Engel und Ihresgleichen

Weihnachtszeit ist Engelzeit - Rührseliger Kitsch und die Sehnsucht nach Geborgenheit
Titelbild
Foto: Andreas Rentz/Getty Images
Von 6. Dezember 2009

Überall sieht man sie jetzt, nicht nur in der Adventszeit, aber nun wirklich unvermeidbar an jeder Ecke, in jeder Zeitung, in jedem Schaufenster, im Fernsehen: kleine pausbäckige lockige Engelchen mit dekorativen Flügeln. eher etwas pummelig bis feist und sich hinwegträumend, so gar nicht dem Bild des modernen Kindes entsprechend, das schon früh aus dem Bildungsnotstand Familie in Kindertagesstätten geschickt und dort zu einem aufmerksamen, intelligenten und angepassten Gesellschaftsmitglied herangebildet wird. Nein, so sehen diese kleinen Flügelwesen eher nicht aus.

Event-Nostalgie

Dann gibt es ja auch noch die Rauschgoldengel, die scheinen bereits ausgewachsen, tragen aber auch einen etwas abwesenden Blick und ein Lächeln, das von heutigen Beobachtern eher mit anderen Begriffen als „liebreizend“ belegt wird. Auch die netten jungen Fräuleins in weißen langen Roben mit goldenen Flügeln – oder zusätzlich noch mit Federchen geschmückt – machen jetzt den Weihnachtsmännern Konkurrenz um die Aufmerksamkeit der Kaufhaus-Kunden oder als Marketing-Gag für Weihnachtsmärkte und Fußgängerzonen oder andere Events solcher Art. Mittlerweile gibt es das Engel-Outfit auch in minimaler Stoffausstattung für äußerst private Zwecke, die nun gar nichts mit himmlischen Gefilden, sondern eher dem Gegenteil zu tun haben.

Kirchen-Nostalgie

Dann gibt es auch noch Engel in den Religionen, fast überall weltweit kommen geflügelte Wesen vor, Boten der himmlischen Welten, die eine Botschaft bringen, um die Menschen zu mahnen oder einen Auftrag erfüllen sollen. Aber auch das erinnert heute viele mehr an die kultigen „Blues Brothers: Wir sind im Auftrag des Herrn unterwegs!“ oder an Superman mit seinen übernatürlichen Fähigkeiten und seiner Herkunft aus fremden Himmeln. Diese Kultfiguren der letzten Generationen schützen wohl auch das Gute in der Welt, doch mit eher ungewöhnlichen Methoden und ungeahnten Folgen.

Damit sind sie aber möglicherweise in ihrer Botschaft näher dran als die süßen Zuckerguss-Engelchen. Schließlich waren in früheren Zeiten die Engel, besonders aber die Erzengel, von den Menschen gefürchtet. So verwehrte einer den Zutritt zum Paradies, der Grund für den Rauswurf blieb gerne vergessen. Ein anderer, der auch Engel der Barmherzigkeit oder Todesengel genannt wird, kam um die Menschen zu holen, damit über sie befunden werden kann, ob sie des Himmels würdig sind oder doch eher in der Hölle schmoren sollten bis zum Jüngsten Tag wenn das Jüngste Gericht anbricht. Auch mit Erzengel Michael, der als Anführer die Himmlischen Heerscharen in die letzte Schlacht führt, wollte man doch direkt lieber nichts zu tun haben – wenn, dann lieber von ferne. Schließlich wusste man früher auch noch in diesem Punkt, was sich so gehört gegenüber den Himmlischen.

Mahnung des Himmels

Heute sind eher Schutzengel im Trend. Vor allem solche Menschen, die sich nicht selber bemühen wollen um besseren Lebenswandel, Gesundheit und schon gar das Wort „Tugend“ verlachen oder für der heutigen Zeit nicht angemessen halten. Gerade solche Leute tragen ein Schutzengelchen am Schlüsselbund, als Fußkettchen, Ohrhänger, Hosenschmuck oder sogar als Tattoo. Auch als Raumschmuck mittlerweile ganzjährig beliebt entzücken sie ihre Besitzer auf Bettwäsche als Kerzenhalter und in vielerlei Kleinteilen und man hört solche Banalitäten wie „Es kann ja nicht schaden.“ Oder „Sie sind doch so niedlich!“

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Der Schutzengel-Glaube ist noch nicht sehr alt. Dass ein Kind einen Hüter im Himmel habe, hat man erst spät mit der Auslegung eines Bibelzitats begründet. Die katholische Kirche hat erst 1670 ein Schutzengel-Fest erfunden und auf den 2.Oktober festgelegt. Doch ist es unter Christen, Juden und Moslems üblich, an einen persönlichen Helfer im Himmel zu glauben, der einem hilft, wenn man vom rechten Weg abkommt. Im Buddhismus übernehmen Bodhisattvas eine ähnliche Rolle, indem sie bedingungslos jenen helfen, die nach dem rechten Weg zur Erleuchtung suchen. Aber in allen Himmeln sind die Schutzengel in der Hierarchie der Engelwesen erst in der untersten Position und können sich ihren Aufstieg erst verdienen. Daran erinnert wird oft in Filmen wie „Ist das Leben nicht schön?“ mit Hollywood-Star James Stewart oder „Ein himmlischer Freund“ mit Raubein Heinz Hönig, die auf sympathische Weise zeigen, wie sich Erst-Engel ihre Flügel verdienen.

Ehrfurcht

Wenn Engel auftauchen auf der Erde, dann war und ist das für die Menschen immer etwas Außergewöhnliches, etwas Übernatürliches, das große Ereignisse ankündigt. Auch weil die Augenzeugen so berührt waren von dem Unaussprechlichen, geschah es, dass ihre Erzählungen und Beschreibungen alle mitrissen und noch heute mitreißen. Das Fremde ist den Menschen immer unheimlich, also ist es völlig klar, dass ein solches Engel-Lichtwesen, als welches es gemeinhin beschrieben wird, zuerst mal sagt: „Fürchte dich nicht!“ oder „Fürchtet euch nicht!“. Und als nächstes erklärt, in wessen Auftrag es handelt und um was es geht.

Alle, die so etwas erlebt haben – oder auch nur die Erzählung von Augenzeugen – die können es deutlich spüren, diese Kraft, die dahinter steckt. Und sehen, wie ein solcher Erzähler plötzlich selbst zu strahlen beginnt, erst die Augen, dann strafft sich die Gestalt, dann kommt eine Ausstrahlung, die das Wörtchen „Charisma“ nicht fassen kann – eher schon „erleuchtet“ – ein Strahlen, das von Innen kommt, von dort wo die Seele berührt wurde und nun andere Seelen berührt.

Wem so etwas geschieht, der vergisst es nie mehr – sondern entscheidet sich für sein Leben neu im Wissen um eine Höhere Macht, die in diesem Erleben ihren Ausdruck findet. Und entwickelt eine Art „Ehrfurcht“, das ist eine Art Respekt und Demut dem Schöpfer und dem Leben gegenüber, eine Ehrfurcht, die begründet ist auf dem inneren Wissen, das nicht gelernt und gelehrt werden kann – ein Wissen, so alt wie die Welt und nur durch Berührung des Herzens erfahrbar.

 

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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