Brief aus Brasilien: Die mediale und tatsächliche Wirklichkeit auf der Straße
Es war die mit Abstand größte Demonstration, die wir je gesehen und besucht haben: Am 7. September standen wir inmitten einer riesigen Menschenmenge in São Paulo. Um uns herum herrschte ein Farbenmeer in Grün und Gelb – die Landesfarben von Brasilien, in der sich die Menschen kleideten.
Wie kam es dazu? Am 5. September erreichte uns eine Nachricht einer brasilianischen Journalistin. Sie bat uns, Bilder und Videos der Demonstrationen vom Unabhängigkeitstag Brasiliens am 7. September in Europa zu teilen. Kurzentschlossen flogen wir am Montag, dem 6. September selbst nach São Paulo.
Wir konnten direkt von der Bühne aus in die Welt berichten, auf der der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro zu Hunderttausenden seiner Landsleute sprach.
Die Massenmedien warnten im Vorfeld der Demonstrationen vor bevorstehenden Gewalteskalationen und sogar vor einem Putsch. Nichts dergleichen ist passiert, was uns auch nicht überrascht hat. Die Stimmung war friedlich, freundlich und von Nationalstolz geprägt – Letzteres gibt es in Deutschland ja nur noch bei Fußballgroßereignissen.
Der brasilianische Präsident, der in den europäischen Medien wechselweise als vermeintlicher Rechtsextremist, Diktator oder Verantwortlicher für einen Corona-Genozid dargestellt wird, wurde von der Menge frenetisch gefeiert. Nicht nur in Sao Paulo, sondern auch zuvor in der Hauptstadt Brasilia und im ganzen Land. Viele Millionen waren auf der Straße. Man stelle sich vor, Angela Merkel lädt am 3. Oktober zu einer Rede an der Siegessäule in Berlin ein. Wie viele würden kommen? Wie viele würden jubeln?
Unser Interesse war geweckt und wir versuchten, über unsere Kontakte ein Interview mit dem Präsidenten zu bekommen. Das gelang uns einige Tage später auch. Wir lernten einen Menschen kennen, der aus der Mitte des Volkes kommt und sich für sein Volk einsetzt. Einen Mann der klaren Worte, konservativ und darauf bedacht, die, wie er sagt, kommunistische Bedrohung für sein Land abzuwehren. Ein Politiker, der sich morgens auf dem Weg zur Arbeit regelmäßig den Fragen seiner Bevölkerung stellt.
Wir führten in der letzten Woche eine Vielzahl von Interviews mit Abgeordneten und Ministern, die sich bereitwillig unseren Fragen stellten. Eins fiel uns dabei besonders auf, in Brasilien wird Klartext gesprochen, politisch „korrekte“ und zurückhaltende Ausdrucksweise kommt eher selten vor. Der Tourismusminister zeigte uns anhand von Zahlen auf, wie es wirklich um den Regenwald und die fantastische brasilianische Natur steht. Zwei Drittel des Landes sind auch heute noch, um es mit seinen Worten zu sagen, „so wie zu den Zeiten von Jesus Christus“. 59 Prozent der Landesfläche, fast 5 Millionen Quadratkilometer, sind bewaldet, der weit überwiegende Teil davon ist nach wie vor vom Menschen unberührter Urwald und das soll auch so bleiben.
Brasilien hat es geschafft, trotz Corona-Krise seine Investitionen in die Infrastruktur in den letzten zwei Jahren deutlich zu steigern. Ausländisches Kapital wird gezielt angezogen, es gibt auch vielfältige Möglichkeiten, in grüne Anleihen zu investieren.
Masken als Sinnbild der Coronamaßnahmen sind auch in Brasilien in geschlossenen Räumen allgegenwärtig, Temperaturmessungen am Frühstücksbuffet und im Kaufhaus ebenso. Allerdings gehen die Menschen mit der Thematik wesentlich lockerer und freundlicher um, man bleibt immer menschlich und respektvoll.
Bezüglich der Imagekampagne unterscheidet sich Brasilien deutlich von Deutschland. Die Masse der Bevölkerung informiert sich nach wie vor in den Massenmedien, daher ist das Vertrauen in die Impfung sehr hoch und die Impfquoten sind entsprechend.
Die Impfquote in São Paulo beträgt beispielsweise – nach offiziellen Statistiken – inzwischen (unmögliche) 104 Prozent, wobei wohl auch Auswärtige geimpft wurden. Unabhängig davon gehen die Experten, mit denen wir vor Ort gesprochen haben, davon aus, dass am Ende eine landesweite Impfquote von über 90 Prozent realistisch ist, in den Metropolen auch von über 95 Prozent.
Doch auch auf Demonstrationen für den Präsidenten, der selbst ungeimpft und ein großer Kritiker der Impfung ist, ist es völlig normal, dass dort sehr viele Geimpfte teilnehmen. Es gibt keine Spaltung zwischen Geimpften und Ungeimpften.
Am letzten Wochenende haben wir noch zwei kleinere Demonstrationen besucht. Eine für und eine gegen den Präsidenten. Bei beiden Demonstrationen fiel uns auf, dass die Protestplakate häufig in Englisch waren, offenkundig um das internationale Publikum zu erreichen. Auf einem Plakat der Pro-Bolsonaro-Demonstration lasen wir sogar den Satz, „Brasilien ist gegen den Kommunismus“ auf Deutsch.
Wenige Stunden später konnten wir beim ebenfalls sehr friedlichen und überschaubaren Gegenprotest eine Vielzahl von roten Hammer- und Sichelfahnen feststellen. Das Symbol des Marxismus-Leninismus, welches die Fahnen vieler kommunistischer Staaten ziert und zierte. Auf den Straßen spielt es allerdings keine relevante Rolle.
Markus Haintz ist seit 2016 als Rechtsanwalt tätig. Er ist Gründungsmitglied der Anwälte für Aufklärung.
Vicky Richter, freie Journalistin, ist ehemalige Zeitsoldatin der Bundeswehr (SAZ 8) und zertifizierte Sozialtherapeutin.
Dieser Artikel erscheint in der Wochenzeitung der Epoch Times vom 18.09.2021.
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