Apokalypse – irreführender Weltuntergangshorror
Nach seinen erfolgreichen Weltuntergangs-Kinohits „Independence Day“ und „The Day After Tomorrow“ drohte der Erde auch in Roland Emmerichs Film von 2009 das Schlimmste. „2012“ ist ein Film über eine globale Katastrophe, die die Welt, wie wir sie kennen, an den Abgrund treiben wird. Wird er recht behalten?
Viele Kulturen haben Endzeiterwartungen. Wissenschaftlich heißen diese „Eschatologien“, die Lehren von den letzten Dingen. Insbesondere die drei monotheistischen Religionen haben solche Vorstellungen, darunter am ausgeprägtesten das Christentum. Aber auch die prächristlichen nordischen Kulturen hatten solche Vorstellungen, in Mittelamerika die Maya, Tolteken und Azteken sowie weltweit viele Stammeskulturen.
Was dabei häufig vorkommt, ist der Mythos einer glücklichen Urzeit (Paradies) und einer glücklichen Endzeit (Paradies, Himmel), vor der jedoch eine große Katastrophe steht. Weil wir Menschen offenbar so denken und fühlen, gehört es seit Langem zu den Regeln der Drehbuchschreiber unserer Filme (nicht nur aus Hollywood), vor dem Happy End eine große Katastrophe einzubauen, bei der noch mal alles auf die Spitze getrieben wird und alles auseinanderzufallen droht. Da müssen der Held oder die Heldin sich bewähren und über sich selbst hinauswachsen. Dies ist der Höhepunkt des Dramas, der oft als Kampf von Gut gegen Böse inszeniert wird.
Vielleicht sind unsere politischen und religiösen Dramen nur Inszenierungen in der Außenwelt, gesteuert und motiviert von dieser dramatischen Disposition des Menschen?
In Roland Emmerichs Film erhält die US-Regierung im Jahre 2009 einen vertraulichen Report, der bestätigt, dass die Erde schon in wenigen Jahren dem Untergang geweiht ist. Ein geheimer Katastrophenplan wird entwickelt, der jedoch nicht die Rettung aller Menschen vorsieht. Als Jackson Curtis (John Cusack) und seine zwei Kinder eines Tages einen Familienausflug in den Yellowstone Nationalpark unternehmen, stoßen sie durch Zufall auf eine ehemalige Forschungseinrichtung, die ein Geheimnis birgt und den Plan der Regierung als fehlerhaft ausweist. Jackson nimmt die Sache selbst in die Hand, um einen fast hoffnungslosen Kampf gegen die Zeit und die bevorstehende Naturkatastrophe zu gewinnen.
2012 – die Fehlinterpretation der Zeitrechnung im Maya-Kalender. Die Tibeter, die alten Ägypter, die Cherokee- und Hopi-Indianer, sie alle beziehen sich in ihren mystischen Glaubenssystemen und Zeitrechnungen, genau wie die Maya, auf einen 26.000 Jahre alten Zyklus. Dieser Zyklus endet am 22. Dezember 2012. Zu diesem Zeitpunkt ergibt sich eine äußerst seltene astronomische Konstellation, die sich bereits seit Jahrtausenden abzeichnet.
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Was soll dieses ständige Katastrophenszenario? Das griechische Wort „apokálypsis“ bedeutet „Enthüllung“ und bezieht sich auf das letzte Kapitel des „Neuen Testaments“, „Die Offenbarung des Johannes“, (engl.: „Revelation“). Es handelt sich um eine grundlegende Veränderung: „Seht, ich mache alles neu!“ (Offenbarung 21,5). Der Schleier der Nicht-Erkenntnis wird den Menschen weggerissen. Es geht um die totale Entschleierung, Enthüllung, Manifestation, Offenbarung der Gegenwart Gottes, die offenbar vielen Menschen Angst macht, weil sie sich von der Schöpfung abgekoppelt haben.
Es ist unverantwortlich, in Bild und Ton den Menschen ständig Schreckensvisionen zu präsentieren. Die Medien, die verführerischen Vermittler von Illusionen, werden an Wirkmächtigkeit verlieren. Nur wer sich für „Im-Medien“ (für Nicht-Medien) entscheidet, kommt zu einer sofortigen, unmittelbaren (engl. „immediate) Erfahrung von dem, was ist, was immer schon war und ewig sein wird.
Eine christliche Spezialität unter den Endzeitmythen ist der Glaube an ein Millennium, ein tausendjähriges Reich. Sogar die Nazis haben diesen Mythos aufgegriffen. Viele sahen diese Zeit mit der Geburt oder dem Tod des Jesus von Nazareth beginnen. Als das Ende dann aber nicht kam und auch zu den verschobenen Terminen immer wieder nicht kam (auch Luther prophezeite zu seinen Lebzeiten dreimal ein Ende der Welt), verlegten sich viele Christen auf die Erwartung eines Endes ohne bestimmtes Datum. Für viele bibelgläubige Bewegungen, wie etwa auch die Zeugen Jehovas, ist das nahe Ende jedoch eine mächtige emotionale Realität. Dementsprechend neigen sie dazu, die heute weitverbreiteten Ankündigungen ökologischer Katastrophen religiös zu interpretieren als Strafe Gottes. Manchmal reicht schon ein Tsunami oder ein Erdbeben für das Gefühl: Es ist soweit! Nun kommt die Strafe des Herrn über uns.
