Was ist gemeint, wenn von „Wert“ gesprochen wird?

Wenn Menschen mit Macht ihre ganz eigenen Wertvorstellungen für alle anderen Menschen zum Gesetz machen, entsteht ein Problem. Denn das Wörtchen „Wert“ kann ganz unterschiedlich verstanden werden.
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Wieviel ist Wasser aus dem Wasserhahn wert? Das hängt wohl davon ab, wie viel Durst man hat.Foto: iStock
Von 21. Juni 2023

Unsere Weltanschauung, unsere Handlungen und unsere Wortinterpretationen und -assoziationen sind wertgeprägt. Tagtäglich bewerten wir (unbewusst) Dinge, Menschen, Situationen sowie das, was gesagt wird und geschrieben steht.

Angesichts dieser Bedeutung ist es verblüffend, dass wir uns im Alltag höchst selten bewusst mit dem „Wert“ an sich beschäftigen. In der Ökonomie ist das anders, dort spielen Wertfragen eine fundamentale Rolle. Um eine häufige Fehlannahme gleich auszuräumen: Wert und Preis sind nicht dasselbe.

„Wert ist das, was du bekommst“

Ein Zitat von Warren Buffett gibt einen ersten Hinweis auf Unterschiede: „Price is what you pay; value is what you get“ (Preis ist das, was du bezahlst, Wert ist das, was du bekommst). Einen weiteren Hinweis liefert die Nutzung des Wortes im moralischen Kontext, wenn es also um zwischenmenschliche Regeln zur Bewertung von richtig oder falsch geht.

Was also ist „Wert“? Gibt es eine Verbindung zwischen der Wortverwendung im ökonomischen und im moralischen Kontext? Welchen Anteil haben unterschiedliche Wertvorstellungen an der fast schon babylonischen und häufig auch gesellschaftsspaltenden Sprachverwirrung?

Lange herrschte die Auffassung vor, dass etwas im Gut selbst Liegendes dessen Wert ausmacht. Einige argumentierten mit der Unverzichtbarkeit bestimmter Güter. Doch warum ist Wasser manchmal umsonst zu haben, während ein nicht überlebensnotwendiger Diamant teuer ist? 

Andere begründeten den Wert mit der darin steckenden Arbeit. Doch wie kann es sein, dass ein Kunstwerk, für das der Maler monatelang gearbeitet hat, zu einem bestimmten Zeitpunkt nur einen minimalen Wert hat – aber zu einem anderen Zeitpunkt einen exorbitanten Wert erlangt? Und das, obwohl die darin steckende Arbeitsleistung unverändert ist?

Später wurde erkannt, dass sich der Wert aus dem Zusammenwirken der realen Welt mit den subjektiv begründeten, individuellen menschlichen Handlungen ergibt. Für einen Menschen, der am Verdursten ist, hat ein Glas voll Wasser einen sehr hohen Wert. Trotzdem kann es sein, dass er dieses lebensrettende Glas Wasser umsonst bekommt.

Wert entsteht durch Hinwendung

Nicht alles, was wertvoll ist, hat einen Preis, doch Werte bestimmen Preise. Wenn etwas Knappes von vielen Menschen aufgrund der subjektiven individuellen „Wert-Schätzung“ nachgefragt wird, entsteht ein ökonomisches Gut beziehungsweise bildet sich ein Preis.

Hier wird eine Verbindung zum moralischen Kontext offensichtlich. Beispielsweise ging man früher selbstverständlich davon aus, dass die Altenpflege umsonst in der Familie wahrgenommen wird. Heute gibt es parallel die Altenpflege durch Dienstleister, die dafür einen Preis berechnen. In beiden Fällen ist die Pflege für die alten Menschen wertvoll.

„Hinwenden“ ist eine der etymologischen Wurzeln des Wortes „Wert“. Wert entsteht durch unsere Hinwendung, durch unsere individuelle subjektive Einschätzung, ob das Gut oder die Dienstleistung dazu beiträgt, unsere Bedürfnisse zu befriedigen. 

