Nach Parteitag und X-Gespräch: So blickt das Ausland auf die AfD
Die Alternative für Deutschland (AfD) sei eine „populistische, rechtsradikale“ Partei erklärt das American-German Institute (AGI) in Washington, D.C. Es versteht sich als „der einzige Thinktank, der sich ausschließlich mit den drängendsten Fragen beschäftigt, die für Deutschland und die Vereinigten Staaten von Bedeutung sind.“
Auf seiner Website erklärt das Institut weiter: Die Partei nehme „islamfeindliche, fremdenfeindliche und […] rechtsextreme Positionen“ ein. „Die gleichzeitige Normalisierung und Radikalisierung macht sie selbst im Vergleich zu anderen rechtsextremen Parteien in Europa zu einem Außenseiter“, so die Meinung des Instituts, das nach eigenen Angaben der Washingtoner Johns Hopkins University angeschlossen ist. Das AGI erklärt zudem, dass es „tiefgehende Analysen“ anfertige, um zum Beispiel „politische Entscheidungen zu beeinflussen“.
Polen: Folgen eines AfD-Verbots
Auch in Polen gibt es ein Institut, das sich in einer tiefgehenden Analyse Gedanken darüber gemacht hat, wie man die AfD „einhegen“ könnte: Das Warschauer Zentrum für Oststudien – „Ośrodek Studiów Wschodnich“ (OSW) – kommt in einer Studie zu folgendem Schluss: „Es ist unwahrscheinlich, dass bald ein Verbotsverfahren gegen die AfD eingeleitet werden könnte. […] Einige der AfD-Wähler würden sich höchstwahrscheinlich anderen extremen Gruppen zuwenden, um ihren Widerstand gegen die Regierungspolitik auszudrücken. Einige könnten andere Initiativen unterstützen, die außerhalb des politischen Systems operieren, was zu einem Anstieg des sozialen Radikalismus führen und die Strafverfolgungsbehörden daran hindern könnte, deren Aktivitäten zu überwachen.“
Die Einschätzung des American-German Institutes und des OSW über die AfD triff auch auf alle namhaften Zeitungen der Welt zu. Überall wird die Partei als „weit rechtsaußen“ und als „extrem“ und „radikal“ bezeichnet. Diese Wahrnehmung basiert in erster Linie auf der Einschätzung des Bundesverfassungsschutzes, wie einige Auslandsmedien ihren Lesern explizit erklären.
US-Medien: Vom Beobachten zur Recherche
Die klassischen amerikanischen Medien verfolgten die politische Entwicklung der AfD lange Zeit überwiegend beobachtend. Das Gespräch des Tech-Milliardärs Elon Musk mit der AfD-Chefin Alice Weidel hat nun die Aufmerksamkeit von Zeitungen und Rundfunksendern für die AfD beträchtlich erhöht.
Einer der größten US-TV-Sender, der „Public Broadcasting Service“ (PBS), ist vom Beobachten zum investigativen Journalismus übergegangen und bietet inzwischen zahlreiche Sendungen über „Rechtsextremismus“ in Deutschland an, in denen die AfD immer wieder auftaucht: Die Titel lauten: „Was man über Deutschlands rechtsextreme Politik und die Proteste dagegen wissen sollte“, „Deutschlands Neonazis und die extreme Rechte – ‚Frontline‘ untersucht den Aufstieg des Rechtsextremismus und der Gewalt in Deutschland“, „Deutschlands innerer Feind – Untersuchung des Aufstiegs des Rechtsextremismus“.
Im Übrigen stellen US-Medien in ihrer Berichterstattung über die AfD seit neuestem stets Musk und dessen Unterstützung für die Partei voran. Immerhin scheint er der engste Vertraute des designierten US-Präsidenten Donald Trump zu sein.
Großbritannien: Sorge vor Übertragung
Ein Kommentar in der politisch linksgerichteten britische Tageszeitung „The Guardian“ am 10. Januar lautet: „Die Lobhudelei der AfD-Vorsitzenden gegenüber Elon Musk sollte ihre Partei eigentlich in den Abgrund treiben. Stattdessen wird es ihr Auftrieb geben“. Der Autor des Artikels spielt darauf an, dass viele AfD-Anhänger keine Freunde der USA seien, im Fall Musk aber dessen Unterstützung begrüßten.
