Der Ukraine-Krieg als Ausrede für Energieprobleme: „Planwirtschaft for Future“

Nach einem Jahr der Ampelkoalition ist Zeit für eine wirtschaftliche Bestandsaufnahme. Manches hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck „geerbt“, anderes ist auch außenpolitischen Faktoren geschuldet.
E.ON
E.ON trennte sich 2016 von den „schmutzigen fossilen“ Geschäften; Steinkohle, Gas-und Ölkraftwerke wurden in ein neues Unternehmen namens „Uniper“ ausgelagert. Als „Bad Bank“ ist Uniper nicht sanierungsfähig – für die Bundesregierung jedoch „Too big to fail“.Foto: INA FASSBENDER/AFP via Getty Images
Von 11. Dezember 2022

Nüchtern festzustellen ist für 2022: Die deutsche Wirtschaft stagniert, erstmals seit Januar 2008 war die Außenhandelsbilanz des Exportweltmeisters Deutschlands im Mai 2022 negativ, die Inflation bewegt sich auf 10 Prozent-Niveau.

Alle Zeichen stehen auf Rezession. Eine verheerende Bilanz. Wie sieht der Ausblick aus? Wichtig für die Zukunft sind die Weichenstellungen, welche vorgenommen wurden: Werden durch Entbürokratisierung Kräfte entfesselt, wird dem Markt mehr Raum gegeben, um mehr Anreize für Angebote insbesondere im Energiesektor zu schaffen, wird der Ausbau von leistungsfähigen G3 und G4-Internet-Netzen gefördert?

Das Gegenteil ist der Fall. In keinem Jahr seit Bestehen der Bundesrepublik kam es zu so vielen und so tiefgreifenden staatlichen Eingriffen, wie 2022 unter einer SPD/Grünen/FDP-Regierung.

Staat greift immer öfter ein

Erinnert sei an die Anordnung von Treuhandverwaltungen für private Unternehmen wie im Fall Rosneft hin bis zu Enteignungen, wie bei Gazprom Germania.

Da staatliche Maßnahmen den Angebot-Nachfrage-Mechanismus stören, steigen früher oder später immer die Preise. Dann muß aus Sicht der Regierung der Bürger an anderer Stelle „geschützt“ werden. Die bürokratischen Eingriffe werden mit den politischen Marketing-Begriffen „Preisdeckel“, „Preisbremse“ oder „Marktkorrektur“ zu staatlichen Fürsorge-Maßnahmen erklärt.

All dies kostet nicht nur Milliardensummen, sondern geht auch an einer Lösung des Problems vorbei. Signale für Knappheit werden abgeschwächt und Investitionen unterbleiben, obwohl gerade sie ein ungenügendes Angebot erweitern könnten. Hinzu kommt, daß staatliche Eingriffe immer weitere Staatseingriffe nach sich ziehen.

Diese Interventionsspirale ist bereits in vollem Gange. Man mag einwenden, daß die teils massiven Staatseingriffe notwendig sind, um auf die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs zu reagieren. Ein genauerer Blick zeigt jedoch ein differenziertes Bild.

Bezogen auf die Treuhandverwaltung, welche die russischen Energie-Konzerne Rosneft und Gazprom betraf, kann man noch am überzeugendsten das Argument des Ukraine-Kriegs vorbringen.

Ausrede Ukraine-Krieg

Das Bundeswirtschaftsministerium argumentiert, daß nur eine staatliche Treuhandverwaltung, die Energiesicherheit garantieren könne. Festzustellen ist: Rosneft lieferte bis zum Tag der Unter-Treuhandstellung zuverlässig an die PCK-Raffinerie Schwedt/Oder und tut dies auch weiter.

Beim Gas-Bezug von Gazprom kam es nach der Invasion manchmal zu Unterbrechungen: Da gab es Streit über die Durchleitungsrechte und Transitgebühren von Gazprom mit der Ukraine, ein anderes Mal war eine wartungsbedürftige Turbine Sanktionen ausgesetzt. Grundsätzlich galt aber auch diesbezüglich: Gazprom war vertragstreu.

Gazprom lieferte auch dann noch, als Deutschland dort angekommenes Gas nach Polen und die Ukraine von Deutschland aus als sogenannten „reverse flow“ zurückleitete. Bis zum heutigen Tag (7.12.2022) schickt Gazprom über die Ukraine Gas nach Europa, so unter anderem nach Moldawien.

Sanktionen mögen ihre Berechtigung haben. Es sind aber genau die von der Bundesregierung mitgetragenen, teilweise auch initierten EU-Sanktionen und es sind die Sanktionen, welche Deutschland selbst zusätzlich verschärfend verhängt hat, die zu den Zuständen führten, welche dann der Bundesregierung als Begründung dienten „eingreifen“ zu müssen.

