Chef der Polizeigewerkschaft: Legalisierung von Cannabis führt zu höherer Kriminalität

Die Auswirkung der Cannabisfreigabe auf die Kriminalität bleibt ein viel diskutiertes Thema, nicht nur in Deutschland. Studien aus verschiedenen Ländern zeigen teils unterschiedliche Ergebnisse. Epoch Times spricht dazu mit dem Vorsitzenden der Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt.
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Organisierte Kriminalität aus den Niederlanden nutzt die hohe Nachfrage.Foto: Animaflora/iStock
Von 1. Oktober 2024

In Nordamerika, insbesondere in den USA und Kanada, wo Cannabis in vielen Bundesstaaten beziehungsweise landesweit legalisiert wurde, haben mehrere Untersuchungen die Auswirkungen auf die Kriminalität beleuchtet: In dem Kontext sei eine Zunahme an nicht gewalttätiger Kriminalität zu beobachten.

Demgegenüber will eine Studie der „American Journal of Public Health“ herausgefunden haben, dass es in den Bundesstaaten, die Cannabis legalisiert haben, zu einem deutlichen Rückgang von Verhaftungen im Zusammenhang mit Cannabis gekommen ist, insbesondere im Besitzbereich.

Portugal hat im Jahr 2001 eine ganze Reihe von Drogen entkriminalisiert, einschließlich Cannabis. Hier kam es zu einer Verringerung der drogenbedingten Inhaftierungen und insgesamt zu einer Verbesserung der gesundheitlichen Lage der Konsumenten, ohne dass es zu einem Anstieg der allgemeinen Kriminalitätsraten kam.

Auch schwere Drogendelikte gingen zurück, da der Schwarzmarkt an Bedeutung verlor. Bezogen auf die Einwohnerzahl liegt Portugal mit neun Toten pro eine Million Einwohner deutlich unter dem EU-Schnitt von 18,3 pro Million.

Erste Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen deuten für Deutschland in die entgegengesetzte Richtung: Innenminister Herbert Reul (CDU) ist alarmiert von einem Anstieg einer von der deutschen Cannabislegalisierung angezogenen niederländischen Bandenkriminalität, wie Epoch Times jüngst berichtete.

Keine einheitliche Lage

Die Faktenlage bleibt allerdings diffus. Dies könnte auch darauf hinweisen, dass die Auswirkungen der Cannabislegalisierung je nach Region unterschiedlich sind und von weiteren Faktoren beeinflusst werden. Zwar legen weitere Quellen nahe, dass die Legalisierung und Entkriminalisierung von Cannabis zu einer Abnahme der mit Besitz und Konsum verbundenen Kriminalität führen kann.

Aber das aktuelle Bild in Deutschland, kurze Zeit nach der Teillegalisierung von Cannabis, deutet auf eine gegenteilige Entwicklung hin, wie sie Innenminister Reul aus Nordrhein-Westfalen schilderte. Im Bereich der Justiz gibt es ebenfalls Auswirkungen: Die Rückwirkung der Legalisierung führt dazu, dass zahlreiche anhängige Verfahren neu geprüft und teilweise eingestellt werden mussten.

Besonders in Nordrhein-Westfalen sind hunderte Verfahren betroffen, was zu einer erheblichen zusätzlichen Belastung der Justiz führt. Auch im Bereich der Verkehrssicherheit herrscht weiterhin Unsicherheit, insbesondere in Bezug auf die zulässigen THC-Grenzwerte im Blutserum.

Die neue Gesetzeslage ist hier nicht vollständig geklärt, was zu Problemen bei der Strafverfolgung im Straßenverkehr führen könnte, wie Epoch Times herausfand.

Diese Entwicklungen zeigen, dass die Auswirkungen der Legalisierung unzweifelhaft auch eine Reihe von negativen Aspekten mit sich bringt, und dass sich die Situation noch in einer sehr frühen Anpassungsphase befindet.

Trotz Legalisierung attraktiver Schwarzmarkt

Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport teilt auf Anfrage von Epoch Times mit, dass statistische Daten zum Umfang der Kriminalität bislang nicht vorliegen. Dementsprechend könne eine Beschleunigung der Kriminalität nicht bestätigt werden. Dennoch sieht das Ministerium es als unwahrscheinlich an, dass der legalisierte lizensierte Verkauf von Cannabis zur Eindämmung des Schwarzmarktes führen könne. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Drogenmarkt insgesamt „auch weiterhin ein lukrativer Markt für Kriminelle sein“ wird, so ein Sprecher des Ministeriums.

