Ein deutsches Leben – von DDR-Ausreise bis zur Selbstfindung im geeinten Deutschland

Die Berlinerin Frau H., erzählte uns den Teil ihrer Lebensgeschichte der eng mit der DDR verbunden war, eine Geschichte von Trennung und Ankunft – Hoffnung und Isolation, bei dem Wunsch sich selbst – hinaus über die einst getrennten Teile Deutschlands – zu finden.
Titelbild
Eine Rose in einem erhaltenen Teilstück der Berliner Mauer.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 19. Juli 2010

Frau H. war vor dem Mauerfall als Dipl.-Ing. für Bekleidungstechnik am Modeinstitut der DDR in Berlin angestellt. Ihr ging es gut. Sie war in der Abteilung für internationale Zusammenarbeit als Dolmetscherin tätig. Sie war beruflich erfolgreich und stand mitten im Leben. Doch nur einige Jahre später war sie in der DDR entmutigt. Getrennt vom Ehemann und ohne Arbeit suchte sie einen neuen Weg. Was war passiert?

Die Tätigkeit im Modeinstitut brachte viel Arbeit mit sich, doch war sie auch aufgrund der vielen beruflichen Kontakte interessant. Dann jedoch ereignete sich eine entscheidende Wendung in ihrem Leben. Ihr Ehemann erhielt, angestellt als Kameramann beim DDR-Fernsehen, das Angebot im Bonner Büro des DDR-Fernsehens arbeiten zu können.

Er nahm das Angebot an und sie ging notgedrungen mit ihm in die BRD und begann eine Ausbildung zur Kameraassistentin. Das Bonner Büro war damals mit insgesamt vier Mitarbeitern besetzt. Es war zuständig für die Berichterstattung aus der Schweiz, den Niederlanden und der BRD. Das bedeute es gab viel Arbeit und alle vier waren fast pausenlos unterwegs.

Das Bild vom 23. September 1992 zeigt den ehemaligen DDR-Politiker und -Händler Alexander Schalck-Golodkowski im Bundestag bei seiner Ankunft für eine Untersuchungskommission in Bonn. Foto: MARTIN GERTEN/DPA/AFP über Getty Images

Sie versuchten die DDR mit „neuem“ Gesicht darzustellen, selbstbewusst und präsent entsprechend der neuen politischen Leitlinie. Der Druck der auf ihnen lastete war enorm, die Aufgabe brisant.

Vielleicht war dies mit ein Grund für den hohen Alkoholkonsum, gerade bei ihrem Ehemann. Denn die Berichterstatter standen regelmäßig unter doppelter „Aufsicht“, zum einen durch den Geheimdienst der Bundesrepublik, zum anderen durch Vorgesetzte und verdeckte Mitarbeiter aus dem eigenen Land die die Arbeit des Teams genau überwachten.

Ständige Vertretung schickt beide zurück in die DDR

Nach einer Ausstellungseröffnung in der Krupp-Villa „Hügel“ in Essen vor ausgewählten Gästen aus Politik, Wirtschaft und Kultur, machten sich Frau H. und ihr Ehemann auf den Heimweg. Mit dem Auto unterwegs wurden sie durch Polizeikräfte angehalten, ihr Mann fuhr Schlangenlinien.

Zur Blutabnahme wurde er ins nächstgelegene Krankenhaus gefahren. Frau H., auf sich allein gestellt, kehrte zur Krupp-Villa zurück und wandte sich an den dortigen Pressereferenten. Er half mit einem Fahrer und einem Wagen aus. Die DDR-Führung sah aufgrund dieses – aus ihrer Sicht – diplomatisch äußerst unsensiblen Verhaltens höchste Eile geboten schnell zu Handeln.

Eine Veranstaltung in der Krupp-Villa „Hügel“ in Essen. Foto: ROLF VENNENBERND/AFP über Getty Images

Noch am selben Abend wurde ihrem Mann in der Ständigen Vertretung der DDR in Bonn mitgeteilt, dass er am nächsten Morgen zusammen mit seiner Frau wieder in die DDR einreisen müsse. Notdürftig ausgestattet wurden sie in einem Transporter in die DDR zurückgeführt. Ihr Mann wurde von da an schwerpunktmäßig eingesetzt für Berichte zum Braunkohletagebau und zu „Ernteerfolgen“. Sie war ab sofort ohne Arbeit.