Dieses Eingreifen steigerte sich dann bei der deutschen Gazprom Tochter Gazprom Germania bis zur Enteignung. Auch bei der Enteignung des mehrheitlich finnischen Energie-Versorgers Uniper wird vom Bundeswirtschaftsministerium als Grund für die geplante Verstaatlichung der Ukraine-Konflikt genannt.

Uniper auf Intensivstation

Bei Uniper wird jedoch ein anderer Aspekt offenbar, der mit dem Ukraine-Konflikt nichts zu tun hat. Uniper ist nicht Opfer von „Putins Krieg“, sondern Opfer der „Energiewende“. Schon weit vor dem 24. Februar 2021, dem Tag des russischen Angriffs machte Uniper massive Verluste.

So meldete der Energiekonzern beispielsweise am 5. November 2021 einen Konzernfehlbetrag von -4,8 Milliarden € für die ersten drei Quartale in 2021. Die Ursache für die Unternehmenskrise liegt klar zu Tage, wenn man sich den Ursprung von Uniper ansieht. Uniper ist ein ehemaliger Teil des Energiekonzerns E.ON.

Die Fusion der Vereinigten Elektrizitäts-und Bergwerks AG (VEBA) und der Vereinigte Industrieunternehmungen AG (VIBA) erhielt den werbewirksamen Firmennamen E.ON, was für „Energie eingeschaltet“ stehen soll.

Im Zuge der Energiewende geriet E.ON immer mehr unter Druck, sich vom „schmutzigen“ fossilen Geschäft zu trennen. 2016 kam es zur Trennung. Zum Vermögen Unipers gehörten fortan wesentlich Steinkohle, Gas-und Ölkraftwerke.

Das Ziel war klar: E.ON geht in die Zukunft. Uniper, politisch gewollt, in die langfristige Abwicklung. Daß mit der Trennung dieser Unternehmensteil kein tragfähiges Geschäftsmodell mehr hatte wurde unter dem griffigen Marketing-Namen Uniper versteckt.

Der neue Firmenname Uni-que Per-formance, einzigartige Leistungsstärke, wirkt dabei wie Hohn. Die Täuschung ist eine gewisse Zeit gelungen: Mit dem Kauf von kleinen Wasserkraftanlagen an Rhein und Main, als Wasserkraftwerke tituliert, gab man sich einen grünen Anstrich. Der Verkauf von Beteiligungen an lukrativen Gasfeldern verdeckte Verluste.

Uniper-„Rettung“ schon erheblich teurer als die Bankenrettung 2018

Der Ukraine-Krieg brachte nun die Wahrheit an den Tag. Uniper war als Unternehmen schon lange krank. Der Einstieg eines finnischen Investors verschaffte zwischendurch eine kurzzeitige Stabilisierung. Nun liegt Uniper auf der Intensiv-Station. Die Verstaatlichung steht bevor.

Dabei ist jetzt schon absehbar: Der Kapital-und Kreditbedarf wird sich, wenig überraschend, auch nach einer Verstaatlichung weiterbestehen. Uniper machte in den ersten 9 Monaten 2022 einen Verlust von 39,3 Milliarden Euro und damit einen der größten jemals ausgewiesenen Nettoverluste eines börsennotierten Unternehmens weltweit. Einschließlich der mittlerweile weiteren und angekündigten Maßnahmen kostete die angebliche Rettung bisher 51,5 Milliarden Euro.

Der Vorstand kündigte bereits staatlichen Unterstützungsbedarf bis Ende 2024 an. Das Problem: Die „bad bank“ Uniper ist nicht sanierungsfähig. Sie ist aus der Sicht der Bundesregierung jedoch „Too big, to fail“. Der Vergleich mit der Bankenkrise zeigt auch die Dimensionen welche allein bei Uniper erreicht worden sind.

Olaf Scholz, damals in der Rolle als Bundesfinanzminister, bezifferte 2018 mit Rückblick auf die Bankenkrise 2008 die Kosten des Bundes für die Bankenrettung auf 30 Milliarden Euro.

Völlig unerprobte Konzepte

Dass der Ukraine-Konflikt dazu dient eine ideologische Grüne-Agenda umzusetzen, zeigt sich beispielhaft auch an anderer Stelle. Über die ohnehin strengen EU-Öl-Sanktionen hinausgehend, beschloß die Bundesregierung einen vorzeitigen Verzicht auf russisches Pipeline-Öl für deutsche Raffinerien.

Damit ist der Industriestandort Schwedt/Oder massiv gefährdet. Andere EU-Staaten wie Tschechien, die Slowakei und Ungarn verhandelten dem gegenüber erfolgreich Übergangsfristen für ihre Raffinerien und ihre heimische Industrie.

Völlig unerprobte Konzepte zur Biomasse- und Wasserstoff-Nutzung sind dem gegenüber die vom Bundeswirtschaftsministerium ab 1.1.2023 angebotenen Auffanglösungen für die von Arbeitslosigkeit bedrohten Beschäftigen der PCK-Öl-Raffinerie in Schwedt. Vorsichtshalber wurde den Beschäftigten gleichzeitig Kurzarbeitergeld für 2 Jahre garantiert.

