechsel nach Neuwahlen herbeizuführen. Dies könnte sich allerdings in den kommenden Monaten ändern. Denn die abermalige Verschiebung des Austrittstermins bringt Premierminister Johnson unter Druck.

In den Hintergrund gerückt ist die Frage, was das Verlassen der Europäischen Union für das Vereinigte Königreich am Ende wirklich bedeuten könnte

Schon die britischen Ergebnisse der Europawahl haben gezeigt, wie sehr es die konservativen Wähler leid sind, dass ihre Partei den EU-Austritt nicht hinbekommt. In Scharen liefen sie damals zur gerade erst gegründeten Brexit Party über. Die Ernennung Boris Johnsons zum Nachfolger der glücklosen Theresa May sorgte über Nacht für einen Stimmungsumschwung. Seither bescheinigen Umfragen der Regierungspartei eine satte Mehrheit, sollte das britische Parlament neu gewählt werden.

Johnson setzt daher alles daran, so schnell wie möglich Neuwahlen zu erzwingen. Er weiß, dass die Uhr tickt. Sein eigenes politisches Schicksal, aber auch die „Brexit“-Frage selbst, hängen am seidenen Faden, seit er in nur einer Woche alles verspielt zu haben scheint.

In den Hintergrund gerückt ist dabei die Frage, was das Verlassen der Europäischen Union für das Vereinigte Königreich am Ende bedeuten könnte. Hatten viele Kommentatoren den Briten schon 2016 prophezeit, dass ihre Wirtschaft mit Blick auf die ungewisse Zukunft einbrechen und große Unternehmen dem Land zuhauf den Rücken kehren würden, ist davon bis heute wenig zu sehen.

Der britische Arbeitsmarkt hat sich, ganz im Gegenteil, in den letzten Jahren prächtig entwickelt und die Wachstumsraten halten locker mit denen der großen EU-Länder Schritt. Zwar kann sich auch die britische Wirtschaft dem einsetzenden Abwärtstrend nicht entziehen, der Europa erfasst hat, doch wäre es unseriös, dies in einen direkten Zusammenhang mit dem „Brexit“ bringen zu wollen. Eine Studie kam ohnehin bereits 2016 zu der Feststellung, dass die Mitgliedschaft in der Europäischen Union keinen positiven Einfluss auf das Wirtschaftswachstum hat.

Die verbissene Etablierung eines Zentralorgans und die unsinnige Einführung einer Gemeinschaftswährung haben Instabilität über Europa gebracht

Natürlich sind diese Fakten auch in Brüssel und Berlin bekannt. Doch die Verfechter des Europäischen Bundesstaats würden sich eher die Zunge herausschneiden lassen, als zuzugeben, dass es sich auch ohne EU-Mitgliedschaft vortrefflich wirtschaften und leben lässt. Nicht nur Norwegen und die Schweiz zeugen davon. Gerne wird behauptet, man könne gegen die weltbeherrschenden Wirtschaftsmächte nur durch Größe bestehen.

Das scheint jedoch weder für Länder noch für Unternehmen zu gelten. Der Erfolg des deutschen Mittelstands, der viele Weltmarktführer stellt, beweist jedenfalls das Gegenteil.

Auch das Argument, die Europäische Union sei das zentrale Element der Friedenssicherung auf dem Kontinent, greift nicht. Es blendet mehr als vier Jahrzehnte des Friedens vor deren Gründung im Jahr 1993 aus. Tatsächlich sehen wir, dass die verbissene Etablierung eines europäischen Zentralorgans und die unsinnige Einführung einer Gemeinschaftswährung große Instabilität über Europa gebracht haben.

Wer Menschen zwingt, einer Vereinigung anzugehören, statt sie für diese zu begeistern, wer supranationale Organisationen für demokratischer hält als die gewählten nationalen Parlamente, wer Selbstbestimmung und Eigenverantwortung dem Irrglauben opfert, das Streben nach Wettbewerb sei unsozial, der gefährdet überhaupt erst den Frieden in Europa. Wir leben in einer Europäischen Union, in der missliebige Regierungen zwar nicht mehr weggebombt, aber auf anderen Wegen entfernt und die vielen Millionen Bürger, die ihre staatliche Souveränität verteidigen, zwar nicht mehr erschossen, aber mundtot gemacht werden. Ist das nicht auch eine Form der Kriegsführung?

Dieser Artikel erschien zuerst auf LIBERALE WARTE von Ramin Peymani

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Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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