Die Logik des Handelns – ein kurzer Überblick (Teil 1)

Was ist die Grundlage für friedliches, menschliches Zusammenleben? Welchen Prinzipien liegen menschlicher Handlung zugrunde? In dem zweiteiligen Essay führt der Autor Benjamin Mudlack das Konzept der Praxeologie des Ökonomen und Sozialphilosophen Ludwig von Mises aus.
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Die Handlungslogik beschreibt menschliches Handeln durch logische Schlussfolgerungen.Foto: iStock
Von 12. Juni 2024

Das einzig wahre Menschenrecht ist die unter unbedingter Abwesenheit von Zwang, Täuschung und Gewalt zustande gekommene freiwillige Kooperation.

Die Logik des menschlichen Handelns bezeichnete der herausragende Ökonom und Sozialphilosoph Ludwig von Mises (1881–1973) als Praxeologie, von praxis, Handeln, und logos, Lehre beziehungsweise Logik. Es geht im Kern darum, wie zum Beispiel gewisse gesellschaftliche oder wirtschaftliche Vorgänge nicht nur historisch interpretiert werden können, sondern a priori handlungslogisch begriffen werden können, und zwar ausgehend von der selbstevidenten Grundannahme, dass der Mensch handelt, also Mittel einsetzt, um Ziele zu erreichen.

Es gibt zwei grundlegende Kategorien der menschlichen Kooperation. Auf der einen Seite die humanistische freiwillige Kooperation und auf der anderen Seite die unter Gewaltandrohung oder Täuschung herbeigeführte, erzwungene oder ergaunerte Kooperation. Die erzwungene Kooperation wird als feindliche und die freiwillige Kooperation als freundliche Handlung klassifiziert.

Aus dem Buch „Der Kompass zum lebendigen Leben“ /Andreas Tiedtke. Grafik: Benjamin Mudlack

Die Handlungslogik beschreibt menschliches Handeln durch logische Schlussfolgerungen. Es geht nicht um eine wertende Analyse, sondern um eine wertfreie Darlegung des Ist-Zustandes. Es wird beschrieben, was ist und nicht, was sein soll.

Ursprung einer Handlung

Die Menschen wollen ihre Situation verbessern. Deshalb definieren Menschen Ziele und diese Ziele wählen sie rein subjektiv aus. Es gibt also keine allgemeingültige Blaupause für die Zielsetzungen der Menschen. Ist ein Ziel erreicht, so werden neue Ziele gesetzt.

Die Ziele verändern sich auch im Laufe des Lebens. Ein verheirateter junger Mann hat andere Zielsetzungen als ein älterer Mensch oder etwa als ein jugendlicher Mensch. Um die Ziele zu erreichen, handeln die Menschen. Sie sind bestrebt, die Ziele direkt zu erreichen oder ihnen näherzukommen.

Die Mittel-Ziel-Konstellation

Um die Ziele zu erreichen, setzen die Menschen Mittel ein. Sie stellen beispielsweise ihre Arbeitskraft – ihre Zeit und ihr Können – auf vielfältige Art und Weise zur Verfügung und erhalten dafür Geld als Entlohnung. Das Geld tauschen die Menschen gegen andere Güter ein, um ihre Ziele unmittelbar oder später zu erreichen.

Die Arbeitskraft ist in dem Fall ein Mittel. Das Geld und das getauschte Gut ebenso. Mittel werden folglich eingesetzt, um die Ziele zu erreichen. Zeit und Mittel sind knapp. Wäre dem nicht so, bräuchte man sie nicht zu bewirtschaften.

Zudem liegt es auf der Hand, dass die Menschen tendenziell einen größeren Gütervorrat höher schätzen als einen niedrigeren Gütervorrat. Je größer der Gütervorrat, desto größer der Wohlstand und desto größer das Potenzial der Bedürfnisbefriedigung.

Wählen und priorisieren

Aus der Notwendigkeit, dass ein Mensch nicht oder nur sehr schwer mehrere Ziele gleichzeitig verfolgen kann, folgt das Erfordernis der Priorisierung. Es gilt also abzuwägen und eine Art Rangfolge aufzustellen. Erstens Ziel X, zweitens Ziel Y und so weiter.