Sie spürte Neid und Missgunst

Frau H. versuchte nun wieder in ihrem alten Berufsfeld tätig zu werden. An ihrer alten Arbeitsstelle teilte man Frau H. jedoch mit, dass man auf ihre Mitarbeit keinen Wert lege. Auch in ihrem privaten Umfeld hatte sich einiges nach der erzwungenen DDR-Heimkehr geändert, sie spürte Neid und Missgunst, hatte sie doch eine Zeit lang in der BRD Privilegien genossen, die ihren Bekannten und Freunden verwehrt waren. Durch diese schmerzhaften Erfahrungen änderte sich ihr Bild von der DDR und sie fühlte sich dort zunehmend eingeengt.

Über verschiedene berufliche Zwischenstationen gelangte sie schließlich an eine Stelle als Gewandmeisterin im Abenddienst einer Oper. Die Tätigkeit gefiel ihr, doch litt sie unter der Arbeitszeit bis spät in die Nacht. Ihr Ehemann brach eine Entziehungskur ab und begann wieder zu trinken. Sie ließ sich daraufhin von ihm scheiden.

Die neuen Erfahrungen in der DDR, Neid, Ausschluss, Vorurteile initiierten eine Entwicklung bei Frau H. in der ihr die weit verbreitete Haltung der Menschen in der DDR, eine private und eine offizielle Meinung zu haben, zunehmend unaufrichtig erschien und das tägliche Heucheln ihr zu schaffen machte.

Ihre Ideale in der sozialistischen Gesellschaft schwanden

Ihr Ideal durch eine humanistische pazifistische Gesinnung könne sie in ihrer leitenden Funktion dazu beitragen, dass die sozialistische Gesellschaft funktioniere schwand. Ihr Bild, die sozialistische Gesellschaftsordnung stehe für hohe Ideale und wird diese auch umsetzen können, bröckelte. Schließlich erkannte sie, dass deren Verwirklichung eine Utopie war und fühlte sich mehr und mehr isoliert.

Geschäfte in der Karl-Marx-Allee, ehemals Stalinallee, in Ostberlin / DDR, Deutschland, um 1965. Foto: Harvey Meston/Archivfotos/Getty Images

Dann traf sie eine ehemalige Kollegin aus dem Modeinstitut wieder. Sie berichtete, dass sie bereits einen Ausreiseantrag gestellt hätte und ermutigte Frau H. dies auch zu tun. Ihr Entschluss stand schnell fest, sie wollte auch diesen Weg gehen und ihr Leben erfuhr erneut eine tiefgreifende Wendung.

Die Arbeitssituation verschlechterte sich gravierend

Nach dem Einreichen des Ausreiseantrags in der Abteilung für Inneres beim Rat des Stadtbezirkes Prenzlauer Berg erhielt sie keine Rückantwort. Auf Nachfrage hieß es kurz und knapp, sie sei „nicht antragsberechtigt“, da sie zu viel wisse und ihre Gründe für eine Ausreise nicht ausreichen würden.

Daraufhin stellte sie ihn erneut und berief sich abermals auf die KSZE-Schlussakte von Helsinki 1975, in der, im sogenannten „Menschenrechtskorb 3“, unter anderem das Recht auf die freie Wahl des Wohnsitzes deklariert ist.

Nach der Antragstellung wurde sie in die Kaderabteilung (Personalabteilung) ihrer Arbeitsstelle gerufen und aufgefordert, den Ausreiseantrag zurückzuziehen. Gleichzeitig stellte man ihr als Gegenleistung eine Verbesserung ihrer betrieblichen Situation in Aussicht. Frau H. jedoch blieb bei ihrer Entscheidung. Daraufhin verschlechterte sich ihre Arbeitssituation gravierend. Nach einer Zwangsversetzung wurden ihr nun Aufgaben, wie das Sortieren von Garnrollen nach Farbe, die Überprüfung der 2.500 Beintrikots auf Laufmaschen oder die Einarbeitung eines Schuhbestandes (4.000 Paar) in ein Karteikartensystem übertragen.

