Die Logik des Handelns – ein kurzer Überblick (Teil 2)

Auch wenn viele eine menschenfeindliche Handlung befürworten, ändert das immer noch nichts an der Tatsache, dass diese menschenfeindlich bleibt. Klingt einfach. Gastautor Benjamin Mudlack führt aus, in welchen gesellschaftlichen Bereichen dieser einfache Grundsatz dennoch versucht wird, über den Haufen zu werfen.
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Eine euphemistische Verniedlichung des Zwangs ist die sogenannte Pflicht.Foto: iStock
Von 16. Juni 2024

Der erste Teil der Logik des Handelns gibt Einblick in das Konzept der Praxeologie, das der herausragende Ökonom und Sozialphilosoph Ludwig von Mises (1881–1973) entwickelte. Dabei geht es um die Logik des menschlichen Handelns, abgeleitet von den Worten praxis, Handeln, und logos, Lehre beziehungsweise Logik.

Hierbei können zum Beispiel gewisse gesellschaftliche oder wirtschaftliche Vorgänge nicht nur historisch interpretiert werden können, sondern a priori handlungslogisch begriffen werden, und zwar ausgehend von der selbstevidenten Grundannahme, dass der Mensch handelt, also Mittel einsetzt, um Ziele zu erreichen.

In Teil zwei wird erläutert, welche Konsequenzen eine Gesellschaft erträgt, wenn sie zunehmend dem Prinzip des erzwungenen Handelns folgt anstatt freiwilliger Kooperation.

Mehrheitsverhältnisse, Zwang und Gewalt

Entgegen der allgemeinen Annahme rechtfertigen auch vermeintliche Mehrheitsentscheidungen weder Zwang noch Gewalt gegen eine Minderheit. Wenn vier Menschen einen fünften misshandeln, dann befürworten 80 Prozent diese menschenfeindliche Aktion, aber deswegen bleibt sie eine feindliche Handlung.

Dies werden die meisten Menschen wohl auch so sehen. Wenn es hingegen darum geht, mit Mehrheitsentscheidungen höhere Steuern durchzusetzen, dann scheinen der Zwang und die Gewaltandrohung gesellschaftliche Akzeptanz zu genießen.

Mehrheitsentscheidungen gelten handlungslogisch erst dann als akzeptiert und damit als Recht, wenn alle Beteiligten dieser Art der Entscheidungsfindung einvernehmlich zugestimmt haben. Man sieht also, dass viele Menschen mit ihrem Alltags- oder Laienbewusstsein in manchen Lebensbereichen begreifen, dass „Recht aus Zahl nicht folgen kann“, in anderen Bereichen wiederum nicht.

Täuschung zur Durchsetzung von Zwang

Gerade im Bereich der Geldmengenausweitung und den sich daran anschließenden Teuerungseffekten bedienen sich die Protagonisten dem Mittel der Täuschung, beispielsweise im Sinne des Framings von Daten oder Vorgängen. Angestellte staatlicher Institutionen berechnen beispielsweise anhand eines mehr oder weniger willkürlich zusammengestellten Warenkorbes eine Teuerungsrate.

Vermögensgüterpreise bleiben dabei gänzlich unberücksichtigt und in der Tendenz wird die Teuerung zur Rechtfertigung einer lockeren Geldpolitik kleingerechnet. Ohnehin ist es nicht möglich, für jeden Menschen eine individuelle Teuerungsrate zu berechnen.

Die veröffentlichte Meinung beeinflusst durch permanente Wiederholung die öffentliche Meinung und die Glaubensstrukturen der Menschen. So ist beispielsweise die Rede von einer Schulpflicht oder von einer Wehrpflicht. Dabei handelt es sich bei genauer Betrachtung um Euphemismen, denn in beiden Fällen liegt Zwang vor im Sinne der Androhung von Vollstreckungsmaßnahmen, also letztlich die Drohung mit Gewalt. Eine wirkliche Pflicht würde handlungslogisch eine freiwillige Vereinbarung erfordern.

Die euphemistische Verniedlichung des Zwangs ändert nichts an den Tatsachen. Aber von Schulzwang oder im Falle des Militärzwangs von einer „zeitlich befristeten Versklavung“ zu sprechen, „verkauft“ sich anscheinend nach der Erwartung derjenigen, die das Wording verbreiten, deutlich schlechter als von einer „Pflicht“ zu sprechen.

Darüber hinaus wird eine Pflicht wohl mehrheitlich als positiver Beitrag zum schwer bis gar nicht greifbaren Gemeinwohl gesehen. Sowohl beim Schulzwang als auch beim Militärzwang handelt es sich aber letztlich um eine feindliche Handlung gegen sich friedlich verhaltende Menschen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass durch Täuschung Einstellungen und Überzeugungen erwirkt werden sollen, damit die Menschen sich anders verhalten als sie es ohne diese „Programmierung“ tun würden.

