Das „goldene“ Zeitalter der Desinformation hat gerade erst begonnen
Desinformation ist eine Frage der Macht, und aufgrund ihres schädlichen, aber durchschlagenden Einflusses ist sie für die Macht unverzichtbar. Sie ist ein Instrument zur Beeinflussung der öffentlichen Wahrnehmung, das sowohl von autoritären Regimen als auch von Demokratien eingesetzt wird.
Die Verbreitung von Falschinformationen ist in der Geschichte der Menschheit keine neue Praxis. In den vergangenen Jahrzehnten hat sie sich jedoch professionalisiert und sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene exorbitante Ausmaße angenommen.
Ursprünge der Desinformation
Desinformation sind irreführende Informationen, die absichtlich produziert und bewusst verbreitet werden, um die öffentliche Meinung zu täuschen, einer Zielgruppe zu schaden oder politische oder ideologische Ziele voranzutreiben. Der Begriff Desinformation ist eine Übersetzung aus dem Russischen: дезинформация (dezinformatsiya).
Am 11. Januar 1923 beschloss das Politbüro der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, eine Abteilung für Desinformation zu gründen. Ihre Aufgabe bestand darin, „tatsächliche oder potenzielle Gegner über die wahren Absichten“ der UdSSR „in die Irre zu führen“. Von da an wurde Desinformation zu einer Taktik der sowjetischen politischen Kriegsführung, die als „aktive Maßnahmen“ bekannt wurde. Für die sowjetische Geheimdienststrategie war dies ein entscheidendes Instrument, welches Fälschung, Subversion und Medienmanipulation beinhaltete.
Während des Kalten Krieges von 1945 bis 1989 wurde diese Taktik von zahlreichen Geheimdiensten eingesetzt. Der Begriff „Desinformation“ der Massen wurde in den 1960er-Jahren zunehmend verwendet und fand in den 1980er-Jahren allgemeine Verbreitung. Der ehemalige Geheimdienstoffizier des Ostblocks Ladislav Bittman, der als erster Desinformationsprofi in den Westen überlief, beobachtete in diesem Zusammenhang: „Die Interpretation ist leicht verzerrt, da die öffentliche Meinung nur eines der potenziellen Ziele ist. Viele Desinformationsspiele sind nur darauf ausgelegt, die Entscheidungselite zu manipulieren und werden nicht beworben.“
Mit ihrer Gründung im Juli 1947 wurde die CIA mit zwei Hauptaufgaben betraut: Sie sollte ausländische Überraschungsangriffe auf die USA verhindern und das Vordringen des Kommunismus der Sowjetunion in Europa und in den Ländern der Dritten Welt behindern. Die CIA-Agenten standen an vorderster Front der von der US-Regierung inszenierten Gegenpropaganda und Desinformation während der vier Jahrzehnte des Kalten Krieges.
Der erfolgreiche Test einer Atomwaffe durch die Sowjetunion im Jahr 1949 traf die USA unvorbereitet und führte zur Entstehung zweier Atommächte, die sich auf der Weltbühne in einer internationalen Atmosphäre extremer Spannung, Angst und Ungewissheit bekämpften.
1954 erhielt Präsident Eisenhower einen streng geheimen Bericht einer Kommission unter dem Vorsitz von General a. D. James H. Doolittle, der zu dem Schluss kam: „Wenn die Vereinigten Staaten überleben wollen, müssen wir die seit langem bestehenden amerikanischen Konzepte von „Fairplay“ überdenken. Wir müssen lernen, unsere Feinde mit intelligenteren, ausgefeilteren und effektiveren Methoden zu unterwandern, zu sabotieren und zu zerstören, als sie gegen uns eingesetzt werden. Es kann notwendig sein, dass das amerikanische Volk sich mit dieser grundsätzlich widerwärtigen Philosophie vertraut macht, sie versteht und unterstützt.“ Zur „widerwärtigen“ Philosophie gehört natürlich auch die Subversion durch Desinformation.
Die USA sind Experten auf diesem Gebiet, haben aber bis 1980, als in einem gefälschten Dokument behauptet wurde, Washington unterstütze die Apartheid, nicht energisch auf die gegen sie gerichteten Desinformationen reagiert. Die sowjetische Desinformationskampagne „Operation Infection“, mit der die Weltöffentlichkeit durch die Behauptung beeinflusst werden sollte, die USA hätten HIV/AIDS absichtlich erfunden, wurde von den USA später ebenfalls nur mäßig geahndet.
