EU-Wahl: GroKo geht unter, Grüne triumphieren – Analyse von Jürgen Fritz
Es kam fast exakt so, wie von Wahl-O-Matrix vorausgesagt, mit einer kleinen Ausnahme: Die Grünen schossen noch stärker empor als erwartet und erreichten bei der EU-Wahl ein sensationelles Ergebnis von über 20,5 Prozent. Für die SPD kam es dagegen noch ein wenig schlimmer als prognostiziert.
Sie fiel sogar noch unter 16 Prozent, landete am Ende bei 15,8, ein Minus gegenüber 2014 von 11,5 Punkten. Sowohl CDU/CSU als auch die SPD erzielten damit ihre schlechtesten Ergebnisse ever, die Grünen dagegen steigerten sich um fast 10 Punkte. Hier eine detaillierte Analyse der EU-Wahlergebnisse.
CDU/CSU: So schlecht wie niemals zuvor
Dieser Sonntag, der 26. Mail 2019 sollte wie vorausgesagt ein historischer Tag werden. Annegret Kramp-Karrenbauer, die neue CDU-Vorsitzende, die ihre erste große Wahlniederlage einstecken musste, gab sich zwar gestern Abend alle Mühe, das Ergebnis schön zu reden, die Union sei doch als stärkste Kraft aus der Wahl hervorgegangen, das wichtigste Ziel sei erreicht usw. usf., Fakt ist aber: So schlecht war die Union bei bundesweit durchgeführte Wahlen noch niemals seit ihrer Gründung.
1979, bei der ersten EU-Wahl holten CDU/CSU zusammen 49,2, jetzt nicht einmal mehr 29 Prozent. Das bisher schlechteste EU-Ergebnis von 2014 mit 35,3 Prozent wurde nochmals um 6,4 Punkte unterboten. Ja, selbst das schlechteste Bundestagswahlergebnis aller Zeiten von 1949 mit 31 Prozent wurde nicht einmal erreicht. Eine Zwei vorne bei einer bundesweit durchgeführten Wahl, das gab es zuvor noch niemals bei der Union. Und vieles deutet darauf hin, dass CDU und CSU sich daran eventuell werden gewöhnen müssen, denn auch im Bundestagswahltrend liegen sie zusammen nur um die 29 Prozent.
Noch erschreckender aber: Während die Union bei den Über-60-Jährigen, die oft zur Wahl gehen, 39 Prozent holte, waren es bei den U30 (18- bis 29-Jährige) nur 13 Prozent. Das heißt, bei den Jüngeren kommen CDU und CSU überhaupt nicht an. Und da die Alten allmählich wegsterben und die nachwachsenden Jugendlichen am meisten Die Grünen wählen, kann sich jeder ausrechnen, was das langfristig bedeutet für die Union. Der einzige Trost dürfte sein: Die SPD ist noch viel schlechter. Dazu gleich mehr. Doch zunächst zum ganz großen Wahlgewinner.
Die Grünen setzen die Themen und haben die Schlüsselpositionen in der Gesellschaft mit ihren Leuten weit überproportional besetzt
Wahl-O-Matrix hatte Die Grünen auf ca. 18 Prozent taxiert, das wäre bereits mehr als doppelt so viel gewesen, wie bei der Bundestagswahl im September 2017, als sie gerade mal bei 8,9 Prozent landeten. Doch es kam noch besser für Klimaprediger. Ihr Konzept, das muss man einfach sagen, ging so was von auf. Unglaublich! Sie stiegen auf sagenhafte 20,5 Prozent, konnten damit auch gegenüber der letzten EU-Wahl 2014 fast 10 Punkte zulegen.
Offensichtlich haben es Die Grünen mit ihrer neuen Führung Es gibt kein Volk-Habeck und Miss-Neun-Gigatonnen-Baerbock a) geschafft, der Partei ein neues Gesicht zu verpassen, eines das medial für viele sehr gut rüber kommt, und b) haben sie es geschafft, die Themen zu setzen. Insbesondere das Schüren der Angst vor dem Klimawandel hatte starke Auswirkungen auf das Wahlverhalten von Millionen Menschen. Und mit Greta, der Göttlichen und der gesteuerten Fridays for Future-Bewegung hat man einen genialen PR-Coup gelandet. Insgesamt werden die Grünen als moderne, bürgerliche Partei wahrgenommen. Dagegen kommen derzeit alle anderen Parteien offensichtlich nicht an.
