Bolivien: Ökosozialist Morales lässt Regenwald abfackeln – Europa aber schweigt
Politiker und Medien in Europa liefern sich zurzeit einen Wettlauf gut inszenierter Empörung über Brände in Brasiliens Amazonasregion, die in ihrem Ausmaß zwar nicht über dem aktuellen 20-Jahres-Durchschnitt liegen, vor dem Hintergrund der Wahl des rechtskonservativen Jair Bolsonaro ins Präsidentenamt aber auch ein willkommenes Feindbild bedienen.
Auffallend still ist es hingegen um andere Länder, vorwiegend auf der Südhalbkugel, die derzeit ebenfalls von Bränden betroffen sind. Zu diesen zählen – neben Staaten in Subsahara-Afrika und Südostasien – auch Peru oder Paraguay. Am stärksten wüten die Brände aktuellen Satellitenaufnahmen der NASA zufolge in Bolivien.
„Rechte der Erde verankern“
Seit 2006 regiert dort mit Evo Morales ein bekennender Ökosozialist, zu dessen politischen Vorbildern unter anderem der ehemalige venezolanische Diktator Hugo Chavez zählt. Sein politisches Portfolio lässt nichts aus, was zum Kernbestand linksgrüner Politik gehört und Morales hat in seiner bisherigen Zeit vieles umgesetzt, wovon progressive Kräfte auch in Deutschland träumen: Verstaatlichung des Erdöl- und Erdgassektors, von Bodenschätzen, dem Verkehrswesen und großen Industrien, eine Landreform und Zurückdrängung der Katholischen Kirche.
Auch Klassiker wie Antiamerikanismus und Hasstiraden gegen Israel oder den „Neoliberalismus“ vor der UNO durften nicht fehlen. Hingegen bezeichnete Morales die Kinderarbeit als „Teil der nationalen Kultur Boliviens“, die dazu beitrage, dass sich bei den Kindern ein soziales Bewusstsein entwickle. Entsprechend setzte Morales ein Gesetz durch, dass diese ab zehn Jahren erlaubt, wobei es lediglich einige Einschränkungen gibt, die einem Missbrauch vorbeugen sollen.
Im Oktober 2009 wurde Morales von der Generalversammlung der Vereinten Nationen zum „World Hero of Mother Earth“ ernannt. Vor den Vereinten Nationen forderte er, die „Rechte der Erde“ als verbindliche Vorgaben für Regierungen auf der ganzen Welt zu verankern. Im eigenen Land verbot er den Anbau genetisch modifizierter Organismen, was – zum Leidwesen Ökologiebewegter in den westlichen Industrieländern – zu einem weltweiten Anstieg der Sojapreise führte.
Schwul machende Hähnchen und Werkzeuge des Imperialismus
Im April 2010 fiel der „starke Mann“ Boliviens erstmals in Teilen der Ökologiebewegung in Ungnade, als er auf der Klimakonferenz von Cochabamba erklärte, dass der Verzehr von Hühnerfleisch wegen dessen vermeintlicher Überfrachtung mit weiblichen Hormonen junge Männer schwul machen könne.
Im Jahr 2013 komplimentierte Morales erstmals deutsche NGOs und Verantwortliche für Entwicklungszusammenarbeit aus dem Land, denen er „Öko-Imperialismus“ und Einmischung in die inneren Angelegenheiten seines Landes vorwarf. Er und Ecuadors damaliger sozialistischer Staatschef Rafael Correa verurteilten damals in einer gemeinsamen Pressekonferenz „fundamentalistische Umweltschützer“ als „Werkzeuge des Imperialismus“. Fanatische Umweltideologie, so betonten beide sozialistische Präsidenten damals, dürfe nicht die Verbesserung der Lebensbedingungen für die Menschen behindern.
Am 9. Juli hat Morales nun das Dekret 3973 verabschiedet, das als Schlüsselfaktor für das derzeitige intensive Brandgeschehen gilt. Anlässlich einer Pressekonferenz während der Verkündung des Dekrets erklärte es Morales zum „Recht des bolivianischen Volkes“, den Urwald zu „lichten“, damit durch kontrollierte Brandrodung das Wachstum der bolivianischen Landwirtschaft sichergestellt werden könne.
Seither, so schreibt Wolfram Weimer auf n-tv unter Berufung auf die Zeitung „El Deber“, seien mindestens 500 000 Hektar Waldes schwerpunktmäßig im Osten des Landes beseitigt worden. Öffentliche Kritik vonseiten örtlicher Lokalpolitiker der Opposition hatte Einschüchterungsmaßnahmen vonseiten der Regierung zur Folge.
Vorwahlgeschenk an verarmte Bauern
Diese verkauft das Dekret als „sozialistische Errungenschaft“. Die Brandrodungen sollen insbesondere der armen Landbevölkerung der Regionen Beni und Santa Cruz den Zugang zur Viehwirtschaft ermöglichen. Seit 2005 sollen im bolivianischen Amazonasgebiet NGOs zufolge bereits mehrere Millionen Hektar Waldfläche verlorengegangen sein. Auch was die Ablehnung ausländischer Hilfe anbelangt, hat sich Morales diesbezüglich bereits vor Bolsonaro kritisch geäußert.
Weimer sieht einen Zusammenhang zwischen dem Dekret und der von Morales angestrebten Wiederwahl im Oktober. Der Ökosozialist war erst mit einem Referendum gescheitert, mit dem er die Verfassung ändern lassen wollte – um ihm eine vierte Amtszeit zu ermöglichen. Anschließend erklärte er dieses für nichtig, nachdem er sich durch das Verfassungsgericht attestieren ließ, dass ein erzwungener Kandidaturverzicht seine Menschenrechte verletzen würde.
Die nunmehrige Rodungspolitik soll Morales in Anbetracht zu erwartender knapper Mehrheitsverhältnisse ein nochmaliges Durchstarten ermöglichen. Im Unterschied zur Situation in Brasilien reicht das internationale Interesse nicht aus, um Bolivien auf die G7-Tagesordnung zu setzen oder medial den Fokus darauf zu richten. Ein „Weltheld von Mutter Erde“ als Regenwald-Kahlschläger – das passt nicht so recht in linksliberale Wahrheitssysteme.
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