In den USA ist der intellektuelle Einfluss von Edward Bernays die Grundlage für institutionelle politische Propaganda und Meinungsmanipulation. Als Doppelneffe von Sigmund Freud (Freuds Schwester war Edward Bernays Mutter und Edward Bernays Vater wiederum der Bruder von Freuds Frau) und nach seiner Tätigkeit als Pressesprecher des Tenors Caruso und des Ballets Russes war er an der Seite von Präsident Wilson an der Creel-Kommission (1917) beteiligt. Diese trug dazu bei, die öffentliche Meinung in den USA zugunsten des Kriegseintritts zu drehen.
Seine Frau und Geschäftspartnerin Doris Fleischman riet ihm, den überstrapazierten Begriff „Propaganda“ nicht zu verwenden. Sie prägte daher den Begriff „Public Relations“ als Ersatz, ein Begriff, der bis heute verwendet wird.
China und sein digitaler Autoritarismus
In China sind Täuschung, Lüge und die Umschreibung der Geschichte Desinformationstechniken im Dienste der Kommunistischen Partei, gemäß den Taktiken, die in den 1950er-Jahren in der Sowjetunion erlernt wurden.
Heute verfügt China über ein ausgeklügeltes Arsenal an Desinformationen in alle Richtungen. Seine Hauptziele sind es, die öffentliche Meinung umzukehren, sich in ausländische politische Kreise einzumischen, Wahlen zu beeinflussen, seine Gegner zu diskreditieren und ein irreführendes Bild von deren Absichten und Prioritäten zu vermitteln.
Im September 2021 veröffentlichte das französische Institut für strategische Forschung an der École Militaire einen Bericht über Chinas Einflussoperationen, in dem es warnte: „Lange Zeit konnte man sagen, dass China im Gegensatz zu Russland eher geliebt als gefürchtet werden wollte; dass es verführen, ein positives Bild von sich in die Welt projizieren und Bewunderung hervorrufen wollte. Peking hat das Verführen nicht aufgegeben […], aber gleichzeitig geht Peking zunehmend dazu über, zu infiltrieren und zu zwingen: Seine Einflussnahmeoperationen sind in den vergangenen Jahren erheblich härter geworden und seine Methoden ähneln immer mehr denen, die Moskau anwendet.“
Am 28. September 2023 veröffentlichte die US-Regierung einen Bericht, in dem sie China beschuldigte, mithilfe eines riesigen, auf Desinformation spezialisierten Netzwerks „die globale Informationslandschaft umgestalten“ zu wollen.
„Die internationale Manipulation von Informationen [durch China] ist nicht nur eine Frage der öffentlichen Diplomatie, sondern stellt eine Herausforderung für die Integrität des internationalen Informationsraums dar.“
Diese „Manipulation“ umfasst „Propaganda, Desinformation und Zensur“. „Wenn nichts unternommen wird, werden die Bemühungen Chinas die globale Informationslandschaft umgestalten und Verzerrungen und Lücken schaffen, die sogar dazu führen könnten, dass Nationen Entscheidungen treffen, die ihre wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Interessen denen Pekings unterordnen.“
Nach Angaben des US-Außenministeriums gibt China jedes Jahr Milliarden von Dollar für solche Operationen zur „Informationsmanipulation im Ausland“ aus. Gleichzeitig unterdrückt Peking kritische Informationen, die seiner Sprache zu politisch sensiblen Themen zuwiderlaufen.
In dem US-Dokument heißt es weiter, dass China Informationen manipuliert, indem es einen „digitalen Autoritarismus“ anwendet, internationale und UN-Organisationen ausbeutet und die chinesischsprachigen Medien kontrolliert.
Wenn Desinformation zur Militärdoktrin wird
In einigen Ländern betrachten politische Entscheidungsträger häufig die Geschichte, um ihre Regulierungsansätze für Informationen im öffentlichen Bereich zu lenken. Deutsche Politiker beispielsweise berufen sich häufig auf die Vergangenheit der Nationalsozialisten und der kommunistischen Staatssicherheit, um ihr Handeln zu rechtfertigen.