So schwach Bündnis 90/Die Grünen, wie sie offiziell heißen, im sachlichen Bereich auch sein mögen, so geschickt sind sie in ihrer Public Relations (Öffentlichkeitsarbeit) und in ihrem strategischen Agieren. Sie haben es in den letzten Jahrzehnten geschafft, die Schlüsselpositionen der Macht in Universitäten, Schulen und Massenmedien weit überproportional mit ihren Leuten zu besetzen und so enormen Einfluss zu nehmen auf die gesamte Gesellschaft, so dass SPD und CDU, inzwischen auch CSU den Grünen ständig hinterherhecheln, um im Ansehen der Bevölkerung nicht als Ewiggestrige dazustehen.
Das zeigt sich insbesondere auch, wenn wir uns ansehen, wer die Grünen vor allem wählt. Diese sind besonders stark bei den Frauen (24 Prozent gegenüber 18 Prozent bei den Männern) und bei den jüngeren Wählern. Während sie bei den Ü60 nur 13 Prozent holten, waren sie bei allen U60 (18- bis 59-Jährige) mit 25 Prozent bereits die Nr. 1, vor CDU und CSU zusammen mit nur 22 Prozent! Insbesondere in der U30-Gruppe (18 bis 29 Jahre) liegen Die Grünen klar vorn mit um die 30 Prozent, aber auch in der Altersgruppe 30 bis 44 sind sie bereits die Nr. 1 – vor der Union. Und noch etwas fällt auf. Je höher der Bildungsabschluss, desto häufiger wählen die Leute Die Grünen. Diese sind sowohl bei Wählern, die Abitur haben, also auch bei Hochschulabsolventen klar die Nr. 1.
Es sind Die Grünen, die die Themen setzen, die hip sind und die nun offensichtlich auch Gesichter gefunden haben, die das Ganze nach außen sympathisch ausstrahlen. Dagegen ist derzeit offensichtlich kein Kraut gewachsen und die Zukunftsaussichten der Grünen könnten angesichts der Zustimmung in den Altersgruppen kaum rosiger sein. Noch mehr als die CDU leidet darunter die SPD.
Die SPD blamiert sich
Was oben für die Union gesagt wurde bezüglichen des einmaligen historischen Tiefpunktes, gilt umso mehr für die SPD. Bei einer bundesweiten Wahl deutlich unter 20 Prozent zu fallen, wäre bis vor wenigen Jahren völlig undenkbar gewesen für die ehemalige Arbeiter- und Volkspartei. Vor zehn und fünfzehn Jahren lag sie bei EU-Wahlen schon mal um die 21 Prozent, schon das war sehr schlecht für die „Sozialdemokraten“. Der bisherige absolute Tiefpunkt wurde dann 2017 bei der Bundestagswahl mit Martin Schulz erreicht, der die SPD auf 20,5 Prozent herunter kurbelte. Aber jetzt haben Katarina Barley als EU-Spitzenkandidatin und Andrea Nahles als Parteivorsitzende das nochmals deutlich nach unten verschoben. Dass die SPD unter 20 Prozent fallen würde, war fast klar. Aber so weit unter 20 Prozent!, das muss schon schockierend sein für die Partei, die vor kurzem noch davon träumte, die nächste Kanzlerin stellen zu wollen.
Nicht nur Andrea Nahles mit ihren Auftritten, zuletzt in Bremen, macht sie allmählich lächerlich, sondern die ganze Partei. Man möchte gar nicht wissen, was Willy Brandt und Helmut Schmidt im Grabe machen würden, könnten sie das sehen, was aus ihrer Partei, die sich nicht mehr als eine solche der deutschen Arbeiter und Angestellten, sondern der Immigranten, Feministinnen, Homosexuellen und Deutschenhassern versteht, geworden ist. Zur Erinnerung: Als die SPD noch Politik für die deutschen Wähler machte, kam sie unter Helmut Schmidt auf Wahlergebnisse von fast 43, unter Brandt auf fast 46 Prozent. Heute steht die SPD bei 15,8 Prozent. Mehr muss man eigentlich nicht sagen.
