Foad Forghani – der mit der Macht tanzt

Er ist professioneller Verhandlungsmanager, der im Hintergrund agiert und vornehmlich Vorstände und Geschäftsführer in der Kunst berät, Verhandlungen erfolgreich zu führen. Wir sprachen mit Foad Forghani, einem der versiertesten Tänzer auf dem Parkett der Macht.
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Foto: FORGHANI NEGOTIATIONS
Von 5. Juli 2011

Haben Sie schon einmal von dem Beruf des „Ghost Negotiators“ gehört? Nein, es geht nicht um Spiritistisches, wenn der ursprünglich aus Persien stammende Foad Forghani auf den Plan tritt. Sein Job hat viel Handfesteres zum Thema.

Es gibt auch in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Experten – in der Regel sind das ehemalige FBI- oder CIA-Agenten mit ihrem Know-how aus Extrembereichen wie Geiselnahmeverhandlungen –, die solche Leistungen der Wirtschaft anbieten. Übergreifend in Einkaufs-, Verkaufs- oder Streitverhandlungen. Intern unterscheidet sich Verhandlungsberatung, was das Know-how betrifft, stark von dem, was in der Literatur auf dem Markt verfügbar ist.

Epoch Times: Herr Forghani – wann treten Sie als „Ghost Negotiator“ auf den Plan?

Foad Forghani: Wenn es Verhandlungsfälle gibt, die ich betreuen muss, so sind es in der Regel immer Krisenfälle. Häufig ist es so, dass die Verhandlung stockt oder dass die Anwälte sagen „No Chance!“. Sie können nichts erreichen. Ich übernehme dann diesen Fall. Wenn ich den Fall übernehme, dann beginnen wir, Transparenz in diesen Verhandlungsraum hineinzubringen: Wir versuchen nachzuvollziehen, wer die Entscheidungsträger sind, wie diese Menschen ticken, wie ihre Interessen, aber auch Ängste sind – und daraufhin wird eine Strategie geplant.

Epoch Times: Warum muss man das wissen und wie findet man diese Interessen und Ängste heraus?

Forghani: Die Entscheidungen werden bei Menschen beeinflusst von deren Interessen und Ängsten, wobei Ängste oder Albträume in der Regel gewichtigere Faktoren bei der Entscheidungsfindung sind als das Interesse. Stellen Sie sich vor, bei einem Projekt die Mitarbeiter mit einer doppelten Gehaltserhöhung zu motivieren. Aber die Androhung, dass sie ihren Job verlieren, ist in der Regel gewichtiger und wirkungsvoller. Das bedeutet nicht, dass man in allen Verhandlungsfällen mit dieser Strategie vorgehen muss, aber man muss auf jeden Fall berücksichtigen, dass es Ängste gibt.

Für uns sind diese Komponenten von hoher Relevanz, denn wenn wir verhandeln, so ist unser Hauptziel die Lenkung der Entscheidungsfindung auf der anderen Seite. Da ist es von besonderer Wichtigkeit zu wissen, welche Faktoren diese Entscheidung u. a. beeinflussen: eben Interessen und Ängste.

Epoch Times: Wie leicht kann man durch gewiefte Verhandler getäuscht werden?

Forghani: Es mag sein, dass man gewiefte Verhandlungspartner hat, die die eine oder andere Entscheidung vortäuschen können; aber Entscheidungsketten, die lügen nicht. Und die Fähigkeit, aus dieser Kette von Entscheidungen in Kombination mit weiteren Informationen, die vorliegen, auf die Motive des Verhandlungspartners zu schließen, das ist auch eine Kernsäule der Verhandlungsführung für einen Verhandlungsberater oder Ghost Negotiator. Das nennt man Profiling.

Epoch Times: Profiling, das klingt ein bisschen wie „C.S.I. Forghani“

Forghani: Zum Teil ja. Denn das Kern-Know-how zum Thema Profiling stammt aus dem Bereich der Kriminologie. Dort hat man bisher die profundesten und intensivsten Recherchen durchgeführt. Die Kriminologie ist eine vergleichende Wissenschaft. Wer die Motive eines Serienkillers nachvollziehen möchte, greift sehr stark auf Vergleichsfälle, auf Fälle von anderen Serienmördern, die so ähnlich agierten wie dieser. Das Verhandlungsmanagement ist auch eine vergleichende Wissenschaft. Je mehr Vergleichsfälle ich kenne, die Parallelen zu meinem Fall aufweisen, umso eher besteht die Möglichkeit, auf ähnliche Motive rückzufolgern.