Doch diese historischen Vergleiche sind nicht immer stichhaltig. In Wirklichkeit kamen die Nationalsozialisten nicht an die Macht, weil sie die Kontrolle über die damals neue Technologie des Radios hatten. Stattdessen nutzten sie die Technologie nach ihrer Machtübernahme im Januar 1933 daher so mühelos, da die aufeinanderfolgenden Weimarer Regierungen die Radiobeiträge – in der Hoffnung, die Demokratie zu retten – unter staatliche Kontrolle gestellt hatten. Dies hatte den unerwünschten und gegenteiligen Effekt, dass die Nationalsozialisten, sobald sie an der Macht waren, das Radio viel schneller kontrollieren konnten als die Zeitungen.
Desinformation wird hauptsächlich von Regierungsstellen orchestriert. In der postsowjetischen Ära und mit dem Aufkommen der Informationsgesellschaft, als die Medien und sozialen Netzwerke zu einer zentralen Schaltstelle für die Verbreitung von Falschmeldungen wurden, entwickelte sich die Desinformation zu einer grundlegenden Taktik in der Militärdoktrin der mächtigen Länder.
Anfang der 2000er-Jahre betrachteten die Europäische Union und die NATO die russische Desinformation als so großes Problem, dass beide Sondereinheiten einsetzten, die die massenhaft produzierten Falschmeldungen analysieren und entlarven sollten.
Die Methoden und Prozesse der Desinformation
Es gibt vier Hauptmethoden zur Verbreitung von Desinformation: selektive Zensur, Manipulation von Suchindexen, Hacking und Verbreitung von betrügerisch erlangten Daten sowie die Verstärkung von Desinformation durch exzessives Teilen.
Desinformationsaktivitäten beinhalten beispielsweise die folgenden Prozesse:
– Die Schaffung von erfundenen Charakteren und Websites mit Netzwerken von falschen Experten, die angeblich zuverlässige Referenzen verbreiten, um die Glaubwürdigkeit der Nachrichten zu erhöhen.
– Die Schaffung von „Deep-Fakes“ und synthetischen Medien durch Fotos, Videos und Audioclips, die digital manipuliert oder vollständig hergestellt wurden, um die Öffentlichkeit zu täuschen. Die heutigen Werkzeuge der künstlichen Intelligenz (KI) können es nahezu unmöglich machen, synthetische Inhalte zu erkennen oder von der Realität zu unterscheiden.
– Die Entwicklung oder Verstärkung von Verschwörungstheorien, die versuchen, wichtige Ereignisse durch die geheimen Handlungen mächtiger Akteure, die im Hintergrund agieren, zu erklären. Verschwörungstheorien zielen nicht nur darauf ab, das Verständnis der Menschen für Ereignisse zu beeinflussen, sondern auch ihr Verhalten und ihre Weltanschauung.
– Astroturfing (vorgetäuschte Graswurzelbewgungen) und Überflutung der Umwelt mit Informationen. Am Anfang von Desinformationskampagnen stehen riesige Mengen ähnlicher Inhalte, die von erfundenen Quellen oder Konten aus veröffentlicht werden. Diese Astroturfing-Praxis erweckt den Eindruck einer weitverbreiteten Unterstützung oder Ablehnung einer Nachricht, verschleiert aber gleichzeitig ihren wahren Ursprung.
– Eine ähnliche Taktik, das Flooding, besteht darin, Beiträge und Kommentarbereiche in den sozialen Medien „zuzuspammen“, mit dem Ziel, eine Geschichte zu erschaffen oder gegensätzliche Standpunkte zu unterdrücken. In den vergangenen Jahren hat der Einsatz von Trollfabriken zur Verbreitung irreführender Informationen in sozialen Netzwerken zugenommen.
– Die Ausnutzung alternativer Social-Media-Plattformen, um die gesicherte Überzeugung bezüglich eines Desinformationsnarrativs zu stärken. So profitieren die Akteure der Desinformation von Plattformen, die den Nutzern weniger Schutz bieten und weniger Möglichkeiten haben, unauthentische Inhalte und Konten zu erkennen und zu löschen.
– Die Verstärkung von Informationslücken, die entstehen, wenn es nicht genügend glaubwürdige Informationen gibt, um eine bestimmte Suchanfrage zu beantworten. Die Anführer der Desinformation können diese Lücken ausnutzen, indem sie eigene Inhalte generieren und die Suche anheizen.
– Die Manipulation von ahnungslosen Protagonisten. Desinformationsförderer nehmen prominente Personen und Organisationen ins Visier, um sie dazu zu bringen, ihre Erzählungen zu untermauern. Oft sind sich die Zielpersonen nicht einmal bewusst, dass sie die Erzählung eines Desinformationsakteurs wiederholen oder dass diese Erzählung darauf abzielt, die öffentliche Meinung zu beeinflussen oder zu manipulieren.