Noch erschreckender auch hier, ähnlich wie bei der Union, wenn man sich ansieht, wer denn überhaupt noch die SPD wählt. Es sind vor allen Dingen die Rentner, die Alten. Während bei den Ü60-igern noch 22 Prozent der SPD die Stimme gaben, im Grunde das ja schon extrem wenig, waren es bei allen U60-igern (also von 18 bis 59) zusammen gerade noch 12 Prozent. Und sehen wir uns hier die verschiedenen Gruppen an, so sehen wir: Je jünger die Wähler, desto seltener wählen sie, genau wie bei der Union, die SPD. Bei den U30-igern liegt die SPD sogar unter 10 Prozent. Das heißt, die Partei scheint keine Zukunft zu haben.
Und wenn Sie nun denken, die würden irgendetwas Substanzielles ändern, dann können Sie darauf höchstwahrscheinlich lange warten. Die gesamte Linke, ganz besonders auch die SPD, ist gefangen in einer völlig kruden Ideologie, aus der sie wohl nicht mehr herausfinden wird. Ihr Kampf für die armen Immigranten, die „Gleichstellung“ der Frau, die Förderung der Homosexuellen, ja überhaupt für alle Randgruppen und gegen den bösen weißen Mann, der all den Wohlstand, in dem wir alle leben, erarbeitet hat, wird weitergehen. Und die Prozentzahlen womöglich noch weiter nach unten.
Mageres Ergebnis für die AfD
Von alledem, der enormen Schwäche der Union wie auch der SPD, kann die AfD überhaupt nicht mehr profitieren. Ganz im Gegenteil, sie verliert seit vielen Monaten, etwa seit Ende September 2018, immer mehr an Zustimmung. Im Bundestagswahltrend fiel sie von über 17 auf aktuell etwa 13 Prozent, verlor also etwa ein Viertel ihrer Anhänger. Ein ganz ähnliches Bild zeigte sich jetzt bei der EU-Wahl. Im Oktober 2018 lag sie bei INSA hier noch bei 16 Prozent, jetzt fiel sie innerhalb von nur sieben Monate auf unter 11 (10,97) Prozent, verlor also etwa ein Drittel ihrer Anhänger. In nur sieben Monaten!
Als ich schon vor vielen Wochen auf diesen Abwärtstrend aufmerksam machte und damals schrieb, dass die AfD bereits ein Viertel ihrer Anhänger verloren habe, machte sich eine AfD-Bundestagsabgeordnete darüber lustig, nach dem Motto: Wir verlieren keine Anhänger. Ähnliches ist bei vielen AfD-Anhängern zu registrieren. Der Realitätsverlust, den wir bei den anderen Parteien seit langem so massiv sehen, der scheint sich auch zunehmend bei der AfD einzustellen. Bei den Abgeordneten fühlt man sich offensichtlich wohl und ist stolz, dass man es in den Bundestag und nun ins EU-Parlament geschafft hat (ganz großer Jubel über 11 statt 7 Abgeordnete), man ist „angekommen“, bekommt sehr ansehnliche Diäten und verliert wohl zunehmend den Blick für die Wirklichkeit. Die AfD-Anhänger dagegen leben vielfach in ihrer Mikroblase und kriegen überhaupt nicht mit, wie 85 bis 90 Prozent der Bevölkerung über sie denken, und reklamieren dann nach jeder Wahl, wenn sie wieder weit unter 20 Prozent bleiben, eine große „Wahlfälschung“.
Seit vielen Monaten schon findet die AfD überhaupt kein Gegenmittel gegen die massive Ausgrenzungs- und Diffamierungsstrategie der Massenmedien, der Altparteien, der christlichen Kirchen, der Hochschulen, der Gewerkschaften usw. Sie wirkt dagegen regelrecht hilf- und kopflos, wie das Kaninchen vor der Schlange. Fakt ist, während die AfD bei der Bundestagswahl 2017 noch knapp 5,9 Millionen Stimmen erhielt, waren es nun bei der EU-Wahl nur noch 4,1 Millionen. Und dabei war die AfD zwischendurch noch viel stärker als im September 2017 bei der Bundestagswahl eher schon bei 8 Millionen Anhängern.