Aus der subjektiven, dynamischen Zielsetzung der Abermillionen Menschen wird ein Umstand deutlich: Eine zentrale Planung ist zum Scheitern verurteilt. Keine zentrale Planungsstelle ist in der Lage, die sich aus den dynamisch verändernden Bedürfnissen der Menschen ergebenden Ziele zu antizipieren und die Mittelherstellung sowie Zuteilung zu organisieren.

Insofern kommt es im Falle der Zentralplanung unweigerlich zu Fehlsteuerungen, zur Wissensanmaßung und schlussendlich zu Über- und Unterproduktion. Die Menschheitsgeschichte hält genügend Beispiele für gescheiterte Versuche der Zentralplanung bereit. Das Ergebnis war Mangel, Gewalt, Tod, Not, Elend und gesellschaftlicher wie auch wirtschaftlicher Niedergang.

Unsicherheit der Zukunft: Fehler passieren – Versuch und Irrtum

Fehler haben ohne Zweifel ein schlechtes Image. Fehler sind auch nicht Teil eines Handlungsplanes. Aber sie passieren eben, und in gewissen Bereichen können Fehler enorm wertvoll sein. In der Fehleranalyse liegt die Chance zur Weiterentwicklung.

Denken Sie einmal an den großartigen Erfinder Thomas Alva Edison. Mehrere Tausend Versuche sollen nötig gewesen sein, um die berühmte Glühlampe erfolgreich zum Leuchten zu bringen. Jeder Fehlversuch hat Edison dem Erfolg nähergebracht und aus vielen Fehlversuchen wird er wertvolle Erkenntnisse gewonnen haben.

Aber nicht nur im Bereich der Forschung und technologischen Fortentwicklung sind Fehlversuche von besonderer Bedeutung. Auch im Unternehmertum, im wirtschaftlichen Handeln oder aber im Investmentbereich sind Fehler und Fehlentscheidungen an der Tagesordnung.

Im Investmentbereich stellt sich ein Anleger beispielsweise breit auf. Er diversifiziert und investiert in viele verschiedene Vermögensanlageklassen, um die Fehleranfälligkeit zu minimieren. Sollte ein Investment fehlschlagen, so federn andere Investitionsentscheidungen die Fehlspekulation ab.

Beim wirtschaftlichen Handeln und Unternehmertum ist es ähnlich. Auch hier ist es ratsam, auf die viel zitierte Schwarmintelligenz zu setzen. Die Zukunft lässt sich nicht prognostizieren, und je größer und teurer eine Fehlentscheidung ist, desto größer sind die Auswirkungen für die Menschen oder gar für die gesamte Volkswirtschaft.

Die Fehlspekulationen im Zuge der Finanz- und Eurokrise begegneten Politikern und Notenbanken mit einer Politik des Herauskaufens („Bail-out“). Flankiert wurden die Maßnahmen durch das Argument der „Systemrelevanz“. Diese Entscheidung ging zulasten des Wohlstands der breiten Masse der Bevölkerung, da die Geldmengenausweitung (Inflation) durch die EZB das Geld verschlechtere beziehungsweise den Tauschwert herabsetzte.

Auch in der Historie gibt es sehr einleuchtende und extreme Beispiele, welche Entwicklungen folgen können, wenn einzelne Machthaber die Weisheit für sich beanspruchen. Noch vor Christopher Kolumbus (1451–1506) verfügte China über die größten Schiffe und die größte Flotte (3.500 Schiffe – zum Vergleich: Die US-Navy verfügt über rund 400 bis 500 Schiffe) der Welt.

Die politische Elite Chinas hatte jedoch Sorge, die Kontrolle über die neureiche kaufmännische Mittelschicht zu verlieren. Es ging also um die Angst vor dem Machtverlust, und so wollte man den Außenhandel einschränken. Im Jahr 1430 sollen deshalb Hochseereisen per Diktat untersagt worden sein. Andere Historiker führen die Kriege gegen die Mongolen als Grund ins Feld.

Bis 1525 waren alle Schiffe der Schatzflotte und somit erhebliche Vermögenswerte vernichtet, und der wirtschaftliche Abstieg Chinas, mit signifikanten Wohlstandsverlusten für die Bevölkerung, war bereits in vollem Gange. Es war nicht die Weisheit vieler Menschen (Schwarmintelligenz), die eine Entwicklung durch freiwilliges Handeln herbeigeführt hat, sondern es handelte sich um eine durch Macht korrumpierte kurzsichtige Entscheidung.