Die Absicht dahinter war eindeutig. Da sie aber ihren Arbeitsplatz behalten wollte – die Angst „allein auf der Straße zu stehen“ war groß – führte sie die Aufgaben ordnungsgemäß aus. Allerdings fragte sie an, wie lange sie noch in diesem Bereich arbeiten müsse. Daraufhin bot man ihr zwei Optionen an. Entweder sie kündigt von sich aus oder sie wechselt in den Garderoben- und Toilettendienst für die Abendveranstaltungen.

Zum ersten Mal spürte sie, dass sie nicht allein war

Sie entschied sich für die zweite Option. In der neuen Abteilung angekommen lernte sie viele Kollegen kennen, die ebenfalls einen Ausreiseantrag gestellt hatten, darunter eine Germanistin, eine Porzellanmalerin, einen Architekten, einen Arzt und eine Lehrerin. Sie bildeten zusammen eine kleine Gemeinschaft, in der Frau H. zum ersten Mal spürte, dass sie nicht allein war.

Es begann ein reger Austausch untereinander, was so weit ging, dass während den Vorstellungen gemeinsam Englisch und Französisch gelernt wurde. Was der Gemeinschaft Kraft schenkte war die Hoffnung, dass die Ausreiseanträge eines Tages bewilligt werden, berichtet uns Frau H. Allesamt waren sich einig darüber, dass sie während ihrer Ausbildung in der DDR stark gefördert wurden und ihnen scheinbar alles offenstand, dann sie jedoch im beruflichen Alltag vielerlei Einschränkungen und Reglementierung zu spüren bekamen.

Im Jahre 1988 schloss sie sich dem Kirchenkreis „Frieden, Bewahrung der Schöpfung und Erhaltung der Menschenrechte“ an. Durch den Kirchenkreis, eine junge Friedensbewegung, die sich regelmäßig in der Bekenntniskirche in Berlin-Treptow traf, erhoffte sie sich Hilfe und mehr Kontakt zu Gleichgesinnten. In verschiedenen Arbeitskreisen wurden Informationen zu Missständen in der DDR zusammengetragen und im Rahmen von Andachten oder Podiumsdiskussionen verbreitet.

Die Kirchengemeinde unter Leitung des engagierten Pfarrer Werner Hilse (verstorben Okt. 2004) bot hierfür den nötigen Schutz. Kurios, viele Plätze waren während den Andachten durch Mitarbeiter der Staatssicherheit (Stasi) belegt. Schätzungen sprechen von rund 200 verdeckten Mitarbeitern bei 800 Zuhörern, die hier nun Zugang zu Kritik an der DDR erhielten und alles notierten.

Stasi benutzte beigefarbene Ladas

Neben den Andachten oder Podiumsdiskussionen waren Wortmeldungen einzelner Mitglieder der Friedensbewegung bei den Wahlkampfveranstaltungen zu den Kommunalwahlen ‘89, wo sich die Kandidaten vorstellten, eine neue Form der „Öffentlichkeitsarbeit“. Hier wurden kritische Fragen gestellt und die zur Wahl Angetretenen mit den Ergebnissen der Recherche konfrontiert.

Die Stasi nahm jedoch Frau H. ins Visier und verweigerte ihr den Zutritt zu diesen Veranstaltungen. Zuvor hatten Staatssicherheitsoffiziere sie an ihrer Arbeitsstätte aufgesucht und ihr mitgeteilt, dass ihre Teilnahme bei diesen Veranstaltungen nicht erwünscht sei und eine Verhaltensänderung in dieser Hinsicht mit der Inaussichtstellung der Ausreise honoriert würde.

Darauf ließ sich Frau H. nicht ein, sie ahnte eine Finte und nahm weiter daran teil. Von da an fiel ihr häufiger auf, dass Fahrzeuge vor ihrem Haus warteten [Anm. d. Red. vornehmlich beigefarbene Ladas – ein russisches Automodell], in denen sich ständig zumeist zwei Personen aufhielten. Diese Fahrzeuge begleiteten sie morgens auf dem Weg zum Bäcker oder zum Zeitungskiosk und wieder zurück zu ihrer Wohnung. Das Gleiche geschah morgens, wenn sie zur Arbeit fuhr und spätabends heimkehrte.