Schauen wir uns an, wer vor allem die AfD wählt, so fällt auf: Die Alternative für Deutschland holt klar mehr Stimmen bei den Männern (ca. 13 Prozent) als bei den Frauen (ca. 7 Prozent) und punktet am meisten bei den 30 bis 59-Jährigen, weniger bei den Ü60-igern und am wenigsten bei den U30-igern. Bei den jungen Wählern holte sie gerade mal 6 Prozent. Die AfD ist stark bei den Arbeitern, schwach in der Gruppe der Beamten. Und sie punktet am ehesten bei Leuten mit mittlerer Reife (14 Prozent) und Hauptschulabschluss (12 Prozent), weniger bei solchen mit Abitur (8 Prozent) und am wenigsten von allen Parteien (!) bei Personen mit Hochschulabschluss (5 Prozent). Hier erhält sie sogar weniger Stimmen absolut als die nur halb so starke FDP und Linkspartei. Und damit kommen wir zu diesen beiden.
Sehr schwache Resultate für Die Linke und die FDP
Bei der letzten EU-Wahl 2014 kam die Linkspartei auf 7,4 Prozent, bei der BT-Wahl 2017 auf 9,2 Prozent. Ein Ergebnis von gerade einmal 5,5 Prozent kann kaum anderes als enttäuschend angesehen werden. Dabei ist Die Linke in sämtlichen Altersgruppen, bei Männern und Frauen, bei Arbeitern, Angestellten, Beamten und Selbstständigen, bei Wählern mit Hauptschul-, mit Realschulabschluss, mit Abitur und bei Studierten schwach.
Auf ein sehr ähnliches Ergebnis von noch magereren 5,4 Prozent kam die FDP. Ja, das ist mehr als das desaströse Resultat von 2014, als sie bei der EU-Wahl von 11 auf 3,4 Prozent regelrecht einbrach. Aber es ist quasi nur die Hälfte des Bundestagswahlergebnisses von 2017, als sie von 5 Millionen Menschen gewählt wurde und auf stolze 10,75 Prozent kam. Jetzt aber bekam die FDP nicht 5, sondern nur 2 Millionen Stimmen. Damit können die Freien Demokraten unmöglich zufrieden sein und müssen sich fragen, was hier seit der Bundestagswahl so katastrophal schief lief, dass man von 5 auf 2 Millionen Wähler einbrach.
Enorm stark waren dagegen die Kleinparteien. Hier kam zwar keine auch nur auf 2,5 Prozent, alle zusammen aber auf ca. 12,9 Prozent. Am stärksten war hier Die Partei mit 2,4 Prozent vor den Freien Wählern mit 2,2 und der Tierschutzpartei mit 1,4 Prozent.
So ging die EU-Wahl aus
Die Wahlbeteiligung stieg gegenüber der letzten EU-Wahl 2014 von 48,1 auf 61,4 Prozent, war aber deutlich geringer als bei der Bundestagswahl 2017, als sie bei über 76 Prozent lag. Hier das vorläufige amtliche Endergebnis:
- CDU/CSU: 28,9 %
- GRÜNE: 20,5 %
- SPD: 15,8 %
- AfD: 11,0 %
- LINKE: 5,5 %
- FDP: 5,4 %
- Sonstige: 12,9 % (jede für sich unter 2,5 %)
Gegenüber der EU-Wahl 2014 ergeben sich damit folgende Gewinne und Verluste:
- GRÜNE: + 9,8 %
- AfD: + 3,9 %
- FDP: + 2,0 %
- Sonstige: + 4,1 %
- LINKE: – 1,9 %
- CDU/CSU: – 6,4 %
- SPD: – 11,5 %
Der Artikel erschien zuerst auf JFB
Jürgen Fritz studierte in Heidelberg Philosophie, Erziehungswissenschaft, Mathematik, Physik und Geschichte (Lehramt). Nach dem zweiten Staatsexamen absolvierte er eine zusätzliche Ausbildung zum Financial Consultant unter anderem an der heutigen MLP Corporate University. Er ist seit Jahren als freier Autor tätig. Sein Blog: JFB
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