Weltliteratur: Romantische Beziehungen ein Leben lang

„Sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende“ – mit diesen Worten enden viele Märchen. Doch in der Realität passieren Glück und Zufriedenheit nicht einfach, sondern müssen von den Liebenden bewusst herbeigeführt werden. Große Werke der Weltliteratur geben dazu nützliche Tipps.
Ehe
Mithilfe der großen Klassiker können wir Aspekte des menschlichen Lebens kennenlernen – und so die persönliche Erfahrung in ihrem Schmerz abmildern. Foto Venerala/iStock
Von 8. Juli 2024

In vielen Büchern und Filmen kommt nach der Hochzeit das Happy End. Dem folgt die Annahme, dass danach ein glückliches und zufriedenes Leben einfach „passiert“. Im echten Leben beginnt das eigentliche Abenteuer jedoch erst nach dem Ja-Wort.

Viele Klassiker analysieren tiefgründig die Realitäten des Ehelebens: die unvergleichlichen Freuden als auch die Sorgen. Hier sind einige klassische Weisheiten, die für jeden, ob verheiratet oder nicht, inspirierend und praktikabel sein können.

Eine überstürzte Ehe

„David Copperfield“ von Charles Dickens aus dem Jahr 1850 erzählt die Lebensgeschichte von David Copperfield, von der Kindheit bis zum Erwachsenwerden. David ist ein gutmütiger, ernster Junge, der heranwächst und sein Glück in der Welt sucht. Selbst als junger Erwachsener bewahrt er sich eine gewisse Kindlichkeit und Unschuld – teils im Sinne moralischer Güte, teils im Sinne von Naivität und Unwissenheit.

Nach der Schule arbeitet der junge David für einen Geschäftsmann namens Mr. Spenlow, der eine charmante und hübsche Tochter hat. David verliebt sich in sie. Und plötzlich drehen sich alle seine Energien und Tagträume, ja sogar sein Leben, um Dora. Seine Seele ist beflügelt vom Erröten und Erblühen der ersten Anziehungskraft der Jugend und David stellt seine Angebetete auf ein Podest.

„Ich glaube nicht, daß ich mir eine bestimmte Vorstellung darüber machte, woher Dora sei und welchem Range höherer Wesen sie angehöre, aber das weiß ich bestimmt, daß ich den Gedanken, sie sei einfach irdischer Abkunft, wie jede andere junge Dame auch, mit Entrüstung und Verachtung zurückgewiesen hätte.“ (Kapitel 33, übersetzt von Richard Zoozmann, um 1900)

Von seiner Zuneigung mitgerissen, heiratet David Dora so bald wie möglich. Das Problem ist, dass Dora, obwohl sie gutmütig und gutwillig ist, genauso ein Kind ist wie David – vielleicht sogar noch mehr. Sie ist leichtsinnig, verantwortungslos und schlecht erzogen. Als sie nach den Flitterwochen ihr Eheleben beginnen, dämmert es David, dass er sich keine Frau mit Charakter ausgesucht hat. Er hat sich eine Romanze mit hübschem Lächeln, berauschendem Charme, Flirten und Unreife geangelt.

In der Praxis kann Dora zum Beispiel keinen Haushalt führen oder die Dienerschaft des Paares anleiten. So leben sie im Chaos. Als David versucht, sie darauf anzusprechen, weicht sie der Frage aus. Sie zeichnet kokett mit einem Bleistift auf seine Nase und Stirn, bricht dann in Tränen aus und nennt ihn „böser Mann“. (Kapitel 44)

Geduld haben und die Konsequenzen tragen

Später, als er das Thema mit seiner Tante bespricht, gibt sie ihm diesen Rat:

„Ihr seid noch nicht lange verheiratet […] und Rom wurde nicht an einem Tage gebaut und auch nicht in einem Jahre. Du hast frei gewählt, […] und du hast ein sehr hübsches und dich zärtlich liebendes Mädchen gewählt. Es ist deine Pflicht und es wird auch deine Freude sein – das weiß ich natürlich, ich will dir keine Vorlesung halten –, sie nach den Eigenschaften, die sie hat, zu schätzen, und nicht nach den Eigenschaften, die sie nicht hat. Die letztern mußt du in ihr entwickeln, wenn du kannst. Und wenn du es nicht kannst, Kind […] so mußt du dich eben gewöhnen, ohne sie auszukommen.“

Hier macht Davids Tante mehrere Beobachtungen: Erstens muss David mit seiner Entscheidung leben. Auch wenn sie nicht die klügste war, kann er dennoch eine erfolgreiche Ehe führen. Zweitens erfordert die Ehe Arbeit und Geduld, da beide Ehepartner hoffentlich versuchen, sich zum beiderseitigen Nutzen zu verbessern. Und drittens sollte man seinen Ehepartner mit seinen einzigartigen Stärken und Schwächen akzeptieren und sollte sich nicht wünschen, dass er jemand anderes wäre.