Die führende Online-Zeitung „The Independent“ überschlägt sich förmlich in fast täglichen Berichten über die AfD. Am 3. Januar etwa war der Aufmacher auf der Homepage die Aussage des designierten US-Vizepräsidenten J.D. Vance über Musk: Dass dieser die „Rechtsaußen-AfD“ über den grünen Klee lobe, fände Vance „interessant“. Weitere Artikel befassen sich damit, ob das englische Wahlsystem ebenfalls eine so rechtsextreme Partei wie in Deutschland ermögliche, die Proteste gegen den AfD-Parteitag in Riesa und der AfD-Kundgebung in Magdeburg nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt. Der Tenor der Artikel ist durchweg kritisch gegenüber allem, was die AfD sagt oder tut.
Das englische Staatsfernsehen BBC gibt keine direkten Wertungen über die AfD ab, wohl aber in der Art und Weise, welche Themen es auswählt beziehungsweise weglässt. Der Aufmacher über Riesa lautete: „Alice Weidel griff sogar öffentlich den Begriff ‚Remigration‘ auf – ein Wort, das weithin als Bezeichnung für die massenhafte ‚Rückkehr‘ oder Abschiebung von Menschen mit Migrationshintergrund verstanden wird.“
Der private Nachrichtensender „GBNews“ macht sich Sorgen, ob die Umfrageergebnisse und Wahlerfolge der AfD Auswirkungen auf Großbritannien haben könnten und stellt die AfD-Forderungen nach „Grenzschließung“ und „Remigration“ in den Mittelpunkt seiner Berichterstattung.
Spanien: Die Quadratur des Kreises
Die führende spanische Tageszeitung „EL PAÍS“ berichtete ausführlich über den AfD-Parteitag und beschreibt die AfD als „eine der radikalsten Rechtsaußenparteien Europas, die mit jeder Wahl an Unterstützung gewinnt“.
Insbesondere die AfD-Chefin war der Zeitung ein ausführliches Porträt wert: „Sie ist eine Frau in einer von Männern dominierten Partei. Sie lebt mit einer anderen Frau aus Sri Lanka zusammen, mit der sie zwei Kinder hat, und doch ist sie von Politikern umgeben, die das traditionelle Familienmodell von Mann und Frau verteidigen, Einwanderung jedoch ablehnen. Sie ist eine Politikerin aus Westdeutschland, führt jedoch eine Partei an, die im Osten am erfolgreichsten ist, wo ihre lautstärkste Basis lebt.“
„Als liberale Ökonomin mit einer kosmopolitischen Karriere steht sie an der Spitze einer Bewegung, die im alten Nationalismus Deutschlands verwurzelt ist – einer Ideologie, die aufgrund der Geschichte des Landes viele innerhalb und außerhalb seiner Grenzen verunsichert.“
„Auf der Bühne ist sie eine kraftvolle Rednerin, die zur ‚Remigration‘ von Ausländern aufruft, aber in persönlichen Begegnungen wirkt sie fast schüchtern, als ob sie nicht ganz an die Rolle glauben würde, die sie jetzt auf nationaler und internationaler Bühne spielt. Sie ist eine offensichtlich Gemäßigte an der Spitze einer Partei, die im Gegensatz zu ihren Gegenstücken in Frankreich und Italien im Laufe der Zeit immer radikaler geworden ist.“ EL PAÍS glaubt, die AfD versuche mit solch einer Kanzlerkandidatin „die Quadratur des Kreises“.
EFE, die viertgrößte Nachrichtenagentur der Welt mit Sitz in Madrid, rückte am 12. Januar neben den „Remigrations“-Forderungen von Weidel ebenfalls deren Lebensführung in den Mittelpunkt und glaubt ebenso wie „EL PAÍS“ einen Gegensatz zur Partei festzustellen: „Obwohl Weidels Lebensgefährtin eine Frau ist und sie mit ihr zwei Kinder hat, stimmten die Delegierten dafür, in das Programm aufzunehmen, dass die Familie aus „Vater, Mutter und Kindern‘ als Grundzelle der Gesellschaft besteht.“
Lateinamerika: Musk vor Weidel
Die brasilianische Zeitung „The Rio Times“ konzentrierte sich auf das Musk-Online-Gespräch. Auch sie transportiert alles, was sie über die AfD sagen möchte über den Tech-Milliardär. Ein typischer Satz: „Musk rief die deutschen Wähler wiederholt dazu auf, die AfD zu unterstützen. Er kritisierte die aktuelle Situation Deutschlands unter der Führung von Bundeskanzler Olaf Scholz.“ Weidels Aussagen wurden erst an zweiter Stelle genannt.
