Greift der Iran an oder verstecken sich die Mullahs? Die nächsten 48 Stunden entscheiden

Die Hisbollah will die spektakuläre Tötung ihres legendären militärischen und geistlichen Anführers Hassan Nasrallah rächen. Aber wie? Wird der Iran nach Monaten der Drohung nun doch noch Israel angreifen? Wichtiger als die Antworten auf diese Fragen sind die nächsten Schritte Israels.
Titelbild
Eine Hisbollah-Flagge im Südlibanon nebst Werbung für Raketen. Mit einem Arsenal von 120.000 bis 200.000 Raketen gilt die Schiitenmiliz als gefährlicher als die Hamas in Gaza.Foto: alexkuehni / iStock
Von 29. September 2024

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Was kann die Hisbollah – wenn überhaupt – als Nächstes tun, nachdem sie den Tod ihres Anführers Hassan Nasrallah bei einem israelischen Angriff am vergangenen Freitag zunächst bestritten und dann bestätigt hat? Viele Nahostexperten, darunter der britische CNN-Journalist Nick Paton Walsh, sind sich sicher: In den nächsten 48 Stunden werden die verbliebenen Hisbollah-Kommandeure beraten, wie sie auf die Auslöschung ihrer ersten Riege reagieren sollen. Die Schmerzgrenze dürfte längst erreicht sein. Doch könnte der Hisbollah bei weiteren Schritten auch der völlige Untergang drohen.

Hisbollah: Größte nicht staatliche Armee der Welt

Derzeit ist unbekannt, wie stark die riesigen Raketenbestände der Terrorgruppe durch die Welle israelischer Luftangriffe in den letzten zwei Wochen beeinträchtigt wurden. Klar ist jedoch: Die Hisbollah gilt laut zahlreicher englischer und amerikanischer Thinktanks, darunter das Center for Strategic and International Studies in Washington, als die am stärksten bewaffnete nicht staatliche Gruppe der Welt. Analysten dieser Thinktanks gehen davon aus, dass die Hisbollah über 30.000 bis 50.000 Kämpfer verfügt. Anfang des Jahres behauptete jedoch der nun getötete Anführer Nasrallah, seine Gruppe verfüge über mehr als 100.000 Kämpfer.

Außerdem wird das Raketenarsenal der Hisbollah auf 120.000 bis 200.000 Stück berechnet, wovon nur ein kleiner Teil binnen eines Jahres auf Israel verschossen wurde. Bei den Raketen handelt es sich meist um iranische Nachbauten von russischen und chinesischen Bauarten von insgesamt 14 Typen, angefangen bei der kleinsten Katjuscha, mit einer Reichweite von 4 bis 40 Kilometer, hin zu Fateh-110 mit einer Reichweite von 400 Kilometer. Aber auch über riesige russische Scud-Raketen der Typen B, C und D verfügt die Hisbollah – Reichweite 500 Kilometer. Hinzu kommen zahlreiche Drohnentypen wie etwa die kleinen Mirsad 1/Ababil-T mit einer Reichweite von 120 Kilometern bis hin zur flugzeuggroßen Shahed-129 mit einer Reichweite von 2.000 Kilometern.

Bauernopfer Teherans?

Da der israelische Geheimdienst offenbar in Echtzeit sehr genau über den Aufenthaltsort der Hisbollah-Führung informiert war, dürfte er auch wissen, wo sich die Raketen- und Munitionsdepots befinden. Trotz all der israelischen Bomben aber war und ist die Hisbollah nach wie vor in der Lage, Israel mit Raketen zu beschießen, bis hin nach Tel Aviv. Zwar haben diese Angriffe noch keinen nennenswerten Schaden angerichtet, das könnte sich jedoch in den nächsten Tagen ändern: Dann, wenn die verbliebene zweite Reihe der Hisbollah sich dazu entscheidet, Stärke demonstrieren zu müssen, um die Moral ihrer Kämpfer und ihre vermeintliche Bedeutung in der Region aufrechtzuerhalten. Mit dem Risiko, dass sie gegen Israel scheitern könnte. In solch einem Fall wäre die schiitisch-faschistische Hisbollah dann erledigt. Möglicherweise aber baut sie darauf, dass ihr großer Förderer, der Iran, der sie vorrangig in diese Lage gebracht hat, nun beispringt. Andernfalls wäre die seit Jahrzehnten vom iranischen Mullah-Regime aufgebaute Frontkämpfermiliz gegen Israel binnen kurzer Zeit ein Bauernopfer Teherans.

