„Tannbach – Schicksal eines Dorfes“ im Live-Stream, heute, 10.01., Drama mit Martina Gedeck, Natalia Wörner, Gunda Patzke, Nadja Uhl, u.a.
Mittwoch, 04.01.2015, 20.15 Uhr / 21.45 Uhr / 23.20 Uhr, ZDF Neo, Teile 1-3
Teil 1: Tannbach – Schicksal eines Dorfes: Der Morgen nach dem Krieg
Deutschland 1945, die letzten Tage vor der endgültigen Kapitulation. Auf Gut Striesow an der thüringisch-bayerischen Grenze sind unzählige Flüchtlinge einquartiert, man wartet auf das erlösende Ende des Krieges. Doch im letzten Moment kann die SS durch Verrat noch ein Exempel statuieren: Caroline von Striesow droht die Exekution, weil sie ihren desertierten Mann Georg versteckt.
Ihre Tochter Anna ist tief erschüttert. In Friedrich, dem Sohn von Liesbeth Erler, die aus Berlin nach Gut Striesow geflüchtet ist, findet sie einen Vertrauten in ihrem Verlust. Auch er hat seinen Vater im Krieg verloren. Als kurz darauf die Amerikaner Dorf und Gut einnehmen, müssen sich die Bewohner mit der neuen Situation arrangieren. Franz Schober, NS-Parteimitglied und Verräter des versteckten Georg von Striesows, glaubt sein Parteibuch verschwunden und nutzt diese Chance, sich den Amerikanern anzudienen. Hilde Vöckler verrät aus Abscheu ihren Sohn Horst, den mörderischen SS-Mann, an die neuen Besatzer. Lothar, jüdischer Ziehsohn von Liesbeth Erler, geht zurück nach Berlin, um nach seinen verschollenen Eltern zu suchen. Georg von Striesow, der von dem Verrat durch Franz Schober erfährt, greift diesen tätlich an und wird als Konsequenz von den Amerikanern in ein Kriegsgefangenenlager abgeschoben. Jetzt trägt die junge Anna von Striesow die alleinige Verantwortung für das Gut und sucht die Verständigung mit den Amerikanern. Doch die Besatzungszonen verschieben sich – und Tannbach befindet sich im Sommer 1945 plötzlich in der sowjetischen Zone.
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Teil 2: Tannbach – Schicksal eines Dorfes: Die Enteignung
1946. Tannbach wird jetzt von den Rotarmisten kontrolliert. Für die Bewohner bedeutet das neben dem alltäglichen Überlebenskampf eine neue politische Richtung: Enteignung durch die Bodenreform und Deportierung der ehemaligen Großgrundbesitzer. Friedrich brennt für diese neuen Ideen – obwohl Anna durch die politischen Reformen ihren Besitz verliert und deportiert werden soll. Der neu eingesetzte Landrat Werner ist für Friedrich Vaterersatz und ideologischer Richtungsgeber.
Der Großbauer Franz Schober entgeht der Enteignung durch einen klugen Schachzug seines ungeliebten Sohnes Heinrich, der seinen Vater mit dem aufgefundenen Parteibuch in der Hand hat. Heinrich versucht, sich ein eigenes Leben aufzubauen – mit seiner jungen Frau Theresa, die er, bereits schwanger von einem anderen, geheiratet hat. Friedrich heiratet Anna und rettet sie so vor der Deportation. Gemeinsam versuchen auch sie sich ein neues Leben auf den Trümmern aufzubauen. Sie beziehen ihren "Neubauernhof" und erleben erstmals wieder so etwas wie Normalität. Bis sich die Grenzen im Sommer 1946 aufs Neue verschieben und das Dorf in seiner Mitte geteilt wird. Liesbeth, endgültig desillusioniert von den neuen russischen Machthabern und der Konformität ihres Sohnes, verlässt Tannbach im Wunsch, sich ein neues Leben jenseits Deutschlands aufzubauen.
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Teil 3: Tannbach – Schicksal eines Dorfes: Mein Land, dein Land
1948. Tannbach ist ein geteiltes Dorf, auch wenn die Grenzen noch recht durchlässig sind. Im Osten wie im Westen versuchen die Bewohner ihr Leben unter den neuen Bedingungen einzurichten. Anna und Friedrich haben sich unter den Vorzeichen des entstehenden Bauern- und Arbeiterstaates im Ostteil eine neue Existenz aufgebaut, als fleißige Neubauern auf einer Parzelle des enteigneten Gutes Striesow. Auf der Westseite haben Theresa und ihr Mann Heinrich immer noch unter dem alten Schober zu leiden – was sie endlich dazu bewegt, ihn im Rahmen der "Entnazifizierung" und mit Hilfe des angeblich verschwundenen Parteibuches anzuzeigen. Aber auch hier versteht es Schober, sich seiner Strafe zu entziehen.