Gleiches findet sich in den argentinischen Zeitungen „La Nación“ und der meistgelesenen Tageszeitung „Clarín“, die am 14. Januar über eine Aktion der „Rechtsextremen“ berichtete, die in Deutschland gefälschte „Flugscheine zur Ausweisung von Einwanderern“ verteilt hätten. „Die Ermittlungen beziehen sich auf die rechtsextreme Partei Alternative für Deutschland (AfD), die von Elon Musk unterstützt wird“, schrieb Clarín.
Arabische Welt: AfD eher im englischen Programm
Das weitreichenstärkste arabische Medium „Al Jazeera“ berichtet seit Jahren im Fernsehen und auf seiner Website über die AfD. Am 12. Januar widmete der katarische Fernsehsender der AfD in seinem englischsprachigen Programm eine 28-Minuten-lange Sondersendung. Dazu weitere Online-Artikel.
Mehrfach kommen Kritiker zu Wort, etwa Maria Schmidt, von „Al Jazeera“ als „Sprecherin der Protestorganisatoren in Riesa“ bezeichnet. Sie wird mit den Worten zitiert: „Heute schützen wir das Recht der Menschen, in Sicherheit zu leben, ohne Angst vor Abschiebung oder Angriffen.“ Und so räumt „Al Jazeera“ dem Thema „Remigration“ einen breiten Anteil in seinen Berichten über die AfD ein, bleibt aber in seinem Begleittext sachlich.
Das arabische Programm von „Al Jazeera“ wird von vielen Migranten in Deutschland als ein Hauptinformationsmedium genutzt. Auf „Al Jazeera Arabic“ wird die AfD jedoch kaum wahrgenommen. Gleiches gilt für die zahlreichen golf-arabischen Nachrichtensender mit hoher Reichweite.
Australien
Australische Medien konzentrierten sich ebenfalls in erster Linie auf das X-Gespräch von Musk und stellen den Multimilliardär in den Mittelpunkt. „The Australian Financial Review“ titelte: „Musk empfängt deutsche rechtsextreme Führerin auf X und schürt Angst vor Wahleinmischung.“
Unter der Rubrik „Europäische Union“ berichtete der „Sydney Morning Herald“ darüber und stellte die deutsche Kritik daran in den Mittelpunkt. „Übergriffig und anmaßend“ würden Deutsche Musks Aktion empfinden. Es gebe „Wut in Deutschland, nachdem Musk vor den Wahlen eine rechtsextreme Partei unterstützt“.
Musk habe in den deutschen Medien „eine Debatte über die Grenzen der freien Meinungsäußerung ausgelöst“. Die AfD wurde kaum erwähnt, hatte aber im Herbst 2024 mit ihren Wahlerfolgen in Thüringen, Brandenburg und Sachsen eine breite Berichterstattung in australischen Medien ausgelöst.
Keine eigene Meinung
Den genannten und auch weiteren Auslandsmedien ist zu entnehmen, dass sie den Anti-AfD-Duktus der klassischen deutschen Medien offenbar übernehmen. Obwohl einer ganzen Reihe von ihnen auffällt, dass die Biografie von Weidel nicht zu den Urteilen über die AfD passt, obwohl sie wissen, dass die AfD-Politikerinnen und Politiker in ihren Reihen hat, die Migrationshintergrund aufweisen, dass es jüdische Medien, wie die „Jüdische Rundschau“, gibt, die pro-AfD publizieren und es sogar jüdische AfD-Mitglieder gibt, findet dazu keine eigene Reflexion bei den Auslandskorrespondenten statt.
Vielmehr werden die in der tonangebenden deutschen Medienöffentlichkeit verbreiteten Urteile über die AfD in alle Welt weitertransportiert, gelegentlich angereichert um spezifische Informationen, die für die eigene Leserschaft von Interesse sein könnten.
Das inzwischen verfestigte und belastende Image einer neuen „Nazi-Partei“ Deutschlands wieder loszuwerden, dürfte der AfD auf absehbare Zeit im Ausland nicht gelingen, auch deshalb nicht, weil es im mächtigen angelsächsischen Bereich alt gehegten und immer wieder gerne wiederholten Vorurteilen über Deutschland entspricht.
Zum Autor:
Tom Goeller ist Journalist, Amerikanist und Politologe. Als Korrespondent hat er in Washington, D.C. und in Berlin gearbeitet, unter anderem für die amerikanische Hauptstadtzeitung „The Washington Times“. Seit April 2024 schreibt er unter anderem für die Epoch Times.
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