Neue Lockdown-Diskussionen decken „staatliche Angstkampagne“ auf

Einige der größten Medienhäuser in Großbritannien beleuchten derzeit die Motive der Corona-Maßnahmen in neuem Licht. Dabei sprechen die Journalisten besonders über den Report 9, einen „Professor Lockdown“ und das Imperial College.
Titelbild
Old Compton Street, London im April 2021. Symbolbild.Foto: iStock
Von 1. September 2022

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In Großbritannien findet momentan eine bemerkenswerte Diskussion über die vergangenen Lockdown-Maßnahmen statt. Einer der beiden konservativen Regierungschef-Kandidaten, der bisherige britische Finanzminister Rishi Sunak, hat diese Diskussion vor wenigen Tagen dramatisch intensiviert.

BBC

Der staatliche Nachrichtensender BBC berichtete am 25. August 2022 über die Aussagen von Rishi Sunak gegenüber der Zeitschrift „The Spectator“: Ministern sei es untersagt worden, über Kollateralschäden (trade-offs) der Lockdowns zu diskutieren. Es sei falsch gewesen, eine staatliche Angstkampagne zu fahren. Das Regierungs-„Script“ sei ein ungerechtfertigtes Angst-Narrativ gewesen („the fear narrative“). Die vorgegebene Leitlinie sei gewesen: „Es gibt keine negativen Auswirkungen“.

Interne Kritik in dem wissenschaftlichen Beratungsgremium (SAGE) sei nicht veröffentlicht worden. Außerdem bemerkt BBC, dass Rishi Sunak mit diesen Aussagen bei einem erheblichen Teil der konservativen Parteimitglieder auf Zustimmung stoßen dürfte. Das Finanzministerium unter Sunak habe sich seit Langem gegen viele COVID-Maßnahmen gewehrt. Ebenso habe es versucht, COVID-Tests so früh wie möglich zu beenden und den Kauf von Antiviren-Mitteln abgelehnt. Auch habe es von vorneherein nicht hinter dem Impfplan gestanden.

Daily Mail

Das sind bemerkenswert kritische Aussagen zur Corona-Regierungspolitik seit März 2020, die hier im britischen Staatssender zur Sprache kommen. Aber nicht nur BBC berichtet erstaunlich kritisch zu den Regierungsmaßnahmen. Bereits eine Woche vorher, am 19. August 2022, erschien im „Daily Mail“ ein Artikel mit der Überschrift: „Auswirkungen der Lockdowns könnten mehr Tote verursachen als COVID.“ Darin heißt es „Die Befürchtungen über eine stille Gesundheitskrise steigen, da das nationale Statistikamt in den letzten beiden Monaten beinahe 10.000 mehr Tote feststellt als im Fünf-Jahres-Durchschnitt – von denen keiner mit dem Virus zu tun hat.“

Seit Anfang Juni 2022 habe es beinahe 10.000 mehr Tote ohne Bezug zu COVID gegeben als im Fünfjahresvergleich. Diese Zahl sei über dreimal so groß wie die Zahl derjenigen, die im selben Zeitraum an COVID starben. Die Zeitung „The Telegraph“ habe berichtet, dass das Gesundheitsministerium eine Untersuchung zu den Hintergründen angeordnet haben könnte. Denn die Lockdowns hätten die Behandlungen von Krebs, Diabetes und Herzerkrankungen aufgeschoben. Die British Heart Foundation sei indes „tief besorgt“ über diese Erkenntnisse. Die Stroke Association, die sich um Schlaganfälle kümmert, habe gesagt, sie habe diesen Anstieg von Todesfällen seit einer ganzen Weile vorhergesehen.