Iran will Atombombe, keinen Krieg

Nach der israelischen Beseitigung des obersten Führers der palästinensischen Terrororganisation Hamas, Ismail Haniyeh, am 31. Juli in der iranischen Hauptstadt Teheran, hatte der oberste politische und geistliche Führer des Iran, Ayatollah Ali Chamenei, Israel vollmundig Vergeltung angedroht: „Es wird eine harte Bestrafung geben“, kündigte er an. Geschehen ist seither nichts. Der Iran hat sich mit seinen Proxys Hamas und Hisbollah verspekuliert. Und: Der Iran arbeitet heimlich auf Hochtouren an der Urananreicherung für eine Atomwaffe, um zu einem späteren Zeitpunkt Israel überzeugend mit der totalen Vernichtung drohen zu können. Würde sich der Iran zum jetzigen Zeitpunkt in einen vollen Krieg hineinziehen lassen, könnten die USA und Israel dies als Vorwand nutzen, die iranischen Urananreicherungsanlagen zu zerstören.

Wie heikel der derzeitige Zeitpunkt für den Iran ist, geht aus einer vor wenigen Tagen veröffentlichten Studie der amerikanischen Beobachtungsgruppe Iran Watch hervor. Sie warnte am 18. September davor, der Iran sei – angefangen von binnen einer Woche bis hin zu 18 Monaten – in der Lage, damit zu beginnen, eine oder mehrere Atombomben herzustellen.

„Das iranische Atomprogramm hat den Punkt erreicht, an dem der Iran innerhalb etwa einer Woche in der Lage sein könnte, genug Uran für fünf Spaltwaffen anzureichern.“ Und weiter: „Die Fähigkeit des Irans, Uran schnell anzureichern, hat sich durch Fortschritte bei der Erprobung und dem Einsatz leistungsstärkerer Zentrifugen verbessert.“ Seit Februar 2021 weigere sich der Iran, mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zu kooperieren. Die Herkunft von Uranpartikeln, die an zwei nicht gemeldeten Standorten gefunden worden seien, sei nicht erklärt worden. Die widerborstige Haltung Teherans hat dazu geführt, dass die IAEA „über wesentliche Elemente des iranischen Programms“ nicht mehr Bescheid weiß. 

Israel verfügt über Entscheidungshoheit

Doch im Grunde sind es die nächsten Schritte Israels, die am wichtigsten in diesem Machtkrieg sind. Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu hat gezeigt, dass sein Geheimdienst Mossad in der Lage ist, einmalige, bis dahin unvorstellbare Aktionen durchzuführen, dass er über höchst interne Informationen der libanesischen Hisbollah und des iranischen Mullah-Regimes verfügt. Und dass Netanjahu seine Armee mit voller Härte zuschlagen lässt, inzwischen ungeachtet ziviler Opfer und internationaler westlicher Verurteilung. Nicht nur für Israelis scheint dieses Vorgehen zur Auslöschung der Hamas- und Hisbollah-Führung gerechtfertigt zu sein. Mit klammheimlicher und auch mit offener Freude werden ebenso unter sunnitischen Muslimen in arabischen Ländern die israelischen Erfolge gefeiert, wie in zahlreichen Posts in sozialen Medien zu sehen ist, etwa bei X:

Netanjahu hat ohnehin noch vier Wochen freie Hand, nach Belieben gegen die Hamas und die Hisbollah und gegebenenfalls auch gegen den Iran Krieg zu führen, da der aus dem Amt scheidende US-Präsident Joe Biden keine Anstalten mehr trifft, den israelischen Premier zu zügeln. Das gesamte Washingtoner Politestablishment starrt auf den 5. November, dem Wahltag für die Nachfolge Bidens. Vorher wird nichts Gravierendes mehr entschieden. Deshalb ist davon auszugehen, dass binnen der kommenden beiden Wochen die israelische Armee bis auf 30 Kilometer in den südlichen Libanon eindringen und jedwede militärische Struktur dort zerstören wird. Ob es zu einer anhaltenden israelischen Besatzung kommen könnte, ist derzeit noch nicht abzusehen.

Auswirkungen für Deutschland

Es ist zu erwarten, dass aufgrund der derzeitigen Lage ein erhöhter Flüchtlingsstrom aus dem Libanon Richtung Europa, respektive Deutschland, einsetzen wird. Darunter werden nicht nur libanesische Flüchtlinge – womöglich auch von der Hisbollah – sein, sondern auch syrische Flüchtlinge, die im Libanon Zuflucht gefunden haben und nun aufgrund der Kriegshandlungen innerhalb des Libanons erneut vertrieben werden.

Auch ist davon auszugehen, dass es eine breitere öffentliche Diskussion um deutsche Lieferungen von Rüstungsgütern an Israel geben könnte als bisher. Dies legt etwa die jüngste Anfrage des BSW im Bundestag und die am 10. September erfolgte 17-seitige Antwort der Bundesregierung darauf nahe. Bereits am 18. April hatte der NDR einen Beitrag mit dem Titel „Todeszone Gaza: Waffen aus Deutschland“ ausgestrahlt. Dieser Beitrag fand in Kreisen von Berliner Politikern hohe Aufmerksamkeit.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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