– Verbreitung zielgerichteter Inhalte: Die Drahtzieher der Desinformation produzieren maßgeschneiderte einflussreiche Inhalte, die bei einem bestimmten Publikum, das dieser Weltanschauung, diesen Überzeugungen und Interessen entspricht, Anklang findet. Es handelt sich um eine langfristige Taktik, bei der gezielt Inhalte im Laufe der Zeit verbreitet werden, um bei der Zielgruppe Vertrauen und Glaubwürdigkeit aufzubauen und sie so leichter manipulieren zu können.
Wettlauf mit der Zeit, um die jüngeren Generationen zu schützen
Anfang der 2000er-Jahre lobten die meisten Publikationen über das Internet dessen beispielloses Potenzial für die Entwicklung. Nur wenige Jahre später zeigten sich Kommentatoren, Analysten und politische Entscheidungsträger besorgt darüber, dass das Internet und insbesondere die Social-Media-Plattformen neue Bedrohungen für die Demokratie, die Weltordnungspolitik und die Integrität der Informationen darstellten.
Seitdem ist die Welt immer stärker vernetzt und wechselseitig ineinander verflochten und die Möglichkeiten der Desinformation sind nahezu unbegrenzt geworden. Mit mehr als 5,5 Milliarden Internetnutzern und mehr als 8,58 Milliarden Mobilfunkverträgen weltweit im Jahr 2022 gegenüber einer Weltbevölkerung von 7,95 Milliarden zur Jahresmitte besteht das große Paradox darin, dass die Desinformation dank des Aufstiegs der Informationstechnologie ein viel günstigeres, ja sogar blühendes Umfeld erhalten hat und dass die Entwicklung der KI dazu führt, dass die Möglichkeiten für die schlimmsten Auswüchse irreführender Informationen grenzenlos ausgenutzt werden.
Einige Experten sind sich einig, dass Online-Desinformation und -Propaganda zwar weit verbreitet sind, es aber schwierig ist, festzustellen, inwieweit sich diese Desinformation auf die politischen Einstellungen der Öffentlichkeit und damit auf die politischen Ergebnisse auswirkt.
Andere Daten haben gezeigt, dass es Desinformationskampagnen nur selten gelingt, die Politik der Zielstaaten zu ändern. Dennoch wäre es unverantwortlich zu glauben, dass Desinformation kaum Konsequenzen hat. Wäre dies der Fall, hätten die großen Länder diese Praxis schon längst aufgegeben. Doch das Gegenteil ist der Fall.
Mit den allmählich zunehmenden Schwierigkeiten der Herrschenden und dem Aufschwung der Technologie hat die Politik der Destabilisierung durch Desinformation eine große Zukunft vor sich. Das Risiko und der Einsatz bleiben enorm, und die Erosion des Vertrauens der Öffentlichkeit in Institutionen und Medien ist in dieser Hinsicht zutiefst bedeutsam.
Der Kampf gegen Desinformation muss über vereinfachende Lösungen wie das Schließen von Facebook- oder X (ehemals Twitter)-Accounts, das öffentliche Anprangern der Machenschaften des Gegners oder das Eindämmen von Falschinformationen mit technischen Mitteln hinausgehen. Und es ist sicherlich nicht ausreichend, sich auf Maßnahmen wie Faktencheck oder Medienkompetenz zu konzentrieren, um dem Einzelnen zu helfen, Informationen zu beherrschen und zu konsumieren.
Angesichts der Desinformationsmaschinen der Regierungen hat der normale Mensch dem wenig entgegenzusetzen. Daher wäre es besser, die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen anzugehen, die die Verbreitung von Desinformation begünstigen, wie große Technologieunternehmen, involvierte staatliche Akteure, Medien und andere Informationssysteme.
Der Faktor Mensch muss angesichts der zunehmenden staatlichen und medialen Desinformation natürlich weiterhin im Mittelpunkt der politischen Führung stehen. Der Preis für eine solide Bildung junger Menschen wird immer niedriger sein als der Preis, den sie später für ihre Unwissenheit zahlen müssen.
Der Artikel erschien zuerst in der französischen Epoch Times unter dem Titel „L’âge d’or de la désinformation ne fait que commencer“. (Deutsche Bearbeitung ks)
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