„Daily Mail“ zitiert den Privatarzt Dr. Charles Levinson: „Hunderte und Hunderte von Leuten sterben jede Woche, was ist los? Verschiebungen von Arztbesuchen und -behandlungen sind meiner Meinung nach die treibende Kraft. Die täglichen COVID-Statistiken beanspruchten die nationale Aufmerksamkeit, dagegen finden diese schrecklichen Zahlen kaum Beachtung. Eine vollumfängliche und dringende Regierungsuntersuchung [ist] sofort nötig.“

The Spectator

Für besonderes Aufsehen sorgte jedoch kürzlich eine sehr ausführliche Berichterstattung des „Spectator“ über ein Gespräch mit Rishi Sunak, das als Printversion am 27. August erschien. Die Hauptaussagen von Sunak lauten, es habe keine sachgemäße Kosten-Nutzen-Abwägung der COVID-Maßnahmen stattgefunden, abweichende Meinungen seien ausgeschlossen oder nicht erwähnt worden, und zwar sowohl innerhalb der Regierung wie innerhalb des wissenschaftlichen Beratungsgremiums SAGE. Zudem habe man ihm verboten, über die Kollateralschäden zu sprechen und seine Kritik an dem Angst-Narrativ sei entrüstet zurückgewiesen worden.

Eine weitere Aussage lautet: Die Öffentlichkeit wurde geistlos in Angst versetzt. Über die wahrscheinlichen Kollateralschäden hat man sie im Dunkeln gehalten. „Wir halfen, das zu verbreiten – mit den Angstbotschaften, mit der Ermächtigung von Wissenschaftlern und indem wir nicht über die schädlichen Nebenwirkungen sprachen.“

Die Rolle der Wissenschaft

Der „Spectator“-Artikel hebt die zentrale Rolle der beteiligten, aber auch der ausgeschlossenen, nicht zu Worte kommenden Wissenschaftler hervor. Am Anfang, bis etwa Mitte März 2020, habe der wissenschaftliche Rat gelautet, Lockdowns abzulehnen oder zumindest zu verzögern. „Das alles änderte sich, als Neil Ferguson und sein Team vom Imperial College ihren berühmten „Report 9“ veröffentlichten“.

Die verheerenden Prognosen dieses Report 9, falls Großbritannien keine strengen und lang anhaltenden Lockdwons einführe, stellten sich laut „Spectator“ im Nachhinein als „starke Übertreibung“ heraus. Die Annahmen und Ergebnisse seien nie überprüft worden. Eine Kosten-Nutzen-Analyse habe nie stattgefunden.

Der Report 9, Professor Lockdown und das Imperial College

Der Report 9 wurde am 16. März 2020 von dem britischen Epidemiologen und Professor für mathematische Biologie, Neil Ferguson vom angesehenen Imperial College London zusammen mit 30 anderen Forschern veröffentlicht. Es war eine wissenschaftliche Studie, die dramatische Auswirkungen auf die angelsächsische Welt und kurz darauf auf fast die ganze übrige Welt hatte.

Der Report 9 vom Imperial College COVID-19 Response Team baute auf einem mathematischen epidemiologischen Modell auf. Es sprach von der größten Gesundheitsbedrohung durch ein Atemwegsvirus seit der Grippewelle von 1918. Falls keine politischen Gegenmaßnahmen ergriffen würden, sagte der Report 550.000 Tote für Großbritannien und 2,2 Millionen Tote für die USA voraus sowie eine 30-fache Überlastung der Krankenhausbetten.

Der Bericht empfahl daher einen harten Lockdown aus einer Kombination von Fallisolierung, Social Distancing für die gesamte Bevölkerung und entweder eine generelle Haushaltsquarantäne oder Schul- und Universitätsschließungen. Nur dadurch könne eine Überlastung des Gesundheitssystems und ein Mangel an Krankenhausbetten vermieden werden, solange kein Impfstoff zur Verfügung stände.

Der harte Lockdown müsse, auch wenn zwischenzeitliche Lockerungen möglich wären, „möglicherweise 18 Monate oder mehr“, bis ein Impfstoff zur Verfügung stände, aufrechterhalten werden. Für die Studie wurde ein harter Lockdown von zunächst fünf Monaten modelliert.