Politische und ökonomische Unternehmer

Es gibt grundsätzlich zwei Arten von Unternehmertum. Politische Unternehmer und „ökonomische Unternehmer“.

Politik, wie wir sie heute kennen, beschrieb Franz Oppenheimer (1864–1943) – ein deutscher Soziologe, Ökonom und Arzt, der übrigens auch der Doktorvater Ludwig Erhards (1897–1977) war – sinngemäß als das Bewirtschaften der Menschen mit dem politischen Mittel Zwang. Er schrieb:

„Ich habe aus diesem Grunde […] vorgeschlagen, die eigne Arbeit und den […] Tausch eigner gegen fremde Arbeit das ‚ökonomische Mittel‘, und die unentgoltene Aneignung fremder Arbeit das ‚politische Mittel‘ der Bedürfnisbefriedigung zu nennen.“

Auch mit dem politischen Mittel wird ein ökonomischer Zweck verfolgt, auch bei politischem Handeln geht es um ökonomischen Profit, aber das politische Mittel ist die erzwungene Kooperation, während das ökonomische Mittel die freiwillige Kooperation ist.

„Ökonomische Unternehmer“ sind selbst Eigentümer der Produktionsmittel, welche sie durch Spartätigkeit oder anderweitig auf friedlichem Wege erworben haben. Sie besitzen beispielsweise Lastkraftwagen, um Transportdienstleistungen zu erbringen, oder haben ihr Kapital in Produktionsanlagen zur Herstellung von Gütern jeglicher Art investiert.

Die ökonomischen Unternehmer unterbreiten ihren potenziellen Kunden Angebote, die diese auch ablehnen können. So stellen folglich ökonomische Unternehmer ihr Kapital beziehungsweise ihre Produktionsmittel in den Dienst der Gesellschaft.

Der ökonomische Unternehmer ist nur dann erfolgreich, wenn er seine Dienstleistung und seine produzierten Güter an den Bedürfnissen der Kunden ausrichtet. Nur, wenn er seine Kunden zufriedenstellt, erzielt er Gewinne. Wenn er Verluste generiert, dann leistet und produziert er an den Kundenwünschen vorbei. Oder er produziert schlichtweg teurer als der Preis, der sich im Marktprozess erzielen lässt.

Politische Unternehmer hingegen streben die durch Täuschung und Gewaltandrohung herbeigeführte Kooperation an. Sie nutzen das Mittel der Macht beziehungsweise gehen den Weg über staatliche Akteure. Durch Lobbyismus werden so zum Beispiel staatliche Nachfragen oder groß angelegte sogenannte Subventionsprogramme (aus Mitteln Dritter – entweder durch Steuern oder zusätzliche Staatsverschuldung) geschaffen.

Politische Unternehmer verschaffen sich mittelbar den Zugang zu den Produktionsmitteln der ökonomischen Unternehmer, indem sie diese bewirtschaften. Die Methoden der Bewirtschaftung sind vielfältig. Steuern wären ebenso zu nennen wie Gebote und Verbote durch bürokratische Vorgaben.

Bürokratie

Die Verwaltung und Bewirtschaftung der Menschen stehen im Vordergrund des politischen Unternehmertums. Formal gesehen bleiben die Produktionsmittel im Privateigentum. Jedoch werden Privateigentum und Effizienz des ökonomischen Unternehmers durch Besteuerung, Regulierung, Gesetze, Gebote und Verbote erheblich eingeschränkt.

Nur wenn sämtliche bürokratischen Hürden überwunden sind, darf der Unternehmer seine Dienstleistung oder sein Produkt anbieten. Es ist selbstverständlich, dass die Effizienz einer Volkswirtschaft durch das Diktat der Bürokratie leidet. Wenn der Unternehmer seine Zeit zur Erfüllung bürokratischer Vorschriften aufwendet, dann kann er in dieser Zeit keine Dienstleistungen erbringen oder Güter produzieren. Das schadet der Produktivität und wirkt sich mindernd auf die Anzahl und Qualität von Dienstleistungen und Gütern aus. Der Wohlstand der betreffenden Volkswirtschaft schwindet.

Bürokratische Auflagen belasten kleine Unternehmen überproportional. Sie haben einen geringeren Güterausstoß und so verteilt sich der Bürokratieerfüllungsaufwand auf wesentlich weniger Güter. Das erhöht die Kosten und gefährdet die Existenz der kleinen und mittelständischen Unternehmen.

