Streitigkeiten in der Hamas: Nachfolger von Haniyeh gesucht

In der Spitze der Hamas gibt es Streit um die Nachfolge des getöteten Anführers Ismail Haniyeh. Im Gespräch ist der frühere Vorsitzende Khaled Mashal, der enge Beziehungen zur Türkei unterhält. Doch der Iran hat sein Veto eingelegt. Ein Kommentar.
Titelbild
Khaled Mashal, der langjährige Führer der Hamas, im Jahr 2016 in Amman, Jordanien.Foto: Jordan Pix/ Getty Images
Von 6. August 2024

Die Hamas-Führung will so schnell wie möglich einen neuen Interimsführer wählen. Im Gespräch sind vorwiegend zwei Hamas-Mitglieder: Khaled Mashal, langjähriger Vorsitzender des Politbüros der Hamas. Gegen diesen legten jedoch der Iran und Yahya Sinwar [1] ihr Veto ein. Als Kompromiss wurde Abu Omar Hassan, Vorsitzender des Schura-Rates, ins Spiel gebracht.

Baldmöglichst sollen Wahlen innerhalb der Terrororganisation stattfinden, um Einigkeit zu demonstrieren. Diese sollen zeigen, dass man sich von dem Anschlag erholt hat und mit allen Institutionen wieder voll funktionsfähig ist.

Was ist mit Khaled Mashal?

Zunächst wurde erwartet, dass Khaled Mashal, der langjährige Vorsitzende des Politbüros der Hamas, nach dem Tod von Haniyeh, der ihn 2017 abgelöst hatte, in dieses Amt zurückkehren würde.

Doch der schiitische Iran und Yahya Sinwar legten ihr Veto ein.

Warum? Erstens gehört Mashal dem sunnitischen Lager an, das von Katar und der Türkei angeführt wird. Zweitens gibt es seit Jahren einen erbitterten Konflikt zwischen Mashal und Sinwar sowie den Führern des militärischen Flügels der Hamas im Gazastreifen.

Iran und Sinwar befürchten, dass sich der Schwerpunkt der Organisation vom Gazastreifen auf die Führung im Ausland verlagern könnte. Dies könnte Sinwars Macht und Irans Einfluss auf das Entscheidungssystem der Hamas neutralisieren.

Mashal scheint enge Beziehung zur Türkei und insbesondere zur Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan zu unterhalten. Er ist mehrfach in der Türkei aufgetreten und hat sich mit türkischen Beamten getroffen.

Kompromisskandidat gesucht

Die Hamas erwägt nun einen vorübergehenden Kompromisskandidaten.

Der libanesische Fernsehsender „Al Mayadeen“, der der Hisbollah nahesteht, berichtete, dass die Hamas-Führung erwäge, Abu Omar Hassan zum Vorsitzenden des Politbüros zu ernennen. Er ist derzeit Vorsitzender des Schura-Rates der Hamas und ersetzt Osama Al-Mazini, der in den ersten Tagen des Krieges von Israel getötet wurde.

Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen, die Beratungen dauern an.

Unterdessen versucht Sinwar, seine Kandidatur für das Amt seines Stellvertreters Khalil al-Alahia voranzutreiben, der ebenfalls als Iranfreund der Hamas bekannt ist.

Die Hamas-Führung hat kein Interesse an weiteren Erschütterungen an der Spitze der Bewegung. Wenn es keine Einigung über die Nachfolge Haniyehs gibt, wird die Situation so bleiben, wie sie ist. Möglicherweise wird das Problem anders gelöst – wenn Israel Yahya Sinwar tötet.

[1] Yahya Sinwar ist ein palästinensischer Politiker und Terrorist, der seit 2017 einer der führenden Köpfe der islamistischen Terrororganisation Hamas im Gazastreifen ist. Er gilt als Planer des Terroranschlags auf Israel am 7. Oktober 2023. Sinwar ist der ranghöchste Hamas-Führer in Gaza und de facto Herrscher des Gazastreifens.

Über den Autor:

Yoni Ben Menachem ist Kommentator für Nahost-Angelegenheiten im israelischen Epoch-Magazin und Fachmann auf diesem Gebiet. Er spricht Arabisch in mehreren verschiedenen Dialekten und hat Verbindungen zu hochrangigen Persönlichkeiten in der arabischen Welt sowie zur politischen und militärischen Führung in Israel. Ben Menachem war Chefredakteur und CEO der Israel Broadcasting Authority.

Der Artikel erschien zuerst in der israelischen Epoch: „חמאס בוחן אפשרות למינוי מועמד של פשרה במקום אסמאעיל הנייה“. (Deutsche Bearbeitung ks)

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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