1952. Liesbeth besucht nach Jahren in den USA Tannbach, um an der Taufe ihres Enkelkindes teilnehmen zu können, und spürt deutlich die gravierenden Veränderungen seit ihrem Fortgang. Auch Landrat Werner kann einer Ausweitung der "Aktion Ungeziefer" nicht entgegenwirken. Die Liebesbeziehung zwischen ihm und Hilde Vöckler kann der politischen Situation nicht standhalten. Zusammen mit Anna und Friedrich lebt weiterhin Lothar auf dem Neubauernhof, der als Schmuggler und Schleuser im wahren Sinn des Wortes Grenzgänger bleibt. Doch die Situation an der Grenze spitzt sich zu, was die Entscheidungen plötzlich endgültig werden lässt. Die Überquerung der Grenze wird lebensgefährlich. Als Friedrich mit der Umsetzung der "Aktion Ungeziefer" betraut wird – Zwangsumsiedlungen seiner Nachbarn und Freunde – wird seine und Annas politische und ideologische Loyalität auf eine harte Probe gestellt. (Senderinfo)
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(sm)
Statements der Macher und Berater:
Rückblick und Infos:
"Die Geschichte einer Entfremdung"
Josephin und Robert von Thayenthal
Eine schäbige Betonmauer, Stacheldraht, ein Todesstreifen, alle paar Kilometer Wachtürme; das war die Grenze, die Deutschland für fast vier Jahrzehnte durchschnitt. Gemessen an ihrer ungeheuren Bedeutung für die Generationen, die sie prägte, erscheint sie aus heutiger Sicht als kurioses, geradezu irrwitziges Unding. Dennoch hat sie ihre Spuren hinterlassen in den Biografien, in den Anschauungen, in den Werten und im Selbstbewusstsein der Menschen dies- und jenseits der verschwundenen Grenze. "Menschen haben eine Bindung an das, was sie geprägt hat, selbst wenn sie durch diese Prägung beschädigt worden sind", sagte Herta Müller kürzlich in einem "Spiegel"-Interview, und erklärt damit eine Art "Heimweh nach der Diktatur", die jenen, die im Wirtschaftswunder aufgewachsen sind, verdächtig sein muss. Als Autorenduo österreichisch/westdeutscher und ostdeutscher Provenienz erleben wir die unterschiedlichen Sozialisationen von "Ossis" und "Wessis" bei unseren Recherchen, aber auch im privaten, sogar im familiären Umkreis hautnah. Diesen Verwerfungen nachzuspüren, hat uns schon lange gereizt.
Was uns interessierte: Wie objektiv ist der Blick der Westdeutschen auf den Osten, wenn sie aus der Perspektive der Wirtschaftswunderkinder auf ihre Nachbarn sehen, eines Wunders, das mit Dollars und Adenauers Westintegration erkauft worden war, nachdem er die von Stalin angebotenen Verhandlungen über eine Wiedervereinigung und Neutralität Deutschlands voller Misstrauen abgelehnt hatte? Wie weit gelingt es den "Bürgern der neuen Bundesländer", die Interpretationsmuster und Feindbilder abzulegen, die ihnen seit der Kinderkrippe vertraut sind? Was verbindet die beiden großen deutschen Diktaturen des 20. Jahrhunderts? Ist bei aller Gegensätzlichkeit der Anschauungen nicht die eine die Ausgeburt der andern? Wie wird aus Not Hoffnung, aus Hoffnung Idealismus, aus Idealismus ein Dogma und aus dem Dogma ein neuer totalitärer Staat?
Antworten wird das Fernsehen nicht geben können, vielleicht aber ein Gefühl dafür, wie Menschen fühlen, denken und handeln, wie sie sich entwickeln, verhärten, wie sie sich in Situationen der Macht oder der Angst verhalten. Uns wurde bald klar, dass sich die große politische Parabel nur im Kleinen anschaulich machen lassen würde, nach dem Motto: Wenn man "Berlin" nicht erzählen kann, könnte man mit "Little Berlin" auf den Punkt kommen. "Little Berlin" nannten die amerikanischen Besatzer das kleine Dorf Mödlareuth an der bayerisch-thüringischen Grenze, weil es wie Berlin von einer Zonengrenze geteilt war. Von der Geschichte dieses Dorfes, durch das der Tannbach fließt, haben wir uns inspirieren lassen.
Die Schicksale, die wir erzählen, sind jedoch rein fiktional. Als Format schwebte uns ein Mehrteiler vor, der es erlauben würde, in größeren Zeitsprüngen die Zeit von 1945 bis zur Wiedervereinigung und zur Rückübertragung in dichten handlungsintensiven Episoden zu erzählen. Ein Projekt dieser Größenordnung einem öffentlich rechtlichen Sender anzubieten, ist ein kühnes Unterfangen. Es spricht für die Überzeugungskraft unserer Produzentin Gabriela Sperl und für den Mut unserer Redakteurinnen Caroline von Senden und Katharina Dufner, dass der Dreiteiler so schnell realisiert werden konnten. Mit Themen wie der "Bodenreform", bei der 1945 in der Sowjetischen Besatzungszone die Großgrundbesitzer enteignet und ihr Land an Flüchtlinge und Mittellose verteilt wurde, und der "Aktion Ungeziefer", der Vertreibung "missliebiger" DDR-Bürger aus ihren Häusern und Dörfern, betreten wir erzählerisch Neuland. Im Westen sind diese Geschichten kaum bekannt, im Osten, hat es, soweit sie überhaupt noch im kollektiven Bewusstsein sind, immer nur eine regimetreue Darstellung der Ereignisse gegeben. Man kann diese Geschichten nicht erzählen, ohne nicht auch immer wieder die eigene Haltung zu hinterfragen. So war das Schreiben von "TANNBACH – Schicksal eines Dorfes" immer auch ein Lernen, bei dem uns Autoren die Sichtweise des jeweils anderen den Horizont erweiterte.
In diesem Sinne fungiert auch die Grenze, die wir von beiden Seiten gleichzeitig bespielen, unseren Protagonisten immer wieder als Spiegel. Erst aus dem Gegenentwurf der anderen Dorfseite und den Reaktionen der Nachbarn, Freunde und Verwandten, die fast in Rufweite und dennoch unerreichbar leben, wird die Absurdität der Konfrontation zweier Denksysteme deutlich. Wir erzählen mit "TANNBACH – Schicksal eines Dorfes" die Geschichte einer Entfremdung. Wenn es uns gelingt, damit ein Stück zu ihrer Überwindung beizutragen und unseren Kindern ein Kapitel unserer Geschichte nahezubringen, ist uns viel gelungen. (Senderinfo)
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