Es liegt auf der Hand, dass für große Konzerne der Anreiz besteht, dies auszunutzen, und über Politik und Regierungen für neue Gesetze und Bürokratie zu sorgen. In der Folge zentralisiert sich die Wirtschaft und es lässt sich eine Tendenz zur „Oligarchisierung“ beobachten.

Rechtsetzung durch menschliches Handeln

Naturrechtliche Konzeptionen entstehen durch freiwillige Austauschbeziehungen. Bei der Metapher „natürliches Recht“ ist mit „natürlich“ „ohne Zwang“ gemeint, also dass das Recht von den Beteiligten auf Augenhöhe vereinbart wird und nicht top-down aufgezwungen. Demgegenüber stehen zentralistische Gesetzgebungsverfahren.

In der heutigen Zeit lässt sich eine Vielzahl von neuen Gesetzen, Verordnungen, Geboten und Verboten beobachten. Diese kommen aus handlungslogischer Sicht nicht durch freiwillige Vereinbarung zustande, sondern im Wesentlichen durch politisches Unternehmertum. Die Gründe und Anreizstrukturen wurden bereits dargelegt.

Auch an dieser Stelle landen wir bei den Haltungen, welche die Menschen zu sich und der Welt haben. Über Bildung, Medien und Co. hat man den Menschen die Notwendigkeit des obrigkeitlichen Zwanges eingeredet und auf dieser Basis fußt auch die Akzeptanz für derartige Gesetzgebungsverfahren. Nur durch Erkenntnisgewinn kann dieser Weg umgekehrt werden.

Verpflichtung und Schuld

Schuld ist ein Konzept, das elementar für das Verständnis der Handlungslogik ist. Zwei Menschen können sich durch freiwillige Übereinkunft zu etwas verpflichten und sind einander dann dasjenige schuldig, zu dem sie sich verpflichtet haben. Beide Personen sind nach der Transaktion bessergestellt. Es kommt zu Win-win-Situationen. Dem Bäcker ist beispielsweise das Brötchen weniger wert als die 40 Cent, die der Kunde dafür bezahlt. Der Kunde wiederum misst dem Brötchen eine höhere Wertschätzung bei als die besagten 40 Cent.

Entgegen der Erzählung vom Nullsummenspiel sind wie bereits erwähnt beide Vertragspartner nach dem Geschäft bessergestellt. Sie profitieren und verbessern ihre Lage. Die Verpflichtungen ergeben sich aus der freiwilligen Kooperation. Mit der aufgezwungenen oder eingeredeten Schuld hingegen lassen sich Menschen manipulieren und Handlungen erzwingen. Dabei ist diese Schuld „aus dem Nichts heraus“ oder per Diktat („weil ich es sage“) nichts anderes als eine Illusion.

Welchen Ideen folgen die Menschen?

Freie Gesellschaften zeichnen sich durch Win-win-Situationen aus. Unfreie Gesellschaften kennzeichnet die erzwungene Kooperation unter Gewaltandrohung und die daraus resultierenden Win-lose-Situationen. Welche Art von Gesellschaft sich ergibt, hängt von den Haltungen der Menschen zu sich und der Welt ab.

Dominieren feindselige Haltungen zu sich und der Welt, wird die Gesellschaft hiervon geprägt sein – und andersherum, wenn friedliche und freundliche Haltungen verbreitet sind.

Mit diesem Artikel möchte ich einen kurzen Überblick zur Handlungslogik geben und die Leser neugierig machen auf die Praxeologie. Für eine tiefer gehende Betrachtung empfehle ich das Buch von Andreas Tiedtke über die Logik des Handelns mit dem Titel „Der Kompass zum lebendigen Leben“.

Über den Autor:

Benjamin Mudlack ist gelernter Bankkaufmann und erwarb an der Fachhochschule Dortmund das Diplom zum Wirtschaftsinformatiker. Er ist Vorstandsmitglied der Atlas Initiative, Mitglied der Friedrich August von Hayek Gesellschaft und begleitet aktiv einige andere freiheitliche Projekte, wie zum Beispiel das jüngst neu gegründete Free Economic Forum.

Benjamin Mudlack ist zudem Autor des im Lichtschlag Verlag erschienenen Buches „Geld-Zeitenwende – vom Enteignungsgeld zurück zum gedeckten Geld“. Neben einigen Interviews sind zahlreiche Artikel von ihm zum Thema Geld beziehungsweise Geldsystem und Mittelstand erschienen, wie beispielsweise im Smart Investor, bei Tichys Einblick oder im Sachwert Magazin.

Dieser Artikel erschien zuerst auf der Webseite des Ludwig von Mises Instituts Deutschland unter dem Titel „Die Logik des Handelns. Ein kurzer Überblick.“

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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