Fasten: Der freiwillige Hunger nach dem Sinn

Rückbesinnung auf die eigenen Quellen der Energie und die Herkunft des Menschen
Von 17. März 2006

In diesen Zeiten der Oberflächlichkeit und der Jagd nach dem Glück im Äußeren denkt doch jeder mal zuallererst wenn er „Fasten“ hört an den Wunsch nach einer Gewichtsabnahme. „Willste abnehmen?“ ist sicher eine der häufigsten Spontan-Reaktionen auf dieses Wort „Fasten“. Wirklich schade, denn bei einer Umfrage in der Zeitschrift „Stern“ zeigte sich, dass jeder fünfte Deutsche sich zumindest in der vorösterlichen Fastenzeit – mehr oder weniger, aber immerhin – in Enthaltsamkeit übt. Viele verzichten freiwillig auf Genuss in Form von Alkohol, Zigaretten, Süßigkeiten, Fernsehen und Völlerei. Einige gehen weiter und verzichten auch auf Fleisch, Eier und Milchprodukte. Traditionell wird aber weiterhin gegessen, nur eben wenig und bewusst.

Vom Haben-Wollen und der Hingabe

In der heutigen Zeit stellen Menschen Fragen, die es vermutlich so in der Geschichte nie gab. Zum Beispiel: „Was bringt es mir, zu fasten?“ oder „Welchen Vorteil kann ich dadurch erlangen?“. Und es haben sich sogar welche gefunden, die auf solche Fragen die passenden Antworten haben wie „Körperreinigung, Entschlackung, Gewichtsverlust“ oder „mentale Befreiung“ und „sich selber besser spüren“.

Diese Aspekte gab es jedoch nicht in den Zeiten, als in fast allen Kulturen weltweit die Tradition des Fastens eingeführt wurde, in vielen Religionen sogar als Gebot Gottes. Von fast allen Religionsstiftern sind solche Zeiten belegt, in denen sie keine oder nur ein Minimum an Nahrung aufnahmen. Bei Jesus waren es 40 Tage in der Wüste mit einem Krug Wasser und einem Laib Brot. Es ist aber nicht überliefert, ob diese als Nahrung, als Opfergabe oder als Versuchung des Geistes gedacht waren.

Jedenfalls wird von allen berichtet, dass dadurch, dass sie die Welt nur noch in Form von Atmung, also ätherisch, in sich aufnahmen zu einer Form von geistiger Reinheit gelangten, die es ihnen erlaubte ihr wahres Selbst und ihre Bestimmung zu erkennen und die Angst zu überwinden.

Angst ist immer auch die Angst vor dem Tod

Siddharta, der Königsohn von Schakja – oft als Schakjamuni bezeichnet – der später nach seiner Erleuchtung auch Gautama Buddha, oder eben der „Buddha“ genannt wird, wird in seiner Zeit der Askese so dargestellt, wie wir heute nur die magersüchtigen Modells kennen: sitzend im Lotussitz nur noch Haut und Knochen, man kann seine Wirbelsäule von vorne sehen! Doch nach unmenschlich langer Zeit in diesem Zustand erkannte er, dass er ins Extrem gegangen war und dass dies nicht der Zustand sein kann, für den eine menschliche Existenz gedacht ist. Er gab die Askese auf und lehrte von da an den „Weg der Mitte“, der die Extreme verbindet und harmonisiert. Zur wahren Erleuchtung kam er jedoch erst Jahre später, denn das Wissen um die Wahrheit allein reicht nicht aus, es müssen auch die aufrichtigen Handlungen folgen, die dieses Wissen bestätigen. Er lehrte seine Schüler insgesamt 49 Jahre immer tiefgehender die Prinzipien des Lebens entsprechend dem Verständnis der damaligen Zeit.

Jesus blieben dafür nur 4 Jahre, doch seine Lehre veränderte ebenfalls die Welt. Einige sehen ihn gerne als Revolutionär und betonen, dass hungrige Menschen eben mehr „Biss“ haben, sicher meinen sie, dass hungrige Menschen mehr der Ungeduld und der Aggression zuneigen, was auch medizinisch sinnvoll ist: „Beute muss erlegt werden bevor man verhungert ist!“ Auch bei solchen Gedankengängen geht man vom „Haben-Wollen“ als Grundprinzip aus. Das verkennt die Situation völlig.