Dass auch „Wert“ von jener Sprachverwirrung betroffen ist, die bei vielen anderen Worten – von abstrakten Begriffen wie „Freiheit“ bis zu konkreten Alltagsgegenständen wie „Messer“ – sichtbar wurde, liegt daran, dass die geschilderten Erkenntnisse unzureichend verbreitet sind und manchmal bewusst ignoriert werden. 

Kommunisten und Sozialisten unterschiedlicher Couleur hängen weiter der (widerlegten) Arbeitswertlehre an. Andere Ideologen verallgemeinern ihre eigene subjektive Wertvorstellung und ignorieren den individualistischen Charakter des Wertes.

Der letztgenannte Punkt birgt – selbst dann, wenn sich auf Experten berufen wird – enorme Sprengkraft. Wenn bestimmte Handlungen gesetzlich verboten oder erzwungen werden, wird eine davon abweichende Handlung auf Basis der eigenen Bewertung illegal. Und das auch dann, wenn alle Beteiligten sich freiwillig auf die Handlung verständigt haben und keine externen Effekte auftreten.

„Du sollst“ ist Wollen für andere

Ein Vertreter der ideologischen Perspektive würde dem vermutlich entgegenhalten, dass Gesetze immer gut beziehungsweise im Interesse der Gemeinschaft seien. Doch ein Blick in die Geschichte zeigt, dass dies leider nicht zutrifft. Auch aktuelle Gesetzesvorhaben widersprechen dieser Annahme.

Unterschiedliche Wertvorstellungen führen dazu, dass die praxeologische und die ideologische Perspektive tatsächlich unvereinbar werden. Der Begriff „Praxeologie“ wurde vom Ökonomen Ludwig von Mises (1881–1973) geprägt.

Es ist zwar möglich, die konträre Sicht zu verstehen und somit auch eine aufgeheizte Diskussion abzukühlen. Doch eine Gleichzeitigkeit beider Positionen ist nur auf der Ebene der Worte möglich. Geht es um die Ebene der Taten und werden ideologische Vorstellungen in die Praxis umgesetzt, beendet dies die Möglichkeit, (im jeweils betroffenen Bereich) davon abweichende freiwillige Handlungen auf Basis eigener Bewertungen vorzunehmen.

Wenn Machtverhältnisse beispielsweise dazu führen, dass alle Menschen eine graue Einheitskleidung tragen müssen, kann ein Mensch, der aufgrund seiner Bedürfnisse und Wertvorstellungen farbenfrohe – vielleicht sogar selbst kreierte – Kleidung tragen möchte, dies nicht tun.

Immer dann, wenn Menschen mit Macht ihre Wertvorstellungen für alle anderen Menschen zum Gesetz machen, geschieht dies. Handlungen auf Basis der eigenen Be-Wertung unter Berücksichtigung aller relevanten Informationen werden unmöglich, auch wenn es um Ernährung, Heizung oder die Art der Fortbewegung geht.

Ideologie versus Freiwilligkeit

In der „idealistischen Perspektive“ ist ein „höheres Ideal“ beziehungsweise eine Idee wichtiger ist als der einzelne Mensch und dessen individuelles Streben nach Glück. Kollektivistisch, planwirtschaftlich oder sozialistisch-kommunistisch sind einige Stichworte, welche diese Welt kennzeichnen. Hinzu kommen Merkmale wie Marktfeindlichkeit und die Befürwortung weitgehender politischer Eingriffe zulasten individueller Entscheidungsfreiheit.

Die „praxeologische Perspektive“ geht davon aus, dass freiwillige praktische Handlungen einzelner Menschen den Dreh- und Angelpunkt darstellen und die jeweiligen Weltanschauungen zurücktreten. Individualistisch, marktwirtschaftlich, klassisch liberal sind einige Stichworte, welche diese Welt kennzeichnen. Hier geht es um Dezentralität und die Ablehnung weitgehender politischer Eingriffe.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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