Epoch Times: Ihr Buch heißt „Tanz um die Macht“. Je höher man kommt, desto höher die Machtkonzentration. Wird dann das Verhandeln umso schwieriger oder wird’s einfacher, muss man einfach feinere Dinge beachten oder sind die Grundtechniken die gleichen?

Forghani: Ich muss da etwas ausholen, um diese Frage zu beantworten, und zwar: Wenn wir verhandeln, verhandeln wir nie um das Verhandlungsobjekt, sondern immer um den Mehrwert des Verhandlungsobjektes für die Beteiligten, dann auch nicht nur für die Beteiligten, sondern es geht um die Verzahnung der Mehrwerte des Verhandlungsobjektes mit den Bedürfnissen der Beteiligten. Und bei den Beteiligten sprechen wir natürlich von den Entscheidungsträgern. Ganz trivial wäre zu sagen, was ist nun das Glas Wasser für jemanden, der durstig ist oder nicht durstig ist. Oder, was sind 100 Millionen Barrel Öl für Deutschland, für Libyen oder für China. Welchen Mehrwert stellen sie dar.

Aus diesem Grund wird aus der analytischen Sicht ein Verhandlungsobjekt immer austauschbar. Es ist völlig gleich, ob wir um eine Geisel verhandeln, ein Glas Wasser oder eben 100 Millionen Euro. Alle Verhandlungen sind gleich. Es kann somit sein, dass eine Verhandlung auf einer niedrigeren Hierarchieebene komplexer wird als eine Verhandlung auf dem Top-Level. In der Regel sind aber Top-Level-Verhandlungen anspruchsvoller bzw. komplexer.

Epoch Times: Was macht Verhandlungen komplex?

Forghani: Etwa, wenn ich sehr viele Entscheidungsträger auf der anderen Seite habe. Verhandle ich zum Beispiel mit der Regierung um gesetzliche Rahmenbedingungen und habe hierzulande dann beispielsweise 16 Minister und 16 Staatssekretäre, die je nachdem auch alle eine Gewichtung bei der Entscheidungsfindung haben, dann kann das sehr schwierig werden. Jetzt kommt ein anderer Punkt: Was sind die Konsequenzen des in Aussicht stehenden Ergebnisses und was bedeutet es für die Beteiligten. Wenn diese Konsequenzen gewichtig und von hoher Wertung sind, dann wird natürlich mein Gegenüber sehr viel Energie in die Verhandlung investieren.

Häufig hat man natürlich eine Kombination von diesen Aspekten auf dem Top-Level.

Wenn wir einen Politiker nehmen, so hat dieser Politiker nie nur eine Verhandlung. Während er um die Koalition mit der anderen Partei verhandelt, muss er zugleich sehen, wie er bei dieser Verhandlung bei den Wählerinnen und Wählern ankommt. Es ist daher durchaus denkbar, dass er in einer Verhandlung nachgibt, um im gesamten Umfeld mehr zu erreichen. Ein solches Umfeld hat auch ein Vorstandsvorsitzender oder ein Geschäftsführer eines großen Unternehmens. Wir bezeichnen das als politisches Umfeld. Diese Abhängigkeiten lasse ich in meine Strategie einfließen.

Wichtig ist, dass all die erläuterten Aspekte zur Komplexität einer Verhandlung beitragen können.

Epoch Times: Zurück zum Profiling: Was nehmen Sie da alles mit in Ihre Recherche? Kleidungsstil, und was noch? Ich soll mich ja nicht gänzlich verstellen in dem was ich bin oder tue, oder?

Forghani: Wenn wir uns einen Gesamtbereich, den Verhandlungsbereich, vorstellen, dann haben Sie in diesem Kreis Subkreise oder Subbereiche. Einer davon wäre der Bereich für Entscheidungen. Indizien für die Entscheidungen sind die Handlungen, die wir in einer dritten Dimension uns vorstellen können. Dann haben Sie gesamtüberlappend den Bereich Kommunikation, die letztendlich auch eine Handlung ist, und zwar verbal und nonverbal; nonverbal wäre auch die Kleidung und wir haben auch den Bereich kulturelle Werte. Alle diese Subkreise sind überlappend.