Fehlgeleitete Suche: der immer stärkere „Kick“

In früheren Zeiten hatten die Menschen einfach noch nicht diese egoistische Mentalität wie heute. Das Haben-Wollen und das Wahrgenommen-Werden-Wollen sind heute schon so zur Natur geworden, dass alles was davon abweicht als Mangel gesehen wird.  Psychologen lehren, wie man mehr Selbstwert ausstrahlt, wie man auf seinen Bauch hört und wie man sich Raum verschafft und Geltung. Und wenn das Ziel erreicht ist, was folgt dann? Midlife-Crisis, Burn-Out-Syndrom, alles nur Symptome vom Verlust der Mitte, vom Sinn und ein Beweis dafür, dass immer nur Haben-Wollen nicht zur Zufriedenheit, zu „Frieden“ führt. Und dass selbst hervorragende Erfolge im Arbeitsleben nicht den Verlust ersetzen können, der zwangsläufig ist, wenn man nur im Äußeren sucht. Dort kann der Sinn nie gefunden werden.

Zugegeben, eine Weile kann man sich mit dem „Kick“ über die Leere hinwegtäuschen. Doch „Kick“ gibt nur, was nicht legal, nicht moralisch und schon gar nicht „tugendhaft“ ist. Das ist schon bei Kindern so und hört in dieser Hinsicht nie auf: Der Reiz des Verbotenen. Aber das entspricht dann auch der geistigen Entwicklungsstufe dieser „Kick“-Sucher. Je länger man diesen Weg geht, umso unwahrscheinlicher wird die Möglichkeit zur Umkehr und Genesung.

Spirituelle Erfahrung: Demut und Hingabe

Es ist selten geworden, dass wir Menschen begegnen, die zuerst an andere denken. Die sagen: „Wenn es den Menschen in meiner Umgebung gut geht, dann erst kann es auch mir gut gehen.“ Die sagen: „Glücklich bin ich dann, wenn die Menschen glücklich sind, die mit mir sind.“ Die ihr Leben anderen und der Allgemeinheit widmen und nicht danach fragen, was sie zurückbekommen. Die sich nicht darum scheren, ob sie respektiert werden oder Beachtung finden. Die handeln wo es erforderlich ist und dann weitergehen ohne zu klagen und auf sich aufmerksam machen zu müssen. Die die Hilfe die sie geben nicht ausnutzen um Macht über andere zu erlangen und nicht ihr Ego mit der Schwäche anderer aufblasen.

Der Mut, nicht zu kämpfen

Solche Hingabe beruht immer in einem tiefen Glauben, der zur Demut befähigt. Demut erfordert weit mehr Mut, als jede andere Haltung, sie ist die Nachsicht, die bereit ist auf das Gute zu vertrauen und auf den Kampf zu verzichten. Sie ist die Bereitschaft, die Menschen und die Welt zu erdulden und einen Beitrag zu leisten, sie besser zu machen.

Hungerstreik für Menschenrechte

Fasten hat auch schon immer die Tradition, mit dieser Hingabe und dem Verzicht friedlich und still auf diesen anderen Aspekt des Seins hinzuweisen. Und richtig angewendet hat diese Stille die Kraft des Kanonendonners überwunden. Denn wer die Angst überwindet, kann alles überwinden.

So geschieht es auch mit dem friedlichen weltweiten Hungerstreik für die Menschenrechte in China, eine Aktion, die bereits im Februar begonnen hat und der sich jeder via Internet-Eintrag anschließen kann. Es gibt keine Beiträge, Gebühren oder Diplome – aber die Möglichkeit seinem Fasten einen tieferen Sinn außerhalb des eigenen kleinen Lebens zu geben. Solidarität mit jenen, die in China verfolgt, gepeinigt, weggesperrt und getötet werden nur weil sie sich dem Unrecht und der Unmenschlichkeit nicht beugen wollen. Solidarität mit jenem Fähnlein der Aufrechten, die noch zuviel Gewissen, Moral und Tugend in sich tragen, als dass sie sich dem kommunistischen Korruptionsdruck beugen würden. Ist die Wahrheit erst einmal erkannt, so macht sie frei. Und Liebe und Güte, Nachsicht und Toleranz werden ihr folgen. Gutes ruft immer auch Gutes hervor. Auch wenn es im Äußeren vielleicht erst einmal nicht für alle erkennbar wird.

 

 

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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