Ziele und die Haltungen der Menschen

Von entscheidender Bedeutung für die Auswahl der Zielsetzungen sind die Haltungen der Menschen zu sich selbst, zur Welt und zu anderen Menschen und Lebewesen, also ihre oft unbewussten, tief sitzenden Grundüberzeugungen. Die Haltungen und Emotionen sind dabei entscheidend, welche Zielsetzungen sich die Menschen setzen.

Die Haltungen der Menschen resultieren aus ihrer Prägung. Man könnte metaphorisch auch von Programmierung sprechen. Ein Mensch wird geboren und wird vom ersten Moment seines Lebens an geprägt. Die Eltern, die Familie, die Gesellschaft, das Bildungswesen, die Medien und viele weitere Einflussfaktoren kommen zum Tragen.

Zusammenfassend könnte man sagen, dass wir Menschen das Ergebnis unserer Lebensgeschichte sind. Was uns erfreut, ebenso wie, was uns enttäuscht oder bitter zusetzt, wird von diesen Prägungen bestimmt, den grundlegenden Einstellungen und Überzeugungen zu sich selbst und der Welt.

Aus dem Buch „Der Kompass zum lebendigen Leben“/ Andreas Tiedtke. Grafik: Benjamin Mudlack

Ungünstige Haltungen

Ungünstige Haltungen tragen die Menschen oft unbewusst in sich. Sie machen die betreffenden Menschen anfällig für Manipulation und für die Emotionalisierung fragwürdiger und nicht selten kollektivistischer Zielsetzungen.

Beispiele für ungünstige Haltungen sind Schuld, Scham, Ungenügen und Angst. Redet man den Menschen von Kindesbeinen an (durch Erziehung, Bildung und Medien) durch gewisse Erzählungen Schuld ein, so fühlen sie sich in der Tendenz schuldig.

Die Schuldgefühle waren elementar für den Ablasshandel der katholischen Kirche. Durch Schuldgefühle ließen sich die Menschen bewirtschaften. Sie kauften bereitwillig die Ablassbriefe, um sich von ihrer „Moralschuld“ buchstäblich freizukaufen. Ein hervorragendes Geschäftsmodell, das erst mit der Reformation durch Martin Luther (1483–1546) sein Ende fand.

Heute macht man den Menschen beispielsweise Angst vor einer drohenden Wetterkatastrophe und redet ihnen ein, dass sie die Hauptschuld an Temperaturveränderungen tragen. Die Angst übermannt die Menschen und lähmt die Denkfähigkeit.

Psychologen sprechen auch von einer kognitiven Dissonanz. Die Schuld wird auch heute durch CO₂-Steuern und CO₂-Zertifikate recht erfolgreich bewirtschaftet. Ob bei der Katholischen Kirche oder den heutigen Moralschulderzählungen, beide Beispiele erfordern ungünstige Haltungen.

Durch Haltungen, die Angst und Schuld akzeptieren, befürworten oder erdulden die Menschen den Zwang. Sie begehren also nicht auf gegen höhere Steuern oder dergleichen.

Über den Autor: 

Benjamin Mudlack ist gelernter Bankkaufmann und erwarb an der Fachhochschule Dortmund das Diplom zum Wirtschaftsinformatiker. Er ist Vorstandsmitglied der Atlas Initiative, Mitglied der Friedrich August von Hayek Gesellschaft und begleitet aktiv einige andere freiheitliche Projekte, wie zum Beispiel das jüngst neu gegründete Free Economic Forum.

Benjamin Mudlack ist zudem Autor des im Lichtschlag Verlag erschienenen Buches „Geld-Zeitenwende – vom Enteignungsgeld zurück zum gedeckten Geld“. Neben einigen Interviews sind zahlreiche Artikel von ihm zum Thema Geld beziehungsweise Geldsystem und Mittelstand erschienen, wie beispielsweise im Smart Investor, bei Tichys Einblick oder im Sachwert Magazin.

Dieser Artikel erschien zuerst auf der Webseite des Ludwig von Mises Instituts Deutschland unter dem Titel „Die Logik des Handelns. Ein kurzer Überblick.“

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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