Stromnetze verstaatlichen?

Aktuell prüft das Bundeswirtschaftsministerium auch den Einstieg in die Strom-Übertragungsnetze. Über lange Jahre war es nicht nur ein Ziel der EU und auch der Grünen, die „großen Energie-Konzerne“ zu zerschlagen. Im Fadenkreuz auch da: E.ON. E.ON mußte das attraktive Stromnetz zum Verkauf stellen.

Das niederländische Unternehmen Tennet griff zu. Nun, da die GRÜNEN an der Regierung beteiligt sind, will man selbst den direkten staatlichen Zugriff auf das Stromnetz. Die Begründung des Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck ist, man brauche dies für den schnelleren Netzausbau.

Tatsächlich gehörte es gerade zu den zweifelhaften umweltpolitischen Erfolgen der Grünen in mehr als drei Jahrzehnten immer höhere Anforderungen an die sogenannte Umweltverträglichkeit gestellt zu haben. Durch immer größere Ausweitung von zu schützenden Tierklassen von einst Kleinsäugern, Vögeln und Reptilien zu Spinnen, Insekten und Schnecken und die Erteilung von Verbandsklagerechten an kleinste Naturschutzverbände, wurde jedes noch so kleine Bauvorhaben, wenn nicht unmöglich gemacht, so „im Sinne der Natur“ verzögert. Angesichts dessen kann das Argument „schnellerer Netzausbau“ nur als vorgeschoben gelten.

Enteignung durch Wirtschaftsministerium denkbar

Noch abwegiger ist jedoch die Erwartung, daß ausgerechnet der Staat den Netzausbau beschleunigen könnte.

Nicht nur der Bau des Flughafens BER zeigt exemplarisch was passiert, wenn der Staat statt der Unternehmen baut. Das vom privaten Anbieter Hochtief 2003 gemachte Angebot für 1,7 Mrd. Euro den Flughafen BER zu bauen erschien den Bundesländern Berlin und Brandenburg, wie auch dem Bund zu hoch. Die drei staatlichen Gesellschafter entschlossen sich selbst zu bauen: Der Flughafen eröffnete 9 Jahre später als geplant und hatte 6 Mrd. Euro gekostet.

Am 24. November 2022 billigte der Bundestag den Gesetzentwurf von SPD, Grünen und FDP „zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes und anderer energiewirtschaftlicher Vorschriften“.

Versteckt in § 23a Energiesicherungsgesetz, als scheinbar kleine Regelung an § 23 Energiesicherungsgesetz angefügt, heißt die unscheinbare Ergänzung: „Enteignung von beweglichen Sachen und Zugang zu Unterlagen“. Gemeint sind „Sachen, die zur Errichtung von Erdgasleitungen oder verbundener Infrastruktur“ erforderlich sind.

Zugegriffen darf nach der Vorschrift selbst auf firmeninterne Konstruktionspläne und technische Zeichnungen. Der Staat kann zukünftig auch erzwingen, daß ihm Nutzungsrechte an gewerblichen Schutz-und Urheberrechten eingeräumt werden. Die Verwaltungsakte zur Enteignung werden, äußerst ungewöhnlich, durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz direkt erlassen.

Politische Haltung entscheidet

Fazit: Das Bundeswirtschaftsministerium macht seit Beginn der Ampelkoalition unzählige handwerkliche Fehler, die politische Leitung scheint nicht nur auf Minister- sondern auch auf Staatssekretärsebene überfordert.

Neueinstellungen scheinen nach politischer Haltung und weniger nach wirtschaftlicher Kompetenz zu erfolgen. Beispielhaft steht dafür die Ernennung eines Umwelt-Aktivisten und Lobbyisten zum „Sonderbeauftragen für die Klima-und Energie-Kooperation mit Namibia“, in der Behörde kurz „Wasserstoffbeauftragter“ genannt.

Immer höhere Energiepreise werden als „Sonderopfer Ukraine“ dargestellt. Nicht nur eine Vielzahl von Unternehmen, sondern das deutsche Erfolgsmodell „Soziale Marktwirtschaft“ droht zum Opfer grün-ideologischer Politik zu werden.

Wolfgang J. Hummel (Jurist) war nach 1991 bei der Treuhandanstalt mit der Reprivatisierung von in DDR-Zeit verstaatlichten Unternehmen befasst. Später war er an der Privatisierung des Berliner Energieversorgers BEWAG an VATTENFALL und am Konzessionsverfahren für das Gasverteilungsnetz der GASAG im Land Berlin beteiligt. 2014 erhielt er als Vertreter Deutschlands bei der Mission des Internationalen Währungsfonds in der Ukraine Einblicke in die Kooperation des staatlichen ukrainischen Energiekonzerns Naftogaz mit den russischen Öl- und Gaskonzernen GAZPROM und Rosneft.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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