Erfolgreiche und erfolglose Ehen

In ihrem 1813 erschienenen Roman „Stolz und Vorurteil“ legt Jane Austen eine detaillierte Charakterstudie vor und beschreibt die Beziehung der Charaktere zu erfolgreichen und erfolglosen Ehen.

Beispielsweise empfindet Elizabeth die Ehe ihrer Eltern als eine Warnung. Ihre Mutter ist berühmt für ihre Torheit, Geschwätzigkeit, Kleingeistigkeit sowie ihre Besessenheit, ihre Töchter verheiraten zu wollen – und ihre absolute Unfähigkeit, ihren Mann zu verstehen oder seinen Standpunkt nachzuvollziehen. Er amüsiert sich damit, sie zu ärgern. Es ist eine Ehe mit ungleichen Gemütern und Temperamenten.

Austen erzählt: „[Elizabeths] Vater hatte, gefangengenommen von Jugend und Schönheit und diesem Anschein guter Stimmung, den Jugend und Schönheit gewöhnlich vermitteln, eine Frau geheiratet, deren schwacher Verstand und engstirniges Denken und Fühlen in ihrer Ehe schon sehr zeitig aller wirklichen Liebe zu ihr ein Ende gesetzt hatte. Respekt, Wertschätzung und Vertrauen waren für immer dahin gewesen und alle seine Vorstellungen von häuslichem Glück vernichtet.“ (Kapitel 42, übersetzt von Helga Schulz, 1997)

Ähnlich wie David Copperfield gab Mr. Bennet einer Verliebtheit nach, die auf Äußerlichkeiten und nicht auf der Tiefe des Charakters beruhte.

Die Rolle der Vernunft in der Ehe

Als Gegensatz dazu führt Austen das Beispiel von Elizabeths Freundin Charlotte Lucas an. Ihre Einstellung zur Ehe ist genau das Gegenteil. Sie entscheidet sich für eine lieblose, gefühllose Ehe mit einem Possenreißer namens Mr. Collins, nur weil sie dadurch materielle Sicherheit und Komfort anstrebt. Sie glaubt, dass man nichts tun könne, um die Chancen auf Glück in der Ehe zu verbessern, und es keinen Sinn ergebe, es zu versuchen. „Eine glückliche Ehe ist reiner Zufall. […] Es ist besser, man weiß so wenig wie möglich von den Fehlern des Menschen, mit dem man den Rest des Lebens verbringen wird.“ (Kapitel 6, übersetzt von Andrea Ott, 2003)

Elizabeth lernt aus den Erfahrungen ihres Vaters mit einer übermäßig gefühlsbetonten Ehe und ihrer Freundin mit einer gefühlsarmen Ehe, dass eine gute Ehe ein Gleichgewicht zwischen Gefühl und Vernunft, zwischen Emotion und Voraussicht braucht. Besonders durch ihre Beziehung zu Darcy erkennt sie, wie wichtig eine auf Tugend basierende Ehe ist. Ein Teil des Charmes der beliebten Liebesgeschichte zwischen Elizabeth und Darcy liegt darin, dass sie sich gegenseitig verbessern. Sie fordern einander heraus – zunächst aus Zorn, später aus Liebe.

Als Elizabeth Darcys ersten Heiratsantrag ablehnt, weist sie seinen übermäßigen Stolz zurecht. Daraufhin zwingt Darcys ehrenhaftes Verhalten gegenüber Elizabeth und ihrer Familie sie, ihren Irrtum über seinen Charakter einzusehen. Sowohl sein Stolz als auch ihr Vorurteil werden überwunden. Indem sie einander helfen, ihre Fehler zu erkennen und zu korrigieren, schaffen Elizabeth und Darcy eine stabile Grundlage für ihre Ehe.

Über den Autor:

Walker Larson ist freiberuflicher Journalist mit dem Themenschwerpunkt Kultur. Er hat einen Master-Abschluss in englischer Literatur und Sprache und unterrichtete früher Literatur und Geschichte an einer privaten Akademie im US-Bundesstaat Wisconsin. Er veröffentlichte zudem die zwei Romane „Hologram“ und „Song of Spheres“.

Zuerst erschienen auf theepochtimes.com unter dem Titel „3 Great Literary Works About Marriage“. (redaktionelle Bearbeitung as)

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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