Kalender gibt es vermutlich schon seit der Altsteinzeit. Sie richteten sich nach den Rhythmen der Natur: Tag und Nacht, Frühling und Sommer und den Phasen des Mondes. Nach ihnen feierten die Menschen ihre Feste. Teils säten und ernteten sie auch danach oder legten Vorräte an für den Winter oder die Trockenzeit.
Der heute weltweit übliche Kalender ist der gregorianische. Er wurde im 16. Jahrhundert von Papst Gregor XIII. eingeführt und löste weitgehend den julianischen Kalender ab. Die islamischen, hinduistischen und buddhistischen Kulturen hatten jedoch andere Kalender, ebenso die chinesische Kultur. Teilweise werden diese heute noch angewandt. Gemäß diesen Kalendern sind die Jahreszahlen ganz andere als bei uns, entsprechend auch die Neujahrs-termine.
Neuerdings feiert die Esoterik-Szene besonders den Maya-Kalender. Er bietet ein Datum an, das nicht mehr lang hin ist – man kann ja nicht ewig auf das Goldene Zeitalter warten bzw. auf die Katastrophe.
Wenn ich nun zu Silvester ein besonders feierliches Gefühl habe, dann ist das ein Ergebnis einer solchen Vereinbarung und auch von der Tatsache, dass Massen anderer Menschen sich ebenso auf diesen Zeitpunkt ausrichten und dazu massenhaft ähnlich feierliche Gefühle haben. Neujahrsfeste sind, so wie auch etwa das Ende des Ramadan im islamischen Kulturraum, eine Art künstlich erzeugte Massenhysterie. Weil alle dasselbe glauben und dasselbe Datum im Kopf haben, glauben alle, dass zu diesem Zeitpunkt ein Übergang in etwas ganz Neues geschieht.
In Andersens Märchen hat der Kaiser neue Kleider an, weil alle glauben, das so zu sehen und fühlen zu müssen, um nicht als dumm zu erscheinen. Siehst du das nicht auch? Es ist eine Übereinstimmungstatsache! Bis ein Kind ruft: „Er hat doch gar nichts an!“ Und alle beginnen zu lachen.
Die in unserer Kultur aufgewachsenen Menschen sind uhrzeit- und kalendergläubig. Entsprechend sagt ein altes afrikanisches Sprichwort: „Euch Europäern hat Gott die Uhr gegeben. Uns hat er dafür die Zeit gegeben.“ Die Zeit ist das Echtere, Wirklichere. Die Uhren und Kalender zeigen nur Fiktionen an.
2012 ist eine Fiktion, die sich zu einer realen Massenhysterie auswachsen könnte, vermutlich aber subkulturell beschränkt bleiben wird, ein Sturm in der Pfütze, kein großes Weltphänomen. Die ökologischen Prognosen aber sprechen von Realitäten viel substanziellerer Art als das, was die Launen der Apokalyptiker zurzeit gerade produzieren.
Die Menschen spüren in allen Teilen der Erde, dass sich ein evolutionärer Bewusstseinswandel vollzieht, der unser Weltbild verändern wird. Auf diese Transformation sollte man im Wesentlich innerlich vorbereitet sein, um nicht von den Erscheinungen der Zerstörungen emotional vernichtet zu werden. Wir sollten uns immer wieder an die Worte von Mahatma Gandhi erinnern:
„Sei du selbst die Veränderung, wie du die Veränderung der Welt sehen möchtest.“
Wir müssen uns darum bemühen, dass wir die Art und Weise, in der unsere Gedanken den Erinnerungen an die Vergangenheit folgen und über die Zukunft spekulieren, bändigen und beherrschen. Wir müssen den Raum zwischen den Gedanken finden, der wie das Wasser in der Tiefe des Ozeans klar und ungestört bleibt, auch wenn auf der Oberfläche die Wellen peitschen. So können wir auf den unsterblichen Geist selbst blicken.
Info:
Der Religionsphilosoph Roland R. Ropers schreibt wöchentlich die Etymosophie-Kolumne exklusiv für die Epoch Times.
Er ist Autor und Herausgeber etlicher Bücher:
Was unsere Welt im Innersten zusammenhält: Hans-Peter Dürr im Gespräch mit bedeutenden Vordenkern, Philosophen und Wissenschaftlern von Roland R. Ropers und Thomas Arzt
Eine Welt – Eine Menschheit – Eine Religion von Bede Griffiths und Roland R. Ropers
Gott, Mensch und Welt. Die Drei-Einheit der Wirklichkeit von Raimon Panikkar und Roland R. Ropers
Die Hochzeit von Ost und West: Hoffnung für die Menschheit von Bede Griffiths und Roland R. Ropers
Geburtsstunde des neuen Menschen. Hugo Makibi Enomiya-Lassalle zum 100. Geburtstag von Roland R. Ropers
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