Auf die Frage, ob ein „Überschwappen“ von kriminellen Banden aus den Niederlanden zu verzeichnen sei, liegen derzeit keine Informationen auf Strukturen vor. Allerdings wird offenbar beobachtet, dass „ein Großteil der Geldautomaten-Sprengungen (GAA-Sprengungen) in Teilen Deutschlands derzeit von niederländischen Tätern mit marokkanischem Migrationshintergrund begangen wird.“

Rainer Wendt bleibt eindeutig: Rückgängig machen!

Epoch Times befragte dazu Rainer Wendt, den Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG).

Wie stufen Sie die Warnungen von Herbert Reul ein?

Minister Reul hat natürlich recht. Mit der Teillegalisierung von Cannabis ist eine Nachfrage gestiegen, ohne dass legales Cannabis sofort verfügbar war. Das wird ja jetzt erst nach und nach in diesen sogenannten „Cannabis-Clubs“ genehmigt und ist noch lange nicht in dem Maße vorhanden, wie es die Konsumenten jetzt haben wollen.

Vor allem junge Leute, denen man ja signalisiert hat, dass Cannabiskonsum was Tolles ist, sonst würde man es ja nicht legalisieren.

Und das ruft natürlich sofort organisierte Banden auf dem Plan, die diesen Bedarf decken wollen. Und schon ist die organisierte Kriminalität aus den Niederlanden nach Nordrhein-Westfalen geschwappt, und man kann jetzt schon vorhersagen, dass es sich nicht auf ein Bundesland beschränken wird. Davon werden auch andere Länder noch überschwemmt.

Werden jetzt nicht überall in den Gärten Cannabispflanzen angebaut? Wird der Bedarf hier nicht von den Konsumenten selbst gedeckt?

Das ist auch alles rechtswidrig, weil sie dem Zugriff junger Leute entzogen werden müssen. Im Garten kann man das gar nicht machen, das muss man schon zu Hause machen, da, wo es vor dem Zugriff von Kindern und Jugendlichen geschützt ist.

Das ist zumindest die Theorie, das, was sie schildern, scheint die Praxis zu werden. Das ist das, was Karl Lauterbach alles nicht bedacht hat. Das nennt er jetzt Jugendschutz, dass jetzt in den Gärten der Cannabis blüht!

Aber so schnell kann man das gar nicht anbauen und abernten, dass der große Bedarf, der jetzt durch die Legalisierung entstanden ist, gedeckt wird.

Das heißt, wenn man es im Garten anbaut, dann kann theoretisch ein Minderjähriger über den Zaun springen, und damit ist es illegal?

Ja, richtig. Wenn es nicht wirksam dem Zugriff von Kindern und Jugendlichen entzogen wird – so steht es im Gesetz – dann ist das illegal, und dann macht man sich strafbar.

Kann es sein, dass diese neuen Gartenpflanzen eine ganz andere Qualität haben als in den 1970er, 1980er-Jahren?

Ja, das entwickelt sich ja immer weiter durch Züchtungen und durch Optimierungen. Für mich ist viel wichtiger, dass die gelebte Praxis in den Niederlanden, die ja angeblich – so haben Lauterbach und andere uns das immer erzählt – so erfolgreich war, die Legalisierung des Cannabiskonsums, eine andere ist.

Denn das Gegenteil ist der Fall. In den Niederlanden blüht vor allen Dingen die Bandenkriminalität. Schreckliche Verbrechen passieren da. Der Kampf um die Absatzräume ist voll entbrannt. Und genau diese Entwicklung werden wir auch in Deutschland bekommen.

Ich kann nur hoffen, dass eine neue Bundesregierung diesem Treiben schnell wieder ein Ende bereitet und diese Teillegalisierung rückgängig macht.

Hessen ist (noch) nicht Nordrhein-Westfalen

Mitte September zog die hessische Polizei eine erste Zwischenbilanz zur Cannabisfreigabe. Danach sei bisher nur eine geringe Anzahl von Verstößen festgestellt worden. Einen Cannabis-Hotspot gebe es in Osthessen nicht.

Aber auch hier gibt es noch keine wirklich aussagefähigen Zahlen, so der Polizeisprecher: „Die Zahlen sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht valide, da sie aufgrund von Nachmeldungen oder weiteren Ermittlungen Schwankungen unterliegen.“

Zu einem erhöhten Einsatzaufkommen sei es bisher nicht gekommen. Also noch keine nordrhein-westfälische Problemstellung in Hessen.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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