Es kann sein, dass es Verhandlungsfälle und Konstellationen gibt, wo dieser Aspekt sehr wichtig wird, etwa bei den Behörden. Das ist nachvollziehbar. Wenn ich mit auffälligen Manschettenknöpfen, Krawatten und Ähnlichem bei der Behörde auftauche, dann werde ich dort als Bedrohung empfunden. Denn mit diesen Statussymbolen, die machtbehaftet sind, sende ich Signale aus, die in einer solchen Umgebung wie oder als Drohgebärden wirken. Das kann schon sehr, sehr schädlich sein. Anders kann es aber auch sein, wenn ich in einer Branche bin, sagen wir mal Maschinenbau, dort ist man es nicht gewohnt, so viele Manschettenknöpfe zu sehen – wie etwa im Investment Bankingsektor –, aber es hat nicht dieselbe negative Wirkung wie bei einer Behörde. Also je nach Fall kann das wichtig oder weniger wichtig sein.

Die Frage „Muss ich mich verstellen – ja oder nein?“ Die Antwort wäre: manchmal Ja. Dann wiederum die andere Frage wäre: Wie kann ich mich verstellen und zugleich meine Authentizität beibehalten? Auch da gibt es gewisse Mechanismen. Wenn man sich bei diesem aktiven Verstellen verhaltensorientiert bewegt, das heißt lediglich auf die Handlung achtet, dann verliert man die Authentizität. Wenn man aber auf die inneren Gemütslagen achtet und diese zu kontrollieren versucht und auch da gibt es Mechanismen, dann kann man durchaus die Authentizität beibehalten.

Epoch Times: Mit diesen Annahmen kann man natürlich auch danebenliegen.

Forghani: Richtig. Das ist ein Risiko, das man mit sich trägt, aber die Verhandlungsführung ist nun mal ein Schachspiel – auch dort tätigt man Annahmen, die falsch sein können, daran geht man nicht vorbei. Und es muss zugleich gesagt werden, jeder deutet bewusst oder unbewusst die Mimik oder Gestik des anderen, also im Verhandlungskontext sollte dies bewusst geschehen, darum muss man sich damit beschäftigen. Ich habe mich sehr intensiv damit beschäftigt. Ein Großteil der Kommunikation ist letztlich nonverbal. Und solange uns nicht erfahrene Verhandler oder Politiker gegenübersitzen, die ihr Verhalten in allen Nuancen bewusst kontrollieren, kann man schon sehr viel daraus ableiten.

Epoch Times: Es bringt jedoch nichts, jemanden rhetorisch an die Wand zu drücken, wenn er dann nicht wirklich überzeugt ist. Ist das richtig?

Forghani: Ja. Der Kernpunkt ist: Sehr viel von dem Verhandlungs-Know-how auf dem Markt ist von Kommunikationsexperten oder Psychologen; dieses Know-how geht aber an der Realität stark vorbei. Aus folgendem Grund: Wenn ich nochmals dieses Kernbild berücksichtige, wenn ich verhandle, will ich die Entscheidungsfindung des Gegenübers beeinflussen, dann wäre die Frage, was passiert, wenn ich rein kommunikationslastig vorgehe. Ich kann Verhandlungspartner rhetorisch in die Ecke drängen, also in dem Moment, in dem ich ihn rhetorisch in der Ecke habe, hat er mir keine Argumente mehr entgegenzusetzen. Aber die Entscheidung wird er noch längst nicht in meinem Sinne treffen. Man kann es auf den Punkt bringen und sagen, er ist überredet, aber noch längst nicht überzeugt.

Dann wäre die Frage: Wie kann ich ihn überzeugen? Da kommen wir nochmal zurück zu dem Anfangsstatement; wir müssen in einem solchen Fall die Interessen und Ängste des Gegenübers verstehen und adressieren, und zwar durch eigene Handlungen.

Epoch Times: Denken Sie da nur an die Seite Ihres Mandanten oder denken Sie auch an den anderen, wie geht man da vor – wie wichtig ist für Sie eine Win-win-Situation?

