Dushan Wegner: Am 14.10.2018 ist das alte, kluge Bayern gestorben

Auf eine gewisse Weise ist das alte Bayern gestern gestorben. Jeder dritte Wähler entschied sich für eine rote oder grüne Partei, für blanke Unvernunft und Zukunftsblindheit, so die Analyse von Publizist Dushan Wegner.
Titelbild
Bayern.Foto: iStock
Von 15. Oktober 2018

Im Jahr 1831 unternahm Goethe seine letzte Reise nach Illmenau, an den nördlichen Rand des Thüringer Waldes. Jahrzehnte zuvor hatte Goethe an die Wand einer Jagdhütte ein Gedicht geschrieben, das wir als »Wandrers Nachtlied« kennen:

Über allen Gipfeln

Ist Ruh‘,

In allen Wipfeln

Spürest Du

Kaum einen Hauch;

Die Vögelein schweigen im Walde.

Warte nur! Balde

Ruhest du auch.

Als Goethe, alt geworden, das Gedicht ein letztes Mal las, weinte er. Mit weißem Taschentuch, wird berichtet, trocknete er seine Tränen. »Ja: warte nur, balde ruhest du auch!«, soll er gesagt haben; er schwieg eine Weile, dann befand er, dass es Zeit sei, zu gehen. »Wandrers Nachtlied« heißt das Gedicht, doch alle wissen und verstehen, dass mit dem Wandrer der Mensch, der durch sein Leben geht, gemeint ist, und mit der Ruhe entsprechend die letzte Ruhe, der Tod.

Doch warum ist das Gedicht so beliebt, warum gilt es manchen als Goethes bestes? Es ist ein Gedicht mit starken und zugleich verunsichernden Kontrasten: die schweigenden Vögel, die Wipfel ohne Hauch. Doch, noch stärker: Wandrers Nachtlied ist ein Versprechen – ein Versprechen der Ruhe nach der Mühsal, der Last, der Wirrnis der Tage. Balde ruhest du auch; warte nur!

Und nun?

In Bayern wurde gestern gewählt. Merkel hat es diesmal von Berlin aus geschafft, beide ihrer Koalitionspartner zu fressen: CSU und SPD sind beide abgestürzt. SPD hat sich etwa halbiert, liegt aktuell auf fünftem Platz hinter allen außer FDP. CSU wurde fast zur Drittelpartei geschrumpft, das schlechteste Ergebnis seit 1950, weit weg von der absoluten Mehrheit. Wie vorhergesagt sind die beiden großen Gewinner der Bayernwahl die AfD und die Grünen, die beiden »Heimatschutzparteien«, jede auf ihre ganz verschiedene Weise.

Die CSU könnte nun mit Freien Wählern und der FDP koalieren – oder sie könnte den Weg in die bayerische Idiokratie beschreiten und mit den Grünen koalieren. Wenn es zu Schwarz-Grün in Bayern kommt, ist Merkel die große Gewinnerin der Bayernwahl – es wäre die Vorstufe zur großen schwarz-grünen Liebeshochzeit in Berlin, der Turbogang zur Klippe hin, die Traumregierung aller Deutschlandhasser.

Die Grünen sind, wie Robin Alexander analysiert, ein neues Sammelbecken für die bayerische Linke. Manche trösten sich, das linke Lager sei insgesamt nicht größer geworden, doch es macht einen Unterschied, ob eine (einstige, ich weiß) Arbeiterpartei oder eine infantile, postdemokratische Idiokratie-Partei wie die Grünen die Nicht-Schwarzen anführt.

Wenn es ein Dreierbündnis sein wird, dann wird es eben das sein: eine Ehe mit gleich drei sturköpfigen Partnern. Anders als Hocker sind Koalitionen, die auf drei Beinen stehen, dadurch nicht extra stabil. Und bei einem Zweierbündnis bleibt es eben immer noch eine Koalition, also eine ewige Verhandlung um den kleinsten gemeinsamen Nenner – wie in allen anderen Bundesländern auch.

Auf eine gewisse Weise ist das alte Bayern heute gestorben. Jeder dritte Wähler entschied sich für eine rote oder grüne Partei, für blanke Unvernunft und Zukunftsblindheit. Bayern ist nur noch ein weiteres Bundesland. Freuen wir uns auf Landtagsdebatten über Transgender-Trachten und brutalstmögliche Grenzöffnung. Wie lange wird es unter Schwarz-Grün brauchen, bis Bayern beim Länderfinanzausgleich vom Zahler zum Nehmer wird – und wer wird dann noch zahlen?

Meine Hoffnung und mein Vertrauen

Über den Gipfeln der Alpen ist Ruh. Am 14. Oktober 2018 ist das alte Bayern gestorben. Ab heute Abend ist es ein neues Bayern, ein unvernünftiges. »Mia san mia«, hieß es bislang in Bayern. Ab sofort wird es wohl heißen, im simplen Hochdeutsch: »Wir sind wie alle anderen, zerstritten, zukunftsblind, aber politisch korrekt.«

Pfüati Gott, liebes Bayern. Ich habe dich wirklich, wirklich gern gehabt. Ich habe dich immer noch gern, doch unsere Beziehung wird eine andere werden. Die zerstörerische, verdummende Kraft linker Propaganda blieb auch in Bayern nicht folgenlos. Ich wünsche dir alles Gute, liebes Bayern.

Ich werde dich auch weiter besuchen, meine Familie und ein Stück meines Herzens leben in Bayern. Ich werde gespannt sein, Bayern, wie es mit dir weitergeht. Du bist jetzt »ganz normal« – und auch ein gutes Stück deppert. Meine Hoffnung und mein Vertrauen waren groß, doch deine Kraft, der Gewöhnlichkeit zu widerstehen, war nicht stark genug.

Heute liegt über Bayerns Gipfeln eine träge, beklemmende Ruhe. – Morgen ist ein neuer Tag, auch für Bayern. Was für ein Bayern wird es sein? Was für eine Regierung wird sich bilden, was für Stimmen werden wir hören? Bitte, Bayern, gib mir ein Zeichen, ein Wetterleuchten, eine neue Idee für eine kluge Koalition, damit ich glauben kann, dass es doch noch gut wird …

Zur Person: Dushan Wegner (geb. 1974 in Tschechien, Mag. Philosophie 2008 in Köln) pendelt als Publizist zwischen Berlin, Bayern und den Kanaren. In seinem Buch „Relevante Strukturen“ erklärt Wegner, wie er ethische Vorhersagen trifft und warum Glück immer Ordnung braucht.

Der Beitrag erschien zuerst hier und stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Meinung des Verlags oder die Meinung anderer Autoren dieser Seiten wiedergeben.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion