Wer schwitzt, verliert: J.D. Vance, Vize von Trump, souverän im TV-Duell
Die TV-Debatte der beiden Vizes für die Präsidentschaftswahl könnte plötzlich eine unerwartete Rolle für den Ausgang der Wahl einnehmen. Denn das Rennen zwischen der Demokratin Kamala Harris und dem Republikaner Donald Trump ist Umfragen zufolge sehr knapp, mit einer leichten Führung von Harris.
Vance träumt den „American Dream“
Der vierzigjährige James David (J.D.) wurde vor seiner politischen Karriere berühmt. Er schrieb das auch ins Deutsche übersetzte Buch „Hillbilly-Elegie“ über die Probleme der ländlichen amerikanischen Bevölkerung. Sein sechzig Jahre alter Kontrahent Tim Walz ist erst seit seiner Nominierung als Vize von Harris bekannt.
Vance vertritt seit 2023 seinen Heimatstaat Ohio als Senator in Washington. Walz ist eher ein unruhiger Geist, stammt aus Nebraska im fernen Westen und regiert seit 2019 als Gouverneur von Minnesota im Mittleren Westen. Zuvor war er lange Jahre Abgeordneter der Demokraten im Repräsentantenhaus in Washington.
Vance stammt aus schwierigen sozialen Verhältnissen aus Ohio. Seine Mutter war drogensüchtig. Er arbeitete sich hart nach oben und konnte mittels eines Stipendiums ein Studium an der renommierten Yale-Universität abschließen. Und er möchte, dass alle Amerikaner wieder den „American Dream“ träumen können: den Aufstieg von unten nach oben.
Tim Walz war lange Zeit Lehrer und erzählt gerne, dass er zudem Football Coach gewesen sei. Richtig ist: Er war Hilfscoach. Vance diente sechs Monate als Gefreiter im Irak, Walz war Master Sergeant der Nationalgarde. Vance wirkt im Auftreten souverän, ruhig und hat eine überdurchschnittliche Formulierungsgabe. Walz spricht eine einfache, direkte Sprache.
Einstieg: Angriff Irans auf Israel
Von den CBS-Moderatoren danach gefragt, ob sie nach dem gestrigen Angriff des Irans auf Israel einen „Präventivschlag“ (gemeint war wohl ein Vergeltungsschlag) Israels befürworten würden, wichen beide Kandidaten einer Antwort aus.
Walz ging gar nicht darauf ein, sondern griff Donald Trump an, der sich mit Putin und dem nordkoreanischen Diktator gut verstünde und für solch eine kritische Lage nicht geeignet sei.
Vance stellte sich erst einmal kurz vor und verwies darauf, dass Trump während seiner Amtszeit „Stabilität gewährleistet“ habe. Iran und andere Staaten hätten vor Amerika Angst gehabt.
Der Iran habe unter Präsident Joe Biden wieder 100 Milliarden US-Dollar zur Verfügung, weil die Demokraten diese unter Trump eingefrorenen Mittel wieder freigegeben hätten. Während der Amtszeit Trumps habe es Respekt vor dem amerikanischen Präsidenten gegeben. Dahin müsse Amerika zurückkehren, glaubt Vance.
Klimawandel: Überraschend kein Dissens
Als weitere Themen folgten die schweren Auswirkungen des Wirbelsturms „Helene“ und ob dieser vom Klimawandel verursacht worden sei. Vance distanzierte sich hier zu seinem „Chef“ Trump.
Während dieser Klimawandel bei öffentlichen Auftritten als „Quatsch“ bezeichnet hatte, ließ Vance die Möglichkeit zu, dass der Hurrikan „Helene“ aufgrund eines vom Menschen verursachten Klimawandel zustande gekommen sein könnte. Für Walz hingegen war klar: „Der Klimawandel ist Realität.“
Abtreibung: Geografie entscheidend?
Beim Thema Abtreibung konnte Walz punkten. Er warf Trump vor, dass dieser als Präsident auf Bundesebene das nationale Abtreibungsrecht gekippt habe. Walz vertrat die Position der Demokraten auf das Selbstbestimmungsrecht der Frauen über ihren Körper.
„In Minnesota haben wir die niedrigste Abtreibungsquote“, sagte er und begründete diese Aussage damit, „weil wir für die Freiheit der Frauen“ einstehen. Vance hingegen vertrat die Ansicht, dass die einzelnen Bundesstaaten darüber entscheiden sollten, ob sie Abtreibung erlauben oder nicht. Walz empörte sich über diese Einstellung und entgegnete: Es könne nicht angehen, dass bei solch einem Thema die Geografie – „also da, wo man lebt“ – entscheide.
Vance: Wohnungsnot wegen illegaler Einwanderer
Walz: „Wir haben Wohnungsnot.“ Es gebe viele Hauseigentümer, die ein Haus nur als Spekulationsobjekt für hohe Mieten ansähen. Das geplante Programm von Harris, das den Bau und Kauf von Häusern wieder für mehr Amerikaner erschwinglich machen solle, „haben wir schon in Minnesota“.
Vance kritisierte dies als „Ankündigungspolitik“ von Harris, die sie als derzeitige Vizepräsidentin längst in den vergangenen vier Jahren hätte umsetzen können. Vance machte für die Wohnungsnot außerdem illegale Einwanderer verantwortlich, die Amerikanern die Wohnungen wegnähmen.
Diese Aussage wollte eine der beiden CBS-Moderatoren nicht unwidersprochen stehen lassen. Wie Vance zu dieser Annahme käme, wollte sie wissen. Vance verwies schlagfertig auf eine Studie der amerikanischen Zentralbank „Federal Reserve“, die die Relation von illegalen Einwanderern und dem Wohnungsmangel beleuchte.
Vance: „Wir müssen aufhören, so vielen illegalen Einwanderern Wohnungen zu geben, die dann Amerikanern fehlen.“
Gesundheitswesen: „Wir haben die Mayo-Klinik“
Auch die hohen Kosten im Gesundheitswesen wurden angeschnitten. Diese seien unter dem demokratischen Präsidenten Biden besonders angestiegen, kritisierte Vance. Walz hielt entgegen: „Bei Erschwinglichkeit von Medikamenten sind wir in Minnesota die Nummer eins. Außerdem haben wir die Mayo-Klinik.“
Ob Walz damit meinte, dass das Gesundheitswesen des Staates Minnesota von Harris künftig auf das ganze Land übertragen werden soll, blieb unklar.
Waffen: Kein Plan
Beim Thema Waffenmissbrauch insbesondere bei Amokläufen an Schulen waren sich beide Kandidaten darin einig, dass „etwas getan“ werden müsse, um dies zu ändern. Beide aber gaben zu, dass sie dafür kein Patentrezept hätten.
Fazit: Vance profiliert sich als möglicher Präsidentschaftskandidat in vier Jahren
Während sich Walz in seinem Schlussstatement direkt an die amerikanischen Zuschauer wandte und hervorhob, das Land brauche wieder Optimismus, bedankte sich Vance als Erstes bei seinem Kontrahenten Walz für die Debatte.
Eine sympathisch wirkende Geste, ähnlich jener von Kamala Harris, als diese in der TV-Debatte gegen Trump zu Beginn auf diesen zuging und ihm die Hand gab.
J.D. Vance kann sich tatsächlich bei dem Demokraten Tim Walz bedanken, denn dieser trug ungewollt dazu bei, dass der Republikaner sein rhetorisches Können vor der ganzen Welt darstellen konnte.
Vor der Kamera bewegte sich der Demokrat Walz unruhig und schwitzte erkennbar. Dies veranlasste den zuschauenden Donald Trump noch während der Sendung via Kommentar in sozialen Medien einen sarkastischen Post zu veröffentlichen.
Schon einmal schwitzte ein Kandidat in einem TV-Duell. Es war das erste in der Geschichte: Am 26. September 1960 trat der Kandidat der Demokraten, John F. Kennedy, gegen den Republikaner Richard Nixon an. Nixon verlor. Denn er schwitzte, während Kennedy souverän blieb. Seither gilt: Der Eindruck, den die Bewerber vor einer Live-Kamera abliefern, ist wichtiger als ihre Aussagen.
Insofern ist es nicht übertrieben, zu mutmaßen, dass sich der „coole“ Vance in vier Jahren selbst als Präsidentschaftskandidat der Republikaner präsentieren könnte. Von den vier Kandidaten, um die es im derzeitigen Wahlkampf geht – Kamala Harris und ihr Vize Tim Walz, Donald Trump und sein Vize J.D. Vance – kann Vance für sich wohl den präsidialsten Auftritt verbuchen.
Über den Autor:
Tom Goeller ist Journalist, Amerikanist und Politologe. Als Korrespondent hat er in Washington, D.C., und in Berlin gearbeitet, unter anderem für die amerikanische Hauptstadtzeitung „The Washington Times“. Seit April 2024 schreibt er unter anderem für die Epoch Times.
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