Die Auswirkungen des Report 9

Der Report 9 hatte sensationelle Auswirkungen. Kurz nach seinem Erscheinen verhängten zahllose Staaten auf der ganzen Erde einen harten Lockdown mit meist genau den Maßnahmen, die Ferguson und seine Mitstreiter vorgeschlagen hatten. Beispielsweise wurden in 150 Ländern Schulschließungen durchgeführt, die allein bis Ende Mai 1,2 Milliarden Schulkinder (etwa 70 Prozent aller Schulkinder weltweit) betrafen. Der Report 9 war vielleicht das folgenreichste wissenschaftliche Paper aller Zeiten. Neil Ferguson wurde in der britischen Presse daraufhin als „Professor Lockdown“ betitelt. Bis weit ins Jahr 2021 hinein basierten fast alle Lockdown-Maßnahmen weltweit sowie die Begründungen dafür im Kern auf der Argumentation dieses Papers.

Umso erstaunlicher ist es, dass laut „Spectator“ und Rishi Sunak bis heute keine wissenschaftliche Überprüfung der Aussagen des Report 9 stattgefunden hat. Und das, obwohl sich herausgestellt habe, dass das Paper „stark übertrieben“ habe.

Historische Fehlaussagen von „Professor Lockdown“

Wie kam es zu den groben Fehlangaben des Report 9? Werfen wir dazu einen kurzen Blick auf frühere Prognosen von Neil Ferguson. 2002 sagte er bis zu 150.000 Tote durch BSE (Rinderwahn) voraus – nicht bei Kühen, sondern bei Menschen. Tatsächlich gab es damals etwa 2.700 Tote. Das entspricht einer 55-fachen Überschätzung. Bei der Schweinegrippe 2009 prognostizierte er 65.000 Tote für Großbritannien, tatsächlich kam es zu 457. Das entspricht einer Fehlschätzung um den Faktor 142. Und bei der Vogelgrippe sagte er 2005 200 Millionen Tote weltweit voraus – es kam aber nur zu 455 – eine Fehlschätzung um den Faktor 439.000. Der Mann scheint keine glückliche Hand bei Vorhersagen zu haben.

Aber eine Konstante durchzieht sämtlichen katastrophalen Fehleinschätzungen von Professor Neil Ferguson. Er irrte immer und ausschließlich zu Gunsten der Impf- bzw. Pharmaindustrie.

Warum wurde ein solch zertifizierter Fehlprognostiker zur wissenschaftlichen Schlüsselfigur bei der Corona-Bekämpfung ernannt? Wer genau hat diesen Mann in diese führende Rolle gebracht? Wer hat entschieden, dass genau er die größtmögliche mediale Aufmerksamkeit erfährt, während andere renommierte Wissenschaftler mit weit weniger abstrusen Aussagen kein Gehör in der Öffentlichkeit fanden, sondern sogar diffamiert wurden? Warum oder besser: Wozu? Jemand mit gesundem Menschenverstand würde einem solchen ausgewiesenen Fehlprognostiker mit einer derartigen Geschichte von systematischen Fehlaussagen niemals mehr trauen.

Was steckt dahinter?

Eine interessante Konstante, die sich durch das gesamte Ferguson-Paper zieht, ist der mantraartig wiederholte Hinweis auf die Notwendigkeit einer Impfung. Ohne Impfung keine Chance auf Normalität. Wie kommt das?

Im Jahr 2020 erhielt das Imperial College London über 79 Millionen Dollar von der impffreudigen Bill and Melinda Gates-Foundation, seit 2010 bis Herbst 2020 insgesamt knapp 190 Millionen Dollar. Auch die Arbeit von Ferguson ist offenbar direkt von der Gates-Foundation mitfinanziert. Das Imperial College arbeitet eng mit der Pharmaindustrie zusammen.

Ein paar wenige Beispiele: 2015 wurde ein gemeinsames Labor mit GlaxoSmithKline (GSK) gegründet, am Imperial College werden regelmäßig Reden von hochkarätigen Pharmavertretern gehalten, so 2019 von Sheuli Porkess, Deputy Chief Scientific Officer [Anm. d. Red.: stellvertrender Chefwissenschaftler] des Verbandes der britischen Pharmaindustrie oder von Mark Toms, dem Chief Scientific Officer von Novartis Pharmaceuticals UK; 2018 von Toni Wood, Senior Vice President von GSK: Er hielt den Eröffnungsvortrag der jährlichen Konferenz des hauseigenen Institute for Molecular Science and Engineering (IMSE) usw. Kurz: Es bestehen offenbar langjährige enge freundschaftliche Bande mit der Pharmaindustrie und der Gates-Stiftung, die beide größtes Interesse daran haben, Massenimpfungen durchzuführen.

