„D-Day“-Skandal: Kriegsfantasien der FDP – Lindner als letzter Strohhalm
Die FDP befindet sich laut jüngsten Umfragen mit bundesweit nur noch 4 Prozent im freien Fall. Der am Donnerstag bekannt gewordene „D-Day“-Skandal könnte den Absturz bis zum totalen Crash noch vor der Bundestagswahl im Februar 2025 bewirken.
Ohnehin würden 65 Prozent der Wähler nicht bedauern, wenn es die FDP nicht mehr gäbe. Dieses Meinungsbild gab es bereits vor dem jetzigen Skandal. Was ist passiert?
Was ist das „D-Day“-Papier?
Am Mittwoch, 27. November, veröffentlichte das überwiegend wirtschaftspolitisch orientierte Nachrichtenportal „Table.Briefings“ ein internes FDP-Papier: eine Powerpoint-Präsentation, die offenbar von einem extrem verärgerten Kritiker aus dem innersten Machtkreis der FDP an das Nachrichtenportal weitergegeben worden war.
Das Dokument zeigt, dass die FDP bereits Wochen vor ihrem Rausschmiss aus der Ampelkoalition durch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) selbst eine Strategie für einen Austritt aus der Regierung ventiliert hatte. Das Papier, das dramatisch „D-Day“-Option genannt wurde, legte sogar den „idealen Zeitpunkt“ für einen Regierungsaustritt fest: die Woche ab Montag, 4. November.
Scholz entließ den FDP-Chef Christian Lindner in seiner Funktion als Finanzminister tatsächlich am 5. November.
Das „D-Day-Papier“ beschreibt zudem weiterhin vier Phasen eines Wahlkampfs, der mit dem Zusammenbruch der Koalition enden würde – wobei die vierte Phase als Beginn einer „offenen Feldschlacht“ bezeichnet wird. Die FDP hat sich bislang nicht dazu geäußert, warum sie für dieses Vorhaben eine solch martialische Sprache benutzte.
Aber auch ohne Parteistellungnahme lassen die militärischen Begriffe psychologisch tief blicken: Die FDP empfindet sich in ihrer Wahrnehmung in einem echten Krieg mit den anderen demokratischen Parteien dieses Landes. Wie sollen Wähler eine solche Haltung verstehen, geschweige denn mit ihrer Stimmabgabe teilen?
Als Reaktion auf eine Flut von Presseanfragen veröffentlichte die FDP die Powerpoint-Präsentation dann am 28. Oktober. Lindner äußerte gegenüber der Presse, es sei „professionell, wenn Mitarbeiter verschiedene Eventualitäten durchspielen“.
Täuschung und Bauernopfer
Doch die Veröffentlichung des Komplotts löste innerhalb der FDP auch Zorn aus. Der Parteivize Wolfgang Kubicki gibt sich ahnungslos und schockiert: „Ich bin entsetzt über das enorme Ausmaß an Dilettantismus!“ Was meint Kubicki wirklich: Ist es „Dilettantismus“, dass nicht verhindert werden konnte, dass das Papier an die Presse durchgestochen wurde oder es verfasst wurde?
Franziska Brandmann, Vorsitzende der Jungen Liberalen, beklagte immerhin, es sei „einer liberalen Partei unwürdig“ und habe den Eindruck erweckt, dass „nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch unsere eigene Partei wochenlang getäuscht wurde“.
Aufgrund des Sturms der Entrüstung in der Partei und in den Medien trat gestern der Bundesgeschäftsführer der FDP, Carsten Reymann, zurück. Kurz zuvor hatte er zugegeben, das „D-Day“-Papier verfasst zu haben. Es sei „einfach eine rein interne Vorbereitung für das Szenario eines Austritts der FDP aus der Koalition“ gewesen, versuchte Reymann die Affäre doch noch herunterzuspielen.
Der FDP-Generalsekretär, Bijan Djir-Sarai, trat ebenfalls zurück. Er habe zwar „keine Kenntnis“ von dem Papier gehabt, behauptete er, aber er habe „unwissentlich“ falsche Informationen darüber bereitgestellt, wofür er sich entschuldigte.
„Der Generalsekretär ist für einen solchen Vorfall verantwortlich, und daher übernehme ich die politische Verantwortung, um Schaden von meiner Glaubwürdigkeit und der FDP abzuwenden“, sagte er. Djir-Sarai und Reymann werden von zahlreichen FDP-Mitgliedern als „Bauernopfer“ wahrgenommen. Die eigentliche Verantwortung trägt Partei-Chef Lindner.
Doch was wäre die FDP ohne ihn? Hängt sie nicht gewissermaßen an seiner Person wie an einem seidenen Faden?
Ist die FDP verlogen?
Vor allem Pressekommentatoren zeigen sich mehr noch empört als FDP-Mitglieder. Nikolaus Blome von „ntv“ wird besonders deutlich: „Als dann die Kritik über den Parteichefs zusammenbricht, flüchten sie sich in klügelnde Ausflüchte und am Ende in eine glatte Lüge. Das ist in jeder Hinsicht anstandslos. Erst feige, dann verlogen.“
Mit „Lüge“ ist hier gemeint, dass Lindner und Kubicki glauben machen wollen, ihnen sei die „D-Day“-Planung unbekannt gewesen. Diese Behauptung erscheint tatsächlich fragwürdig. Denn Lindner hielt sich exakt an den Zeitplan des Papiers: Ab Montag, 4. November, sollte der FDP-Ausstieg aus der Ampel beginnen.
In seinen damaligen Gesprächen mit Bundeskanzler Scholz verweigerte sich Lindner allen Kompromissversuchen, bis dem Kanzler der Kragen platzte und er die FDP aus der Regierung entließ. Dies entspricht exakt dem Fahrplan des „D-Day“-Papiers.
Der eigentliche Schaden
Doch für allzu große Aufregung über das wie und warum solcher Ränkespiele sollte kein Platz sein. Auch für Häme seitens der SPD oder der Grünen besteht kein Anlass.
Denn der „Fall FDP“ beschädigt gerade alle Parteien, insbesondere jene, die seitens der wachsenden Zahl von Systemkritikern als „Altparteien“ abgetan werden.
Es gibt Internetplattformen wie etwa das „Gelbe Forum“, die offen der Bundesrepublik Deutschland abstreiten, eine Demokratie zu sein. Vielmehr herrsche laut Meinungsäußerungen auf den Seiten dieses „Forums“ eine „Parteienkratie“, in der es „um Postengeschacher im Staatsdienst, Machtkonzentration und korrupten Klient[el]ismus“ gehe.
Hatte bereits Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu Beginn dieses Monats den Eindruck erweckt, er „klebe“ an seinem Amt mehr als an der Verantwortung für das Land, bedienen nun die Freien Liberalen sämtliche Klischees der Demokratiekritiker.
Das ist der eigentliche Schaden, den Christian Lindners Partei derzeit anrichtet, nicht ihr möglicherweise eigener Untergang.
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