Das 1988 aufgenommene Bild zeigt eine Straßenszene an der Kreuzung Buchholzer Straße und Greifenhagener Straße im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg im damaligen Ostberlin / DDR; im Hintergrund ist der Kirchturm der Gethsemanekirche zu sehen. Foto: JEAN-PHILIPPE LACOUR/AFP über Getty Images

Was Frau H. an der Situation ängstigte, war das Risiko inhaftiert zu werden und psychischer Folter ausgesetzt zu sein. Die Anwesenheit solcher „Bewacher“ stellte keine Seltenheit bei Ausreisewilligen oder DDR-Kritikern dar. Viele der Kirchenkreismitglieder machten ähnliche Erfahrungen.

Ausreise bewilligt

Völlig unerwartet erhielt sie dann die Information, dass ihre Ausreise doch noch bewilligt wurde – das Durchhalten hat sich gelohnt. Aus den Unterlagen geht hervor, dass bereits am 10. Mai 1989 die Ausreise von Frau H. bewilligt wurde, doch erst Anfang Juni wurde sie informiert. Jetzt musste alles ganz schnell gehen. Ein Laufzettel sollte abgearbeitet werden, bis schließlich am 16. Juni 1989 Frau H. über den Grenzübergang Friedrichstraße ausreisen kann. Sie ist nun in West-Berlin angekommen.

Nach sechswöchigem Aufenthalt im Notaufnahmelager Berlin-Marienfelde, wo die Einbürgerungsformalitäten durchgeführt wurden, und einem zweijährigen Aufenthalt in einem Flüchtlingsübergangsheim, findet sich schließlich in West-Berlin eine kleine Wohnung. Doch richtig „angekommen“ in der BRD war sie auch jetzt noch nicht.

Die Mauereröffnung eine Science-Fiction?

Am 9. November 1989, noch im Übergangsheim lebend, überrascht sie der Lauf der Geschichte. Vor einem geborgten Fernseher hält sie die Live-Übertragung der Grenzöffnung an der Bornholmer Straße für eine Science-Fiction. Ihr erging es wie vielen, die damals flüchten oder ausreisen konnten – eine unausweichliche Konfrontation mit alten Wunden, eine „aufgezwungene“ Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit begann.

Die Maueröffnung ein Thema, das sich durch alle Medien zog. Damit gewachsen die Möglichkeit, mit alten Peinigern erneut zusammenzutreffen. Alte Erinnerungen tauchten wieder auf, wie gern wäre alles einfach vergessen worden. In diesen Tagen ging sie über den Kurfürstendamm. Sie erlebte die überschwängliche Freude der Menschen aus Ost und West, die sich mit Tränen in den Augen in den Armen lagen, gemeinsam Sekt tranken, zusammen lachten und weinten.

Ein Berlinerin hält freudig am frühen 15. November 1989 vor der Berliner Mauer am Brandenburger Tor einen Hammer und einen Meißel hoch. Foto: GERARD MALIE/AFP über Getty Images

Für sie gab es keinen Grund zum Feiern. Ihr fiel es schwer, sich über die Veränderungen zu freuen, zu tief saß noch die Angst, Wut und die Trauer über die Erfahrungen in der DDR, die nun, wo sie noch mit viel Mühsal ausreisen musste, ihre Grenzen öffnete. „Ist dies ein Versuch des DDR-Regimes, seine Macht doch noch zu erhalten?“, überlegte sie.

Dann erkannte sie mitten auf dem Kurfürstendamm einen ihrer Stasibewacher wieder. Er saß früher oft in einem Fahrzeug vor ihrer Wohnung. Sie meidet den direkten Kontakt – ängstlich flieht sie. Sie fühlt sich unwiderruflich von der Vergangenheit eingeholt.

„Täter“ bitten um seelsorgerischen Beistand

Im Frühjahr 1990 dann ein Anruf vom Pfarrer ihres Kirchenkreises. Er fragte sie, ob sie bereit wäre, an einem runden Tisch teilzunehmen, an dem politische Opfer und Täter des DDR-Regimes zusammensitzen. Die Idee entstand aus der Situation, dass immer mehr „Täter“ den Pfarrer um seelsorgerischen Beistand baten. Darunter auch Personen in hohen gesellschaftlichen Positionen, die sich um ihr eigenes Wohl und das ihrer Familien sorgten. Ihr erster Gedanke war „Nein, das will ich nicht!“, der zweite, „Wenn nicht wir, wer dann soll ein Zeichen für gegenseitiges Verständnis setzen …“