Wie ausgewogen ist die wissenschaftliche Forschung von Menschen oder Instituten, die so stark mit der gewinnmaximierenden Industrie zusammenarbeiten und hohe Geldzahlungen von Impfpropagandisten erhalten? In meinen beiden Büchern zu gekaufter Wissenschaft habe ich zu zeigen versucht, dass diese Art von Wissenschaft sehr problematisch ist und im Normalfall das Gemeinwohl bzw. die Gesellschaft schädigt. Und genau das tat Neil Ferguson in ungeheurem Ausmaß.

Im Dienste der Industriegewinne?

In meinen Augen handelt es sich hier um interessengeleitete Forschung im Dienste der Industriegewinne und zulasten der Wohlfahrt der Menschheit. Der gesundheitliche, ökonomische, soziale und menschliche Schaden, der durch die harten Lockdowns weltweit angerichtet wurde, ist in der jüngeren Wirtschaftsgeschichte einzigartig und dürfte bei Weitem deren Nutzen übertroffen haben, wie sich mehr und mehr herausstellt.

Zuletzt ein kurzer Blick nach Deutschland. Auch bei uns wurde ein Wissenschaftler in den Medien hochgespielt und zum Hauptregierungsberater ernannt, der eine äußerst schlechte Laufbahn im Prognostizieren von Virenverläufen hat: Christian Drosten. Drosten sagte im Mai 2010 zur Schweingrippe „es gebe eine drastische Zunahme der Erkrankungen in Süddeutschland. Er gehe davon aus, dass die Welle von Süden aus in einem Zeitraum von fünf bis sechs Wochen über Deutschland hinwegziehen werde. […]“

Drosten rief dringend dazu auf, sich gegen die Schweinegrippe impfen zu lassen. „Bei der Erkrankung handelt es sich um eine schwerwiegende allgemeine Virusinfektion, die erheblich stärkere Nebenwirkungen zeitigt als sich irgendjemand vom schlimmsten Impfstoff vorstellen kann.“ Das waren alles komplette Fehleinschätzungen. Und ein solcher Virus-Fehlprognostiker durfte seit 2020 in Deutschland maßgeblich Medien und Politikmaßnahmen beeinflussen, während seriöse Wissenschaftler mit sehr viel realistischeren Einschätzungen verunglimpft wurden und werden. Eine andere interessante Frage ist, weshalb Christian Drosten Universitätsprofessor wurde, ohne habilitiert zu sein.

Fazit

Wir sollten umdenken und beim Umgang mit Corona von Großbritannien lernen, das sich einer sehr viel offeneren, demokratischeren, freieren und kritischeren Auseinandersetzung über die Lockdowns und andere COVID-Maßnahmen stellt als Deutschland.

Zum Autor:
Prof. Dr. Christian Kreiß, Jahrgang 1962: Studium und Promotion in Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsgeschichte an der LMU München. Neun Jahre Berufstätigkeit als Bankier, davon sieben Jahre als Investmentbanker. Seit 2002 Professor für BWL mit Schwerpunkt Investition, Finanzierung und Volkswirtschaftslehre. Autor von sieben Büchern: Gekaufte Wissenschaft (2020); Das Mephisto-Prinzip in unserer Wirtschaft (2019); BWL Blenden Wuchern Lamentieren (2019, zusammen mit Heinz Siebenbrock); Werbung nein danke (2016); Gekaufte Forschung (2015); Geplanter Verschleiß (2014); Profitwahn (2013). Drei Einladungen in den Deutschen Bundestag als unabhängiger Experte (Grüne, Linke, SPD). Zahlreiche Fernseh-, Rundfunk- und Zeitschriften-Interviews, öffentliche Vorträge und Veröffentlichungen. Mitglied bei ver.di und Christen für gerechte Wirtschaftsordnung. Homepage: www.menschengerechtewirtschaft.de

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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