Forghani: Ich gehe fast alle Verhandlungsfälle, die ich habe, erst einmal mit einem Win-win-Ansatz an. Aber wenn es darauf ankommt, entscheide ich mich immer für den Mandanten und setze eine Win-Lose-Strategie um. Deshalb bin ich Verhandlungsberater. Im Gegensatz zu einem Schlichter ist mein Ziel nicht immer, die Interessen beider Seiten wahrzunehmen, sondern ich muss den Auftrag meines Mandanten durchsetzen. Wie ein Anwalt, aber im psychologischen Verhandlungsraum. Nichtsdestotrotz versuche ich, wie erläutert, häufig, erst mal ein Win-win anzugehen. Ob ich es immer tue, ist abhängig von dem Aspekt, wie ist die Beziehung zu dem Gegenüber, welche Bedeutung hat diese Beziehung sowie auch von der Win-win-Bereitschaft der Gegenseite. Denn: Win-win ist ein Risikovorhaben. Wenn ich Win-win ausrollen möchte, muss ich bereit sein, erst mal die Interessen der anderen Seite zu verstehen, ich muss aber auch bereit sein, meine eigenen Karten, also Interessen und Bedürfnisse, auf den Tisch zu legen. In dem Moment, in dem ich meine eigenen Karten auf den Tisch lege, bin ich verwundbar. Wenn also nur die Gegenseite vorhat, ein Win-Lose auszurollen, haben die eine bessere Position. Deshalb muss bei einem Win-win-Vorhaben die Gegenseite auf diese Bereitschaft zum Win-win abgeklopft werden und dazu habe ich Methoden und Techniken. Ansonsten wird man mehr verlieren als einem lieb ist.

Epoch Times: Eine Frage zu den Messkriterien, wie kann man denn überhaupt sagen, dass Ihr Auftrag erfolgreich ausgeführt wurde?

Forghani: In der Mehrheit der Verhandlungsfälle sind die Verhandlungsziele recht leicht festlegbar, das machen wir auch vorher. Es ist darum relativ leicht zu sagen, haben wir hier das Ziel erreicht oder nicht. Toi, toi, toi! – bisher haben wir wirklich in absoluter Mehrheit unsere Ziele erreicht.

Epoch Times: Und wie ist es bei Ihnen, die Person Foad Forghani …, was sind Ihre Ängste?

Forghani: Als Mensch Foad Forghani bin ich offen für meine Ängste und würde auch jederzeit damit umgehen. Als Verhandlungsexperte wäre ich aber ein schlechter Verhandler, wenn ich diese ohne Weiteres offenlegen würde. Schauen Sie, erlauben Sie mir, diese nicht offenzulegen.

Epoch Times: Und wo liegen Ihre Interessen?

Forghani: Ich bin jemand, der gerne gewinnt. Wenn ich Sport mache, dann ist es Kampfsport. Ich mache seit Jahren Kampfsport. Da gibt es sehr viele Parallelen. Ob in der Verhandlungswelt oder in der Welt des Kampfsports, man muss immer in Situationen, in denen man unter Druck ist, schnelle Entscheidungen mit der richtigen Wirkung treffen.

Epoch Times: Wie steht es mit den schönen Künsten?

Forghani: Ich schreibe manchmal! Gerne auch Gedichte oder Geschichten, die dann mit Verhandeln, bestenfalls mit dem Verhandeln mit dem Schicksal etwas zu tun haben. Diese Geschichten haben im Kern etwas zu tun mit der Seele des Menschen. Das sind die Momente, in denen ich in Anführungsstrichen „künstlerisch tätig“ bin und auch sehr gut abschalten kann. Ich lese auch sehr gerne Gedichte und Geschichten, am liebsten Schriften oder Gedichte von Goethe, damit kann ich am besten meine innere Ruhe finden. Diese Gedichte oder Geschichten habe ich bisher nie veröffentlicht. Sie sind ein Ausdruck der privaten Momente meines Lebens, in denen ich mich auf die nächste Verhandlung vorbereite.

Epoch Times: Da fiel das Wort Schicksal. Glauben Sie daran?

Forghani: Ich glaube, dass es Aspekte in unserem Leben gibt, die wir nicht beeinflussen können, die mit Sicherheit schicksalhaft sind. Und andererseits soll das keine Rechtfertigung dafür sein, dass man sich zurücklehnt und sagt: okay, es passiert, was passiert. Sondern im Rahmen dessen, was da gegeben ist, kann man auch am Scheideweg wählen, den einen oder anderen Weg zu gehen. Jeder von uns kann somit entscheiden, wie er mit den Karten spielt, die er in der Hand hält. Aber die Karten selbst, die kann er nicht bestimmen. Die werden einem ausgeteilt – ungefragt.

Epoch Times: Dankeschön. Alles Gute.

Das Gespräch führte Florian Godovits


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Foad Forghani „Tanz um die Macht“; 182 Seiten, 19,19 Euro; ISBN-10: 3000305548; ISBN-13: 9783000305542Foad Forghani „Tanz um die Macht“; 182 Seiten, 19,19 Euro; ISBN-10: 3000305548; ISBN-13: 9783000305542Foto: FORGHANI NEGOTIATIONS
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