Zwei Jahre bis zu seiner Auflösung nahm sie daran teil. Die Auflösung wurde initiiert von dem, der ihn ins Leben gerufen hatte, Pfarrer Werner Hilse, der es nicht mehr verantworten konnte, ihn weiter existieren zu lassen. Zu tief waren die Wunden des Hasses über ungewollte gesellschaftliche Veränderungen auf der einen Seite und die Wut über erlebte Drangsal und Verletzungen an Körper und Geist auf der anderen. Die Ignoranz und der Hass aufeinander, fraß wie ein schwarzes Loch alle Bemühungen der Annäherung auf.

Die Distanz zwischen beiden Seiten wuchs. Die Täter – sich keine Schuld eingestehend –, würden alles wieder so machen. „Ich werde meine Kinder so erziehen, dass sie sich der westlichen Gesellschaft nicht anpassen, denn ich will diese Gesellschaft nicht, es ist nicht meine!“, so ein ehemaliger Vernehmer der Stasi. Frau H. kam sich zusehends in den Gesprächsrunden hilflos vor. Sie sah, dass kein konstruktiver Dialog zustande kam, doch stattdessen die Gewaltbereitschaft zunahm.

Sie waren verblüfft über den Mut von Frau H.

Eines Tages erfuhr sie im Rahmen der Recherche einer Redakteurin für eine Fernsehdokumentation von 32 Aktenordnern, die die Stasi über ihren Kirchenkreis angelegt hatte. Daraufhin fragte sie sich, ob auch von ihr eine Stasi-Akte existiere – und tatsächlich, es gab sie. Ihre Erinnerungen an ihre Reaktionen beim erstmaligen Durcharbeiten der Akten sind noch sehr präsent. Trauer, Wut, Angst, aber auch Hilflosigkeit erfüllten sie. Sogar Heiterkeit tauchte in gewissem Maße auf, als sie las, was für Banalitäten festgehalten wurden. Doch vieles machte sie einfach sprachlos. So erfuhr sie, dass ihr geschiedener Mann während der Ehe Informationen an die Stasi weitergab.

Kopie der Stasi-Akte von Frau H. Foto: Erik Rusch/The Epoch Times

Doch es ging turbulent weiter. Das Schicksal fügte es, dass sie alle ihre „Spitzel“ nach der Akteneinsicht wieder traf. Sie ging auf sie zu und fragte sie, warum sie sie bespitzelt bzw. Informationen weitergegeben hatten. Keiner zeigte Reue – keiner entschuldigte sich. „Wir konnten ja nicht anders!“, erwiderten einige. „Es waren die Umstände und Verhältnisse. Es wären uns sonst berufliche Nachteile entstanden!“ Sie waren verblüfft über den Mut von Frau H., sie anzusprechen.

Der andere Teil der Befragten ging so weit, dass er das Bespitzeln leugnete und gerichtliche Schritte androhte. Doch das Leben ging weiter. Aus dem Osten weggegangen, im Westen nicht angekommen, fragte sich Frau H. immer wieder, wo ihre geistige und politische Heimat sei? Wo sind die alten Freunde geblieben? Was sind ihre neuen Ideale? Welches sind ihre Lebensziele und was soll in Zukunft aus ihr werden? Wird sie neue Freunde finden?

Um die geschichtlichen Ereignisse vor dem Vergessen zu bewahren, wird sie Gründungsmitglied im Verein Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Berlin-Marienfelde und engagiert sich ehrenamtlich dort viele Jahre als Vorstandsmitglied. Später arbeitet sie im Vorstand des Berliner Stadtführerverbandes. Schließlich machte sie sich selbständig und ist als Stadtführerin in Berlin, Potsdam und in der Mark Brandenburg tätig.

Für sie ist es wichtig, auf Geschichte hinzuweisen, die Erinnerungen an schwierige Zeiten wachzuhalten, aber auch auf das Veränderte und das Neue mit all seiner Schönheit und den Besonderheiten aufmerksam zu machen. Das ist auch ihre Einstellung zu ihrem Lebensweg – Vergangenes anzunehmen, auf Neues zuzugehen. Wenn das nur immer so einfach wäre …

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